Leonie Swann
Glennkill
Manchmal passiert
es. Da habe ich genug von Drachen, Zauberern und Jungfrauen in Nöten.
Keine Lust mehr auf Raumschiffe, fremde Welten und rasante
Lasergefechte. Manchmal will ich einfach etwas ganz Anderes lesen.
Wenn das der Fall ist, wende ich mich vertrauensvoll an meinen
Bekanntenkreis und frage nach, was die denn gerade so lesen. Und so
bin ich auf Glennkill gestoßen. „Du willst mal etwas anderes
lesen? Dann probier das. Das ist anders.“ Mit diesem Satz habe ich
Leonie Swanns Debut Roman in die Hand gedrückt bekommen. Ein
Schafskrimi, ist auf dem Cover als Untertitel zu lesen. Na toll.
Weder mag ich Krimis besonders gerne. Entweder ist mir die Jagd nach
dem Täter mit den ganzen Irrungen und Wirrungen und falschen Spuren
schlicht zu verstrickt. Oder mir geht der Ermittler auf die Nerven,
der in modernen Krimis mindestens eine Macke haben muss. Je mehr,
desto besser. So scheint es. Und so kriegt man nicht nur einen Krimi
geliefert, sondern auch die Lebensgeschichte eines notorisch
trinkenden, soziophoben, alleinerziehenden, von der Familie und
Heimat abgeschnittenen Ermittler aufs Auge gedrückt. Das ist mir
dann oft zu viel.
Des anderen bin ich
auch kein großer Freund von Tierromanen. Wobei ich da ehrlich sein
muss, dass diese Abneigung eher auf Vorurteil als auf Erfahrung
basiert. Zu groß ist meine Angst, das der Perspektiven Wechsel vom
menschlichen zum tierischen Blickwinkel in zuckersüßen, super
flauschigen Kulleraugen Kitsch abdriftet. Deshalb habe ich –
vielleicht zu unrecht - bisher weitestgehend einen Bogen um Bücher
gemacht, bei denen der Protagonist mehr als zwei Beine hat.
Dementsprechend
skeptisch war ich dann „Glennkill“ gegenüber. Zwei Wochen später
war das Buch gelesen und meine Zweifel komplett zerstreut. Getreu dem
Motto „Minus und Minus gibt Plus“ hat sich der Roman als eine
unterhaltsame, kurzweilige Sommerlektüre entpuppt.
Das beschauliche
Leben einer Schafherde in Irland wird eines Tages gehörig auf den
Kopf gestellt. Der Schäfer liegt unter einem Baum. Mit einem Spaten
in der Brust. Offensichtlich tot. Für das Leitschaf der Herde ist
der Fall klar: der Spaten ist schuld am Tot des Schäfers. Niemand
lebt lange, wenn er von einem Spaten aufgespießt wurde. Für ihn ist
die Sache damit erledigt. Doch Miss Mapple, das klügste Schaf der
Herde, ist da kritischer. Spaten machen selten Dinge von alleine. Da
muss mehr dahinter stecken. Aber was? Sie und die Herde nehmen die
Ermittlungen auf und entdecken dabei so manche Überraschungen.
Mörderjagd aus der
Sicht von Schafen. Klingt absurd. Ist es auch. Aber Leonnie Swann
gelingt dass Kunststück, dass trotz der abstrusen Ausgangslage der
Roman niemals lächerlich wirkt. Die Schafe bei ihren Ermittlungen zu
begleiten ist unterhaltsam und bringt einen oft zum Schmunzeln. Mit
einem feinen Sinn für Humor zeigt die Autorin uns die Menschenwelt
aus Schafsicht. Das ist intelligent gemacht, gut geschrieben und
herrlich kurzweilig zu lesen.
Kurz nach der
Lektüre stand das Buch frisch gekauft in meinem Regal. Ein
unterhaltsames Buch und ein perfektes Beispiel dafür, dass ein
Blick über seinen literarischen Tellerrand sich lohnen kann.
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