Fehler
Ich sitze am Schreibtisch. Vor mir ein frischer, heißer Kaffee. Schwarz. Ohne Milch. Der Dritte. Glaube ich. Mein Kopf weigert sich schon den ganzen Tag, vernünftig zu arbeiten. Kaffee hilft ein bisschen dabei, den Nebel, der über den Gedanken liegen zu scheint, zu vertreiben. Kurz nur, aber immerhin. Es reicht, um die Rohfassung meines Textes von schwer leserlichen, fast schon kryptischen Notizen, handgeschrieben auf mehreren Zetteln verteilt, zu einem zusammenhängenden, gut lesbaren Beitrag für meinen Blog zu bringen. Nun muss ich ihn nur kurz liegen lassen, später noch einmal durchlesen, um so die schlimmsten Logik und Rechtschreibfehler zu finden, und dann kann ich ihn auch schon hochstellen. Mein wöchentlicher Beitrag mit meinen Gedanken zur Musik, oder über das Lesen, oder über die Welt an sich.
Zeit, sich mal wieder auf den neuesten Stand darüber, was außerhalb meiner Wohnung so vor sich geht, zu bringen. Ein Fehler. Das liegt nicht an den Nachrichten per se. Ich informiere mich über den täglichen Wahnsinn meist über die Internetportale der öffentlich rechtlichen. Das macht den Eier Tanz Kurs der Regierung, das schwarze Peter Spiel „Wirecard“ oder das auf perfide weiße unterhaltsame Trauerspiel der CDU\CSU in der Causa Kanzlerkandidat nicht besser. Aber wenigstens ist es solide recherchiert und meistens gut zu lesen. Problematisch wird es, wenn ich nach dem lesen eine Artikels dumm genug bin, einen Blick in die Kommentarspalte zu werfen.
Es gibt nichts Besseres, um sich den Tag gründlich zu vermiesen. Da tun sich einem Abgründe auf. Alleine die Art und Weiße, wie die Grammatik dort verdreht und gebogen wird, ist schon ein Albtraum für sich. Da fällt die Rechtschreibung gar nicht mehr so auf. Der Duden ist wohl nur noch ein Serviervorschlag. Aber nun gut, wie soll man auch vernünftig formulieren und die Fehler finden, wenn einem vor Wut der Kamm derartig schwillt? Beleidigungen, Drohungen, Verdrehung von Geschichte und Werten: das Thema ist eigentlich egal. Ob Covid, die Grüne Kanzlerkandidatur oder der Sack Reiß in Hintertupfingen: überall gibt es mindestens eine Person, die ihre Wut ungefiltert ins Internet schreit. Und mindestens zwei, die sich davon getriggert fühlen. Worauf hin wieder...ihr wisst was ich meine. Niveau Limbo. Man könnte ja darüber lachen. Aber es wird in Rekordzeit ein Tiefpunkt nach dem Anderen erreicht. Da wird einem Stellenweiße richtig schlecht.
Ticken die Leute wirklich so? Oder ist dass der Mut, der sich durch die gefühlte Anonymität des Internets einstellt? Kann man das als Stammtisch Macho Gehabe abtun? Oder brodelt da wirklich ein sexistischer, antidemokratischer brauner Mob? Und ist der auch so groß, wie er laut ist? Fragen, die einem wirklich auf das Gemüt gehen. Und wenn man dann den nächsten Fehler macht, und eine Bundestagsdebatte anschaut, in der ausgerechnet Herr Gauland sich als Retter der Demokratie, des Föderalismus und der Meinungsfreiheit aufschwingt, wird es richtig düster.
Den fast fertigen Text lass ich erst einmal liegen. Ich muss mir jetzt erst einmal was zum Stimmungsaufhellen anhören. Swallow the Sun vielleicht. Oder Paradise Lost. Irgendwas fröhlicheres als das Internet.
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