Lacuna Coil
Karmacode, Unleashed Memories
Tja, das mit dem sich selbst weiter entwickeln kann manchmal schon echt schwierig sein. Entscheidet man sich als Musiker dazu, den Sound mit jedem Album zu verfeinern und mit neuen Elementen etwas frisches dazu zu geben, schreit es von der einen Seite.„Buh, Kommerz. Früher wart ihr besser.“ Setzt man dagegen auf altbewährtes und tauscht im großen und ganzen nur Albumcover und Songtitel aus, schreit es von der anderen Seite: „Hach, ganz nett. Aber das ist doch immer der gleiche, platte Scheiß.“ Es scheint offensichtlich als Musiker recht schwer zu sein, es allen recht zu machen und sowohl neue als auch alte Fans zufrieden zu stellen. Am besten also, man versucht es erst gar nicht. Und macht einfach, worauf man Bock hat. So scheinen es sich damals wohl auch Lacuna Coil gedacht haben. Zwischen „Unleashed Memories“ und „Karmakode“ liegen gerade mal fünf Jahre. Dafür Welten, was Songwriting und Produktion betrifft. Es könnte sich um zwei komplett unterschiedliche Bands halten, so unterschiedlich klingen beide. Besonders, wenn man sie direkt hintereinander hört. Aus dem scheinbaren großen Sprung wird ein konsequenter Schritt, wenn man „Comalies“ betrachtet. Das Album liegt dazwischen, ist – aus meiner Sicht zumindest – das Durchbruchsalbum und sozusagen der Missing Link. Erschienen ist das Album 2004 – 3 Alben in Sechs Jahren? Eine stattliche Schlagzahl. Besonders dann, wenn man die wahnsinnige Entwicklung betrachtet. Wo andere Bands in dieser Zeitspanne dreimal das Gleiche veröffentlichen und das hinzufügen eines Dudelsacks als Innovation feiern, krempeln die Italiener ihren Sound einfach mal um. Von etwas ruhigerem, melancholischen Gothic Rock\ Metal hin zu modernen, groovenden Gitarren. Die Musikmagazin, die ich damals reihenweise verschlungen habe, nannten das „amerikanisch“. Und meinten das selten als Kompliment.
Die „Comalies“ fiel mir dank der Dauerrotation des „Heavens a Lie“ Videos als Erstes in die Hände. Ich war sofort verliebt. Härte, Melancholie, zwei perfekt harmonierende Stimmen. So etwas hatte ich bis dato noch nicht gehört. Mit etwas Abstand löst die Platte keine Begeisterung mehr aus,vielleicht weil ich sie auch ziemlich tot gehört habe. Was einigermaßen lange gedauert hat. Aber sie ist immer noch enorm stark. Und vor allem: sie ist die perfekte Symbiose aus dem klassischen Gothic Rock und dem modernen – ich nehme das böse Wort mal in den Mund – Nu Metal. Trennt man beide wieder, so kommt man auf der einen Seite bei Unleashed Memories und auf der anderen Seite bei Karmacode raus. Comalies ist die Mitte, die anderen beide bilden das jeweilige Element konsequent ab. Zwei Alben, zwei Extreme. Das macht für mich diese beiden CDs richtig spannend, zumal sie richtig gut funktionieren. Das liegt für mich besonders an beiden Sängern. Anstatt hier klassisch die schöne und das Biest zu spielen und auf 50\50 Duette zu setzen, werden hier auch gerne mal beide Stimmen übereinandergelegt, was dem ganzen dann eine schöne tiefe verpasst.
Die Alben vor 2001 und nach 2006 hab ich nicht in meiner Sammlung. Am Anfang klingt mir das noch ein bisschen zu unentschlossen und ist noch ohne roten Faden. Danach wirkt es schon fast berechnend, wie eins dieser musikalischen Hochglanz Produkte. Höllische Grooves in der Strophe, sphärische Klänge im Refrain, das ganze kompakt in vier Minuten geklöppelt. Und dann bitte 12 davon auf den Silberling.
Aber das Dreigestirn dazwischen ist für mich bis heute definitiv hörens wert. Zu einem, weil man die Entwicklung der Band sehr gut nachvollziehen kann. Ein plötzlicher Wechsel zum „amerikanischen“ um mehr Geld zu verdienen ist nämlich nicht vorhanden, sondern entwickelt sich über genau diese drei Veröffentlichungen. Ganz zarte Grooves finden sich auch schon auf der „Memories“.
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