Donnerstag, 17. Mai 2018

Bücherecke


Tad Williams

Der Blumenkrieg


Mein Umfeld nervt mich schon lange mit diesem Autor. Wie, du magst Science Fiction und Phantasy, kennst aber „Otherland“ von Tad Williams nicht? Pfui, Schande. Banause. Ignorant. Das ist das Beste, Tollste und Geilste überhaupt. Muss man gelesen haben!
Mag alles Stimmen, aber tatsächlich hat mich alleine der Umfang der „Otherland“ Saga davon abgehalten, rein zu lesen.
Auch der „Blumenkrieg“ ist nicht gerade schlank. Aber eben nur ein Buch. Mir ist es kürzlich in die Hände gefallen, dem öffentlichen Bücherschrank sei Dank. Für mich die perfekte Gelegenheit, dem Autor von „Otherland“ eine Chance zu geben.

Auf den ersten Blick ist es eine recht gewöhnliche Phantasygeschichte.
Theo ist anfang Dreißig, Sänger und gehört zu der Sorte Mensch, welche viel Talent, aber wenig Erfolg besitzen. Sein eher durchschnittliches Leben gerät richtig aus der Bahn. Zuerst hat seine Freundin eine Fehlgeburt. Kurz danach trennt sie sich von Ihm und schmeißt ihn aus dem Haus. Da seine Mittel als Blumenlieferant und Sänger einer unbedeutenden Band eher gering sind, zieht er bei seiner Mutter ein. Diese stirbt kurz darauf an einem Krebsleiden. Das wirft ihn endgültig aus der Bahn, er kündigt bei seiner Band und seinem Job, verkauft das Haus und zieht sich in eine einsame Hütte in den Bergen zurück. Sein einziger Begleiter ist ein Manuskript seines Onkels, welches er im Nachlass seiner Mutter gefunden hat. Dabei handelt es sich um einen Reisebericht. Einmal durch die Welt. Und dann ein Stopp in Elfien, dem Land der Feen.
Als Theo von einem untoten Wesen angegriffen, von einer fingergroßen, vorwitzigen Fee gerettet und in eben dieses Elfenland gebracht wird, muss er zwei Dinge feststellen. Bei dem Manuskript seines Onkels handelt es sich nicht um den Entwurf für einen Roman, sondern einen Tatsachenbericht. Und das Land der magischen Wesen ist ganz anders, als er es erwartet hatte.
Der magische Zauberwald voller Wunder entpuppt sich als eine Parkanlage. Statt endloser Wälder und blühender Wiesen prägen Industriegebiete, Eisenbahnen und eine Megametropole das Bild. Der Fortschritt ist in Elfien eingezogen. Und mit ihm Umweltverschmutzung, soziale Ungerechtigkeit und politische Spannungen. Adelige Elfengeschlechter, die sogenannten Blumen, regieren diese Welt. Mehrere Fraktionen kämpfen um die Vorherschafft, man munkelt von Krieg. Und irgendwie hat Theo die Aufmerksamkeit dieser Gruppierungen erregt. Startschuss für ein Abenteuer in einer etwas anderen Elfenwelt.
Was als relativ gewöhnlicher „Versager stolpert in ein Abenteuer in einer Zauberwelt“ Roman anfängt, entpuppt sich als überraschend frische und unterhaltsame Lektüre. Trotz seines Umfangs ist das Buch recht kurzweilig. Sprachlich ist es sehr schön ausgearbeitet. Einige Längen in der Geschichte werden durch das absurde Szenario und die schön gezeichneten Charaktere wettgemacht. Die Mischung aus Märchenwelt und Moderne besitzt einen einzigartigen Charme. Theos steigende Verwirrung über die magisch moderne Welt, die wie ein Zerrspiegel unserer eigenen erscheint, und die magischen Wesen, welche Technik als Hokuspokus bezeichnen, sorgen immer wieder für ein breites Grinsen. Trotz des feinen Humors ist „Der Blumenkrieg“ weit davon entfernt, eine reine Komödie im Phantasiegewand a la Terry Pratchet zu sein.
Ein absolut lesenswertes Buch. Und wer weiß. Vielleicht werde ich mir in Zukunft mal die „Otherland“ Reihe vorknöpfen. Dass Ted Williams sehr gut schreiben kann,jede Menge frischer Ideen hat und in der Lage ist, lange Texte durchweg spannend zu halten, das hat er mit „Der Blumenkrieg“ für mich eindeutig bewiesen.

Ein für das Genre typischeres Setting benutzt meine letzte Buchvorstellung: 

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