Freitag, 5. November 2021

Mein CD Regal

 

Ensiferum

Two Paths

 


 

„Cool, die gibt es ja noch. Ob die immer noch wie früher klingen?“ Dieser Gedankengang ist bei mir ziemlich oft ein Kaufgrund für CDs von Bands, die komplett von meinem Radar verschwunden sind. In diesem Fall war es die Neugierde, ob Ensiferum auf „Two Paths“ irgendetwas an ihrer Mixtur verändert haben oder ob sie immer noch wie Anfang der Nuller Jahre klingen. Und falls ja, ob dass dann mir noch genauso viel Spaß macht wie damals. Oder ob das eher ein Fall fürs fremd schämen ist.

Die erste Frage lässt sich recht schnell beantworten. Nö, alles beim alten. Ein paar neue Farbtupfer wie die AC DC Gedächtnisgitarre beim Opener. Aber grundlegende Neuerungen? Fehlanzeige. Ensiferum spielen immer noch pfeilschnellen Melodic Death mit einem starken symphonischen, schunkelnden Einschlag. Double Base trifft auf Hörnerklang, Ohoho Chöre duellieren sich mit der Gitarre. Soweit, so bekannt, so spaßig. Genau die Mischung, die mir damals bei „Victory Songs“ so gut gefallen hat. Im Grunde härterer Powermetal. Und einer meiner ersten Kontakte in Richtung extremeren Metal. Immer noch melodisch, immer noch sauber, aber schon mit diesem bösen Schreigesang.

Generell war es zu der Zeit schwer, um den Schunkelmetal drumherum zu kommen. Auf fast jedem Sampler, auf jeder Metal Party waren Songs von Finntrol, Equilibrium und allen anderen zu finden. Unter Bannern wie Paganfest wurden ganze Tourtrosse mit dem Schwerpunkt Metvernichtung zusammengeschnürt und durch ganz Europa geschickt. Und ich hatte – und an einigen Bands habe ich – meinen Spaß daran. Die Mischung aus Schunkeln und Moshen hat irgendwie einen Nerv getroffen. Bierzelt für den Langhaarigen. Über die Jahre hinweg jedoch hat sich das irgendwie ein bisschen selbst überlebt. So hat das Subgenre von mir den Stempel „Früher waren die besser“ aufgedrückt bekommen, hab mich an den alten Sachen erfreut und das Neue ignoriert.

Teilweise wohl zu unrecht, wie „Two Paths“ beweist. Früher waren die, zumindest handwerklich, nicht besser. Alles, was die Band damals schon ausgemacht hat, wurde auf diesem Album konsequent weiterentwickelt und mit einem etwas geübteren Händchen fürs Songwriting auf Hochglanz poliert. Ein paar neue Farbtupfer im Soundgewand, damit es auch nicht langweilig beim hören wird und tada: Fertig ist eine CD, die mich 2005 Rum noch vom Hocker gerissen hätte. Heute jedoch finde ich das Teil nett. Das ist sowohl positiv – es langweilt mich nicht und einzelne Songs machen richtig Spaß – als auch negativ. Nett ist halt immer noch die kleine Schwester von Scheiße. Aber es liegt nicht an der Band, es liegt an mir. Inzwischen geht mir das Hörner heben und für den Metal sterben nämlich ziemlich am Arsch vorbei. Ja, ich weis solche Texte sind nun einmal true. Und ein bisschen Klischee gehört ja auch dazu. Das ist alles richtig, aber nun ja, es ist halt nett. Zumal genau diese Art von Texten das Argument, in der Popmusik gibt es nur seichte Lyrik und zu viel „Ohohoh“ und „lalala“ und deshalb hör ich Metal, komplett zerpflückt und in die Tonne wirft.

Apropos Klischee: das Cover ist zwar wirklich nett gestaltet. Aber bei einem Titel wie „Two Paths“ sich an dem ausgelutschten hell gegen dunkel Motiv zu vergreifen ist nun ja. Nett.

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