Mittwoch, 15. März 2017

Aus dem Nähkästchen: Das Metal Shirt und Ich


Schwarz, mit einem mehr oder weniger lesbaren Schriftzug auf der Brust und einem dunkelbunten Aufdruck. Die Rede ist vom Metal Shirt. Außenstehende stellen sich oft die Frage, warum man so etwas überhaupt anzieht. Nun, für mich persönlich lässt sich das recht einfach beantworten: ich mag T Shirts. Sie sind vielseitig kombinierbar, praktisch und bequem. Preis und Stoffqualität stimmen meist, abgesehen von den überteuerten merchandise Produkten überbewerteter Bands. Die Shirts, die bei mir am längsten hielten, waren bisher meistens Bandshirts.

Dunkelbunt 
Ein Freund von mir trägt keine Metalshirts, weil er nicht die Litfaßsäule irgendwelcher Bands sein will. Ok, laufende Werbung zu sein ist Blöd. Aber immerhin weiß ich genau, was ich da trage. Das zieh ich den Logos von irgendwelchen seltsamen Yachtclubs, dämlichen Sprüchen und den seltsamen Ausdrucksversuchen komischer Graffitikünstler definitiv vor.
Aber abgesehen davon, dass sie praktische und manchmal hübsche Kleidungsstücke sind, haben Bandshirts für mich noch eine große Bedeutung: sie sind Erinnerungsstücke. Ich kaufe meine T Shirts so gut wie ausschließlich auf Konzerten und Festivals. Wenn ich wissen will, welches Line Up auf welchem Festival war, gehe ich an den Kleiderschrank. Und auch das T Shirt zum 25 jährigen Geburtstag meiner Stammmetalkneipe wird noch in Ehren gehalten. Auch wenn der Aufdruck verwaschen und das Ding durchlöchert ist. Und die Kneipe schon längst den Weg alles irdischen gegangen ist. Jedes einzelne Shirt ist mit Erinnerungen an geile Konzerte und schöne Abende verbunden.. Sie sind einfach mehr als Kleidungsstücke die man einfach mal so auf dem Wühltisch kauft. Und noch etwas ist mir über die Jahre aufgefallen: sie sind ein wichtiger Bestandteil einer Art Analgesichts. Hundebesitzer wissen worauf ich hinaus will. Wenn zwei fremde Hunde sich Treffen, schnuppern sie sich erst einmal am Popo. So wissen sie recht schnell ob sie sich leiden können oder nicht.
Das Outfitt eines Metalers hat einen ähnlichen Effekt. Die Patches auf der Kutte, die Festival Bändchen am Ärmel und eben das Bandshirt bilden dieses Analgesicht. So erkennt jeder auf einen Blick: hey, ein Metaler. Ein Metaler erkennt: hey, jemand mit Musikgeschmack. Die Kutte, meistens aus Jeans, ermöglicht mit ihrem Backpatch auf einen Blick eine grobe Einschätzung, was für Musik die Person hört. Und es lässt Rückschlüsse darauf zu, wann die Kutte angefangen wurde. Manche stammen noch aus einer Zeit, wo mein Musikgeschmack sich auf die Anfangsmelodie von Benjamin Blümchen beschränkte.
Sind die Bandnamen auf den Patches lesbar, weiß man auf einen Blick: da hört jemand gerne Thrash und traditionellen, altmodischen Metal. Sie sind unlesbar? Nun, dann handelt es sich meist um Death oder Black. Blut und Gedärm? Death. Umgedrehte Kreuze oder heidnische Symbole erkennbar? Black. Ein Seepferdchen? Dann ist es ein Schwimmabzeichen. Befinden sich die Patches auf einem Bademantel statt auf einer Kutte weiß man, das es immer noch Leute gibt, die Big Lebowsky gesehen haben.
So lässt sich durch den Blick auf das Outfit schon etwas über den Charakter seines Gegenübers erahnen. Zumindest genug, um zu wissen ob man mit der Person ein Bierchen trinkt und quatscht. Oder eben nicht. Natürlich kann die Person mit dem guten Musikgeschmack ein Idiot sein. Dann trinkt man schneller leer und geht weiter. Aber es ist ein guter erster Anhaltspunkt beim Kennenlernen. Die meisten Gespräche, die durch das gerade getragene T Shirt zu Stande gekommen sind, waren kurzweilig und unterhaltsam. 2013 auf Wacken wurde ich in schlechten Englisch gebeten, langsamer zu laufen, damit er das Line Up auf meinem T Shirt- Knockout festival 2011- lesen kann. Stratovarius, Grave Digger, Saxon und Blind Guardian an einem Abend, das erschien ihm wie das beste mögliche Billing überhaupt. Mit Dragonforce als Kirsche obendrauf. Zum Dank dass ich geduldig stehengeblieben bin gab es ein kühles Bier und eine Diskussion mit einem Finnen über Powermetal.

Und eine recht langweilige Bahnfahrt hat sich, dank meines Festivalbändchens, doch noch ganz angenehm entwickelt. Die Dame, die sich zu mir setzte, hat recht schnell die Bändchen an meinem Arm entdeckt, dann ihren Jackenärmel hochgekrempelt und mir ihre eigenenen gezeigt. „Da schau mal! Ich hab auch Kuhflecken.“ Tatsächlich, sie war auf dem gleichen Festival gewesen wie ich, und so haben wir uns in der folgenden Stunde über die Bands, die seltsamen Leute in den Camps und den ganzen anderen lustigen Kram, den man so erleben kann, unterhalten.
Zugegeben, ein Festival Bändchen ist kein Bandshirt. Aber nun einmal auch ein Teil dieses „Analgesichtes“ und ein gutes Beispiel dafür, warum ich genau diesen Begriff für das Outfit eines Metalheads verwende.

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