Sirenia
An Elixir for
Existence
Viel Zeit. Wenig
Geld. Und jede Menge toller neuer Bands, die in den tiefen des Kaninchenbaus zu finden sind. Heavy Metal in
der Schulzeit zu entdecken hat so seine Tücken. Doch zum Glück war
man mit seinem etwas schrägen Musik Geschmack nicht alleine – anti
sein war in 00er Jahren gerade mal wieder in. Und so haben wir in den
Pausen fröhlich Musik getauscht, dank zweier toller neuer
Erfindungen: MP3 und CD Brenner. Quasi die moderne Variante des
Kassettentauschs. Da hat man sich dann durch gehört und dass, was
einem zusagte, von seinem Taschengeld auf CD geholt. Da Speicherplatz
damals noch teuer war, waren die Dateien nämlich extremst
komprimiert – Hörgenuss geht anders. Aber man hat so das ein oder
andere für sich entdeckt.
Wie zum Beispiel
Sirenia. Auf diesem Album noch gleichzusetzen mit Tristania. Was auch
immer die Trennungsgründe gewesen sein mögen, da hab ich mich
ehrlich nie mit beschäftigt, musikalische Differenzen waren es
sicher nicht. „An Elixier for Existence“ klingt eins zu eins wie
die Sachen, die Morten mit seiner alten Band schon gemacht hat. Was
definitiv gut ist, immerhin ist „Beyond the Veil“ für mich bis
heute eines der besten Alben aller Zeiten. Da ist ein kleines
Geschwisterchen nicht verkehrt. Im Gegensatz zu Tristania habe ich
Sirenia jedoch nie auf Platte gekauft. Warum auch immer. Aus den
schon genannten Qualitätsgründen ist es dann auch in Vergessenheit
geraten. Was ich über die Jahre so nebenher noch von der Band
mitbekommen habe, war für mich dermaßen generisch und austauschbar,
dass ich das Kapitel für mich abgeschlossen hatte. Aber nun ja, ihr
wisst ja, wie das beim stöbern sein kann: manchmal ist der Beifang
spannender als dass, was man eigentlich gesucht hatte. Sirenia als
Beweis. Ich habe bei Wom eingekauft, war eigentlich schon fertig und
hab nur mal kurz noch die Vorschläge durchgescrollt. Und da war es:
„An Elixier for Existence“ für schmales Geld. Da musste ich
nicht lange denken, Neugierde und Nostalgie haben gesiegt.
Brachial Hart.
Zerbrechlich Melodiös. Mortens harsche Vocals auf der einen Seite.
Männlicher und weiblicher Klargesang auf der andern. Wut, Hass,
Trauer und Euphorie. Musikalisch und textlich verarbeitet Morten hier
sämtliche Widersprüche des Mensch seins. Kein Wunder, das ein 16
Jahre alter Pubertierender das gut fand. Immerhin habe ich die Welt
nicht verstanden und die Welt mich nicht. Da war Musik wie diese der
perfekte Begleiter.
Und was sagt mein
Ich Mitte 30 dazu? Immer noch stark. Klar, auf der einen Seite spielt
die Nostalgie eine große Rolle. Ob ich dass Album genauso gut fände,
wenn ich es erst jetzt zum ersten mal hören würde, ist fraglich.
Das liegt zu einem mal an der Produktion. Sämtliche Instrumente
wurden von Morten alleine eingespielt. Dadurch fehlt für mich
jegliche Dynamik, es klingt recht steril und elektronisch. Klar, das
ist durchaus auch die beabsichtigte Wirkung. Aber der gewünschte
Effekt geht heute an mir vorbei. Auf der anderen Seite ist es der
extrem hohe Kitsch Faktor: der Einsatz von Chören und sphärischen
Keyboardflächen ist enorm hoch. Aber unter diesem Zuckerguss
verstecken sich einige recht solide Songs, die Geschickt mit Laut und
Leise arbeiten und durchaus immer noch funktionieren. Gerade „Lithium
and a Lover“ läuft regelmäßig bei mir und lässt sich einfach
nicht tot hören. Somit gehört „An Elixier for Existence“
definitiv zu meinen Jugendlieben, die ordentlich gealtert sind.
Schön, es jetzt auch endlich mal in sauber zu besitzen.