Swallow the Sun
Songs from the North I – III
Metalfest Loreley, 2012. Späterer Abend. Blind Guardian haben gerade auf der Hauptbühne gespielt. Dementsprechend war ich unglaublich euphorisch. Den Tag habe ich bis dahin eh in guter Erinnerung. Gutes Wetter, gute Stimmung am Camp, gute Begleitung im Arm, gutes Bier, gute Bands. Guardian waren da einfach die Kirsche auf dem Kuchen. Und von diesem Kuchen wollte ich noch etwas mehr haben. So bin ich auf dem Rückweg zum Camp noch ins Bühnenzelt gestolpert. Und relativ direkt rückwärts wieder raus. Ob es daran lag, dass ich eigentlich schon komplett fertig und Bettreif war. Oder daran, dass ich mit Doom bis dahin noch gar nichts am Hut hatte und das ohne Vorwarnung einfach mehr als nur ein krasses Kontrastprogramm ist – keine Ahnung mehr. Aber: ich fand die 5 Minuten, die ich Swallow the Sun gehört habe, damals echt schlimm.
Nun, inzwischen sind ein paar Jahre ins Land geflossen. Und nachdem ich schneller, härter und extremer in fast allen Richtungen ausgelotet hatte, führte der viel zitierte Kaninchenbau wieder Richtung Doom. Aufgestoßen haben diese Tür Hamferd, die ich im Vorprogramm von Amorphis gesehen hatte. Diesmal war ich vorbereitet. Zumal ich durch Amorphis behutsam an die Schönheit der Langsamkeit herangeführt worden bin. Und siehe da: so langweilig war die Walze gar nicht. Im Gegenteil. Langsam und brutal schließen sich nicht aus – die Erkenntnis des Abends.
So ist es nur konsequent, dass ich einige Jahre nach meinem Schockerlebnis – 8, um genau zu sein – wieder auf Swallow the Sun gestoßen bin. Immerhin ist es einer der Namen, der immer wieder fällt, wenn es um Doom Death geht. Da die Jungs schon einige Jahre dabei sind, stellt sich wieder die klassische Frage: wo anfangen? Der Zufall führte mich zu Songs from the North. Zum Glück. Als ganz normales Studioalbum kann man das Ding nämlich beim besten Willen nicht beschreiben. Zu einem ist da einfach mal der Umfang: 3 CDs, insgesamt zweieinhalb Stunden Spielzeit. Dann der Inhalt. Die Finnen haben nämlich nicht einfach nur jede Menge Material zusammengeklöppelt und dann aus Platzgründen auf drei CDs verteilt. Nein, jede CD hat eine eigene Grundausrichtung.Dadurch ist es für mich das erste sinnvolle Mehrfachalbum, dass sich in meiner Sammlung befindet. Gloom, Beauty und Despair lauten die Titel der einzelnen CDs. Damit ist auch schon treffend zusammengefasst, was einen auf den einzelnen Teilstücken erwartet. Das erste ist – wie ich inzwischen weiß – klassisch Swallow the Sun. Das heißt atmosphärischer Doom Death, der zwischen purer Brutalität und verträumten Momenten spielend leicht tanzt. Wer das Teil mag, wird mit den restlichen Alben der Band seinen Spaß haben. Bei mir war das so. Inzwischen würde ich nicht mehr rückwärts aus dem Zelt stolpern, sondern begeistert schon von Anfang an drinnen stehen und kopfschüttelnd mein Junges ich dabei beobachten, wie es einfach mit der Musik überfordert ist.
Überraschend geht es dann jedoch weiter. Während II rein akustisch daher kommt, ist III purer, abgrundtief böser Doom. Im Grunde klingt es ein bisschen so, als ob die man beiden am meisten entgegengesetzten Elemente des ersten Albums – die verträumten, leichten Akustikelemente auf der einen und die brutalen, schleppenden Doom Elemente auf der anderen Seite genommen und auf beiden Alben ins extreme ausgearbeitet hätte . Melancholisch verträumter Folk. Und tongewordene Verzweiflung. Unterm Strich ergibt das drei komplett unterschiedliche Alben, die dennoch wie aus einem Guss klingen. Jetzt könnte ich den Text weiter schreiben und mit Wörtern und Adjektiven wie Meisterwerk, elegeisch, verstörend, träumerisch oder herbstlich füllen. Oder hier Schluss machen, das Ding in den CD Player legen und Kopfhörer aufsetzen.
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