Wandernde Gedanken – Gedanken zum Wandern
Blick vom hessischen Ochsenkopf auf das badische Dilsberg |
„Raus. Gehen.“ liegt jetzt schon seit gut einem Jahr brach. Das heißt nicht, dass ich diese Rubrik eingestampft habe. Auch nicht, dass ich die Wanderschuhe an den Nagel gehängt habe. Im Gegenteil, Situationsbedingt zieht es mich im Moment mehr ins Grüne als sonst. Aber eher zu kurzen Spaziergängen als großen Touren. Kleine Runden vor der Haustüre oder mal mit dem Zug ein Stück weiter. Aber lange Tageswanderungen in neuen Gegenden – das hat einfach nicht mehr geklappt. Die Gründe dafür sind recht unterschiedlich.
Wandern ist gerade sehr beliebt. Damit meine ich nicht den allgemeinen Beliebtheitsanstieg der letzten Jahre – Wandern hat sein leicht angestaubtes Image mit Begriffen wie „Outdoor“, „Naturerlebnis“ und „Adventure Trails“ immer mehr abgestreift. Nein, ich meine den plötzlichen, Covid bedingten Ansprung. Plötzlich ist jeder, aber wirklich jeder im Wald unterwegs. Was verständlich und auch im Grunde nicht schlimm ist. Für mich persönlich ist es aber ein Problem. Gerade auf den Etappen des Neckarsteigs, die ich die letzten Jahren immer wieder mal gelaufen bin, oder auf den Rundtouren im Schwarzwald herrscht an manchen Tagen richtig reger Betrieb. Ich gehe aber eigentlich raus, um wenig bis gar keinen Menschen zu sehen – also halte ich mich von den großen Hotspots fern. Im Umkreis von meinem Wohnort lässt es sich eh wunderbar laufen – Neckartal, Kraichgau und Odenwald treffen hier aufeinander und ermöglichen es mir, auch mal kleine Runden zu laufen, ohne dass es zu schnell langweilig wird . Aber auch die werden mit fortlaufender Pandemie immer voller. Einfach mal so raus, auf die leicht abseits im Wald gelegene Lieblingsbank sitzen und lesen, Musik hören oder einfach nur die Welt Welt sein lassen? Selbst wenn sie mal frei sein sollte, ist das schwierig. Weil sich in der Nähe ganze Kolonnen Menschen durch schieben. Klingt übertrieben? Vielleicht, ein bisschen. Aber wirklich abspannen kann ich beim laufen gerade nicht.
Der andere Punkt, der mich von großen Tagestouren abhält, betrifft die Gastronomie. Klingt jetzt vielleicht etwas doof und verwöhnt, aber das einkehren gehört bei mich zum Wandern dazu. Ein frisch gezapftes Bier nach anstrengenden Kilometern – klischeehaft. Aber gut. Natürlich, man kann Trinken und Vesper auch mit nehmen, was ich eh auch immer mache. Es geht nicht darum, dass ich ohne Gastro beim Wandern verdurste oder verhungere. Es rundet einfach für mich den Tag ab, wenn man in der Mitte irgendwo gemütlich im Biergarten sitzt und am Ende, als Belohnung, sich ein gutes Essen gönnt. Außerdem, und das klingt nur so lange banal, wie es selbstverständlich ist, fehlen die Toiletten. Natürlich, man kann auch in den Wald – aber mal ehrlich: so wirklich angenehm ist dass nicht. Und wenn man so 8 Stunden unterwegs ist, ist eine Keramikschüssel einfach irgendwann angenehm.
Nun ja, das klingt jetzt, wenn ich mir das nochmal so durch lese, als ob ich den Leuten das Wandern nicht gönne. Das ist nicht der Punkt. Rausgehen und den Akku draußen aufladen finde ich wirklich wichtig und sollte jedem, dem es auch so geht, möglich sein. Mir wird es nur einfach zu voll. Und während nun also Alles raus strömt, verbringe ich etwas mehr Zeit drinnen. Meine Modelraumschiffflotte ist schon beträchtlich gewachsen. Bird of Prey, Kirks alte Schüssel und ein Vor Cha Kreuzer von „Metal Earth“ stehen neben Legos aktuellem Space Shuttle zum Geburtstag der „Discovery“. Und ich nutze die Zeit zum Touren planen für den Frühsommer, wenn alles – vielleicht – etwas normaler ist. Einen Vorteil hat es nämlich, dass nun jeder raus will: Die Zeitungen, Magazine und Blogs sind voll mit Wanderungen direkt vor oder nicht weit von der Haustüre entfernt. Da ist einiges dabei, was ich so noch nicht kenne. Viel zu entdecken also. Bald heißt es wieder für mich: Raus. Gehen.
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