Donnerstag, 26. Juli 2018

Bücherkiste


Leonie Swann

Glennkill


Manchmal passiert es. Da habe ich genug von Drachen, Zauberern und Jungfrauen in Nöten. Keine Lust mehr auf Raumschiffe, fremde Welten und rasante Lasergefechte. Manchmal will ich einfach etwas ganz Anderes lesen. Wenn das der Fall ist, wende ich mich vertrauensvoll an meinen Bekanntenkreis und frage nach, was die denn gerade so lesen. Und so bin ich auf Glennkill gestoßen. „Du willst mal etwas anderes lesen? Dann probier das. Das ist anders.“ Mit diesem Satz habe ich Leonie Swanns Debut Roman in die Hand gedrückt bekommen. Ein Schafskrimi, ist auf dem Cover als Untertitel zu lesen. Na toll. Weder mag ich Krimis besonders gerne. Entweder ist mir die Jagd nach dem Täter mit den ganzen Irrungen und Wirrungen und falschen Spuren schlicht zu verstrickt. Oder mir geht der Ermittler auf die Nerven, der in modernen Krimis mindestens eine Macke haben muss. Je mehr, desto besser. So scheint es. Und so kriegt man nicht nur einen Krimi geliefert, sondern auch die Lebensgeschichte eines notorisch trinkenden, soziophoben, alleinerziehenden, von der Familie und Heimat abgeschnittenen Ermittler aufs Auge gedrückt. Das ist mir dann oft zu viel.

Des anderen bin ich auch kein großer Freund von Tierromanen. Wobei ich da ehrlich sein muss, dass diese Abneigung eher auf Vorurteil als auf Erfahrung basiert. Zu groß ist meine Angst, das der Perspektiven Wechsel vom menschlichen zum tierischen Blickwinkel in zuckersüßen, super flauschigen Kulleraugen Kitsch abdriftet. Deshalb habe ich – vielleicht zu unrecht - bisher weitestgehend einen Bogen um Bücher gemacht, bei denen der Protagonist mehr als zwei Beine hat.
Dementsprechend skeptisch war ich dann „Glennkill“ gegenüber. Zwei Wochen später war das Buch gelesen und meine Zweifel komplett zerstreut. Getreu dem Motto „Minus und Minus gibt Plus“ hat sich der Roman als eine unterhaltsame, kurzweilige Sommerlektüre entpuppt.


Das beschauliche Leben einer Schafherde in Irland wird eines Tages gehörig auf den Kopf gestellt. Der Schäfer liegt unter einem Baum. Mit einem Spaten in der Brust. Offensichtlich tot. Für das Leitschaf der Herde ist der Fall klar: der Spaten ist schuld am Tot des Schäfers. Niemand lebt lange, wenn er von einem Spaten aufgespießt wurde. Für ihn ist die Sache damit erledigt. Doch Miss Mapple, das klügste Schaf der Herde, ist da kritischer. Spaten machen selten Dinge von alleine. Da muss mehr dahinter stecken. Aber was? Sie und die Herde nehmen die Ermittlungen auf und entdecken dabei so manche Überraschungen.
Mörderjagd aus der Sicht von Schafen. Klingt absurd. Ist es auch. Aber Leonnie Swann gelingt dass Kunststück, dass trotz der abstrusen Ausgangslage der Roman niemals lächerlich wirkt. Die Schafe bei ihren Ermittlungen zu begleiten ist unterhaltsam und bringt einen oft zum Schmunzeln. Mit einem feinen Sinn für Humor zeigt die Autorin uns die Menschenwelt aus Schafsicht. Das ist intelligent gemacht, gut geschrieben und herrlich kurzweilig zu lesen.
Kurz nach der Lektüre stand das Buch frisch gekauft in meinem Regal. Ein unterhaltsames Buch und ein perfektes Beispiel dafür, dass ein Blick über seinen literarischen Tellerrand sich lohnen kann.

Donnerstag, 19. Juli 2018

Bücherkiste


Ein Herz für Kurzgeschichten

 


Sommerzeit. Ferienzeit. Lesezeit. Ein paar Tage Urlaub weg von zu Hause und dem bekannten Trott. Das ist die perfekte Gelegenheit, endlich mal wieder in aller Ruhe ein gutes Buch in die Hand zu nehmen. Schließlich lenkt einem im Urlaub der Alltag nicht ab. Also kommt ein Buch in den Koffer. Besser zwei, falls das Erste zu schnell durch ist. Ach ja, und dass da - das wollte ich eh schon lange lesen.
Ein paar Tage später. Der Urlaub ist vorbei, ich bin erholt, und der halbe Inhalt meines Bücherregals, den ich in meine Koffer gestopft habe, wird genauso jungfräulich aus - wie eingepackt.

Lesen im Urlaub. Klingt eigentlich nach einer klasse Idee. Mit einem guten Buch in aller Ruhe am Strand, am Hotelpool oder an einem ruhigen Platz im Wald lesen. Ungestört von der Hektik des Alltags. Klappt bei mir nur irgendwie selten. Kaum habe ich das Buch in der Hand, findet sich eine Ablenkung. Da lockt der kühle Pool. Oder die kleine Bergstadt einige Kilometer vom Urlaubsort. Ablenkungen gibt es eben auch im Urlaub. Die Zeit, die ich dann mit lesen verbringen kann, bin ich meistens mit dem wieder lesen der letzten Seiten beschäftigt. Um den Faden nicht zu verlieren. Bis zur nächsten Unterbrechung habe ich dann vielleicht ein paar neue Zeilen am Stück geschafft. Lesefluss? Fehlanzeige.
Ein Dilemma, für dass ich recht früh eine Lösung gefunden habe: Kurzgeschichten. Eine meiner Meinung nach stets unterschätzte Form der Literatur. Eine spannende Geschichte, unterhaltsam geschrieben und genau so erzählt, dass man am Ende wunschlos glücklich ist. Das ist für mich eine Kunst.
Deshalb habe ich mir eine kleine Sammlung an Kurzgeschichten Bänden zu gelegt. Von Scifi über Fantasy zu Horror. Es gibt sie für so ziemlich jeden Geschmack.
Gerade im Urlaub habe ich einen dieser Bände gerne bei mir. Eben weil ich doch selten die Ruhe habe, um länger als ein paar Minuten am Stück zu lesen. Und die braucht es ja auch nicht. Eine gute Kurzgeschichte beweist, dass es bei Erzählungen nicht auf die Länge ankommt. Sondern auf den Stil und die Fähigkeit des Autors, mit wenigen Worten Spannung und Atmosphäre zu erzeugen.

Die Kurzgenschichtensammlung, welche ich als Kind und Jugendlicher am meisten mit mir herumschleppt hat, ist „Die spannendsten Weltraumgeschichten“, herausgegeben von Thomas LeBlanc..
Gefunden hab ich sie bei einem Bücherflohmarkt der städtischen Bücherei. Zugegeben, das Format eignet sich nicht wirklich zum verreißen. Aber das extra Gewicht war es mir wert.
Mit eine „Mars Odyssee“ aus dem Jahr 1934 befindet sich ein Kleinod der Science Fiction in diesem Band. Die Geschichte des Astronauten, der bei einem Erkundungsflug auf dem Mars strandet und zu Fuß sich auf den Weg zurück zum Mutterschiff macht, ist einfach großartig. Zu einem Strotzt die Erzählung nur so vor Einfällen. Telepathische Monster, fremde Intelligenzen – die Geschichte ist ein wahres Sammelsurium von kuriosen Begebenheiten. Zum anderen finde ich es sehr Spannend, wie die Menschen früher die Zukunft gesehen haben. Wenn man das Wissen über den Mars, welches wir heute besitzen, zur Seite schiebt, steht einem vergnüglichen Leseabenteuer nichts im Wege.

Die andere Geschichte, warum ich diesen Band immer noch besitze, ist komplett anders. „Erstkontakt“ erzählt anstatt von einem knallbunten Abenteuer nur von einem Gespräch zweier sich fremder Lebewesen. Auf etwas mehr wie zwei Seiten wird das Dilemma von Wahrnehmung und Realität thematisiert. Kurz, knackig und schön.

Die Kurzgeschichte: gerade für den Urlaub für mich eine schöne Gelegenheit, zu schmökern. Auch wenn der Lesefluss immer wieder mal unterbrochen wird. 


Donnerstag, 12. Juli 2018

Debutastisch


Dimmu Borgir

For All Tid

 

 


Manche Bands haben es mit ihren Fans nicht einfach. Egal, was sie machen, Spot und Häme warten meist um die Ecke. Das geht meistens einher mit steigendem kommerziellem Erfolg. Gerade im Metal gilt oft die goldene Regel: je erfolgreicher eine Band und je breiter ihr Zielpublikum wird, umso angepisster ist der Die Hard Metal Fan. Kommerz und Ausverkauf Vorwürfe hat er dann so schnell zur Hand wie damals bei Frankenstein der wütende Mob Mistgabel und Fackel.
Acht Jahre nach dem letzten Album veröffentlichten Dimmu Borgir dieses Jahr ihr aktuelles Studio Album „Eonian“. Als Vorab Single wählte man das experimentelle „Interdimensional Summit“. Düster, morbide, und vom Black Metal soweit weg wie Eisbären von Pinguinen. Eine mutige Wahl. Die natürlich sofort die oben beschriebene Reaktion im Fanlager hervorrief. Ausverkauf, Verrat, Disney Metal. Früher waren die besser. Das ist der Grund Tenor der Kommentar Funktion des Videos bei Youtube.
Früher waren die besser? Ja, ganz früher. Um genau zu sein 1994, auf ihrem Debut „For All Tid“.

Auf neun Titeln wird hier Black Metal der aller feinsten Sorte zelebriert. Die Gittarren klirren kalt. Das Keyboard sorgt für eine düstere Atmosphäre. Und Shagrath krächzt, keift und röchelt sich herrlich durch seine Texte. Klargesang setzt ab und an melodische Tupfer. Das Ergebnis ist atmosphärisch dichte Musik, die immer leicht disharmonisch klingt. Black Metal eben. Für Puristen.
Und wenn man dieses rohe, wütende Stück Musik mit dem aktuellen Werk direkt vergleicht, dann liegt der Ausverkauf Vorwurf sofort auf der Hand: Songwriting, Produktion, Artwork: alles ist auf „Eonian“ sehr professionell, sehr modern und für ein größeres Publikum gemacht als eben bei „For all Tid“.
Man darf nur nicht vergessen, dass 24 Jahre Bandgeschichte und einige Alben dazwischen liegen. Die Veränderung ist keineswegs eine radikale, plötzliche Rosskur. Sondern das Ende einer langen, stetigen Band Entwicklung. Mit jedem Album hat „Dimmu Borgir“ das Terrain des puren Black Metals stückchenweise verlassen, beziehungsweise um neue Facetten und Nuancen erweitert. Ohne jemals die Basis komplett aus den Augen zu verlieren.
Ja, auch mir ist das neue Album zu sehr dunkel düster Kirmes. Roher Black Metal geht anders. Aber zum Glück haben „Dimmu Borgir“ das uns schon in Perfektion gezeigt. Also lasse ich meine verbale Mistgabel dieses Mal im Schrank, ignoriere das neue Album weg und lauf mit „For all Tids“ auf den Ohren grimmig guckend durch den Wald.

Wer das Album kennt, wird es wohl schon gemerkt haben: ich habe nur die Re Issue mit farbigem Cover. Erschienen bei Nuclear Blast. Kommerz! Ausverkauf!

Weiterlesen: Debutastisch. Gloryhammer. Higher, Fire, Desire Metal der feinsten Art

Donnerstag, 5. Juli 2018

Aus dem Nähkästchen


Sommer, Sonne, Sonnenstich

 

Viel Sonne, wenig Schatten

 


Die Festival Saison kommt langsam aber sicher voll in Schwung. Rock am Ring ist rum, Wacken steht noch bevor. Und dazwischen laufen über der ganzen Republik verteilt Festivals. Von klein bis groß, von bunt gemischt für Jedermann zu Nischenmusik für Kenner. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Und dieses Jahr scheint der Sommer auch mit zu spielen. Bisher recht trocken, viel Sonne, viel heiß.

Viel Sonne, viel Bier, wenig Schatten und kaum Schlaf. Jeder, der mal ein Festival besucht hat, weiß, dass das gute Wetter durchaus so seine Tücken hat. Die geplante Festivalsauße kann da ganz schnell ungeplant im Sanitätszelt enden. Deshalb ist bei mehr tägigen Festivals ein gut ausgerüstetes Camp viel wert. Und damit mein ich nicht nur mit Bier. Ein Pavillon oder ähnliches für Schatten, ausreichend Trinkwasser, ein Sonnencreme Lager. Damit lässt sich die Hitze zwischen den Konzerten besser aushalten.
Was aber tun, wenn man bei einer Ein Tages Veranstaltung ist? Das Zelt als gut ausgerüstete Basisstation fällt weg.
Und so liest man in den Zeitungen und sozialen Netzwerken nach solchen Veranstaltungen immer wieder das Gleiche: Getränkepreise für Nichtalkoholtisches zu hoch, Warteschlangen zu lang. Schlecht ausgeschilderte Trinkwasserstellen zum Nachfüllen der Becher. Keine Schattenplätze. Die Folge: Dehydrierung und Kreislaufkollaps im Sekundentakt.

Ich habe mir deshalb angewöhnt, Open Air Konzerte relativ akribisch zu planen. Das beginnt schon im Vorfeld. Ich schaue mir die Seite der Veranstaltung genau an. Dort finden sich, meist unter FAQ, die wichtigsten Infos. Was darf mit rein, was nicht? Gibt es auf dem Gelände Trinkwasserstellen, wie z. B. ans städtische Wassernetz angeschlossene Toilettenhäuschen? Wie sind die Getränke Preise? Gibt es einen Übersichtsplan für die Veranstaltung?
Das mag jetzt ziemlich trivial klingen. Aber bevor ich bei 30 Grad im Schatten erst einmal alles ewig auf dem Gelände suchen muss, investiere ich im Vorfeld lieber etwas Zeit. Je nach Größe ist der Andrang auf dem Gelände meist eh zu groß, um noch irgendetwas in Ruhe auskundschaften zu können.
Böse Überraschungen sind natürlich dadurch nicht auszuschließen. Aber sie halten sich so meist in Grenzen.
Am Tag vom Konzert dann sind es wieder die Kleinigkeiten, die es ausmachen. Genügend Trinken im Auto für Hin und Rückfahrt. Am besten in einer Kühlbox. Vor dem Verlassen des Autos schmier ich mich noch einmal mit Sonnencreme ein. Wichtig, und selbstverständlich, und doch oft Vergessen: der Sonnenhut. Mag doof aussehen und beim Headbangen hinderlich sein, hilft aber ungeheuerlich. Außerdem kann man das gute Stück zwischendurch ja abnehmen.
Für den Fall das leere 0,5 l Flaschen nicht mit aufs Gelände dürfen, hebe ich mir immer einen auf dem Gelände gekauften Becher auf. Den fülle ich dann regelmäßig an den Trinkwasserstellen nach. Die es meistens gibt. Falls ihr keine findet, fragt das Personal. Und lasst euch von einem „Das weis ich nicht“ nicht abbringen. Zur Not nervt ihr die Leute so lange, bis ihr zu jemanden kommt, der es weiß.

Ich jedenfalls bin auf die Art immer ganz gut gefahren. Obwohl ich zum Dehydrieren Neige und recht empfindlich auf Sonne reagiere, habe ich bisher jedes Openair überstanden. Und ja, diese Tipps sind fast nur selbstverständliche Dinge, die man eigentlich bei jedem Ausflug im Sommer berücksichtigen kann. Egal wohin. Ob auf dem Weg zum Baggersee, zum Stadtfest oder eben aufs Open Air. Aber je trivialer die Dinge, desto häufiger habe ich gemerkt, dass ich sie vergesse. Deshalb rufe ich sie mir vor jedem Konzert wieder ins Gedächtnis.
Ich weiß, das ließt sich alles jetzt sehr trocken und klingt nach erhobenem Zeigefinger in bester Schulmeister Manier. Ratschläge sind halt auch Schläge.