Tonke Dragt
Turmhoch und Meilenweit
Ich habe schon immer viel gelesen. Mein Bücherregal war schon im Kinderzimmer immer voll gestopft. Von Zeit zu Zeit flog zwar mal was raus, aber im großen und ganzen kam mehr dazu. Es war ein Experiment, ob Räume nicht doch von innen größer sind, als sie von außen scheinen.
Beim ersten Umzug waren dann auch folgerichtig viele Bücherkisten dabei. Zwei Dinge habe ich damals gelernt: nicht jedes Buch ist es wert, immer wieder mitgeschleppt zu werden. Reine Bücherkisten packen nur Idioten.
Bei jedem Umzug wurde die Zahl an Jugendbüchern immer geringer. Und auch jedem Ausmisten viel der ein oder andere Kindheitsbegleiter zum Opfer. Jedes mal stand die Frage im Raum: ist das ein wirklich gutes Buch oder habe ich es aus reiner Nostalgie aufgehoben? Das Zweite war häufiger der Fall. Inzwischen befinden sich nur noch drei Bücher aus dem Raum und Zeit faltenden Regal meines Kinderzimmers in meinem Besitz: Märchenmond, Hobbit und Herr der Ringe – ja, das gilt als eins – und eben Turmhoch und Meilenweit.
Dabei erinnere ich mich, dass es mir als Jugendlicher nur so halb gefiel. Und ich es schon mehrmals weggeben wollte, aber immer in letzter Sekunde es doch noch behalten habe. Zum Glück, inzwischen gehört es nämlich zu meinen absoluten Lieblingsbüchern. Als Kind hatte Edu einen Roboter auf einem Flohmarkt gekauft. Wirklich funktioniert hat er nicht mehr, aber er konnte ein Gedicht über Wälder aufsagen. Wälder, die es auf der Erde schon lange nicht mehr gibt. Jahre später wird Edu Planetenforscher und lässt sich auf die Venus versetzen. Zum zweiten mal. Freiwillig. Dadurch gilt er bei seinen Kollegen schon als Sonderling, ihrer Meinung nach lassen sich nur besonders beförderungswillige Menschen zweimal auf diesen Höllenplaneten versetzen. Oder Wahnsinnige. Die Sicherheit der Kuppel verlassen sie so gut wie nie. Die Erforschung des Planeten erfolgt über Raumgleiter aus sicherer Höhe. Das ist Edu nicht genug. Auf einem Erkundungsflug entschließt er sich, zu Fuß die Fremde Landschaft zu erkunden. Der Planet fasziniert ihn. Und dort gibt es Wälder...Die Geschichte von Edu lässt sich wunderbar als klassischer Planetenroman lesen. Ein Abenteuer auf einer fremden Welt. Ruhig geschrieben, ohne große Aufregung und gemächlich im Tempo. Aber dennoch fesselnd und spannend. Zum anderen steckt auch eine Geschichte über das Anderssein und die Angst der Gesellschaft vor Veränderung in dem Buch. Klassischer Jugendliteratur Stoff eben.Wer Science Fiction mag, die etwas tiefgründiger als Captain Future ist und dennoch primär unterhalten will, sollte mal einen Blick riskieren.
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