Felix Huby
Bienzle stochert im Nebel
Es ist wieder
soweit. Der Sommer holt zum ersten großen Schlag aus. Das
Thermometer klettert in den roten Bereich. Das Gehirn arbeitet nur
noch mit minimaler Leistung. Und körperliche Anstrengung? Schon nach
ein paar Schritten steht man im Wasser, japst nach Luft und fühlt
sich irgendwie flüssig.
Aber es hat ja auch
seine schönes Seiten. Es ist Abends noch lange hell, und so kann man
nach der Mittagshitze raus, ins Schwimmbad oder an einen See.
Zugegeben, meistens ist man nicht der Einzige mit dieser Idee. Hin
und wieder kann man dann auch mal Platzangst bekommen, ohne das es
Wände oder enge Räume dazu benötigt. Die Becken sind meistens so
voll, dass der Bewegegungsradius nur für etwas planschen reicht.
Aber immerhin, ein bisschen Abkühlung. Dazu ein gemütliches
Schattenplätzchen zum trocknen, faul rum liegen und den Trubel
beobachten. Hat man dann noch ein unterhaltsames Buch dabei, ja dann
ist der Sommer für mich perfekt.
Da ich immer noch
ein E- Book Reader Verweigerer bin, spielt bei der Auswahl meiner
Unterwegs Lektüre weniger der Inhalt, als vielmehr der Umfang des
Buches eine Rolle.
So war ich – auch
wenn ich nicht der allergrößte Krimi Freund bin – hoch erfreut,
als mir im städtischen Bücherregal „Bienzle stochert im Nebel“
in die Hände fiel.
Vorderbach. Ein Dorf
mitten im Schwäbischen Wald. Als irgendwo zwischen „Nichts“ und
„Ende der Welt“. Ruhig. Beschaulich. Und mit zwei Mordopfern
innerhalb kürzester Zeit. Zwei Junge Frauen, verdacht auf
Sexualdelikt. Der Stuttgarter Kommissar Ernst Bienzle übernimmt den
Fall. Er nimmt sich ein Zimmer im Dorfgasthof. Er unterhält sich
zwang und ziellos mit den Leuten. Er trinkt gerne mal sein Viertele.
Ist das schon ermitteln?
Wer die Tatort Reihe
kennt, kennt sicher auch Filme mit Bienzle. Er ermittelt mit
schwäbischer Gelassenheit und ohne hochdeutsch. Am auffälligsten
ist dabei, dass er eigentlich wenig macht. Er redet. Er beobachtet.
Er denkt nach. Er scheint gemütlich, etwas träge. Und genau das
macht diesen Kommissar für mich so sympathisch. Bei „Bienzle
stochert im Nebel“ entwickelt sich der Fall eigentlich nur durch
seine Anwesenheit. So weiß der Sägewerk Besitzer sofort, dass es
ja nur einer vom Reha Hof gewesen sein kann. Jeder hat dem Bienzle
was zu erzählen. Und er hört zu.
Ein kurzes,
unterhaltsames Buch, Perfekt für den Lese Nachmittag im Sommer. Der
Fall ist einigermaßen verzwickt, ohne zu kompliziert zu sein. Der
ländliche Schauplatz, einige Brocken schwäbischer Mundart und nette
Nebencharaktere runden das ganze ab. Ein bisschen was zum schmunzeln,
ein bisschen was zum knobeln. Ein Buch, in dem eigentlich nicht viel
passiert. Und das dennoch Spaß macht.
Der Roman ist
übrigens 1983 erschienen. Also lange bevor die Schwemme an Land
Krimis losgetreten wurde. Inzwischen gibt es wohl kein ländliches
Idyll mehr, in dem nicht schon gemordet und gemeuchelt wurde. Egal ob
im Schwarzwald, auf der schwäbischen Alb oder in Gegegenden, von
denen ich noch nie etwas gehört habe. Überall ermitteln mehr oder
weniger skurrile Ermittler in mehr oder weniger bizarren Fällen in
landschaftlich schöner Lage.
Bienzle machte das
schon, bevor es cool wurde.
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