Donnerstag, 3. Mai 2018

In Eigener Sache

Das Echo vom "Echo"

Ein Kommentar.



Es ist erst ein paar Wochen her. Der „deutsche Grammy“, der „Echo“, sorgte für einen handfesten Skandal. Ein Aufschrei der Empörung ging durch die Medien. Entsetzen, Unverständnis und Ablehnung von allen Seiten. Zunächst gaben vereinzelt Künstler ihre Preise zurück, schließlich war es eine ganze Flut an verschmähten Trophäen. Offensichtlich war dafür kein Platz in den Räumen der Verantwortlichen mehr. Der „Echo“ ist Geschichte, und das Echo in den Medien weitestgehend verstummt.
Zeit, mir darüber ein paar Gedanken in aller Ruhe zu machen. Was genau hat den Aufschrei ausgelöst? Ist die Abschaffung des „Echo“ wirklich eine Lösung? Oder steckt das Problem ganz woanders?
Der „Echo“ war ein Musikpreis der deutschen Plattenindustrie. Im Bereich Popmusik orientierte sich dieser an den Verkaufszahlen, den offiziellen Charts. Nominiert waren damit also Künstler, welche im laufenden Jahr ordentlich CDs verkauft haben. So wie eben Farid Bang und Kollegah. Deren Album „Jung, Brutal, Gut aussehend 3“ verkaufte sich wie geschnitten Brot. Somit wurde es nominiert. Und hat den „Echo“ gewonnen. Die Jury wies eindeutig auf die Problematik in den Texten hin. Genauso eindeutig verwies sie aber auf das Recht der künstlerischen Freiheit.
Dennoch: Die ganze Medienlandschaft scheint aus allen Wolken gefallen sein. Plötzlich wurde sich über die Brutalität der Texte echauffiert. Frauenfeindlich, Gewalt verherrlichend, antisemitisch. Es wurde gefragt, wie so etwas überhaupt nur nominiert werden konnte.
Ganz einfach. Der „Echo“ bewertet nicht den Inhalt und die Qualität der Musik. Hier wird alleine der Erfolg belohnt. Das Inhalt und eventuell vorhandene Kontroversen wenig bis keine Rolle spielen, zeigte sich schon 2016. Die umstrittene Band „Freiwild“ gewann ebenfalls einen Echo. Textlich und musikalisch kommt das Ganze selten über ausgetretene Onkelszitate und Plattitüden heraus. Einzig das Gespür für gezielte Provokation sorgt dafür, dass die Band bei Fans, Gegnern und den Medien immer wieder im Gespräch bleibt.
Und nun sind es eben Kollegah und Farid Bang. Erstaunlich finde ich daran, dass die CD wochenlang in den Charts ganz vorne dabei ist, ohne dass sich jemand groß darüber aufregt. Die CD verkauft sich wie blöd. Um den Inhalt scheint sich keiner zu kümmern. Vereinzelt hört man in den Medien mal kritische Stimmen, aber trotz der hohen Verkaufszahlen und trotz der fragwürdigen Texte dringt kaum etwas davon in die breite Öffentlichkeit. Und jetzt, plötzlich, ist es ein Skandal. Das stellt sich mir die Frage: hat keiner aus den Medien oder anderen Teilen der Gesellschaft es für nötig gehalten, in Musik rein zu hören, die sich so gut verkauft? Muss wirklich erst ein Skandal her, damit sich Leute auch inhaltlich mit Musik beschäftigen? Und: hätte sich ohne den „Echo“ überhaupt jemand dafür interessiert?
Provokation und das spielen mit Tabus gehört zur Musik dazu. Gerade im Heavy Metal wird von Anfang an mit allem gespielt, was der Gesellschaft Bauchweh bereitet. Das verzerren Religiöser Symbole. Satanismus. Verherrlichung von Krieg und Gewalt. Das Spiel mit NS Ästhetik. Der Grat zwischen gekonnter Provokation und platter Dummheit ist schmal. Sind das jetzt Künstler, die der Gesellschaft geschickt den Spiegel vorhalten? Oder sind es nur dumme Idioten, die platt provozieren um überhaupt irgendwie Aufmerksamkeit zu bekommen?
Das zu erkennen ist nicht immer einfach. Man muss sich mit der Musik auseinandersetzen und in der Lage sein, Gewisse Symbole und Floskeln richtig einzuordnen. Und hier sind schließlich alle gefragt: Medien, Schulen, Eltern. Sie alle stehen in der Verantwortung dafür, das heranwachsende Menschen in der Lage sind, sich kritisch mit Kunst und Musik auseinanderzusetzen. Das nicht blind konsumiert, sondern auch hinterfragt wird.

Den das Problem ist nicht, dass Farid Bang und Kollegah einen Preis gewonnen haben. Das Problem ist, dass sich solche Musik überhaupt erst so gut verkauft. Daran wird auch die Abschaffung des Echos nichts ändern. Im Gegenteil. Erst der Echo schien überhaupt in der Lage zu sein, die Öffentlichkeit auf das Problem aufmerksam zu machen.

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