Nocturnal Rites
Grand Illusion
Beim CD Sammlung sortieren bin ich recht einfallslos: alphabetisch, nach Interpreten. Der Vorteil: sobald man den Anfangsbuchstaben der Band weiß, hat man recht schnell den gewünschten Silberling. Der Nachteil: egal, wie viel Platz man bei jedem Buchstaben frei lässt, irgendwann kommt der Zeitpunkt, wo man zum einsortieren der neuen Beutestücke alles umräumen muss. Damit dass nicht zu häufig passiert, habe ich eine Reihe für „unsortiert“ freigehalten. Eine unverschämt fette CD Box hat diese jedoch gesprengt und mich gezwungen, meine Ordnung wieder frisch anzugehen. Das ist zeitraubend, nervenaufreibend, aber auch irgendwie schön. Weil man auch mal wieder CDs ganz zu Gesicht bekommt, nicht nur ihren Rücken beim Namen überfliegen. Da ist manches dabei, was man vergessen hat. Und sich dann, nach nochmaligem hören, fragt, warum. Ein bisschen so wie Schatzsuche.
Grand Illusion ist eine dieser vernachlässigten CDs. Ich hab die einige Zeit recht lange rauf und runter gehört, aber irgendwann einfach vergessen. Das liegt nicht daran, dass es sich dabei irgendwie um schlechte Musik handelt. Vom Opener bis zum Schluss liefern Nocturnal Rites solide Bretter irgendwo auf der schmalen Grenze zwischen Power und Heavy Metal ab.
Das Problem ist eher, dass bei mir nichts großartig hängen bleibt. Die Growls auf „Cuts Like a Knife“ lockern das Album zwar ein bisschen auf, aber zum wirklichen Aha Effekt reicht das nicht. Selbst absolute Heavy Metal Puristen werden dass kaum als erwähnenswert empfinden. So plätschert das Album ein bisschen vor sich hin, trotz zahlreicher namhafter Studiogästen. Solange die Scheibe läuft, bin ich super unterhalten. Ist die CD aus, weiß ich nicht mehr, was ich gehört habe. Keine Melodie hat sich in den Gehörgang gefressen und sich dort häuslich eingerichtet, um mir als Ohrwurm zu den unpassendsten Zeiten auf den Sack zu gehen. Aus den Ohren, aus dem Sinn sozusagen.
Da macht das wieder entdecken wenigstens wieder Spaß, es ist fast wie ein Album zum ersten mal hören. Hängen bleiben tut immer noch nichts, aber wie gesagt: beste Unterhaltung auf wirklich hohem Niveau. Das Album funktioniert am Stück ganz gut, die Skiptaste bleibt unberührt. Alles schön auf den Punkt gebracht, mit hörbarer Spielfreude aufgenommen und ohne die ganz große Klischeekeule. Wer um Powermetal immer einen Bogen gemacht hat, weil ihm die Texte zu kitschig und die Gläser in seinen Schränken zu wertvoll sind, sollte hier mal ein Ohr riskieren. Drachen werden keine getötet. Kinderreimchen mit fire, higher, desire sucht man auch vergebens. Der Sänger hat ein angenehmes Timbre und bleibt, zumindest in den Genre Grenzen, im tiefen Bereich. Immer noch hoch, aber Glasbruch ist nicht zu befürchten.
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