Schwarz, mit einem
mehr oder weniger lesbaren Schriftzug auf der Brust und einem
dunkelbunten Aufdruck. Die Rede ist vom Metal Shirt. Außenstehende
stellen sich oft die Frage, warum man so etwas überhaupt anzieht.
Nun, für mich persönlich lässt sich das recht einfach beantworten:
ich mag T Shirts. Sie sind vielseitig kombinierbar, praktisch und
bequem. Preis und Stoffqualität stimmen meist, abgesehen von den
überteuerten merchandise Produkten überbewerteter Bands. Die
Shirts, die bei mir am längsten hielten, waren bisher meistens
Bandshirts.
Dunkelbunt |
Ein Freund von mir
trägt keine Metalshirts, weil er nicht die Litfaßsäule
irgendwelcher Bands sein will. Ok, laufende Werbung zu sein ist
Blöd. Aber immerhin weiß ich genau, was ich da trage. Das zieh ich
den Logos von irgendwelchen seltsamen Yachtclubs, dämlichen Sprüchen
und den seltsamen Ausdrucksversuchen komischer Graffitikünstler
definitiv vor.
Aber abgesehen
davon, dass sie praktische und manchmal hübsche Kleidungsstücke
sind, haben Bandshirts für mich noch eine große Bedeutung: sie sind
Erinnerungsstücke. Ich kaufe meine T Shirts so gut wie
ausschließlich auf Konzerten und Festivals. Wenn ich wissen will,
welches Line Up auf welchem Festival war, gehe ich an den
Kleiderschrank. Und auch das T Shirt zum 25 jährigen Geburtstag
meiner Stammmetalkneipe wird noch in Ehren gehalten. Auch wenn der
Aufdruck verwaschen und das Ding durchlöchert ist. Und die Kneipe
schon längst den Weg alles irdischen gegangen ist. Jedes einzelne
Shirt ist mit Erinnerungen an geile Konzerte und schöne Abende
verbunden.. Sie sind einfach mehr als Kleidungsstücke die man
einfach mal so auf dem Wühltisch kauft. Und noch etwas ist mir über
die Jahre aufgefallen: sie sind ein wichtiger Bestandteil einer Art
Analgesichts. Hundebesitzer wissen worauf ich hinaus will. Wenn zwei
fremde Hunde sich Treffen, schnuppern sie sich erst einmal am Popo.
So wissen sie recht schnell ob sie sich leiden können oder nicht.
Das Outfitt eines
Metalers hat einen ähnlichen Effekt. Die Patches auf der Kutte, die
Festival Bändchen am Ärmel und eben das Bandshirt bilden dieses
Analgesicht. So erkennt jeder auf einen Blick: hey, ein Metaler. Ein
Metaler erkennt: hey, jemand mit Musikgeschmack. Die Kutte, meistens
aus Jeans, ermöglicht mit ihrem Backpatch auf einen Blick eine grobe
Einschätzung, was für Musik die Person hört. Und es lässt
Rückschlüsse darauf zu, wann die Kutte angefangen wurde. Manche
stammen noch aus einer Zeit, wo mein Musikgeschmack sich auf die
Anfangsmelodie von Benjamin Blümchen beschränkte.
Sind die Bandnamen
auf den Patches lesbar, weiß man auf einen Blick: da hört jemand
gerne Thrash und traditionellen, altmodischen Metal. Sie sind
unlesbar? Nun, dann handelt es sich meist um Death oder Black. Blut
und Gedärm? Death. Umgedrehte Kreuze oder heidnische Symbole
erkennbar? Black. Ein Seepferdchen? Dann ist es ein Schwimmabzeichen.
Befinden sich die Patches auf einem Bademantel statt auf einer Kutte
weiß man, das es immer noch Leute gibt, die Big Lebowsky gesehen
haben.
So lässt sich
durch den Blick auf das Outfit schon etwas über den Charakter seines
Gegenübers erahnen. Zumindest genug, um zu wissen ob man mit der
Person ein Bierchen trinkt und quatscht. Oder eben nicht. Natürlich
kann die Person mit dem guten Musikgeschmack ein Idiot sein. Dann
trinkt man schneller leer und geht weiter. Aber es ist ein guter
erster Anhaltspunkt beim Kennenlernen. Die meisten Gespräche, die
durch das gerade getragene T Shirt zu Stande gekommen sind, waren
kurzweilig und unterhaltsam. 2013 auf Wacken wurde ich in schlechten
Englisch gebeten, langsamer zu laufen, damit er das Line Up auf
meinem T Shirt- Knockout festival 2011- lesen kann. Stratovarius,
Grave Digger, Saxon und Blind Guardian an einem Abend, das erschien
ihm wie das beste mögliche Billing überhaupt. Mit Dragonforce als
Kirsche obendrauf. Zum Dank dass ich geduldig stehengeblieben bin gab
es ein kühles Bier und eine Diskussion mit einem Finnen über
Powermetal.
Und eine recht
langweilige Bahnfahrt hat sich, dank meines Festivalbändchens, doch
noch ganz angenehm entwickelt. Die Dame, die sich zu mir setzte, hat
recht schnell die Bändchen an meinem Arm entdeckt, dann ihren
Jackenärmel hochgekrempelt und mir ihre eigenenen gezeigt. „Da
schau mal! Ich hab auch Kuhflecken.“ Tatsächlich, sie war auf dem
gleichen Festival gewesen wie ich, und so haben wir uns in der
folgenden Stunde über die Bands, die seltsamen Leute in den Camps
und den ganzen anderen lustigen Kram, den man so erleben kann,
unterhalten.
Zugegeben, ein
Festival Bändchen ist kein Bandshirt. Aber nun einmal auch ein Teil
dieses „Analgesichtes“ und ein gutes Beispiel dafür, warum ich
genau diesen Begriff für das Outfit eines Metalheads verwende.
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