Donnerstag, 27. September 2018

Raus.Gehen.


Tairnbacher Hohlenpfad





Der Kraichgau. Eine kleine Hügelregion im Norden Badens zwischen Odenwald und Schwarzwald. Bekannt für...ja was eigentlich? Das Technikmuseum in Sinsheim vielleicht. Oder die in der ganzen Republik als Neureichenverein geschmähten Fußballer der Tsg Hoffenheim. Und sonst? Ein paar kleine Städtchen, viele malerische Dörfchen. Wein.
Wenn man nicht gerade in der Nähe wohnt, hat die Gegend auf den ersten Blick nicht viel für einen Besuch zu bieten. Der Kraichgau ist bei mir immer noch eine ziemlich weiße Stelle auf meiner persönlichen Landkarte. Eine Gegend, um die man eher drum herum fährt als durch.

Folglich bin ich eher zufällig auf den „Tairnbacher Hohlenpfad“ gestoßen. Ein circa 14. km langer Rundweg rund um den Ort, der mehrere Hohlwege zu einer Tour verbindet. Hohlwege kenne ich bisher nur aus dem Kaiserstuhl. Die Jahrhunderte lange Nutzung von Wegen ließ im Laufe der Zeit den weichen Lößboden absacken. So entstanden, vereinfacht gesagt, kleine Einschnitte in der Landschaft. Täler ohne Fluss gewissermaßen. Sie bilden einen einzigartigen Lebensraum für viele Tier und Pflanzenarten. Grund für mich, den ersten gezielten Wanderausflug in den Kraichgau zu machen.


Tairnbach liegt zwischen Sinsheim und Wiesloch. Der Rundweg startet an der Kirche. Infotafeln am Wegessrand erzählen über die Entstehung der Hohlwege, deren Bedeutung für die Landschaft und von den Tier und Pflanzenarten dort. Markiert ist der Weg durch Schilder, welche an den meisten Kreuzungen zu finden sind. Grundsätzlich ist die Ausschilderung ok. Zur Orientierungshilfe ist jedoch der Info Flyer, der an den Rathäusern der Gemeinde oder im Internet zu finden ist, hilfreich.

Die Runde führt auf relativ breiten Wegen einmal rund um den Ort. Die Hohlwegpassagen sind meistens gut zu gehen. Einige sind jedoch etwas eng und zugewachsen und erfordern somit eine gewisse Trittsicherheit. Die Graswegpassagen können aber gut umgangen beziehungsweise ausgelassen werden. Die Route ist so für ziemlich jede Kondition gut zu laufen. Wer diese Hohlwege auslässt, muss jedoch nicht enttäuscht sein. Die Hügelkuppen des Kraichgaus entschädigen mit einigen imposanten Ausblicke. Mein persönlicher Höhepunkt ist der Galgenberg gegen Ende der Runde. Von dort aus hat man einen herrlichen Rundum-blick. Im Hintergrund sind der Odenwald, der Pfälzer Wald und mit etwas Glück der Schwarzwald zu sehen. Eine beeindruckende Kulisse für eine Pause. 

An dieser Stelle kann man den Weg direkt beenden. In einigen Minuten findet man sich wieder im Dorf. Wer noch Zeit und Lust hat, sollte den Schlenker jedoch mitnehmen. Es warten noch einmal zwei schöne, fast schon verwunschene Hohlwege. Spätestens dort hätte es mich nicht mehr gewundert, wenn ein Reiter mich nach einem „Beutlin“ im „Auenland“ gefragt hätte.Darin liegt auch der wirkliche Reiz dieser Tour: der Wechsel zwischen einer stark landwirtschaftlich geprägten Kulturlandschaft und diesen kleinen, ursprünglichen Oasen.

Eine wirklich schöne Runde, die relativ einfach zu machen ist. Wieder mal ein Beweis dafür, dass es auch abseits der großen und bekannten Wanderregionen vieles zu Entdecken gibt.

Auf der Internetseite der Gemeinde finden sich weitere Infos

Donnerstag, 20. September 2018

Bücherkiste


Terry Pratchett

Die dunkle Seite der Sonne

 

 


Wenn es etwas gibt, was ich nicht kann, dann ist es Bücher nicht zu Ende zu lesen. Egal ob langweilig, oder zu simpel, zu kompliziert oder schlicht verstörend. Zu klappen und einfach wieder ins Regal stellen kann ich Bücher einfach nicht. Ich muss einfach wissen, wie es zu Ende geht. Manchmal ist es dann so, dass mit dem Lesen des Buches einfach nur Zeit verschwendet habe. Dem langweiligen Anfang folgte ein langweiliger Mittelteil. Und das Ende war mit seiner überraschenden Wende und dramatischen Enthüllung vorhersehbar. Langweilig.


Dann gibt es Bücher, bei denen das durchbeißen sich lohnt. Wo einem zähen Auftakt ein Feuerwerk an Unterhaltung folgt, das man durch ein verfrühtes aufgeben verpasst hätte.
Und dann gibt es Bücher, die lassen einen doch recht ratlos zurück. Hat es sich überhaupt gelohnt, sich Seite für Seite durch zu kämpfen? Und was zum Henker habe ich da gerade gelesen?
Zu dieser Sorte gehört „Die dunkle Seite der Sonne“. Terry Pratchett ist mir hauptsächlich durch seine Scheibenwelt Romane bekannt. Etwas verschoben, etwas verrückt, aber immer lesenswert. Das war bis dahin mein Eindruck. Also, warum nicht einmal ein Roman des Autors lesen, der nicht in diesem Scheibenwelt Universum spielt?
Bei „Die dunkle Seite der Sonne“ handelt es sich im Grunde um einen klassischen Science Fiction Roman. Ein reicher Erbe entkommt knapp einem Attentat und wird in einen Sog großer Ereignisse gezogen. Begleitet von einem Roboter, verfolgt von einem Attentäter und unterstützt von einem intelligenten Planeten macht er sich auf die Suche nach der Welt der Joker. Jenem geheimnisvollen Volk, welchem man die Schöpfung des Universums nachsagt.
Klingt im Grunde originell, abgedreht und witzig. Im Grunde ist es das auch. Im Grunde. 

Nach dem ersten durchlesen jedoch war ich erst einmal überfordert. Das Buch ist quietsche Bunt und voller verquerer Einfälle. Nicht etwas verschoben. Nicht etwas verrückt. Sondern komplett. Es ließt sich in etwa wie ein durchgeknallter Bruder von „Per Anhalter durch die Galaxis“. So saß ich also da, das Buch zu Ende gelesen, und war überfordert. War es gut? Ja, schon. Hab ich es verstanden? Nein, definitiv nicht. Aber mich dabei gut amüsiert. Die nächsten zwei Lese Durchläufe haben es nicht wirklich besser gemacht. Inzwischen weis ich grob, um was es geht. Wirklich verstanden hab ich es immer noch nicht. Vielleicht bin ich zu dumm dafür. Vielleicht gibt es da aber auch einfach nichts zu verstehen. Egal. Es bleibt ein nicht ganz einfaches, vergnügliches Leseerlebnis.
Und bestätigt mich darin, Bücher weiterhin bis zum Ende durchzulesen. Egal, wie anstrengend es manchmal sein kann.

Donnerstag, 13. September 2018

Mein CD Regal


Grave Digger

Clash of the Gods

 



Heutzutage wirkt Alles irgendwie schnelllebig.Gefühlt jeden Tag erscheinen neue Serien. Neue Musiker werden im Radio rauf und runter gespielt. Eine neue Buchreihe begeistert Kritiker und Leser gleichermaßen und stellt alles davor gelesene in den Schatten. Immer neue technische Gadgets machen alles größer, besser und bunter. Dem hinterher zu kommen kann ganz schön anstrengend sein. Kaum ist man auf einen neuen Trend aufmerksam geworden und will sich damit auseinandersetzen – zack, vorbei. Der Nächste, bitte.

Aber es gibt auch noch Dinge, die sich durch Beständigkeit auszeichnen. Bei denen man immer weiß, woran man ist. Im Heavy Metal sind wohl Manowar die Ersten, die da einem in den Sinn kommen. Frei von Veränderung und Innovation haben sie konstant immer das gleiche Album, leicht variiert, rausgeklopft. Konstant und zuverlässig. Aber auch Grave Digger gehören zu der Gruppe Musiker, bei denen Innovation ganz hinten auf der Liste steht. Und dass ist auch gut so. Wo Grave Digger drauf steht, ist Grave Digger drin. Man weiß genau, was einen erwartet. Experimente? Machen andere. In den fast dreißig Jahren Bandgeschichte steht die Band für lupenreinen, traditionellen Heavy Metal. Von einem kleinen Ausrutscher Richtung Rock einmal abgesehen blieb Grave Digger von Hypes und Trends komplett unberührt. Ein Bekannter von mir hat die Band aus Gladbeck einst mit Essen gehen in einer großen Fast Food Kette verglichen. Ziemlich treffend. Man kommt rein, sieht die Karte und weiß genau, wie es schmecken wird. Egal in welcher Filiale man sich befindet. Es ist immer ok. Und manchmal, wenn man einen Burger erwischt, der frisch zubereitet ohne Umweg über die Warmhalteplatte serviert wurde, ja manchmal ist es sogar richtig lecker. Kaum ist man jedoch aus dem Restaurant draußen, erinnert man sich kaum noch daran, was genau man hatte. Burger halt. Richtig lange satt ist man davon auch selten.

So ähnlich verhält es sich mit Grave Digger. Solider Metal, der vom ersten Ton an gefällig ins Ohr und dann in den Nacken geht. Die musikalische Bandbreite ist mit schnellen Uptempo Nummern und Midtempo bangern recht überschaubar. Als Fan von klassischen Heavy Metal kann man eigentlich blind ein beliebiges Album greifen. Man wird seinen Spaß dran haben. Wirklich hängen bleiben – das macht es bei mir eher selten. Fast Food halt.
Die Alben unterscheiden sich musikalisch wirklich nur in Nuancen. Textlich sieht das schon etwas anders aus. Die Artus Sage begeistert dich? Hör in Excalibur rein. Ein Freund von klassischen Heavy Metal Hymnen? Das aktuelle Healed by Metal könnte was für dich sein. Oder doch lieber die Siegfried Sage? Rheingold ist da die CD der Wahl. Egal welches Thema sich die Band annimmt, das Grundgerüst ist immer klassischer Heavy Metal. Farbtupfer mit zum Thema passenden Elementen – Dudelsack für Schotische Sagen, Mandoline und Drehleier für Artus – sind die einzigen wirklich hörbaren Unterschiede. Somit war die Wahl eines Grave Digger Albums für meine Sammlung recht einfach. Keine musikalische, sondern eine thematische Entscheidung. Bei Clash of the Gods dreht sich alles um die griechische Mythologie. Von Kerberos und Medusa, über Troja bis hin zu Poseidons kleiner privat Fehde mit Odyseus wird hier alles abgedeckt.
Bei diesem Album greift der Vergleich mit dem Fast Food für meinen Geschmack richtig gut. Nach einem Intro, das mehr an Hamburger Seefahrer Romantik als an den Namens gebenden Fährmann erinnert, folgen bis einschließlich Clash of the Gods ausnahmslos Songs, die alle durchaus ok sind. Nur wird man das Gefühl nicht los, dass die schon ziemlich lange auf der Warmhalteplatte rumschmieren. Sie wirken wie Reste, die einfach darauf warten dass sie endlich gegessen werden. Etwas matschig und nicht mehr ganz frisch Und danach? An den Songstrukturen ändert sich nichts. Trotzdem, auf einmal fegt das Ganze taufrisch aus den Boxen. Das altbekannte Burgerezept, nur halt direkt vom Grill frisch auf den Tisch. Lecker.

Donnerstag, 6. September 2018

Aus dem Nähkästchen


Wühltisch


Samstag Vormittag. Einkaufszeit. Meine Freundin und ich sind zum Bummeln in ein großes Einkaufszentrum gefahren. Bummeln heißt, dass sie von Klamottenladen zu Klamottenladen hetzt, Unmengen an Kleiderständern durchwühlt und dabei über die heutige Mode lästert. Die Menschen wissen wohl nicht mehr, wie man sich ordentlich anzieht. Und die Hersteller liefern von Saison zu Saison seltsamere Ware. Wer glauben die soll das den bitte anziehen?
Am Ende einer Runde durch den Laden stehe ich dann voll gepackt mit „Fetzen“ und „billigen Fummeln“ da. Es ist fast überstanden. Auf dem Weg zur Kasse gibt es nur noch ein Hindernis. Der Wühltisch. Menschen können da zu Hyänen werden. Offiziell findet meine Freundin Wühltische überbewertet. Das andere Menschen stundenlang diese Dinger nach Schnäppchen durchsuchen ist ihr selbstverständlich unverständlich.
Das hält sie natürlich nicht davon ab, jedes mal an einem stehen zu bleiben. „Nur mal kurz gucken ob was dabei ist“. Dabei bekommt sie ein Glitzern in den Augen. Der Blick erinnert vage an den einer Katze, die in einer Frühlingswiese sitzt. Nach kurzer Zeit fliegen einzelne Stücke wild durch die Gegend. Dinge werden von ganz unten raus gezerrt. Mit kurzem Blick geprüft. Achtlos zur Seite geworfen. Weiter geht die Schatzsuche. Am anderen Ende des Tisches gehen zwei Damen ähnlich vor. Zeitgleich greifen beide nach dem gleichen Stück. Sie halten inne. Starren sich an. Eine lauthals geführte Diskussion, wer von beiden jetzt als Erstes dran war, folgt. Das Gespräch nimmt rasant an Schärfe zu. Es ist wohl das letzte Teil in dieser Farbe und Größe. Das Gezerre und Gerangel wird heftiger. Unbemerkt gleitet das Stück zurück auf den Tisch. Unbemerkt von den Beiden, heißt das. Blitzschnell greift meine Freundin danach, mustert es kurz. „Hübsch“, murmelt sie anerkennend. Sie dreht sich zu mir. „Ok, wir können zur Kasse“ Sie schaut kurz zu den beiden Streithänen. „Bevor sie es merken.“
Danach machen wir eine kurze Pause. Bei einer Tasse Kaffee begutachtet sie in aller Ruhe ihre Beutestücke. Sie sieht zufrieden aus. Ich trinke einen Schluck. „Weist du, ich werde deine Vorliebe für Wühltische nie verstehen“meine ich dann. „Muss so ein Frauending sein. Du ziehst das doch eh nie an“ Sie zuckt mit den Achseln. „Du musst nicht alles verstehen.“

Samstag Vormittag. Einkaufszeit. Nach einem kurzen Bummel durch einen Klamottenladen sitzen mein Freund und ich im Kaffee. Er sieht etwas genervt aus. Beschwert sich darüber, dass ich immer so lange brauche. Und dass ich nie an Wühltischen vorbeikomme. Immer diese Frauen und ihr Zwang nach Schnäppchen. Aber egal, heute habe ich keine Lust auf Streit.
„Du musst nicht alles verstehen“ antworte ich ihm. „trinke lieber deinen Kaffee aus, dann können wir noch in den Plattenladen.“ Seine Miene hellt sich sofort auf. Der halbe Kaffee verschwindet fast wie durch Magie.
Kurz darauf befinden wir uns zwischen endlos scheinenden Regalen voll gestopft mit CDs. Mein Freund geht akribisch alles durch. Dabei kann ich mir anhören, dass Musik heute nichts mehr taugt. Das die neuen Bands alle überbewertet sind. Und das diese und jene nach der dritten Platte nur noch Mist machen. Am Ende hat er den Arm voll gepackt mit Cds. Es ist fast überstanden. Nur noch der Weg zur Kasse. Mit den Wühltischen. Er stellt sich an den Ersten. Blättert Reihe nach Reihe durch. Mit Argusaugen sondiert er Bandnamen und Albumtitel. Manchmal zieht er eine CD raus. Begutachtet sie. Und steckt sie achtlos irgendwo wieder rein.Am anderen Ende des Tisches gehen zwei Herren ähnlich vor. Zeitgleich greifen beide nach dem gleichen Stück. Sie halten inne. Starren sich an. Eine lauthals geführte Diskussion, wer von beiden jetzt als Erstes dran war, folgt. Das Gespräch nimmt rasant an Schärfe zu. Es ist wohl die letzte CD. Ein Original, kein Re- Release. Das Gezerre und Gerangel wird heftiger. Unbemerkt gleitet das gute Stück zurück auf den Tisch. Unbemerkt von den Beiden, heißt das. Blitzschnell greift mein Freund danach, mustert es kurz. „Hübsch“, murmelt er anerkennend. Er dreht sich zu mir. „Ok, wir können zur Kasse“ Er schaut kurz zu den beiden Streithänen. „Bevor sie es merken.“