Ensiferum
Two Paths
„Cool, die gibt es
ja noch. Ob die immer noch wie früher klingen?“ Dieser
Gedankengang ist bei mir ziemlich oft ein Kaufgrund für CDs von
Bands, die komplett von meinem Radar verschwunden sind. In diesem
Fall war es die Neugierde, ob Ensiferum auf „Two Paths“
irgendetwas an ihrer Mixtur verändert haben oder ob sie immer noch
wie Anfang der Nuller Jahre klingen. Und falls ja, ob dass dann mir
noch genauso viel Spaß macht wie damals. Oder ob das eher ein Fall
fürs fremd schämen ist.
Die erste Frage
lässt sich recht schnell beantworten. Nö, alles beim alten. Ein
paar neue Farbtupfer wie die AC DC Gedächtnisgitarre beim Opener.
Aber grundlegende Neuerungen? Fehlanzeige. Ensiferum spielen immer
noch pfeilschnellen Melodic Death mit einem starken symphonischen,
schunkelnden Einschlag. Double Base trifft auf Hörnerklang, Ohoho
Chöre duellieren sich mit der Gitarre. Soweit, so bekannt, so
spaßig. Genau die Mischung, die mir damals bei „Victory Songs“
so gut gefallen hat. Im Grunde härterer Powermetal. Und einer meiner
ersten Kontakte in Richtung extremeren Metal. Immer noch melodisch,
immer noch sauber, aber schon mit diesem bösen Schreigesang.
Generell war es zu
der Zeit schwer, um den Schunkelmetal drumherum zu kommen. Auf fast
jedem Sampler, auf jeder Metal Party waren Songs von Finntrol,
Equilibrium und allen anderen zu finden. Unter Bannern wie Paganfest
wurden ganze Tourtrosse mit dem Schwerpunkt Metvernichtung
zusammengeschnürt und durch ganz Europa geschickt. Und ich hatte –
und an einigen Bands habe ich – meinen Spaß daran. Die Mischung
aus Schunkeln und Moshen hat irgendwie einen Nerv getroffen. Bierzelt
für den Langhaarigen. Über die Jahre hinweg jedoch hat sich das
irgendwie ein bisschen selbst überlebt. So hat das Subgenre von mir
den Stempel „Früher waren die besser“ aufgedrückt bekommen, hab
mich an den alten Sachen erfreut und das Neue ignoriert.
Teilweise wohl zu
unrecht, wie „Two Paths“ beweist. Früher waren die, zumindest
handwerklich, nicht besser. Alles, was die Band damals schon
ausgemacht hat, wurde auf diesem Album konsequent weiterentwickelt
und mit einem etwas geübteren Händchen fürs Songwriting auf
Hochglanz poliert. Ein paar neue Farbtupfer im Soundgewand, damit es
auch nicht langweilig beim hören wird und tada: Fertig ist eine CD,
die mich 2005 Rum noch vom Hocker gerissen hätte. Heute jedoch finde
ich das Teil nett. Das ist sowohl positiv – es langweilt mich nicht
und einzelne Songs machen richtig Spaß – als auch negativ. Nett
ist halt immer noch die kleine Schwester von Scheiße. Aber es liegt
nicht an der Band, es liegt an mir. Inzwischen geht mir das Hörner
heben und für den Metal sterben nämlich ziemlich am Arsch vorbei.
Ja, ich weis solche Texte sind nun einmal true. Und ein bisschen
Klischee gehört ja auch dazu. Das ist alles richtig, aber nun ja, es
ist halt nett. Zumal genau diese Art von Texten das Argument, in der
Popmusik gibt es nur seichte Lyrik und zu viel „Ohohoh“ und
„lalala“ und deshalb hör ich Metal, komplett zerpflückt und in
die Tonne wirft.
Apropos Klischee:
das Cover ist zwar wirklich nett gestaltet. Aber bei einem Titel wie
„Two Paths“ sich an dem ausgelutschten hell gegen dunkel Motiv zu
vergreifen ist nun ja. Nett.