Dragonforce
Inhuman Rampage
Musikgeschmack kann
sich ändern. Was einem als Jugendlicher unendlich gut gefallen hat,
sorgt Jahre später für Unverständnis und Kopfschütteln. Während
andere Leute konsequent bei jedem Lebensabschnitt die Genres komplett
wechseln und dabei teilweise kuriose Sprünge machen, habe ich mich
immer tiefer in die Subgenres des Heavy metals gewühlt. Mein
sechzenjähriges ich würde bei dem Gedanken, er würde mal was
anderes als Power Metal hören, verächtlich lachen. Fire, Higher,
Desire – mehr braucht er nicht. Alles andere im Metal ist Krach,
Geschrei und Gegrunze. Black Metal? Albernes, pseudo böses Kasperle
Theater. Death? Braucht kein Mensch, und den Text versteht man bei
dem Gerülpse eh nicht. Das er mal so etwas mit Leidenschaft hören
würde, daran war nicht zu denken.
Inzwischen bin ich
jedoch ein paar Schritte in meiner musikalischen Entwicklung weiter
gekommen. Neben dem oben genannten höre ich auch Dinge, von denen
ich damals nichts wusste. Doom zum Beispiel. Wenn die Musik langsam
über einen hinweg walzt und fast schon körperlich weh tut –
einfach klasse. Außerdem schaffe ich es heute auch, mal ein bisschen
normales Radio zu hören. Ohne Schreikrämpfe zu bekommen. Schlimmer
noch, ich erwische mich immer wieder dabei, wie ich beim regionalen
Volksmusiksender hängen bleibe. Gut dass ich meinem jüngeren Ich
nicht begegnen werde. Er würde mich allein dafür hassen.
Und umgekehrt? Ganz
vom Power Metal bin ich bis heute nicht weggekommen. Einige
Neuerscheinungen lege ich mir immer noch zu. Und auch einiges von dem
Kram, den ich früher gekauft habe, wird ab und zu noch mit Freude
gehört. „Elements“ von Stratovarius zum Beispiel. Ein Powermetal
Album für die Ewigkeit, zumindest was mich betrifft.
Genauso Vieles aber,
was ich mir in meiner Euphorie damals zugelegt habe, löst heute bei mir
musikalisches Sodbrennen aus. Dragonforces drittes Studioalbum „Inhuman
Rampage“ ist so ein Fall. Damals war ich absolut begeistert. Power
Metal im Grenzbereich. Pfeilschnell. Jedes Kaninchen wäre neidisch.
Gespielt auf technisch hohem Niveau. Und Gitarensoli. Ohne Ende.
Kein Song, der unter fünf Minuten geht. Das Album lief rauf und
runter. Heute schafft es maximal „Trough the Fire and the Flames“
in meine Playlist. Und selbst das wird ab der Hälfte oft geskippt.
Das ganze Album, am Stück? Da muss man mich schon an einen Stuhl
fesseln. Handwerklich gibt es zwar wirklich nichts zu motzen. Die Jungs
liefern sehr soliden Metal ab. Aber es ist auf Dauer von allem etwas
zu viel. Die Soli, die Anfangs begeistern, wirken schnell langatmig
und nervtötend. Die Texte sind mit Zucker überzogener Kitsch. Und
der Schlagzeuger kennt nur Hasenficktempo. Auf Dauer ist das Album
anstrengend und ermüdend.
Aber damals, ja
damals war es genau das Richtige. Paradoxerweise ist es gerade diese
etwas biedere Powermetal Band, welche mir die Tür zum extremeren
Metal geöffnet hat.
Weiterlesen: Eine CD aus meinen Metal Anfangstagen, die ich bis heute noch gerne höre. Stratovarius - Elements Pt.1
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