Donnerstag, 29. Oktober 2020

Mein CD Regal

 

Saltatio Mortis

Erwachen

 


 

„Die gibt es noch?“. Das war mein erster Gedanke, als ich letztens den Namen „Saltatio Mortis“ bei den aktuellen Neuerscheinungen gesehen habe. Der Zweite war: „Mensch, das ist eigentlich eine gute Idee. Da muss ich mal wieder reinhören.“ Immerhin war Mittelalter Rock lange Jahre über ein ständiger Begleiter von mir. Als ich bewusst angefangen habe, Musik zu hören, hatten In Extremo gerade mit „Vollmond“ ihren ersten kleinen Hit, der es bis in die Heavy Rotation bei Viva und Co. - Musikfernsehen, ihr erinnert euch – geschafft hat.

Damals hatte ich gerade Heavy Metal für mich entdeckt, und war dementsprechend regelmäßig bei der „Heavy Night“ in der örtlichen Diskothek. Es war eine dieser kleinen, gemütlichen – oder versifften, je nach Sichtweise und Lichtverhältnissen – Dorfdiskotheken, wie sie wohl fast jeder von uns kennt. „Heavy Night“ hieß, das abwechselnd Manowar, Maiden und Motörhead lief. Dazu kam, das man zu den Metalern auch noch die Punks und die Gothics gesteckt hat. Jede Gruppe für sich hätte den Laden wohl nicht gefüllt. Auserdem: sind ja eh alle Dunkel und sehen gleich aus. Das wird dann schon passen.

Nach jedem Metalset lief Gothic, dann Punk, dann Metal. Alles sehr präzise getimt. Nach einer Weile konnte man an den Songs erkennen, wann der Wechsel bevorsteht. Und sich schon einmal langsam auf den Weg zum Bier holen oder frische Luft schnappen machen. Mittelalter Rock lief grundsätzlich immer zwischen Metal und Gothic. Neben In Ex hauptsächlich Tanzwut, Subway und dann, etwas später, eben -Saltatio Mortis.

Mir hat das immer ganz gut gefallen, und eine Zeitlang hab fast nichts anderes gehört. Dementsprechend lassen sich viele dieser Bands in meiner Sammlung finden. Eben auch vier Alben von „Saltatio Mortis“. Wirklich durch gehört habe ich die schon ewig nicht mehr. Einzelne Songs laufen immer wieder mal in der Zufallswiedergabe, aber das wars dann auch.

Also hab ich mir neulich ein bisschen Zeit genommen und Alle in Ruhe mal durch gehört. Beziehungsweise es versucht. Immerhin weiß ich jetzt, warum ich die so lange nicht mehr angehört habe. Einzelne Lieder sind ok und machen durchaus Spaß, aber so nach zweien, dreien am Stück wird es schwierig. Ein ganzes Album ohne Skiptaste und Ohrenbluten? Kaum möglich. Standard Rock Riffs, ein paar eingängige Dudelsackmelodien und Texte wie aus dem Poesie Album für Grufties. Vor 15 Jahren: super. Jetzt? Naja, arg viel mehr als Nostalgie wird da nicht mehr ausgelöst. Immerhin, sobald Saltatio ihre politischen Sachen auspacken, wird das ganze richtig griffig, giftig und gut. Aber sonst, nun ja. Die Begeisterung ist abgekühlt.

Umso erstaunlicher ist es, dass ein Album den Test der Zeit überstanden hat. „Erwachen“. Ausgerechnet. Ich beschwere mich hier über Kitsch, platte Texte und austauschbare Melodien? Auf Saltatio Mortis zweitem Rock Album findet sich das Alles. Nahezu in Perfektion. Paradoxerweise macht mir das gerade richtig Laune. Ob trotzdem oder genau deswegen, das weiß ich nicht. Während „Des Königs Henker“ und „Aus der Asche“ - beide musikalisch und textlich deutlich reifer - wieder in der Versenkung verschwunden sind, dudelt „Erwachen“ seit Tagen regelmäßig durch meine Boxen. Neben E Gitarren und Mittelalter Instrumenten werden hier noch haufenweise elektronische Spielereien verwendet. Das klingt teilweise richtig übel, als ob jemand wahllos auf ein Kinderkeyboard eingeprügelt hat. Es fiepst und düdelt stellenweise richtig fieß. Das kriegt ein Atari nicht besser hin. Also schlimmer.

Aber irgendwie macht es die Songs nicht kaputt. Im Gegenteil. Saltatio wurden mit den späteren Alben zwar deutlich härter und eingängiger, aber eben auch austauschbarer. „Erwachen“ dagegen hat seinen ganz eigenen Charme. Absoluter Kitsch. Keine Frage. Textlich durchaus eher Schlager als Rock. Das Album bettelt gerade zu darum, verrissen zu werden. Aber: ich kann es nicht. Stattdessen spring ich singend und tanzend mit guter Laune durch den Raum.

Paradox.


Donnerstag, 22. Oktober 2020

In eigener Sache

 Heute gibt es aus Zeit und Ideenmangel keinen neuen Beitrag auf dem Nähkästchen. Werde mich zunächst einmal dransetzen, alte Beiträge auf den dazu passenden Seiten zu verlinken. Das erleichtert euch das stöbern um einiges. Und ich habe wieder einen Überblick was ich alles schon in den Äther gehauen habe.

Nächste Woche geht es hier wieder weiter

Donnerstag, 15. Oktober 2020

Raus. Gehen

 

Hochgehträumt, Lichtenstein




Nachdem wir in unserem Urlaub auf drei Touren die schwäbische Alb und das Umland zu Fuß unsicher gemacht hatten, hatten wir eigentlich genug vom Wandern. Stattdessen: Klettern im Hochseilgarten bei Burg Lichtenstein. Den haben wir letztes Jahr beim Besuch des Märchenschlosses entdeckt. Seitdem stand er auf unserer „ Wollen wir machen“ Liste.

Beim Anblick der Treppen und Leitern haben mir jedoch sofort die Knie wieder weh gemacht. Die Wanderung vom Vortag steckte mir mehr in den Knochen, als ich war haben wollte. Aber nicht so schlimm. Ebenfalls beim letzten Besuch habe ich eine Info Tafel für einen Rundwanderweg gefunden. „Hochgehträumt“ nannte er sich, und bis auf das schlechte Wortspiel machte er auf den ersten Blick einen guten Eindruck. Außerdem führt er an der Nebelhöhle vorbei, die ich eh schon lange besuchen wollte. Damit war ich recht alleine. Bei Menschen, die auf der Alb aufgewachsen sind, löst das Wort „Höhle“ maximal ein desinteressiertes Schulterzucken aus. Während der Rest sich dann auf Hochseil – und Biergarten verteilte, bin ich einfach los gelaufen und habe die etwas mehr als zehn Kilometer in Angriff genommen.


Der Weg führt in einem großen Bogen einmal Rund um die Burg Lichtenstein. Mal breit und bequem, mal etwas schmaler und verschlungen. Mal über freies Feld, mal durch dichte Wälder. Immer wieder entdeckt man schöne Aussichtspunkte. Die Strecke ist abwechslungsreich und dadurch recht kurzweilig. Auf und Abstiege gibt es kaum, 220 Meter Anstieg und genau so viel runter auf zehn Kilometern ist – vor allem im Vergleich zum Vortag – sehr gemütlich. Die Ausschilderung ist sehr gut, verlaufen kann man sich eigentlich nicht. Ich bin zwar zweimal kurz von der Strecke abgekommen. Das lag aber an meiner eigenen Dummheit. Ich habe mich nicht an die goldene „Wenn kein Schild an einer Kreuzung ist, bleib auf dem aktuellen Weg“ Regel gehalten und bin dadurch etwas durch die Walachei gestolpert.

Ich war auch kurz davor, das Ganze abzubrechen. Die Laufrichtung, die ich ausgewählt habe, führt nach einem kurzem Stück durch den Wald über weite Strecken durch freies Feld. Das ganze bei dreißig Grad und Sonnenschein war etwas heftig. Aber irgendwann hatte ich dann den Punkt erreicht, wo umkehren einfach keine Option mehr war und hab mich durchgebissen. Zum Glück. Die Strecke ist wirklich schön, und durch den fehlenden Anspruch klasse um mal einfach die Gedanken schweifen zu lassen und die Umgebung in sich auf zu saugen. Definitiv ein Vorteil vom alleine Laufen. 

 

Der Höhepunkt ist die Nebelhöhle. Egal wie rum man die Strecke läuft, sie liegt ungefähr auf der Hälfte und ist damit ein perfekter Ort für eine Rast.

Normalerweise wird man in Gruppen durch die Höhle in einem Rundgang geführt. Da in diesem Sommer jedoch alles anders ist, werden Besucher alleine vorne rein und hinten wieder raus geschickt. Man darf drinnen so lange bleiben wie man will. Beziehungsweise kann. Mit ca. 10 Grad ist es recht frisch. Über die Luftfeuchtigkeit muss ich gar nicht erst reden. Ich war heilfroh über meine Jacke. Der Besuch der Höhle war einfach Klasse. Vor mir war eine Gruppe, die laut schwatzend im Eilgalopp durch die Höhle ist. Ich hab mir im ersten Raum deswegen extra Zeit gelassen, und kurz darauf hatte ich die Höhle dann ganz für mich. Unter der Erde, ganz allein, mit den bizarren Tropfsteinen: das war definitiv ein Erlebnis der Marke „Einzigartig“. Die 5 Euro eintritt war es auf jeden Fall wert.

Nach etwas mehr als zweieinhalb Stunden war ich dann wieder am Ausgangspunkt am Parkplatz der Burg Lichtenstein. Und hatte noch genug Zeit, um in aller Ruhe ein Entspannungsbier zu trinken bevor der Rest der Truppe kam.

Eine absolut gelungene „Eigentlich will ich nicht mehr Wandern“ Tour. Recht einfach, gut ausgeschildert und mit jeder Menge Abwechslung ist diese Wanderung eigentlich für alle zu empfehlen, die auch ohne großes Schwitzen und Anstrengung Spaß am Laufen haben.




Donnerstag, 8. Oktober 2020

Bücherkiste

 

Joe Abercrombie

Kriegsklingen


Barbaren aus dem Norden sammeln sich unter der Fahne eines Anführers und marschieren langsam auf die Union – ein mächtiges Königreich – zu. Im Süden besteigt ein junger Tyrann den Thron und unterwirft in Windeseile sämtliche Länder dort mit harter Hand und schwarzer Magie. Nun wirft auch er sein Auge auf die reiche Union.

Dort wird die Gefahr eines drohenden zwei Fronten Krieges nur am Rande wahrgenommen. Schließlich steht das große Fechtturnier an. Der junge, adlige Hauptmann Luthar will daran Teilnehmen und das Turnier gewinnen. Schließlich stehen dem Sieger viele Türen offen und es winkt eine strahlende Zukunft voller Ruhm, Einfluss und Macht. Dennoch interessiert ihn mehr das Zechen und Spielen. Bis er eine junge bürgerliche kennenlernt, die unter anderem seinen Ehrgeiz weckt.

Inquisitor Glotka hat indes ganz andere Sorgen. Neben der Bedrohung von außen scheint es im inneren der Union ebenfalls Eine zu geben. Eine mächtige Händlergilde hat sich gegen die Krone verschworen. Eine seltsam ausgeweitete Leiche wurde gefunden. Ein alter Mann in Begleitung einer seltsamen Reisegruppe erhebt den Anspruch, der Erste der Magi zu sein und somit das Recht auf einen Platz im Regierungsrat der Union zu haben. Jede Menge Arbeit für den königlichen Ermittler. Der schließlich selbst mitten im Sumpf der Intrigen steckt.


Ein Königreich in Gefahr, eine alte Prophezeiung und eine bunte Heldengruppe: auf den ersten Blick betritt Kriegsklingen gewohntes Fantasy Terrain in guter alter Dungeons and Dragons Manier.

Auf den zweiten Blick auch. Dennoch, der Roman ist wirklich unterhaltsam zu lesen. Die Handlung mag zwar nur guter Durchschnitt sein. Die Charaktere jedoch gefallen mir gut. Tapfere, weiße und edelmütige Helden sucht man hier vergebens. Ein verbitterter, skrupelloser Krüppel. Ein arroganter, verwöhnter Jüngling. Jeder der Helden in dem Roman hat mindestens eine Macke. Das zu verteidigende Königreich – strahlend, mächtig, mit einem gerechten König und zufriedenen Bürgern? Mitnichten. Die Union ist von Korruption und Intrigen zerfressen. Der König ist ein seniler Mann. Die Regierungsgewalt liegt beim geschlossenen Rat der Fürsten. Der diese zum Wohle seines eigenen Einflusses nutzt. Alte Adelsfamilien klammern sich an ihre Macht. Aufstrebende Handelsgilden raffen skrupellos gewaltige Reichtümer zusammen und sägen an der Vorherrschaft des Adels. 

Zusammen mit einem wirklich guten Schreibstil schafft es Abercrombie so, aus einem recht belanglosen Fantasy Roman eine zynische und unterhaltsame Geschichte zu machen.


Ich bin vor ein paar Jahren mal wieder zufällig über den ersten Band gestolpert – Bücherregale in der Stadt, ihr wisst Bescheid. Obwohl mir das Buch richtig gut gefallen hat, habe ich nie weiter gelesen. Kriegsklingen ist nämlich nur der Anfang. Es folgen noch zwei weitere Bände sowie meines Wissen nach drei Stand Alone Romane im gleichen Universum. Jede Menge Papier also. Platzgründe im eigenen Bücherregal und die Tatsache, es nie vollständig in einer Bibliothek gefunden zu haben, sind der Grund, warum ich bis vor kurzem bei Band eins aufgehört habe.

Aber nun bin sogar ich im 21 Jahrhundert angekommen. Bisher habe ich mich immer gegen E Book Reader gewehrt. Inzwischen habe ich einen. Und alle Argumente dagegen sind zusammengefallen wie ein Kartenhaus. Platzsparend, transportabel. Und das Lesegefühl ist das Gleiche.

Platz ist für mich tatsächlich der entscheidende Faktor. Irgendwie sind alle Autoren der Meinung, das ein Fantasy Roman aller mindestens drei Teile, ein Prequel und fünf Sequels braucht. Um nicht extra eine Wohnung als Bibliothek mieten zu müssen – was zwar reizvoll, aber unrealistisch ist - ist der E Book Reader eine gute Lösung. Und so habe ich endlich die Abenteuer von Glotka, Neunfinger und den anderen weiter lesen können. Ich bleibe bei meiner Meinung: nicht gerade Originell, aber herrlich kurzweilig und erfrischend zynisch. Auch wenn gerade unter aktuellen Autoren die Helden mit Furcht und Tadel so beliebt sind, dass ein psychopathischer oder unsympathischer Hauptcharakter an sich nicht mehr wirklich ungewöhnlich ist, hat Kriegsklingen mich bisher gut unterhalten. Den Rest werde ich definitiv noch lesen.


Donnerstag, 1. Oktober 2020

Mein CD Regal

 

Dawn of Disease

Worship the Grave




Metal Abend im JuZe ums Eck. Ein Flyer mit unlesbaren Bandlogos. Oder die man nicht kennt. Günstiger Eintritt. Bier. Die Grundlage für einen gelungenen Konzertabend. Wer meinen Blog ab und zu ließt, weiß genau, dass ich solche kleinen Konzerte den großen Hallen vorziehe und mich an solchen Abenden immer gut amüsiere. Und schon einiges an guter Musik entdeckt habe. So auch „Dawn of Disease“. Die Osnabrücker haben – letztes oder vorletztes Jahr – zusammen mit „Apophis“ solch einen Abend als Headliner bestritten. Ich muss zugeben, so wirklich an einzelne Bands erinnere ich mich nicht mehr genau. Dazu war es einfach zu viel und zu lange. Normalerweise sind immer ein zwei Bands dabei, bei denen man gemütlich ein Bier trinken oder draußen frische Luft schnappen kann. Dieses mal einfach nicht. Alles gut, ohne das etwas wirklich hängen geblieben wäre. Bis auf die beiden Headliner. „Apophis“ und „Dawn of Disease“ sind mir im Gedächtnis geblieben. Ich wusste, ich werde mir beide noch einmal Live anschauen, um herauszufinden, ob die wirklich musikalisch gut waren oder ich an dem Abend einfach so gut gelaunt war, dass ich sogar Helene Fischer ab gefeiert hätte.

Bei „Apophis“ hat es geklappt. Ein paar Wochen später konnte ich die Jungs noch einmal Live erleben. Ein geiler Abend und zwei CDs sind der Beweis: der Oldschool Death macht wirklich Spaß.

„Dawn of Diesease“ konnte ich nicht mehr live sehen. Die Gründe sind bekannt.

Also habe ich mir kurzerhand das 2016 erschienene Album „Worship the Grave“ geholt. Das gelungene Cover hat mir schon vor dem rein hören das erste Lächeln ins Gesicht gezaubert. Schon nach dem ersten Durchgang wusste ich, warum mir die Band Live soviel Spaß gemacht hat.

Death Metal. Geradeaus und schön räudig. Es rumpelt und scheppert. „Entombed“ lassen grüßen. Eine Death Metal Band unter vielen also? Nicht ganz. „Dawn of Disease“ haben einfach ein gutes Händchen für Songwriting. Es wirkt nie beliebig oder austauschbar, und jeder Song schafft es, sich im Gehörgang fest zu setzen. Das ist nicht zuletzt auch den geschickt eingesetzten Melodien zu verdanken, die immer wieder für Aha Momente sorgen.

Somit geht das von Magazinen und der Plattenfirma verwendete Label „Melodic Death Metal“ durchaus in Ordnung. Wer bei dieser Bezeichnung Schnappatmung bekommt und sofort „Kommerz! Ausverkauf!“ schreien möchte, kann beruhigt werden. Von massivem Keyboard Geklimper, cleanen Vocals oder Refrains aus der Radio Airplay Hölle sind die Osnabrücker glücklicherweise meilenweit entfernt.

„Worship the Grave“ ist für mich ein ganz starkes Album, das wunderbar am Stück durchlaufen kann. Die Skiptaste bleibt beim hören jungfräulich.

Bei Gelegenheit werd ich auch noch definitiv in die anderen Alben reinhören. Live werde ich sie jedoch nicht mehr sehen können. Vor ein paar Tagen gab die Band ihre Auflösung bekannt.

Sehr Schade. Aber immerhin hinterlassen sie diesen absoluten Kracher und vier weitere Scheiben, die hoffentlich ähnlich Spaßig sind.