Donnerstag, 6. Mai 2021

Mein CD Regal

 

Cinderella

Night Songs

 

Zugegeben, was Glam Rock, Hair Metal und Verwandtes betrifft, wohne ich komplett im Tal der Ahnungslosen. Gut, von Steel Panther und Kissin Dynamite haben sich CDs in meine Sammlung geschlichen. Von den ganz großen Namen und alten Hasen dieses Subgenres wie Skid Row oder Europe habe ich auch schon mal gehört. Aber viel mehr als dass, was im Radio an Singles gespielt wird, kenne ich nicht. Und ich habe auch kein allzu großes Bedürfnis, daran viel zu ändern. Das fällt für mich unter die Kategorie: Nett wenn es mal läuft. Aber nichts, weswegen ich sofort in den nächsten Plattenladen marschieren würde.

In Karlsruhe gab es eine Discothek, die sich auf Rock und Metal spezialisiert hatte. Auf dem großen, ersten Floor lief Alles, was da irgendwie rein passt – von Rock über Mitelalter zu Gothic, Industrial zu Metal und dann wieder zurück. Jeder hat sich darüber beschwert, dass nur Mainstream und jedes mal das Gleiche läuft. Hingegangen sind doch Alle. Man konnte im Raucherbereich gut quatschen. Und: es gab ja noch den zweiten Floor. Deutlich weniger Leute, ebenfalls eine Bar und jeden Freitag ein anderer Themenschwerpunkt. Einer davon: Poser Night. Sprich Glam Rock und Hair Metal ohne Ende, die ganze Nacht durch. Wie Eingangs erwähnt, zum nebenher hören ist das ja für mich ganz nett. Und so war die Poser Night immer mit einer der gemütlichsten Abende. Hinsetzen, Bierchen trinken und dabei Musik hören, die tatsächlich, ganz klischeehaft, mit jedem Bier angenehmer wird. Und ganz wichtig: Leute beobachten. Ein Punkt, der für Glam Rock nun einmal unabdingbar ist, und die auf Platte halt einfach fehlt, kam an diesen Abenden nämlich dazu. Die Optik. Es gab immer ein paar Jungs und Mädels, für die die 70er und 80er gerade erst gestern Abend waren. Spandex Hosen, Löwen Mähnen, quietsche bunte Klamotten: Stilecht wie die musikalischen Vorbilder gekleidet, mit jeder Menge Bier und Luftgitarrensoli hatten ein paar sichtbar ihren Spaß bei der Musik.

Das ist für mich der Hauptgrund, warum ich wenig CDs in dieser Richtung habe: musikalisch eher solider Durchschnitt, ist es vor allen Dingen die Optik und der exzessiv dargestellte Rockn Roll Lifestyle, der Bands wie Mötley Crüe so richtig prägen. Davon ist auf CD einfach nicht viel einzufangen, sieht man von schrillen Bandphotos und selbstverliebten Texten mal ab.

Und dennoch habe ich Cinderella hier liegen. Tja, als ich beim stöbern drüber gestolpert bin und die explodierten Pudel auf dem Cover gesehen habe, wollte ich sie eigentlich zurückstellen. Beim bezahlen hab ich dann festgestellt, dass die Platte sich irgendwie doch mit geschummelt hat. Naja, was solls – im schlimmsten Fall hab ich ein skurriles Cover. Rein hören kann man ja mal. Statt des erwarteten Staubfängers habe ich nun einen Silberling, dessen Songs Dauergast in meinen Playlisten geworden sind. Dabei machen sie technisch wirklich nichts, aber auch gar nichts anders, als alle anderen aus diesem Dunstkreis. Es ist songschreiberisch und spielerisch alles recht solide, kommt völlig ohne Überraschungen, Höhe – und Tiefpunkte aus. Handfest, nicht mehr, nicht weniger. Trotzdem gefällt mir das einfach richtig gut. Warum? Keine Ahnung, aber solche CDs sind der Grund, warum ich mich auf diesem Blog bewusst gegen klassische „Song für Song“ Reviews entschieden habe. Es gibt einfach zu viele subjektive Einflüsse, die über hui oder pfui entscheiden. Musik, die man eigentlich vom Stil her mag, im falschen Moment gehört? Möp, vorbei. Andersherum kann es dann eben, wie bei Night Songs, auch gehen. Vielleicht ist es einfach die Freude, so ein altes Schmuckstück auf dem Wühltisch zu finden. Oder ich war einfach gut drauf. Wie auch immer, Musik, die sonst nur ab dem fünften Bier bei mir zündet, funktioniert von Cinderella auch nüchtern. Eine dieser fast vergessenen 80iger Perlen.

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