Babymetal
Babymetal
Wenn vor ein paar
Jahren einem die Gespräche in der Metal Kneipe ums Eck zu fade
waren, musste man einfach nur das Wort „Babymetal“ in den Raum
werfen. Kurz darauf hatte man eine hitzig und scharf geführte
Debatte über die Band und den Teufel Pop Musik allgemein. Ähnlich
ruppig und lebhaft ging es in den unterschiedlichsten
Internetplattformen zu. Befürworter und Gegner der drei japanischen
Mädels diskutierten aufs heftigste. Das ziemlich oft auf einem
Niveau, welches mit „unter der Gürtellinie“ recht harmlos
beschrieben ist. Verbale Pupu Haufen wurden zwischen den Lagern hin
und her geworfen.
Eigentlich gehen
solche Internetphänomene oft an mir vorbei. J Pop Bands erreichen so
gut wie nie mein Radar.
Babymetal hab ich
kurz vor dem erscheinen des Debuts und dem damit verbundenen Trubel
eher zufällig bei Youtube entdeckt. Das Video zu „Headbangers“
wurde mir vorgeschlagen, und ich habe es halt mal angeklickt. Zu
sehen und hören waren drei recht junge Asiatische Mädels, die eine
Jpop Tanzchoreo zu einer ziemlich abgefahren klingenden Mischung aus
modernen Metal und Radio tauglichen Pop tanzten. Angesehen, lustig
gefunden und vergessen.
Kurze Zeit später
drängten sie sich mir aber mit aller Macht wieder auf. Die gewaltige
Marketingmaschine hinter Babymetal war ins Rollen gekommen. Kaum ein
Star der Rock und Metal Szene, der sich nicht mit ihnen ablichten
ließ. Unendliche Reviews, Interviews und Berichte in sämtlichen
Musikmagazinen. Jede Menge neues Video Material auf Youtube. Und eben
die vorher angesprochene Diskussion in der Szene. „Babymetal“ war
überall, ein drumrum kommen so gut wie unmöglich.
Aber was ist denn
mit den Mädels los? Wieso schafft es dieser doch recht simple Pop-
Metal Misch, die Gemüter so zu erregen? Die einen Feiern es als die
Neuerfindung der Musik überhaupt, das nächste große Ding, an denen
sich alles andere kommende Messen muss. Die andere Seite sieht in
Babymetal das Ende der Szene. Die erdrückende Macht und Kontrolle
der Musikindustrie, die sich anschickt, das kleine gallische Dorf des
Heavy Metal zu stürmen und endgültig in den Popmusik Bereich
aufzuschlürfen.
Grund genug für
mich, dem Debutalbum eine Chance zu geben. Der erste Eindruck wird
bestätigt. Pop Musik und Metal werden scheinbar willkürlich
zusammengesetzt. Gut gemacht, satt produziert und knackig auf den
Punkt. Gute Musik, nicht mehr, nicht weniger. Warum also die ganze
Aufregung? Das dürfte weniger an der Musik an sich liegen, sondern
vielmehr der Tatsache geschuldet sein, dass „Babymetal“ nun
einmal keine „natürlich“ gewachsene Band ist. Vielmehr handelt
es sich hier um eine komplett gecastete J Pop Group. Eine Band, die
anstatt sich von unten nach oben zu arbeiten von Anfang an die Macht
und den Einfluss großer Musikonzerne hinter sich hat. Ein
künstliches Produkt, perfekt durchdacht von vorne bis hinten. Hier
wird nichts dem Zufall überlassen. Die Musik ist von absoluten
Profis den Mädels auf den Leib geschrieben worden. Hier ist nichts
zu viel, nichts zu wenig. Die scheinbare Mischung aus Metal und Pop
erweist sich auf den zweiten Blick als nicht viel mehr als
altbekanntes im neuen Gewand. Die Biedermeier Version einer
Revolution. Für eine Szene wie den Heavy Metal, welche sich immer
selbst als Gegenpol zu dem Einheitsbrei der großen Musikindustrie
Maschiene betrachtet, ist dass natürlich ein Schlag ins Kontor. Und
der Grund, warum Babymetal so ein Reizthema sind. Alles, wofür der
Metal stehen will, wird hier mit den Füßen getreten. Frech werden
Musik und Stilmittel genommen und in das bestehende J Pop Konzept
eingefügt.
Eine Heavy Metal
Band ist das nicht. Aber eine extrem gute Pop Band. Die eben mal
andere Elemente verwendet. So wie damals„Nu Pagadi“. Nur in gut.
Und gerade deshalb
für mich eines der spannenderen Debut Alben der letzten Jahren.
Nicht wegen der Musik an sich. Diese klingt nur beim Ersten hören
neu und frisch. Ist der Aha Effekt erst einmal verpufft, bleibt nicht
mehr viel übrig. Als Farbtupfer in einer Rock\Metal Playlist taugt
es jedoch allemal.
Vielmehr liegt es an
der Diskussion, welche Babymetal losgetreten haben. Zumindest
kurzzeitig wehte so ein frischer Wind durch die leicht Staub
bedeckten Hallen des Heavy Metal.
Weiterlesen: Debutastisch. Freedom Call
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