Evanescence
Fallen
Beim stöbern durch
die eigene CD Sammlung stolpert man immer wieder mal über sie: fast
vergessene CDs, die man irgendwann mal gekauft, gehört und vergessen
hat. Einiges davon durchaus zu Recht. Musikalische Jugendsünden,
akustische Totalausfälle und „Was zur Hölle habe ich mir dabei
gedacht“ Platten gibt es immer wieder. Diese fristen ein
Schattendasein, sehen hübsch im Regal aus. Verkaufen oder wegwerfen?
Dazu bin ich dann doch zu nostalgisch. Immerhin hat man es gekauft,
man hat es wohl auch mal gut gefunden, also bleibt es auch. Zu
Fehlern muss man ja stehen. Außerdem kann es ja mal passieren, dass
eine davon doch wieder mal in den CD Spieler wandert. Nur um sicher
zu gehen, ob sie wirklich so schlecht ist.
Dann gibt es Cds,
die hat man schlicht und einfach vergessen. Das Debut von Evanescence
zum Beispiel ist so ein Fall. Damals kam man eigentlich gar nicht um
Amy Lee mit ihrer Entourage drumherum. „Bring mit to life“ lief
auf Heavy Rotation, egal ob im Musikfernsehen oder im Radio.
Damals fand ich das
Klasse. Hübsche Sängerin, düsterer Sound mit etwas härteren
Gitarren und meine gerade in der Hochphase befindende Pubertät: das
passte perfekt zusammen. Also ab in den Laden, Album gekauft. Und ich
wurde damals nicht enttäuscht. 9 härtere Songs, die im Grunde
„Bring me to Life“ in verschiedenen Variationen sind, und zum
Auflockern zwei Balladen. Alles sauber eingespielt und druckvoll
produziert. Die CD wurde einen Sommer lang zum festen Begleiter.
Gothic Rock\Metal der modernen Art von der Stange. Als Einstieg und
Alternative zu anderer Radio Dudelmusik für mich persönlich
perfekt.
Die Band ging
derweil steil durch die Decke, waren irgendwann in sämtlichen Medien
omnipräsent. Tratsch und Klatsch, Skandale und Skandälchen- alles
was den Musikmedien irgendwie druckens wert schien wurde
ausgeschlachtet. Mir ging das auf den Keks, und musikalisch hatte
sich mir gerade eh eine Neue Welt geöffnet. Ein Kollege hatte mir
ein Tape mit Blind Guardian in die Hand gedrückt. Somit habe ich
„Evanescence“ komplett aus den Augen verloren, und „The Fallen“
geriet in Vergessenheit und reihte sich zu den anderen Staubfängern
ein.
Als ich vor einigen
Jahren damit begonnen hatte, meine Sammlung zu digitalisieren, fiel
mir die CD dann wieder in die Hände. Rein gehört habe ich, die
Erwartungen waren gering. Doch siehe da – verglichen mit anderen
Jugendsünden schafft es dieses Album immer noch, mir ein Grinsen ins
Gesicht zu zaubern. Ja, es handelt sich um eine komplett
professionelle Scheibe. Mit mehr Kalkül eingespielt als mit
Emotionen. Aber die Songs funktionieren einfach. Harte Gitarren,
zarte Frauenstimme, ein paar Keyboards und Chöre: alles perfekt
Abgemischt, nie zu viel, nie zu wenig. Ja, es fehlen Ecken und
kannten. Ja, es ist definitiv eine Jugendsünde in meiner Sammlung.
Ja, diese Art von Musik würde ich mir Heute in dieser Form wohl
nicht mehr kaufen. Aber einzelne Songs landen immer wieder in meiner
Playlist. Kalkül hin oder her, musikalisch gibt es nichts daran
auszusetzen. Dichte Kompositionen, alles direkt auf den Punkt
gespielt. Gemacht, um direkt in das Ohr zu gehen. Und danach wieder
raus, einen großen „Das bleibt jetzt im Ohr hängen“ Faktor hat
das Ganze für mich nicht. Aber es ist unterhaltsam. Außerdem, ein
Stückchen Vollmilchschokolade nascht jeder mal von Zeit zu Zeit.
Weiterlesen: Mein CD Regal. Bolt Thrower
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