Donnerstag, 30. April 2020

In eigener Sache

Das Nähkästchen macht diese Woche mal Pause. Wer sich trotzdem hierher verirrt: stöbert doch ein bisschen :)

Donnerstag, 23. April 2020

Mein CD Regal


Kontrust

Second Hand Wonderland

 




„Was zur Hölle machen die da?“. In meiner Sammlung sind „The Prophecy 23“ nicht die einzigen, welche diese Frage bei mir immer wieder aufkommen lassen. „Kontrust“ sind genauso Teil der „Wir scheißen auf Schubladen“ Fraktion und machen in erster Linie eines: jede Menge Spaß.
Die Österreicher gehören zu meinen Youtube Entdeckungen: Das Video zur Single „Sock n Doll“ wurde mir eine Zeitlang penetrant oft vorgeschlagen. Irgendwann hab ich es mir dann auch angeschaut. Was soll schon schief gehen, bei dem Songtitel?
Singende, tanzende, kiffende und kotzende Sockenpuppen: nun habe ich wohl wirklich so ziemlich Alles in meinem Leben gesehen. Dazu ein grundsolider, spaßiger Crossover Songs mit dem ein oder anderen „Was zur Hölle“ Moment. Drei Minuten Lebenszeit, die definitiv nicht verschwendet waren.

Dennoch habe ich mich lange schwer damit getan, mir das Album zu zulegen. Meine ersten musikalischen Schritte habe ich in den späten 90iger und frühen 00er Jahren gemacht. An Crossover und Nu Metal führte so gut wie gar kein Weg vorbei. Auf Samplern, im Musikfernsehen, sogar im Radio: Bands wie Guano Apes und Linkin Park prägten die Musikszene entscheidend. Und so waren sowohl die „Proud Like a god“ als auch die „Hybrid Theory“ lange Zeit tägliche Begleiter. Der Stilmix wirkte auf mich frisch und neu, außerdem war es mit Abstand das Härteste, was ich bis dahin je gehört hatte. Das Problem: immer mehr Bands kamen mit dem gleichen Sound um die Ecke, und auch meine Lieblinge brachten immer wieder nur das gleiche Album zustande. Irgendwie kam mir alles recht schnell ausgelutscht vor, der eigentlich innovative Sound schien in seiner eigenen Brühe zu kochen. Kurzum, der Halbzeitwert war gering, und nachdem der erste Wow Effekt vergangen war, habe ich schon längst was Neues entdeckt. Einzig die beiden genannten Alben haben den Test der Zeit bisher bestanden.

Deshalb war ich bei „Kontrust“ zuerst auch skeptisch. Verraucht der Aha Effekt nach einem Song? Klingt dann alles gleichermaßen gezwungen originell? Braucht es überhaupt noch neue Crossover Musik, nachdem doch schon eigentlich musikalisch alles gesagt wurde?  Nun, inzwischen hab ich mir das Album zugelegt. Und nein, der Aha Effekt bleibt bestehen. Die Grundlage ist solider Crossover, wie ihn die Apes zu ihren Anfangstagen nicht besser hinbekommen hätten. Kommt aber deutlich unverkrampfter rüber. Ich weiß, dass ist extrem subjektiv, aber auf mich wirkt bei dieser Platte absolut nichts gezwungen. Woran das konkret liegt? Schwer zu sagen, aber es fühlt sich einfach herrlich leicht an. Ein bisschen Reggae? Gerne doch. Volksmusik und Jodel Einlagen? Warum nicht. Etwas Balkan Beat? Als her damit. Hier wird genauso ohne Scheuklappen gearbeitet wie bei „System of a Down“.

Ich weiß nicht wie sie es machen, aber anstatt wildem Soundchaos dröhnt ein satter Stilmix quer durch Alles denk- und undenkbare, was die Musikwelt zu bieten hat. Für mich eines der unterhaltsamsten und überraschendsten Alben der letzten Jahre. Einfach ein großer Spaß.

Donnerstag, 16. April 2020

Raus. Gehen.


Eigentlich




Eigentlich war dieses Jahr ziemlich gut durchgeplant. Konzerte, Festivals, Urlaub. Für den besseren Überblick und Koordination habe ich mir dieses Jahr sogar einen Terminkalender geholt. Und benutzt. 

Eigentlich wollte ich auch wieder mehr wandern gehen. Die letzten Etappen vom Neckarsteig standen im Frühling auf dem Plan. Und im Sommer eine kleinere Mehrtagestour irgendwo auf der schwäbischen Alb.
Eigentlich. So ganz langsam wird es zu meinem persönlichen Wort des Jahres.
Klar, aus allen Situationen soll man grundsätzlich das Beste machen. Es ändert trotzdem nichts daran, dass das Jahr für die meisten von uns ziemlich beschissen läuft. Im besten Fall ist es nur die Freizeitplanung, die völlig über den Haufen geworfen wurde. Im schlimmsten Fall betrifft es Existenzen. Da hilft dann auch das ganze Gerede von „Die Krise positiv nutzen“ und „Die Entschleunigung positiv betrachten“ herzlich wenig. Natürlich ist es hin und wieder mal gut, Abstand vom Trubel zu nehmen. Mal nicht von der Arbeit gleich zur nächsten Ablenkung zu hetzen. Statt Kino, Konzert und Party einfach mal Ruhe, Stille und ein bisschen Zeit mit sich selber verbringen. Grundsätzlich eine feine Sache. Der Haken daran: normalerweise entscheide ich für mich, ob ich mich vom sozialen Leben zurückziehe oder nicht. Jetzt bin ich dazu gezwungen. Und bei mir ist es leider nun einmal so, dass es mir äußerst schwer fällt, den positiven Aspekt einer aufgezwungenen Situation zu nutzen.

Leider hat motzen, schimpfen und schlechte Laune aber noch nie geholfen, unangenehme Situationen zu lösen. Und so versuche ich, das Beste aus der ganzen Sache zu machen. Freizeitfahrten sind verboten? Nun denn, Wanderschuhe schnüren und auf, die Abenteuer vor der Haustüre zu entdecken. Die letzten Wochen bin ich so ziemlich Alles, was mir Wanderkarten, Freizeitbroschüren und Wandertipps für meine Gegend vorgeschlagen haben, abgelaufen. Das Meiste kannte ich schon, aber immer wieder hat sich hier mal ein neuer, schmaler Weg eröffnet oder zwei Ziele haben sich zu einem neuem Rundweg zusammengeschlossen. Und tatsächlich gab es auch Orte, die ich in den gut fünf Jahren, die ich inzwischen im schönen Neckartal wohne, noch nicht gesehen hatte und die nur eine gute Stunde Fußweg entfernt sind.
So bin ich letztens zum ersten Mal am Ochsenkopfturm gewesen. Auf etwas mehr als 400 Metern Höhe steht eine recht rudimentäre Variante eines Aussichtsturmes, der jedoch einen klasse Blick über den Dilsberg hinweg bis weit in den Kraichgau rein bietet. Eine etwas abgelegene Sitzmöglichkeit lädt zur Pause ein. Der neue Biergarten für die Zeit ist gefunden.
Vom Ochsenkopf selber kommt man recht schnell zu zwei der vier Burgen in Neckarsteinach. Gut, die besuche ich auch so immer wieder mal. Aber von der anderen Seite zu kommen ist halt mal eine schöne Ablenkung. Zurück dann durch den Wald auf einem schmalen Trampelpfad, und fertig ist eine gemütliche, ungefähr drei Stunden lange Tour vor der Haustüre. Ein paar knackige Anstiege, schmale Pfade und bequeme Waldwege im Wechsel, ruhige Plätzchen. Alles vorhanden, was eine Wanderung gemütlich macht. Und so lange man den Neckar meidet, ist es auch einfach, den Mindestabstand einzuhalten. Am Neckar selber geht das gerade schlecht. Je nach Uhrzeit und Wetter ist dort mehr los als auf der A5 im Feierabendverkehr. Ein Grund mehr, im Wald zu verschwinden.

Donnerstag, 9. April 2020

Mein CD Regal


The Prophecy 23

Fresh Metal

 




Meine erste Begegnung mit „The Prophecy 23“ liegt jetzt schon einige Jahre zurück, noch zu Karlsruher Zeiten. Ein Kumpel war der Meinung, dass ich die unbedingt sehen muss. „Ach ne, lass mal. Ist doch eh nur eine von tausenden Thrash Metal Bands. Das kennt man ja alles“ „Ja schon. Aber die sind ganz anders. Die sollte man mal gehört haben“ Nun ja, bei so überschwänglichen Aussagen bin ich eigentlich immer vorsichtig. Aber ich hatte eh nichts vor. Und ein Abend im AKK ist grundsätzlich nie verkehrt. Also bin ich mit. Zum Glück.
„Was zur Hölle?“ war mein erster Gedanke. Grüne Gitarren und musikalisch ein Mix, bei dem Thrash einfach nur der rote Faden ist, der alles zusammenhält. Aber die anfängliche Skepsis war schnell verflogen, und kurz drauf war ich mitten im Mob. 

Danach hab ich die Jungs immer wieder mal gesehen. Zuerst zufällig, dann immer mehr auch gezielt und mit voller Absicht. Was die machen? Nun, so ganz weiß ich es bis Heute nicht. Der Stil ist auf jeden Fall dazu geeignet, eine dieser fürchterlichen Wortchimären zu bilden. Mit möglichst vielen Adjektiven und\oder Subgenres. Ihr wisst schon, so Blödsinn wie „Extreme drunken Pirate Metal“ oder „Blackened Death n Roll“.
Zum Glück verzichten „The Prophecy 23“ auf Unfug dieser Art und nennen ihre Musik schlicht und ergreifend „Fresh Metal.“ Kurz, prägnant, passend. 

Ihr bereits viertes Studioalbum hört auf den gleichen Namen und ist tatsächlich das Erste, das ich mir bisher geholt habe. Aber wohl nicht das letzte. Was Live so gut funktioniert, klappt erstaunlicherweise genauso gut auf Platte. Musik, um, wie meine Frau es treffend sagte, in gemütlicher Runde ein paar Bier zu vernichten. Den ersten Höhepunkt für mich persönlich gab es schon vor dem Hören der CD: das absolut geniale Cover. Erinnert mich daran, dass ich lange keinen „Schisslaweng“ mehr gelesen habe. 

Musikalisch ist Thrash die Grundlage, ansonsten wird alles verwurschtelt, was der Band gerade Laune macht. So hat das Outro von „I wish I could skate“ gefühlt mehr „Oh Oh Ohs“ zu bieten, als jede Hammerfall Platte. Puristen könnten vielleicht Probleme damit haben, alle anderen erwarten gute 40 Minuten kunterbunte Songs und gute Laune. Ich könnte hier jetzt weitermachen und noch jede Menge Adjektive aus dem „CD Review Baukasten“ holen, die beschreiben wie toll, erfrischend und anders die Scheibe klingt. Ich lass es – das Album ist einfach Top, bringt frischen Wind ins Thrash Genre und hat nicht umsonst die Deutschen Albumcharts geknackt. Wenn die Welt sich wieder weiter dreht, ist der nächste Konzertbesuch für mich schon mal beschlossen. 

Eine mir wichtige Sache sollte aber hier definitiv nicht unter den Tisch fallen: die Jungs zeigen klare Kante gegen Rechts.

Donnerstag, 2. April 2020

Aus dem Nähkästchen

Corona? Ich habe eine Krise!



Obwohl aus der Ich Perspektive geschrieben, sind die Geschichten in der Rubrik „Aus dem Nähkästchen“ keine Eins zu Eins Erzählungen von Dingen, die ich genauso erlebt habe. Die Handlungen und auch der Ich Erzähler selbst setzen sich vielmehr aus Erlebnissen, Erfahrungen, Erzählungen und Beobachtungen zusammen. Authentisch, aber nie ganz real. Dass lässt mir beim schreiben einfach ein bisschen mehr Spielraum.
Diesmal jedoch tritt mein alter Ego einen Schritt nach hinten und macht eine wohlverdiente Kaffee Pause. Der Ich Erzähler heute bin diesmal wirklich ich, und das erzählte diesmal nah dran an der Realität. Leider. Überspitzt bleibt es dennoch.


Vernünftig bleiben. Drinnen bleiben. Was logisch und im ersten Moment auch einfach klingt, erweist sich inzwischen als eine schwere Prüfung. Der Frühling draußen zeigt sich von seiner absolut besten Seite und scheint mich zu verhöhnen: die Sonne scheint und lockt zu langen, ausgedehnten Wanderungen. Die Vögel pfeifen und zwitschern fröhlich. Es klingt ein bisschen nach „Biergarten“ und „Eisdiele“.
Nun ja, das fällt erst einmal flach. Der Lieblingsbiergarten dieses Jahr heißt Balkon.

Es heißt ja, dass man aus der ungewohnten und etwas beklemmenden Situation das Beste machen soll. Die Zeit ohne Ablenkungen von Außen nutzen. Projekte, die lange geplant sind, endlich angehen. Neue Hobbies ausprobieren. Oder alte, fast vergessene neu aufleben lassen. Öfter mit Verwandten und Freunden telefonieren. Mal wieder mehr lesen. Etwas Neues lernen.
Lauter tolle Dinge, die auf einen warten. In der Theorie. Die Realität sieht leider etwas trauriger aus. Anstatt mich voller Elan in das unbekannte neue Land „Social Distancing“ zu stürzen, versumpfe ich einfach im Internet. Also noch mehr als sonst.

Gruseliger Höhepunkt: Pietro Lombardies betteln und bangen um Platz eins der deutschen Albumcharts. Gruselig, weil ich es normalerweise nicht mitbekommen hätte. Somit habe ich nicht nur Zeit auf absolut Unwichtiges verschwendet, sondern weiß nun auch, wer Pietro Lombardie ist.
Was war passiert? In einer Instagramm Story erzählte Lombardie, dass er schon immer von Platz eins der deutschen Charts geträumt habe. Es sieht auch ganz gut aus, aber aus dem Nichts kam eine Rockerband. Und die verkauft echt gut. Sie steht somit zwischen ihm und seinem großen Traum, drohen, ihn zu zerstören. So sind sie halt, die Rockerbands. Machen jede Partie kaputt. Und damit dass nicht passiert, müssen seine Fans nur eines tun: kaufen, kaufen, kaufen!
Heaven Shall Burn – jene Band „aus dem Nichts“ - hat die Steilvorlage dankend für ihre Promo aufgenommen, und auch in den sozialen Netzwerken schlug das einige Wellen. So hat der dunkle Parabelritter sich die Frage gestellt, ob es in diesen Zeiten angebracht ist, um ein paar Verkäufe mehr zu betteln. Bis zur Bildzeitung ging das Ganze. Diese machten sich über die Unwissenheit des DSDS Gewinners von der drölften Staffel lustig und boten Metalnachhilfe an. Ich weiß ehrlich nicht, was ich beunruhigender finden soll. Dass eine erzkonservative Zeitung, die für mich der absolute Inbegriff deutscher Kleinbürgerei ist, sich auf die Seite einer Metalband schlägt. Eine Subkultur, die für mich immer das genaue Gegenteil repräsentierte. Oder dass ich tatsächlich einen ganze Bild Artikel gelesen habe.
Gruselig, mit welchen Nichtigkeiten kleine und größere Socialmedia Skandale entstehen. Ist uns schon so langweilig, dass wir uns mit so etwas beschäftigen? Oder hat einfach ein RTL2 Schreiberling das Skript für die Realität in die Hand bekommen? War das vor der Krise auch schon so? Auf jeden Fall ist genau diese Art von unnötiger Schlammschlacht und Selbstdarstellung von C Promis, Superstars, Supermodels und was sonst noch alles meint, sein Gesicht in die Öffentlichkeit zu halten, der Grund, warum mein Fernseher vor gut sechs Jahren den Weg durch das Fenster gegangen ist.

Am letzten Dienstag ist dann etwas wunderbares passiert. Das Internet ist für einen Tag bei uns in der Gegend ausgefallen. Zack. Die Gehirnschnecke war weg, und auf einmal – tja auf einmal hat es geklappt. Das Lesen. Das spazieren gehen. Projekte anfangen. Es ist so schön. Es ist so einfach. Nicht nur theoretisch. Seitdem bleibt das Internet am Abend einfach aus. Die Gehirnschnecke muss sich woanders umsehen.