Stahlmagen
Schreie in der Nacht
Nun, das mit den Bandnamen ist ja so eine Sache. Die Naheliegenden – Hell, Pain, Death und so weiter – sind schon Jahrzehntelang belegt. Sinnvolle Wortkombinationen sind auch schon alle bis zum Anschlag durch variiert worden. Irgendwann bleibt für neuere Bands einfach nicht mehr viel übrig, und dann muss man halt nach Absurdistan für die Namensfindung gehen. Bei einem Kasten Bier im Proberaum. Also, einen für jedes Bandmitglied. Anders kann ich mir „Stahlmagen“ als Bandnamen kaum erklären.
Aber nun ja, Namen sind Schall und Rauch. Hinter der – hm, kreativen – Wortschöpfung verbirgt sich für mich eine der besten und überraschendsten Underground Bands, die ich bisher kennengelernt habe.
Der kleine Club ums Eck, ein paar Euro Eintritt und einige kleine, lokale Bands – wer mich kennt, weis, dass das für mich die Grundzutaten für einen gelungenen Abend sind. Ganz unabhängig davon, ob die Musik was taugt oder nicht. Sind die Bands doof, trifft man oft eine handvoll Leute, die man sonst unterm Jahr nicht zu Gesicht bekommt. Sind diese Leute nicht da, gibt es die Möglichkeit, gemütlich ein Bierchen zu trinken und die Menge zu beobachten. Selten sieht man so viele fleischgewordene Klischees, wie auf einem kleinen Metalkonzert. Hat manchmal was von einem Zoobesuch. Gucken und Staunen.
„Stahlmagen“ habe ich an einem solchen Abend das erste Mal gesehen. Da waren weder die Bands noch die Leute doof, und ich kann mich erinnern, dass ich direkt nach dem Auftritt mir beide Demos geholt habe. Gut, jetzt spielte an diesem Abend die Euphorie natürlich eine große Rolle. Alkohol und ausgelassene Stimmung sind nicht gerade die zuverlässigsten Entscheidungshilfen beim CD Kauf. Dementsprechend war ich mir am nächsten Morgen gar nicht mehr so sicher, ob das wirklich sinnvoll investiertes Geld war. Zu einem war da das ziemlich miese Cover der „Imperium Forestris“. Und zum anderen eben der meiner Meinung nach komplett dämliche Band Name.
Unbegründete Sorgen. Beide Scheiben liefen die nächsten Wochen bei mir in Dauerschleife, bis sie meiner Umwelt und ganz zum Schluss auch mir auf den Keks gingen.
„Stahlmagen“ spielen Black Metal – oder so. Ich verwende dieses Subgenre eher als Orientierungshilfe. Serviervorschlag, sozusagen. Die Gitarren klirren schön kalt und der Sound rumpelt herrlich dreckig aus den Boxen. Ganz traditionell ist das aber bei weitem nicht. Weiblicher Klargesang, eine Querflöte – die ganz truen schreien hier wieder Szene Verrat und Kommerz. Mir machen „Stahlmagen“ aber definitiv Spaß. „Schreie in der Nacht“ ist ein bisschen roher und geradliniger als „Imperium Forestris“. Ein bisschen ungeschliffener. Qualitativ mag der Nachfolger einen Hauch besser sein, aber schlecht ist das Ding definitiv nicht. Im Gegenteil, gerade dadurch hat es seinen eigenen Charme. Auf jeden Fall liefern beide Scheiben immer wieder Futter für meine Playlists. Definitiv mehr als nur zwei Staubfänger und ungenutzte Erinnerungsstücke an einen schönen Abend.
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