Donnerstag, 30. Dezember 2021

Aus dem Nähkästchen

 

Neues Jahr, neues...was auch immer



Wir haben ja alle gehofft, dass 2021 besser wird als 2020. Das man aus dem Pandemie Jahr gelernt hat. Dass es anstatt des hektischen Aktionismus ein strukturiertes, vorausschauendes Agieren im Bezug auf Covid geben wird. Dass mit dem Impfprogramm alles wieder seinen normalen Weg gehen kann. Nun, es wurde besser. Aber wir haben auch gelernt: besser ist nicht immer gut. Die Politik hat meiner Meinung nach noch Kopfloser reagiert als im Vorjahr. Wahlkampf, ich hör dich tapsen. Die Stimmung hat sich an beiden Rändern extrem aufgeheizt. Spricht man sich für das Impfen und die Beschränkungen aus, ist man für die einen sofort ein Schlafschaf. Einer, der nicht selber denken will. Der die Wahrheit nicht sehen will. Dabei steht die doch ganz klar und deutlich für alle in diesem Internet.

Sagt man jedoch, dass man die bedenken gegen den neuen Impfstoff durchaus verstehen kann, ist man für die anderen sofort ein Schwurbler, Querdenker und steht generell unter Verdacht, Nazi zu sein. Und wofür braucht man die ganze Alufolie im Einkaufswagen? Kurzum: dazwischen scheint es bei der Debatte einfach nicht mehr zu geben. Ja, das hat sich irgendwie über die Jahre bei verschiedensten Themen schon angedeutet: diskutieren ist nicht mehr.Jemand, den ich sehr schätze, meinte mal zu mir: „Mensch Chris, mit dir kann man einfach nicht diskutieren. Du bist am Ende nie meiner Meinung.“ Als ob diskutieren ein Wettbewerb sei. Jeder schmeißt solange mit Argumenten um sich, bis einer blutend auf dem metaphorischen Boden liegt. Hauptsache, man hat gewonnen. Dabei finde ich, dass der Kern der Debatte eher im Austausch selber liegt. Darin, seine eigene Position neu zu betrachten und zu überdenken, indem man sie anderen Argumenten aussetzt. Ein stetiges hinterfragen der eigenen Argumente und Standpunkte. Und derjenigen des Gegegenparts. Läuft eine Diskussion schlecht, hat man immerhin die Erkenntnis, dass andere Meinungen existieren. Die können der eigenen schon mal entgegengesetzt sein. Aber immerhin weis man nun, wie der andere auf die Idee gekommen ist. Im besten Fall hat man durch den Austausch zweier Positionen eine Dritte entdeckt, die aus den zwei Standpunkten entstanden ist. Austausch statt Wettkampf. Nun ja, das ist natürlich nur mein frommes Wunschdenken. Stattdessen scheint es nur noch richtig und falsch zu geben. Wobei „richtig“ natürlich meine Meinung ist.Kurz und knapp: es spinnen alle. 

 

Was Konzerte betrifft, war 2021 doppelt so gut für mich wie 2020. Ja, absagen und Verschiebungen gab es genug. 2022 braucht ein paar Tage mehr im Kalender...aber immerhin, einmal Festival hat im Sommer geklappt. Zwar ist Baden in Blut Covid bedingt ausgefallen, aber die Mädels und Jungs von den Metalmaniacs haben kurzerhand einen Ersatz aus dem Boden gestampft. Etwas kleiner, etwas undergroundiger, genauso spaßig. „The Devils Plaque Round“ nannte sich das Ganze, und zum Glück war dieses Wortspiel das einzig wirklich miese an dieser Veranstaltung. Ich war am zweiten Tag dort, und musikalisch wurde hier am zweiten Tag fröhlich zwischen Death und Black hin und her gesprungen. Im schlimmsten Fall war das halt zum Bier holen. Wovon es gut und reichlich gab. Mit „Unlight“ und „Necrotted“ haben es dann auch noch zwei Bands geschafft, mich zum Merchandise Stand zu locken. Fein. Insgesamt ging das Ganze zwei Tage, es gab jedoch nur Tageskarten zu kaufen. Da Freitags jedoch hauptsächlich Modern und Core Bands Vertreten waren. Hab ich gut darauf verzichten können. 

 

Leider war es dass dann trotz einiger weiteren Versuche, weshalb neue CDs dieses Jahr bei mir etwas Mangelware sind. Das Meiste kauf ich nun halt mal auf Konzerten. Oder so mal beim stöbern beim Einkaufs bummel. Das war ja wiederum möglich, und so haben sich mit „Body Count“ und „Anathema“ einige meiner Lücken geschlossen.

Immerhin. Musikalisch für mich kein Top Jahr. Aber besser. Und das ist immerhin ein Schritt Richtung gut. 

 

Am Donnerstag, den 6ten Januar, ist in Baden Württemberg Feiertag. Hier gehts dann also erst in zwei Wochen weiter.

Ich wünsche euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr



Donnerstag, 23. Dezember 2021

Mein CD Regal

 

Lacuna Coil

Karmacode, Unleashed Memories



Tja, das mit dem sich selbst weiter entwickeln kann manchmal schon echt schwierig sein. Entscheidet man sich als Musiker dazu, den Sound mit jedem Album zu verfeinern und mit neuen Elementen etwas frisches dazu zu geben, schreit es von der einen Seite.„Buh, Kommerz. Früher wart ihr besser.“ Setzt man dagegen auf altbewährtes und tauscht im großen und ganzen nur Albumcover und Songtitel aus, schreit es von der anderen Seite: „Hach, ganz nett. Aber das ist doch immer der gleiche, platte Scheiß.“ Es scheint offensichtlich als Musiker recht schwer zu sein, es allen recht zu machen und sowohl neue als auch alte Fans zufrieden zu stellen. Am besten also, man versucht es erst gar nicht. Und macht einfach, worauf man Bock hat. So scheinen es sich damals wohl auch Lacuna Coil gedacht haben. Zwischen „Unleashed Memories“ und „Karmakode“ liegen gerade mal fünf Jahre. Dafür Welten, was Songwriting und Produktion betrifft. Es könnte sich um zwei komplett unterschiedliche Bands halten, so unterschiedlich klingen beide. Besonders, wenn man sie direkt hintereinander hört. Aus dem scheinbaren großen Sprung wird ein konsequenter Schritt, wenn man „Comalies“ betrachtet. Das Album liegt dazwischen, ist – aus meiner Sicht zumindest – das Durchbruchsalbum und sozusagen der Missing Link. Erschienen ist das Album 2004 – 3 Alben in Sechs Jahren? Eine stattliche Schlagzahl. Besonders dann, wenn man die wahnsinnige Entwicklung betrachtet. Wo andere Bands in dieser Zeitspanne dreimal das Gleiche veröffentlichen und das hinzufügen eines Dudelsacks als Innovation feiern, krempeln die Italiener ihren Sound einfach mal um. Von etwas ruhigerem, melancholischen Gothic Rock\ Metal hin zu modernen, groovenden Gitarren. Die Musikmagazin, die ich damals reihenweise verschlungen habe, nannten das „amerikanisch“. Und meinten das selten als Kompliment.

Die „Comalies“ fiel mir dank der Dauerrotation des „Heavens a Lie“ Videos als Erstes in die Hände. Ich war sofort verliebt. Härte, Melancholie, zwei perfekt harmonierende Stimmen. So etwas hatte ich bis dato noch nicht gehört. Mit etwas Abstand löst die Platte keine Begeisterung mehr aus,vielleicht weil ich sie auch ziemlich tot gehört habe. Was einigermaßen lange gedauert hat. Aber sie ist immer noch enorm stark. Und vor allem: sie ist die perfekte Symbiose aus dem klassischen Gothic Rock und dem modernen – ich nehme das böse Wort mal in den Mund – Nu Metal. Trennt man beide wieder, so kommt man auf der einen Seite bei Unleashed Memories und auf der anderen Seite bei Karmacode raus. Comalies ist die Mitte, die anderen beide bilden das jeweilige Element konsequent ab. Zwei Alben, zwei Extreme. Das macht für mich diese beiden CDs richtig spannend, zumal sie richtig gut funktionieren. Das liegt für mich besonders an beiden Sängern. Anstatt hier klassisch die schöne und das Biest zu spielen und auf 50\50 Duette zu setzen, werden hier auch gerne mal beide Stimmen übereinandergelegt, was dem ganzen dann eine schöne tiefe verpasst.

Die Alben vor 2001 und nach 2006 hab ich nicht in meiner Sammlung. Am Anfang klingt mir das noch ein bisschen zu unentschlossen und ist noch ohne roten Faden. Danach wirkt es schon fast berechnend, wie eins dieser musikalischen Hochglanz Produkte. Höllische Grooves in der Strophe, sphärische Klänge im Refrain, das ganze kompakt in vier Minuten geklöppelt. Und dann bitte 12 davon auf den Silberling.

Aber das Dreigestirn dazwischen ist für mich bis heute definitiv hörens wert. Zu einem, weil man die Entwicklung der Band sehr gut nachvollziehen kann. Ein plötzlicher Wechsel zum „amerikanischen“ um mehr Geld zu verdienen ist nämlich nicht vorhanden, sondern entwickelt sich über genau diese drei Veröffentlichungen. Ganz zarte Grooves finden sich auch schon auf der „Memories“.

Freitag, 17. Dezember 2021

Mein CD Regal

 

Powerwolf

Lupus Dei

 


 

Auch 2021 bleibt das Jahr des Konjunktivs. Letztes Wochenende wäre ich auf dem Knockout Festival in Karlsruhe gewesen, um mir eine komplette Dröhnung Powermetal zu geben. Stattdessen wird das – wenn alles gut läuft – erst nächstes Jahr passieren. So vernünftig und sinnvoll die Verschiebung auch ist, es ist für mich sehr Schade. Es sind nämlich genau 10 Jahre ins Land gegangen, als ich das erste mal das Knockout besuchte. Vorteile damals: absolut gut zu Fuß zu erreichen. Unabhängig von Uhrzeit und Zustand. Und ein für mich damals absolutes Traum Line Up. Habt ihr euch schon mal vorgestellt, wie euer perfektes Festival aussehen würde? Das Billing damals kam dem Traumfestival von mir verdammt nahe. Blind Guardian, Stratovarius, Grave Digger...ich kam beim Anblick des Plakats gar nicht mehr aus dem sabbern raus. Also: hingetigert, Spaß gehabt. Danach war ich dann noch zweimal, und das war es dann. Erst wurde das Line Up für mich immer uninteressanter, und schließlich die Entfernung größer.

Trotzdem, ganz aus den Augen habe ich es nie verloren. Für dieses Jahr habe ich mir auch, sobald der Veranstalter grünes Licht gegeben hat, Tickets geholt. Erstens: nach einer langen Pause hatte ich einfach mal wieder Bock auf ein Konzert. Relativ egal, was da spielt. Hauptsache Krach und Bier. Zweitens fand ich die Vorstellung, ein Zehn Jahres Jubiläum zu begehen, ganz nett. Und drittens: das Line Up stimmte. Mit Brainstorm und Orden Ogan war ich schon voll bedient, Powerwolf als Headliner tun da auch nicht weh. Die ersten beiden sind nächstes Jahr voraussichtlich dabei, die Wölfe haben eigene Toupläne. Meine Enttäuschung hält sich in Grenzen. Zwar mag ich die Band recht gerne, aber für mich hat sich das Konzept einfach selbst überlebt. Die Luft ist quasi raus.

Kennengelernt habe ich die Saarländer mit ihrem vierten Sutdio Album „Blood of the Saints“. Und ich war sofort angefixt. Die Songs gingen ins Ohr, ohne gleich wieder auf der anderen Seite rauszuplätschern. Jede Menge Oho Passagen, ohne gleich zu sehr ins Bierzelt zu schielen. Bombast und Effekte, aber – beinahe – kein Disney Kitsch. Klasse. 2012 dann auf dem Metalfest Loreley das Erste Konzert: Wow. Musikalisch solide bis gut. Aber die Show – genial. Was auf Platte schon mehr als gut klang, war im Zusammenspiel mit der beinahe perfekten Bühnenshow für mein damlaiges Ich einfach der Wahnsinn. Es folgten noch vier weitere Konzerte innerhalb eines Jahres und zwei der älteren Alben. Vielleicht war es einfach zu viel, aber als „Preachers of the Night“ raus kam, hat das mich nicht mal mehr ansatzweise in irgendeiner Form mitgenommen. Auch – oder weil – die Wölfe nichts grundlegendes geändert hatten. Das Konzept ist einfach durch für mich. Pompöser Metal mit okkulten Themen auf Platte, gottesdienstartige Shows mit einem ironischen Augenzwinkern auf der Bühne. Die Erfolgsformel von Powerwolf ist absolut klar zu erkennen. Und es sei ihnen absolut gegönnt.

Alles nach „Blood of the Saints“ ist für mich absolut uninteressant. Und obwohl ich diese Scheibe immer noch gerne mag, so begeistern wie Anfangs kann sie auch schon lange nicht mehr. Der Aha Effekt ist weg, und abseits der Effekthascherei bleibt halt nur ein solides Album, nicht mehr, nicht weniger. Ganz anders ist das „Lupus Dei“. Naja, nicht wirklich anders, was den Inhalt betrifft. Alles, was den Sound von Powerwolf prägt, ist hier schon vorhanden. In der Rohfassung. Die späteren Alben haben nichts weiter gemacht, als den Stil Stück für Stück zu perfektionieren. Der Diamant wurde quasi geschliffen, bis er funkelt. Der Punkt war beim 4 ten Album erreicht. Manchmal ist roh aber einfach besser. Und so ist die „Blood of the Saints“ vom technischen Standpunkt das bessere Album. Mehr Spaß macht mir aber „Lupus Dei“. Der Sound ist deutlich roher, ohne gleich wie eine Demo zu scheppern. Das wichtigste: das Album funktioniert auch ohne die Optik von Powerwolf. Während die neueren Sachen auf Platte etwas blass wirken und erst auf der Bühne im Gesamtkonzept funktionieren, läuft „Lupus Dei“ einfach als gutes Powermetal Album durch. Somit ist es für mich das absolut stärkste Album und eine Empfehlung für alle, die soliden Powermetal mögen.

Donnerstag, 9. Dezember 2021

In eigener Sache

 Wieder da!

 



Erstaunlich, wie schnell drei Wochen vorbei gehen können. Gefühlt Gestern noch den kurzen Info Post hoch geschossen und heute ist schon wieder Zeit, das Internet mit einem weiteren Text meinerseits zu einem besseren Ort zu machen. Das wird allerdings noch bis nächste Woche warten müssen. Nicht nur ich war im Urlaub, sondern mein Gehirn. Nichtstun, spazieren im Herbststurm, nichts tun, Corona Konformer Trip nach Hamburg, mehr nichts tun: die drei Wochen waren prall gefüllt und ließen keinerlei Spielraum, um in irgendeiner Weiße schreiberisch aktiv zu werden. Was auch der Plan war. 

Das Gute daran: der Kopf ist wieder einigermaßen voll mit Ideen.Ein paar Alben wollen Euch noch vorgestellt werden. Die ein oder andere Entwicklung der Gesellschaft und deren direkten Auswirkungen auf das kulturelle Leben besprochen werden. Spoiler: kein Konzert mehr für 2021. Ärgerlich? Ja. Überraschend? Nein. Ein Grippevirus, der in der nasskalten Zeit seine Hauptsaison hat: davon hat ja noch nie jemand gehört. Das kam absolut unerwartet. Ich bin der Meinung, Sarkasmus erkennt man in Schriftform auch ohne Erklärung.

Außerdem habe ich mir ein paar Plattformen angeschaut, auf der ich in Zukunft eventuell meine Texte parallel veröffentlichen werde. Und den ein oder anderen neu.

Zu guter Letzt noch mal der Hinweis auf meinen Insta Account: Bilder, Infos zu neuen Texten, wertvoller Inhalt. All das findet ihr hier

Wir lesen uns nächste Woche!


Freitag, 12. November 2021

In eigener Sache

 Herbstzeit, Ferienzeit


Der Herbst zeigt sich von seiner trüben Seite. Nebel morgens, Nebel mittags, Nebel abends, Nebel nachts. Die Lichtstärke pendelt zwischen stockdunkel und dämmrig. Man hat immer das Gefühl, dass es gleich aufbricht und richtig hell wird. Und dann ist es wieder dunkel. Nicht gerade die optimale Zeit, um kreativ zu sein. Muss ich aber auch gar nicht, denn: Das Nähkästchen geht in Urlaub. Hier wird es bis voraussichtlich zweiten Dezember Woche still sein. Auf meinem Insta Account werde ich ab und zu ein paar alte Photos hochladen, die euch beim stöbern helfen können. Oder einfach so sinnfreien Kram.

In diesem Sinne: euch eine Gute Zeit, auf Bald! 


Dass der Herbst auch anders kann, hat er dieses Jahr schon bewiesen:



Freitag, 5. November 2021

Mein CD Regal

 

Ensiferum

Two Paths

 


 

„Cool, die gibt es ja noch. Ob die immer noch wie früher klingen?“ Dieser Gedankengang ist bei mir ziemlich oft ein Kaufgrund für CDs von Bands, die komplett von meinem Radar verschwunden sind. In diesem Fall war es die Neugierde, ob Ensiferum auf „Two Paths“ irgendetwas an ihrer Mixtur verändert haben oder ob sie immer noch wie Anfang der Nuller Jahre klingen. Und falls ja, ob dass dann mir noch genauso viel Spaß macht wie damals. Oder ob das eher ein Fall fürs fremd schämen ist.

Die erste Frage lässt sich recht schnell beantworten. Nö, alles beim alten. Ein paar neue Farbtupfer wie die AC DC Gedächtnisgitarre beim Opener. Aber grundlegende Neuerungen? Fehlanzeige. Ensiferum spielen immer noch pfeilschnellen Melodic Death mit einem starken symphonischen, schunkelnden Einschlag. Double Base trifft auf Hörnerklang, Ohoho Chöre duellieren sich mit der Gitarre. Soweit, so bekannt, so spaßig. Genau die Mischung, die mir damals bei „Victory Songs“ so gut gefallen hat. Im Grunde härterer Powermetal. Und einer meiner ersten Kontakte in Richtung extremeren Metal. Immer noch melodisch, immer noch sauber, aber schon mit diesem bösen Schreigesang.

Generell war es zu der Zeit schwer, um den Schunkelmetal drumherum zu kommen. Auf fast jedem Sampler, auf jeder Metal Party waren Songs von Finntrol, Equilibrium und allen anderen zu finden. Unter Bannern wie Paganfest wurden ganze Tourtrosse mit dem Schwerpunkt Metvernichtung zusammengeschnürt und durch ganz Europa geschickt. Und ich hatte – und an einigen Bands habe ich – meinen Spaß daran. Die Mischung aus Schunkeln und Moshen hat irgendwie einen Nerv getroffen. Bierzelt für den Langhaarigen. Über die Jahre hinweg jedoch hat sich das irgendwie ein bisschen selbst überlebt. So hat das Subgenre von mir den Stempel „Früher waren die besser“ aufgedrückt bekommen, hab mich an den alten Sachen erfreut und das Neue ignoriert.

Teilweise wohl zu unrecht, wie „Two Paths“ beweist. Früher waren die, zumindest handwerklich, nicht besser. Alles, was die Band damals schon ausgemacht hat, wurde auf diesem Album konsequent weiterentwickelt und mit einem etwas geübteren Händchen fürs Songwriting auf Hochglanz poliert. Ein paar neue Farbtupfer im Soundgewand, damit es auch nicht langweilig beim hören wird und tada: Fertig ist eine CD, die mich 2005 Rum noch vom Hocker gerissen hätte. Heute jedoch finde ich das Teil nett. Das ist sowohl positiv – es langweilt mich nicht und einzelne Songs machen richtig Spaß – als auch negativ. Nett ist halt immer noch die kleine Schwester von Scheiße. Aber es liegt nicht an der Band, es liegt an mir. Inzwischen geht mir das Hörner heben und für den Metal sterben nämlich ziemlich am Arsch vorbei. Ja, ich weis solche Texte sind nun einmal true. Und ein bisschen Klischee gehört ja auch dazu. Das ist alles richtig, aber nun ja, es ist halt nett. Zumal genau diese Art von Texten das Argument, in der Popmusik gibt es nur seichte Lyrik und zu viel „Ohohoh“ und „lalala“ und deshalb hör ich Metal, komplett zerpflückt und in die Tonne wirft.

Apropos Klischee: das Cover ist zwar wirklich nett gestaltet. Aber bei einem Titel wie „Two Paths“ sich an dem ausgelutschten hell gegen dunkel Motiv zu vergreifen ist nun ja. Nett.

Donnerstag, 28. Oktober 2021

Mein CD Regal

 

Swallow the Sun

Songs from the North I – III

 


Metalfest Loreley, 2012. Späterer Abend. Blind Guardian haben gerade auf der Hauptbühne gespielt. Dementsprechend war ich unglaublich euphorisch. Den Tag habe ich bis dahin eh in guter Erinnerung. Gutes Wetter, gute Stimmung am Camp, gute Begleitung im Arm, gutes Bier, gute Bands. Guardian waren da einfach die Kirsche auf dem Kuchen. Und von diesem Kuchen wollte ich noch etwas mehr haben. So bin ich auf dem Rückweg zum Camp noch ins Bühnenzelt gestolpert. Und relativ direkt rückwärts wieder raus. Ob es daran lag, dass ich eigentlich schon komplett fertig und Bettreif war. Oder daran, dass ich mit Doom bis dahin noch gar nichts am Hut hatte und das ohne Vorwarnung einfach mehr als nur ein krasses Kontrastprogramm ist – keine Ahnung mehr. Aber: ich fand die 5 Minuten, die ich Swallow the Sun gehört habe, damals echt schlimm.

Nun, inzwischen sind ein paar Jahre ins Land geflossen. Und nachdem ich schneller, härter und extremer in fast allen Richtungen ausgelotet hatte, führte der viel zitierte Kaninchenbau wieder Richtung Doom. Aufgestoßen haben diese Tür Hamferd, die ich im Vorprogramm von Amorphis gesehen hatte. Diesmal war ich vorbereitet. Zumal ich durch Amorphis behutsam an die Schönheit der Langsamkeit herangeführt worden bin. Und siehe da: so langweilig war die Walze gar nicht. Im Gegenteil. Langsam und brutal schließen sich nicht aus – die Erkenntnis des Abends.

So ist es nur konsequent, dass ich einige Jahre nach meinem Schockerlebnis – 8, um genau zu sein – wieder auf Swallow the Sun gestoßen bin. Immerhin ist es einer der Namen, der immer wieder fällt, wenn es um Doom Death geht. Da die Jungs schon einige Jahre dabei sind, stellt sich wieder die klassische Frage: wo anfangen? Der Zufall führte mich zu Songs from the North. Zum Glück. Als ganz normales Studioalbum kann man das Ding nämlich beim besten Willen nicht beschreiben. Zu einem ist da einfach mal der Umfang: 3 CDs, insgesamt zweieinhalb Stunden Spielzeit. Dann der Inhalt. Die Finnen haben nämlich nicht einfach nur jede Menge Material zusammengeklöppelt und dann aus Platzgründen auf drei CDs verteilt. Nein, jede CD hat eine eigene Grundausrichtung.Dadurch ist es für mich das erste sinnvolle Mehrfachalbum, dass sich in meiner Sammlung befindet. Gloom, Beauty und Despair lauten die Titel der einzelnen CDs. Damit ist auch schon treffend zusammengefasst, was einen auf den einzelnen Teilstücken erwartet. Das erste ist – wie ich inzwischen weiß – klassisch Swallow the Sun. Das heißt atmosphärischer Doom Death, der zwischen purer Brutalität und verträumten Momenten spielend leicht tanzt. Wer das Teil mag, wird mit den restlichen Alben der Band seinen Spaß haben. Bei mir war das so. Inzwischen würde ich nicht mehr rückwärts aus dem Zelt stolpern, sondern begeistert schon von Anfang an drinnen stehen und kopfschüttelnd mein Junges ich dabei beobachten, wie es einfach mit der Musik überfordert ist.

Überraschend geht es dann jedoch weiter. Während II rein akustisch daher kommt, ist III purer, abgrundtief böser Doom. Im Grunde klingt es ein bisschen so, als ob die man beiden am meisten entgegengesetzten Elemente des ersten Albums – die verträumten, leichten Akustikelemente auf der einen und die brutalen, schleppenden Doom Elemente auf der anderen Seite genommen und auf beiden Alben ins extreme ausgearbeitet hätte . Melancholisch verträumter Folk. Und tongewordene Verzweiflung. Unterm Strich ergibt das drei komplett unterschiedliche Alben, die dennoch wie aus einem Guss klingen. Jetzt könnte ich den Text weiter schreiben und mit Wörtern und Adjektiven wie Meisterwerk, elegeisch, verstörend, träumerisch oder herbstlich füllen. Oder hier Schluss machen, das Ding in den CD Player legen und Kopfhörer aufsetzen.

Freitag, 22. Oktober 2021

Raus. Gehen.

 

Bad Wimpfen

 




Auf Youtube erzählen viele Menschen viele Dinge. Und es gibt Phasen, da schaue ich mir viel zu viel davon an. Menschen reden über Klemmbausteine. Menschen reden über Politik. Menschen reden über Musikvideos. Menschen reden über Menschen, die über Musikvideos reden. Die moderne Form des Zappens halt. Ganz gerne schaue ich mir Videos an, in denen nicht Europäer ihre Eindrücke von Deutschland schildern. Dinge, die mir selbst als völlig Normal erscheinen, entpuppen sich als richtige Kulturschocks. Das Kippfenster, zum Beispiel. Ein Grundtenor dieser Clips: Deutschland hat viele schöne Altstädte. Quasi ein großes Freilichtmuseum. Stimmt. Letztens habe ich eine davon für mich entdeckt: Bad Wimpfen. 

 

Die alte Staufer- und ehemalige Reichsstadt liegt am Neckar, zwischen Heidelberg und Heilbronn. Vor ein paar Jahren war ich schon einmal dort auf dem Weihnachtsmarkt. Der sei nämlich ganz schön und die Atmosphäre in er Altstadt sei einfach einzigartig. Das stimmt. Unzählige Büdchen verteilen sich über die ganze Stadt, in fast jeder Straße und noch so kleinen Gasse gibt es was zu sehen, kaufen und zu essen. Der Weihnachtsmarkt ist wirklich schön. Die Stadt selber – das konnte ich damals weniger erkennen. Vor lauter Boden, Leibern und Dekoflitter war von ihr recht wenig zu sehen. Grund genug, nochmal hin zu fahren. Ohne Markt.

Das habe ich nun gemacht. Ohne Markt, einfach mal bummeln. Und siehe da: ohne das ganze Gedränge entpuppt sich Bad Wimpfen als wirklich sehenswertes Städtchen. Enge Sträßchen, verwinkelte Gässchen. Fachwerkhäuser, von fein herausgeputzt bis hin zu windschief und romantisch rustikal zerfallen. Die Reste der Stauferpfalz mit dem beeindruckenden Wehrturm. Der blaue Turm. Zu sehen gibt es mehr als genug. Und so kann ein Spaziergang trotz der überschaubaren Größe des Städtchens schon ein bisschen Zeit beanspruchen. Besonders gut gefallen hat mir der weg an der Stadtmauer entlang. Von dort hat man ein wunderbaren Blick auf den Neckar und die anschließende Ebene. Noch beeindruckender ist die Sicht vom roten Turm aus. Für den Preis von aktuell
einem Euro kann man ihn besichtigen. Auf dem Weg zur Aussichtsplattform informieren einige Schaustücke und Infotafeln über die Geschichte Bad Wimpfens, der Handwerkskunst und dem Leben der Wachmannschaft. Generell gibt sich die Stadt viel Mühe, seine Geschichte zu vermitteln.

Neben dem Weihnachtsmarkt gibt es auch noch einen Mittelaltermarkt, der sogenannte Zunftmarkt. Ich selber war noch nicht dort, aber sobald es die Umstände wieder zu lassen, werde ich das nachholen.

Bad Wimpfen liegt zwischen Neckar und Kraichgau, unter anderem am Ende des Neckarsteigs. Ein Besuch der Stadt lässt sich also auch wunderbar mit einem ausgedehnten Spaziergang in der Gegend oder einer Wanderung verbringen. Ich war nicht das Letzte mal dort.

Donnerstag, 14. Oktober 2021

Bücherkiste

 

Ralf König

Zarter Schmelz

 


75 Jahre. Das muss man erst mal sacken lassen. Ich meine, ich wusste als Kind damals schon, das Lucky Luke alt ist. Immerhin haben ja die Eltern das schon gelesen. Und Eltern sind nun einmal aus Kindersicht immer alt. Das ist jetzt auch gut und gerne 30 Jahre her... Nun ja, zum 75ten des einsamen Cowboys weit weg von daheim hat Egmont eine kleine Hommage Reihe ins Leben gerufen. In ihr widmen sich verschiedene Comiczeichner der Legende und präsentieren ihre eigene Version von Morris Klassiker. Grundsätzlich eine spannende Idee. Aber es hat bei mir persönlich bis Band 5 gedauert, um mich hinterm Ofen vor zu locken. „Zarter Schmelz“ stammt nämlich aus der Feder von niemand geringerem als Ralf König. Mir – und wohl den meisten anderen auch – vor allen Dingen bekannt und geschätzt durch „Der bewegte Mann“ und „Kondom des grauen.“ Als ich das erste Mal gehört hatte, das Ralf König einen Lucky Luke Comic zeichnet, war ich sofort neugierig darauf. Ich mag Lucky Luke, und ich mag sowohl den Zeichen als auch den Erzählstil von König. Aber wie beides zusammenpassen soll? Bekommen wir etwa eine Comic Variante von Brokeback Mountain? Etwa einen schwulen Luke? Ich konnte mir absolut nicht vorstellen, wie König sich da einfügen wird. Als ich den Band dann kürzlich in einer Bahnhofsbuchhandlung liegen hab sehen, musste der einfach mit. 

Schweizer Schokolade für den US Amerikanischen Markt: Chocolatier Sprüngli ist überzeugt, dass das ein Erfolg wird. Leider haben seine Schweizer Milchkühe den Transport schlecht verkraftet. Vor lauter Stress sind diese ganz Lila angelaufen, Sprüngli fürchtet um die Qualität der Milch. Die Lösung: eine Kur für die Kühe im schönen Dandelion Valley. In der naheliegenden Stadt Straight Gulch sucht er nach Leuten für diesen Job. Zufällig macht auch ein bekannter Cowboy in blauen Jeans und gelbem Hemd gerade dort Urlaub. Ein ruhiger Trip ins Valley mit ein paar Kühen kommt ihm da gerade Recht. Begleitet wird er von Bud, der im Dorf gemieden wird. Angeblich hat er nämlich eine Affäre mit seinem Cowboy Kollegen Terrence…

Ich mag ja Hommagen Comics ganz gerne und fand ja damals schon Flix Beitrag zu Spirou und Fantasio richtig gelungen. Auf der einen Seite absolut der Flix, auf der anderen Seite eindeutig Spirou. Für mich war das die perfekte Hommage. „Zarter Schmelz“ spielt in der gleichen Liga. Eindeutig König, eindeutig Lucky Luke. Eigenständig und doch wiedererkennbar. Die Geschichte ist Klasse erzählt, ein kleiner Rahmen erklärt geschickt Unterschiede in Optik und Verhalten des schnellen Schützen. Mit den Daltons und Calamity Jane sind alte Bekannte dabei. Voll gepackt mit Details und Anspielungen erzählt König kurzweilig eine Geschichte über Vorurteile und das Anderssein gar nicht so anders ist. Ich mag das Ding. Wirklich.


Donnerstag, 7. Oktober 2021

Aus dem Nähkästchen

Ein bisschen Wehmut und ein RE Post


Das ich zu einer aussterbenden Art gehöre, weiß ich schon eine ganze Weile. Alben kaufen, am Stück hören. Ein Booklet durchblättern. Konzerte mit Stapelweisen CDs in der Hand verlassen. Das Regal schön ordentlich einräumen. Im Laden stehen und A bis Z geduldig durchwühlen. 
Analoge Musik ist schon eine Weile ziemlich am Ende, das weiß sogar ich. Nur ist es mir letztens erst richtig bewusst geworden. Zum einem habe ich erfahren, dass ein CD Laden in Freiburg dicht gemacht hat. Zugegeben, es ist schon eine Weile her, dass ich dort das letzte mal einkaufen war. Aber gerade zu meinen "Ich hör jetzt meine eigene Musik" Anfangstagen hab ich dort regelmäßig Dinge für mich entdeckt. Und meine Anfangstage sind nun einmal auch schon wieder eine ganze weile her, runde 16 Jahre. Und damals war der Laden schon alt. Kurz gesagt: die CD stirbt langsam, aber sie stirbt.
Zum anderen war ich letztens ein paar mal mal wieder bei den großen Unterhaltungsmedien Ketten stöbern. das erste mal seit gut anderthalb Jahren. Ja, ich habe davor auch mitgekriegt, dass über die Jahre die Regale immer kleiner wurden und immer spärlicher bestückt waren. Aber da ich recht regelmäßig unterwegs war, ist mir dass so nie aufgefallen. Es war halt ein schleichender Prozess. Jetzt, mit etwas Abstand, ist mir aufgefallen: schleichend, vielleicht. Aber schon recht weit fortgeschritten. Die Abteilungen haben den Charme eines hessischen Supermarktes an der Baden Württembergischen Grenze am 6. Januar.
Natürlich konnte ich noch wühlen. Natürlich hab ich noch was gefunden. Aber es war auch klar: so allmählich wars dass. Die Jagd wird sich für mich wohl auf Konzerte und den Online Handel verschieben. Ganz in der Hoffnung, dass zumindest die kleinen Labels und der Underground an der Überzeugung festhalten, dass etwas reales in den Händen zu halten zum Musik hören und sammeln einfach dazugehört. 
Vor ein paar Jahren habe ich eine kleine Hommage an den Wühltisch geschrieben, die mir die letzten Tage nicht mehr aus dem Kopf ging. Und die ich euch nicht vorenthalten möchte. Und da es nun einmal bei Blogs so ist, dass alte Beiträge so gut wie nie gelesen werden, präsentiere ich ihn euch hier und heute noch einmal. In Farbe. Und bunt.
 
 

Wühltisch


Samstag Vormittag. Einkaufszeit. Meine Freundin und ich sind zum Bummeln in ein großes Einkaufszentrum gefahren. Bummeln heißt, dass sie von Klamottenladen zu Klamottenladen hetzt, Unmengen an Kleiderständern durchwühlt und dabei über die heutige Mode lästert. Die Menschen wissen wohl nicht mehr, wie man sich ordentlich anzieht. Und die Hersteller liefern von Saison zu Saison seltsamere Ware. Wer glauben die soll das den bitte anziehen? Am Ende einer Runde durch den Laden stehe ich dann voll gepackt mit „Fetzen“ und „billigen Fummeln“ da. Es ist fast überstanden. Auf dem Weg zur Kasse gibt es nur noch ein Hindernis. Der Wühltisch. Menschen können da zu Hyänen werden. Offiziell findet meine Freundin Wühltische überbewertet. Das andere Menschen stundenlang diese Dinger nach Schnäppchen durchsuchen ist ihr selbstverständlich unverständlich.Das hält sie natürlich nicht davon ab, jedes mal an einem stehen zu bleiben. „Nur mal kurz gucken ob was dabei ist“. Dabei bekommt sie ein Glitzern in den Augen. Der Blick erinnert vage an den einer Katze, die in einer Frühlingswiese sitzt. Nach kurzer Zeit fliegen einzelne Stücke wild durch die Gegend. Dinge werden von ganz unten raus gezerrt. Mit kurzem Blick geprüft. Achtlos zur Seite geworfen. Weiter geht die Schatzsuche. Am anderen Ende des Tisches gehen zwei Damen ähnlich vor. Zeitgleich greifen beide nach dem gleichen Stück. Sie halten inne. Starren sich an. Eine lauthals geführte Diskussion, wer von beiden jetzt als Erstes dran war, folgt. Das Gespräch nimmt rasant an Schärfe zu. Es ist wohl das letzte Teil in dieser Farbe und Größe. Das Gezerre und Gerangel wird heftiger. Unbemerkt gleitet das Stück zurück auf den Tisch. Unbemerkt von den Beiden, heißt das. Blitzschnell greift meine Freundin danach, mustert es kurz. „Hübsch“, murmelt sie anerkennend. Sie dreht sich zu mir. „Ok, wir können zur Kasse“ Sie schaut kurz zu den beiden Streithänen. „Bevor sie es merken.“ Danach machen wir eine kurze Pause. Bei einer Tasse Kaffee begutachtet sie in aller Ruhe ihre Beutestücke. Sie sieht zufrieden aus. Ich trinke einen Schluck. „Weist du, ich werde deine Vorliebe für Wühltische nie verstehen“meine ich dann. „Muss so ein Frauending sein. Du ziehst das doch eh nie an“ Sie zuckt mit den Achseln. „Du musst nicht alles verstehen.“
 
Samstag Vormittag. Einkaufszeit. Nach einem kurzen Bummel durch einen Klamottenladen sitzen mein Freund und ich im Kaffee. Er sieht etwas genervt aus. Beschwert sich darüber, dass ich immer so lange brauche. Und dass ich nie an Wühltischen vorbeikomme. Immer diese Frauen und ihr Zwang nach Schnäppchen. Aber egal, heute habe ich keine Lust auf Streit.„Du musst nicht alles verstehen“ antworte ich ihm. „trinke lieber deinen Kaffee aus, dann können wir noch in den Plattenladen.“ Seine Miene hellt sich sofort aus. Der halbe Kaffee verschwindet fast wie durch Magie.Kurz darauf befinden wir uns zwischen endlos scheinenden Regalen voll gestopft mit CDs. Mein Freund geht akribisch alles durch. Dabei kann ich mir anhören, dass Musik heute nichts mehr taugt. Das die neuen Bands alle überbewertet sind. Und das diese und jene nach der dritten Platte nur noch Mist machen. Am Ende hat er den Arm voll gepackt mit Cds. Es ist fast überstanden. Nur noch der Weg zur Kasse. Mit den Wühltischen. Er stellt sich an den Ersten. Blättert Reihe nach Reihe durch. Mit Argusaugen sondiert er Bandnamen und Albumtitel. Manchmal zieht er eine CD raus. Begutachtet sie. Und steckt sie achtlos irgendwo wieder rein.Am anderen Ende des Tisches gehen zwei Herren ähnlich vor. Zeitgleich greifen beide nach dem gleichen Stück. Sie halten inne. Starren sich an. Eine lauthals geführte Diskussion, wer von beiden jetzt als Erstes dran war, folgt. Das Gespräch nimmt rasant an Schärfe zu. Es ist wohl die letzte CD. Ein Original, kein Re- Release. Das Gezerre und Gerangel wird heftiger. Unbemerkt gleitet das gute Stück zurück auf den Tisch. Unbemerkt von den Beiden, heißt das. Blitzschnell greift mein Freund danach, mustert es kurz. „Hübsch“, murmelt er anerkennend. Er dreht sich zu mir. „Ok, wir können zur Kasse“ Er schaut kurz zu den beiden Streithänen. „Bevor sie es merken.“
 

Donnerstag, 30. September 2021

in eigener Sache

Moin, der aktuelle Beitrag auf dem Nähkästchen wird erst Morgen veröffentlicht. Bin noch nicht ganz zufrieden damit 

Donnerstag, 23. September 2021

Mein CD Regal

 

Necrotted

Operation: Mental Castration

 



Gegenüber dem Vorjahr konnte ich 2021 einhundert Prozent mehr Festivals besuchen. Eines. Immerhin. Baden in Blut sei Dank. Ja, das Hauptfestival wurde wieder um ein Jahr verschoben. Aber die Jungs und Mädels aus dem Markgräfler Land haben einfach kurzerhand eine situationsbedingte Miniausgabe aus dem Boden gestampft: The Devils Plaque Round. Hut ab – nicht für das Wortspiel, sondern für die Leidenschaft und das Engagement, in so Zeiten überhaupt irgendetwas auf die Beine zu stellen. Abstand, Masken, 3 G: es hat alles wunderbar geklappt und kaum gestört. Bier, entspannte Leute und Krach von der Bühne haben da einfach zu sehr gute Laune gemacht. Einmal Festival fast wie früher.

Das Line Up war eine bunte Mischung aus Black und Death. Mit Revel in Flesh war eine meiner aktuellen Live Favoriten dabei. Und dann waren da ja noch Necrotted. Ich konnte mich dunkel daran erinnern, auf irgendeinem JuZe Festival eine richtig gute Brutal Death Metal Band aus dem schwäbischen gesehen zu haben. Ich wusste noch, dass das Logo recht schwer zu lesen war. Und der Bandname irgendetwas mit Tod zu tun hatte. Vielleicht. Deshalb war ich auf den Auftritt der Abstgmünder gespannt. Vielleicht sind sie es ja?

Ich weiß es immer noch nicht genau. Das Problem an diesen Bands ist ja so ein bisschen, dass alles recht ähnlich funktioniert. Kennst du deine, kennst du fast alle. Das tolle an diesen Bands ist, dass sie fast alle gleich funktionieren. Kennst du eine, kennst du fast alle. Somit brauchst du einfach keine Warmlaufzeit beim Konzert, nach den ersten Sekunden sind alle auf Betriebstemperatur und der voll abriss geht los. Für Live Spaß definitiv immer gut. Und Necrotted haben einfach so viel Spaß dabei gehabt, dass ich um die Platte nicht drumherum kam.

Die macht übrigens genauso viel Spaß wie Live. Auch wenn sie mit den gleichen Problemen kämpft. Brutal Death ist halt Brutal Death. Trotz einer Laufzeit um knapp dreißig Minuten rum fängt die Platte beim durch hören recht schnell an, langweilig zu werden. Gut, dass innovativste Subgenre ist es eh nicht. Muss es ja auch nicht sein. Volles Gekloppe. Direkt, geradeaus und brutal, das erwarte ich von Brutal Death. Und das bekomme ich hier auch. Handwerklich richtig gut gemacht. Punkt.

Dazu kommt noch ein ziemlich geiles Artwork. Gut, vom Stil her gefällt mir das Cover nicht ganz so gut, von seiner Aussage her aber schon. Ein Handy bzw. Tablet als OP Tisch, dazu der nette Album titel: subtil geht anders. Aber wer braucht schon subtil?

Freitag, 17. September 2021

Aus dem Nähkästchen


 Wahl und Qual

Das Schöne an einem Blog ist, dass ich als Autor so ziemlich alles tun und lassen kann, was ich will. Schreiben, worauf ich gerade Lust habe oder über die Kreise, die mein Gedanken Karussell mal wieder so dreht. Klar, man gibt seinem Blog schon grundsätzlich eine Themen Ausrichtung, an die man sich im Großen und Ganzen hält. In meinem Fall Musik, Lesen und Wandern. Wenn ich aber der Meinung bin, dass die Welt auch mal an anderen kruden Gedankengängen von mir teilhaben sollte: kein Problem. Keiner der sagt: Nein, das ist Thematisch völlig fehl am Platz! Oder: Das ist zu politisch, was sollen die Leser den denken?

Also schweife ich diese Woche inhaltlich mal wieder komplett ab. In den letzten Wochen häufen sich die Flugzettel in meinem Briefkasten, und es werden immer mehr. Von den Straßenlaternen lächeln verständnisvolle Gesichter herab. Kurze, griffige Sätze in bunten Farben werben um meine Gunst. Es ist Wahlkampf.

Oh Gott, jetzt redet er über Politik! Ja, so ist das nun einmal in einer Demokratie. Jeder darf und sollte sich am politischen Prozess beteiligen. Nicht nur, aber gerade in Wahlkampfzeiten. Dass kann jeder, wie zum Beispiel der Dunkle Parabelritter und Rezo auf Youtube demonstrieren. Damit es aber nicht nur reines Geschwurbel wird, sollte man seine Meinungen, wenn sie so spezifisch wie bei den beiden und nicht ein schnelles Gedankenpapier wie das hier sein sollen, mit Quellen und sauberer Recherche belegen.  Bringt nichts, weil die da oben eh machen, was sie wollen? Jein. Schmu treiben die Alle, und manchmal hat man wirklich das Gefühl, zwischen Pest und Cholera zu wählen. Aber: der Bundestag alleine macht ja nicht unsere Politik. „Die da oben“ haben zwar so ihre Freiheiten, aber machen, was sie wollen, können sie nur im ungünstigsten Fall. Ein Kanzler hat beileibe nicht die Machtfülle eins französischen oder US amerikanischen Präsidenten. Eine Frau Baerbock würde also nicht über Nacht alle Autos verschrotten lassen und sämtliche Eigenheime in Brandt stecken. Ein Herr Laschet würde nicht sofort 10 neue Kohlekraftwerke ans Netz bringen. Und Olaf Scholz würde nicht- tja, was auch immer diese farbloseste aller Kandidaten so am liebsten machen würde. Vor allem dann nicht, wenn im Bundesrat die Mehrheiten fehlen. Egal, was viele behaupten: aus meiner Sicht funktioniert das demokratische System hier recht gut. Nicht perfekt, aber gut. Ich glaube eher, dass viele von denen, die sich beschweren, nicht ganz genau wissen, wie es bei uns eigentlich läuft. Bundestag wissen die meisten noch, was es ist. Bei Bundesrat hört es oft auf. Gesetze macht die Partei, die gerade an der Macht ist, einfach so. Am Bürger vorbei. Alle vier Jahre brav zur Urne wackeln, mehr dürfen wir Wahlschafe nicht. Das und noch ganz Anderes kriegt man immer wieder zu hören. Liebe Leute, bevor ihr motzt, dass es hier undemokratisch sei: schaut doch erst einmal, wie das System funktioniert. Die Bundeszentrale für politische Bildung hat dazu jede Menge übersichtliches Material, sogar mit Bildchen für alle, die vom Lesen und Denken Kopfweh bekommen. Hach nein, zum Informieren habe ich keine Zeit, dass ist mir alles zu viel. Wahlprogramme lese ich auch keine, dazu fehlt mir die Lust. Das hört man übrigens auch ganz gerne mal von Leuten, die behaupten, dass es in Deutschland keine Bürgerentscheide gäbe und deshalb alles total diktatorisch ist. Zu Faul, sich alle vier Jahre mit politischen Programmen auseinanderzusetzen, dann aber bei allem direkt mitreden und entscheiden wollen? Das lasse ich mal unkommentiert. Übrigens, bei uns im Ort findet zeitgleich zur Bundestagswahl ein Bürgerentscheid statt. Voll anstrengend…

Gut, das Wahlkämpfe nicht über Inhalte, sondern über gezielte Attacken auf den Gegner geführt werden, ist nichts Neues. Dieses Jahr jedoch fällt es mir einfach nur massivst auf: plötzlich ist ein Buch, dass vorher kaum einer gelesen hat oder überhaupt wusste, dass es existiert, von größter Wichtigkeit. Abgeschrieben habe sie, die gute Frau Baerbock. Falsch zitiert! Dass die meisten der Schreihälse selber nicht wissen, wie man in wissenschaftlichen Texten zitiert, sei mal dahingestellt. Auch dass es sich nicht um eine wissenschaftliche Arbeit handelt. Es ist einfach nur ein Buch, ein inhaltlich aus meiner Sicht recht irrelevantes dazu. Das Laschet das auch gemacht hat – egal. Der Kamm ist schon geschwollen. Was dann im Internet aber zu diesem Thema zu lesen ist, hat mit Meinungsäußerung nichts mehr zu tun. Da wird beleidigt und gepöbelt. Und wenn ein Kommentar aus diesen Gründen gelöscht wir, schreien alle wieder was von Zensur und Meinungsdiktatur. Es trifft ja nicht nur Frau Baerbock, sondern so gut wie alle Spitzenkandidaten. Ich weis, das mit dem benehmen im Internet ist so eine Sache, und die Entgleisungen von Diskussionen, das raus heben aus der sachlichen auf eine persönliche Ebene ist nichts Neues. Aber so extrem wie gerade habe ich es lange nicht mehr mitbekommen. Vielleicht auch deshalb nicht, weil ich mich sonst aus Kommentarspalten fernhalte. Was ich nach der Wahl auch wieder machen werde.


Donnerstag, 9. September 2021

Bücherkiste

 

Morthon Rhue

Die Welle


„Wie konnten die Leute das nur zulassen?“. Diese Frage lässt den Lehrer Ben Ross nicht in Ruhe. Gestellt hatte sie einer seiner Schüler, nachdem sie im Geschichtsunterricht einen Film über den Holocaust geschaut haben. Betroffenheit, Unverständnis und die Überzeugung, dass so etwas hier und heute nicht passieren kann, waren die Reaktionen seiner Schüler. Und die Frage nach dem Warum. Ross muss feststellen, dass er diese nicht einfach so beantworten kann. Und entschließt sich stattdessen dazu, ein Experiment mit seiner Klasse durchzuführen. Das recht schnell eine unkontrollierbare Eigendynamik entwickelt.

„Die Welle“ von Morthon Rhue erschien 1981 und gehört zu den wenigen Schullektüre Büchern, die ich damals freiwillig, ohne Lehrplanzwang, gelesen habe. Die Geschichte über den Geschichtslehrer, der versucht seinen Schülern die Funktionsweisen des Faschismus zu erklären, ist knapp und trocken geschrieben. Dass, und die Tatsache, dass es lose auf einer wahren Begebenheit basiert, macht es zu einem der brutalsten und eindringlichsten Bücher, die ich je gelesen habe.

Zu beobachten, wie das langsame Einführen von Disziplin und Verhaltensregeln und dass schaffen einer gemeinsamen Identität erst Harmlos anfängt, dann aber immer schneller voranschreitet und dem Lehrer schließlich völlig entgleitet ist hochspannend. Lässt einen aber auch nachdenklich zurück. Denn die Frage „Wie konnte dass passieren?“ wird aus meiner Sicht nicht beantwortet. Kann sie auch gar nicht, bei so einer Katastrophe ist das „Warum“ deutlich zu komplex für eine einfache Antwort. Stattdessen wird hier recht deutlich, wie einfach und effektiv die Grundstrukturen faschistischer Bewegungen funktionieren. Aus dem Experiment des Lehrers entwickelt sich rasch eine eigenständige Bewegung. Ohne, dass er sie überhaupt mit Inhalten gefüllt hat. Stadtessen scheint der Drang des Menschen nach Ordnung, Disziplin und Zusammengehörigkeit auszureichen, um eine Bewegung zu erschaffen. Beängstigend. Und einfach Zeitlos. Faschismus und autoritäre Regime sind ja keine Geister der Vergangenheit. Zu Glauben, dass nur der primitive Mensch der 1930er Jahre auf so etwas reinfallen konnte, ist töricht. Die Überzeugung, dass das so nicht mehr passieren kann, weil wir den Faschismus durchschaut haben und wir einfach aufgeklärter, klüger und besser als die Menschen damals sind, ist vielleicht sogar schon der erste Schritt in Richtung Abgrund. Man werfe nur mal einen Blick auf die vielen Bewegungen aus dem Querdenker und Reichsbürger Spektrum an.

Man selber ist natürlich auch nicht sicher davor. Der Grundwunsch, irgendwo dazu zu gehören, ist groß bei uns. Eine Behauptung, die ich einfach mal so aufstelle. Ohne Psychologiestudium. Grundsätzlich halte ich dass auch für etwas Gutes. Eine Gruppendynamik kann durchaus ein positives Erlebnis sein. Festivals sind da ein Beispiel dafür. Oder das stehen im Fanblock. Egal wer man ist, woher man kommt, wie man aussieht: man gehört dazu. Bedenklich, wie schnell das in etwas Negatives umschlagen kann. Ja, das Buch ist aus den 1980ern. Nein, es ist nicht veraltet. Sondern genauso aktuell wie vor 40 Jahren. Leider.

Donnerstag, 2. September 2021

Mein CD Regal

 

Leaves Eyes

Vinland Saga

 


Ich weiß ehrlich gesagt nicht genau, warum. Aber in letzter Zeit höre ich viel von dem Kram, den ich mir gekauft habe, als ich Heavy Metal ganz neu entdeckt habe. Als alles noch so schön bunt und aufregend war. Man alles gekauft, geliehen und gebrannt hat, was einem in die Finger kam. Völlig Ahnungs- und Wahllos. Aber mit jeder Menge Freude.

Einiges davon ist für mich inzwischen recht belanglos. Nicht gut, nicht schlecht. Kaufen würde ich es mir so vielleicht nicht mehr. Aber ab und zu freut man sich darüber. Wiederum gibt es Dinge, die richtig gut sind und eigentlich nie aus dem CD Player verschwunden sind. Und wenn, dann zu unrecht. Sirenias „An Elixir for Existence“ ist eines dieser, vielleicht etwas ungeschliffenen, Diamanten. Und schließlich gibt es Dinge, da stellt sich mir heute nur eine Frage: Was zum Geier hab ich mir dabei Gedacht? „Vinland Saga“ gehört dazu.

Bevor jetzt das Geschrei losgeht: „Ah wie kannst du nur, Liv Kristine ist eine erstklassige Sängerin und Alex Krull einer der besten seines Faches.“ Da widerspreche ich nicht. Nur, damals kannte ich weder „Theater of Tragedy“ oder „Atrocity“. Bands, in denen Beiden jeweils zeigen, was sie künstlerisch können. Um Kunst scheint es jedoch bei dem Zweitling von Leaves Eyes nur an zweiter Stelle zu gehen. In erster Linie handelt es sich hier um ein Hochglanz Produkt, das einzig und alleine darauf abzielt, von einem Musiktrend zu profitieren und sich so die Rentenkasse aufzubessern. Was an sich ja auch völlig ok ist. Die meisten Künstler haben Bands, die Geld bringen und solche, um sich zu entfalten. Aber dass dabei dann so ein Stück beliebiger Plastik Ware raus kommt, dass ist schon eher selten.

Wir erinnern uns: 2004 hat sich dank Nightwishs „Once“ der Female Fronted Metal mit einer ordentlichen Bombast Schlagseite endgültig den Weg in den Mainstream gebahnt. Folgerichtig schossen ähnlich gelagerte Bands wie Pilze aus dem Boden. Im Musik Fernsehen waren Videos mit grimmig drein blickenden Langhaarigen und elfengleich trällernden Mädels auf Dauerrotation. Ich habe so ziemlich alles wahllos gekauft, was es in dieser Richtung gab. So hat es dann auch „Vinland Saga“ in mein CD Regal gespült. Euphorie scheint mir der einzig vernünftige Grund für dessen Besitz zu sein. Dass, und dass ich damals es einfach noch nicht besser wusste. Das Musikvideo zu "Elegy", mit dem ich erst auf die Band aufmerksam wurde, kann es nicht gewesen sein. Zumindest hoffe ich mal, dass ich das nicht gut fand. Ich habe es mir heute nochmal angeschaut, lasse es aber einfach mal unkommentiert.

Hier schmeckt einfach alles nach Kalkül. Das wurde gemacht, um Geld zu verdienen, nicht, weil man irgendwie auch nur einen Tropfen Herzblut an dieses Subgenre hängt. Man hat eine Gelegenheit genutzt. Mag sein, dass ich die Band hier ein bisschen zu hart angehe und etwas unfair bin. Vielleicht liegt es auch ein bisschen daran, dass ich inzwischen weiß, was beide eigentlich wirklich können. Aber hier wird so dermaßen nach Schema F gearbeitet, dass „Kalkül“ einfach das passendste Wort dafür ist. Alles ist auf maximale Eingängigkeit und Dramatik ausgelegt. Das geht in Ohr, setzt sich fest. Und verschwindet danach spurlos wieder. Liv Kristines Stimme geht im Bombast einfach unter. Und die Shouts von Alex Krull, die wohl zeigen sollen, dass es sich hier immer noch um harte Musik handelt, wirken einfach deplatziert und arg gepresst. Nein, ich kann wirklich nicht allzu viel Gutes abgewinnen. Selbst das Cover mit verträumt schauender Liv ist aus heutiger Sicht einfach nur Schlimm.

Alles Kernschrott also? Fast, aber mit „Farewell, proud Man“ und „Thorn“ sind zwei Songs dabei, die zwar auch durch und durch nach Plastik klingen. Aber einfach Spaß machen und sich immer wieder mal in meine Playlists verirren. Der Rest ist mit belanglos am besten beschrieben. Nach dem ich dass Photo gemacht habe, wandert die CD wieder zurück ins Regal. Zum weiter vor sich hin stauben. Warum ich sie überhaupt behalte? Einfach: Ich steh zu meiner Plattensammlung. Mit allem miefigen seltsamen Zeug, dass sich darin verbirgt. Wer weiß, wann man es mal braucht….

Freitag, 27. August 2021

Raus. Gehen.

 Orangerie Straßburg

 



Städte Tripps sind nicht zwingend so Meins. Wenn ich einen Ausflug plane, will ich etwas Ruhe und eine schöne Strecke zum laufen. Durch den Trubel einer engen Innenstadt zu schlendern ist da eher genau das Gegenteil. Dennoch, es gibt ein paar Städte, die ich immer wieder gerne Besuche. Straßburg zum Beispiel. Ja, die Innenstadt gleicht einem Bienenstock. Gerade zur Haupttouristen zeit sind die Straßen und Gassen hoffnungslos verstopft. Dank eines wirklich gelungenen Stadtmarketing ist so gut wie immer Hochsaison. Und dennoch: die moderne Hektik, der Lärm, die hin und her hastenden Massen auf der Kulisse dieser wirklich schönen Altstadt, die mit ihren Gässchen und Häuschen aussieht, als ob sie direkt aus einem Disney Film gefallen wäre, erzeugen eine für mich total schöne Atmosphäre. Und so bummel ich immer wieder gerne an der Ile entlang, sitze in einem Cafe am Münsterplatz oder lasse mich einfach durch das Petite France treiben.

Wenn es mir dann doch mal zu viel wird, ist ein Abstecher in die Orangerie das

perfekte Mittel gegen den Trubel. Etwas außerhalb, in der nähe des Europaviertels, liegt Straßburgs ältester Park. Klar, wirklich ruhig ist es hier auch nicht. Zwar sind weniger Touristen zu finden, dafür aber umso mehr Einheimische. Nicht verwunderlich, der Park bildet inmitten der hektischen Stadt eine grüne Oase. Viele alte Bäume, eine schöne Seeanlage, verwinkelte Pfade. Große Grünflächen, ein Restaurant und Spielplätze: es ist alles da, was man braucht, um mal ein paar Stunden abzuschalten.

Wenn man gemütlich schlendert, hat man in einer guten halben bis Stunde das Gelände einmal durchstreift. Der Park ist aber so verspielt angelegt, dass man auch durchaus länger drin bleiben kann und viele kleine versteckte Orte entdecken kann. Somit ist es egal, ob man nur einen kurzen Abstecher an seinem Tagesausflug nach Straßburg macht oder einen Ruhetag bei seinem Städte Urlaub braucht: wer schöne Parkanlagen mag, wird hier eine gute Zeit verbringen.

Donnerstag, 19. August 2021

Sirenia

An Elixir for Existence

 

Viel Zeit. Wenig Geld. Und jede Menge toller neuer Bands, die in den tiefen des Kaninchenbaus zu finden sind. Heavy Metal in der Schulzeit zu entdecken hat so seine Tücken. Doch zum Glück war man mit seinem etwas schrägen Musik Geschmack nicht alleine – anti sein war in 00er Jahren gerade mal wieder in. Und so haben wir in den Pausen fröhlich Musik getauscht, dank zweier toller neuer Erfindungen: MP3 und CD Brenner. Quasi die moderne Variante des Kassettentauschs. Da hat man sich dann durch gehört und dass, was einem zusagte, von seinem Taschengeld auf CD geholt. Da Speicherplatz damals noch teuer war, waren die Dateien nämlich extremst komprimiert – Hörgenuss geht anders. Aber man hat so das ein oder andere für sich entdeckt.

Wie zum Beispiel Sirenia. Auf diesem Album noch gleichzusetzen mit Tristania. Was auch immer die Trennungsgründe gewesen sein mögen, da hab ich mich ehrlich nie mit beschäftigt, musikalische Differenzen waren es sicher nicht. „An Elixier for Existence“ klingt eins zu eins wie die Sachen, die Morten mit seiner alten Band schon gemacht hat. Was definitiv gut ist, immerhin ist „Beyond the Veil“ für mich bis heute eines der besten Alben aller Zeiten. Da ist ein kleines Geschwisterchen nicht verkehrt. Im Gegensatz zu Tristania habe ich Sirenia jedoch nie auf Platte gekauft. Warum auch immer. Aus den schon genannten Qualitätsgründen ist es dann auch in Vergessenheit geraten. Was ich über die Jahre so nebenher noch von der Band mitbekommen habe, war für mich dermaßen generisch und austauschbar, dass ich das Kapitel für mich abgeschlossen hatte. Aber nun ja, ihr wisst ja, wie das beim stöbern sein kann: manchmal ist der Beifang spannender als dass, was man eigentlich gesucht hatte. Sirenia als Beweis. Ich habe bei Wom eingekauft, war eigentlich schon fertig und hab nur mal kurz noch die Vorschläge durchgescrollt. Und da war es: „An Elixier for Existence“ für schmales Geld. Da musste ich nicht lange denken, Neugierde und Nostalgie haben gesiegt.

Brachial Hart. Zerbrechlich Melodiös. Mortens harsche Vocals auf der einen Seite. Männlicher und weiblicher Klargesang auf der andern. Wut, Hass, Trauer und Euphorie. Musikalisch und textlich verarbeitet Morten hier sämtliche Widersprüche des Mensch seins. Kein Wunder, das ein 16 Jahre alter Pubertierender das gut fand. Immerhin habe ich die Welt nicht verstanden und die Welt mich nicht. Da war Musik wie diese der perfekte Begleiter.

Und was sagt mein Ich Mitte 30 dazu? Immer noch stark. Klar, auf der einen Seite spielt die Nostalgie eine große Rolle. Ob ich dass Album genauso gut fände, wenn ich es erst jetzt zum ersten mal hören würde, ist fraglich. Das liegt zu einem mal an der Produktion. Sämtliche Instrumente wurden von Morten alleine eingespielt. Dadurch fehlt für mich jegliche Dynamik, es klingt recht steril und elektronisch. Klar, das ist durchaus auch die beabsichtigte Wirkung. Aber der gewünschte Effekt geht heute an mir vorbei. Auf der anderen Seite ist es der extrem hohe Kitsch Faktor: der Einsatz von Chören und sphärischen Keyboardflächen ist enorm hoch. Aber unter diesem Zuckerguss verstecken sich einige recht solide Songs, die Geschickt mit Laut und Leise arbeiten und durchaus immer noch funktionieren. Gerade „Lithium and a Lover“ läuft regelmäßig bei mir und lässt sich einfach nicht tot hören. Somit gehört „An Elixier for Existence“ definitiv zu meinen Jugendlieben, die ordentlich gealtert sind. Schön, es jetzt auch endlich mal in sauber zu besitzen.


Donnerstag, 12. August 2021

Mein CD Regal

 

Insomnium

Heart like a Grave

 


 

45 Minuten Spielzeit. Ein Song. „Winters Gate“ von Insomnium ist nicht gerade dass, was man unter einem normalen Album versteht. Dennoch war ich damals richtig neugierig drauf. Von den Finnen hatte ich bis dahin zwar noch nicht all zu viel gehört – ja ich weiß, Asche auf mein ignorantes Haupt – aber das Konzept und die doch recht positiven Rezessionen haben dafür gesorgt, dass ich dem Teil eine Chance gegeben habe. Kurz: ich war und bin begeistert. Die 45 Minuten gehören zu dem kurzweiligsten, was ich bisher gehört habe. Alle Elemente, die Melodic Death der etwas melancholischeren Spielart – sprich eher Dark Tranquility denn At the Gates – ausmachen, sind vorhanden und mit viel Fingerspitzengefühl eingesetzt. Der Song baut einen guten Stimmungsbogen auf und nimmt einen mit auf eine dunkelbunte Achterbahnfahrt fürs Ohr. Dazu passt die Kurzgeschichte im Booklet, die uns eine Geschichte über Wikinger, Iren und eine sagenumwobene Insel erzählt. In Sachen Atmosphäre ist das definitiv großartig. Nur: wann hat man mal 45 Minuten am Stück Zeit? Mir war klar, ich brauch definitiv noch ein normales Album.

Dass es schließlich „Heart of a Grave“ geworden ist, hat nichts damit zu tun, dass ich die Diskographie anhand von Reviews und Singleauskopplungen nach dem passenden Silberling durchsucht habe. Manchmal mache ich mir tatsächlich den Aufwand, gerade wenn die Band sich mit jedem Album neu erfindet. Merkt man meistens daran, dass die Stimmen, welche „Kommerz! Ausverkauf! Früher waren die besser“ rufen mit jedem Album lauter werden. Bei Insomnium scheint dass nicht der Fall zu sein, und somit überließ ich ganz blauäugig die Auswahl Mister Zufall. Und bin durchaus glücklich damit. Der Unterschied zum Vorgänger ist zwar überschaubar, aber das ist definitiv nicht schlimm. Immerhin war das Niveau echt verdammt weit oben. Moment, habe ich gerade nicht gesagt, dass „Winters Gate“ was besonderes ist? Ja schon, aber das bezieht sich wirklich nur auf die Spielzeit und dass Ergebnis daraus. Weil Abgesehen da davon, ist für meine Ohren das Ding „Nur“ normaler Melodic Death. In Extra lang halt. Die einzelnen Elemente haben somit Zeit, ihre Wirkung zu entfalten. Wirklich neu ist auf „Winters Gate“ jedoch nichts. Auf „Heart Like a Grave“ auch nicht. Durch die Rückkehr zum gewohnten Songschema wirkt alles ein bisschen kompakter und aggressiver, weniger elegisch. Somit passt das Format dann auch einfach besser in eine Playlist. 5 Minuten Songs sind halt leider alltagstauglicher. Das war es aber auch schon an Unterschieden. Die Scheibe bietet von Aggressiv über Melancholisch alles, was Melo Death ausmacht. Stark geschrieben. Stark eingespielt. Besonders der Einstieg hat es mir angetan. „Wail of the North“ kann ich einfach nicht oft genug hören. Dennoch, im direkt Vergleich ist für mich „Winters Gate“ einen Mü besser. Die extrem lange Spielzeit des Songs macht es zwar etwas sperriger, aber wie gesagt: mit etwas Zeit und einem guten Rotwein entfaltet das Teil eine einzigartige Wirkung. Da man für so etwas aber eher selten Zeit findet, läuft „Heart of a Grave“ dennoch öfter bei mir. Klassische Hörgewohnheiten lassen sich halt nicht schnell abstellen. Es ist halt einfach alltagstauglicher. Und dennoch herrlich melancholisch. Definitiv nicht mein letztes Insomnium Album

Freitag, 23. Juli 2021

Urlaub

Das Nähkästchen macht diese Woche Pause. Ein bisschen ausspannen und ein Trip in die Heimat stehen auf dem Plan. Wir lesen uns dann nächste Woche 

Donnerstag, 15. Juli 2021

Mein CD Regal

 

Enslaved

E


Zugegeben. Grundsätzlich mag ich meine Musik eher simpel. Strophe, Bridge, Refrain, Solo. Das Rückgrat eines guten Rock\Metal Song. Schnell im Nacken, schnell im Ohr. Mit einer Spielzeit von 3 bis 5 Minuten. Dass ist das Handwerkszeug, mit dem Bands, sofern sie es gut beherrschen, bei mir nichts falsch machen.

 

Das heißt aber nicht, dass ich ausschließlich malen nach zahlen Musik höre. Mit einem rudimentären Musiktheorie Wissen aus der Schulzeit ausgestattet, höre ich mir auch gerne Dinge an, die meine volle Aufmerksamkeit verlangen. Musik, die nicht einfach nur nebenher laufen kann, sondern die volle Aufmerksamkeit verlangt. Da sitze ich gerne mal in meinem Schaukelstuhl, lasse mich komplett darauf ein. Und freue mich darüber, wenn sich nach mehreren malen des Hörens etwas komplexere Strukturen sich endlich erschließen und sich das Stück endlich komplett entfaltet. Das macht mich noch lange nicht zum Prog Experten. Aber ich weiß es durchaus zu schätzen, wenn Bands auch mal die ausgetretenen Pfade verlassen. Damit meine ich jetzt nicht nur, andere Instrumente als die üblichen zu verwenden. Ein Metal Song bleibt solange ein Metalsong, wie ich an den klassischen Strukturen festhalte. Da ändert der bloße Einsatz eines Dudelsacks zum Beispiel auch nicht. Spannend wird es erst, wenn neben den Folkinstrumenten auch der Aufbau eines klassischen Folksongs reinkommt. Ab da wird es spannend. Wenn Songschreiberische Elemente verschiedener Genres mit ungewöhnlichen Klangelementen verbunden werden, dann ist das Potential für was richtig spannendes vorhanden.

Wenn man sich gezielt nach Bands umschaut, die eben genau das machen, stolpert man recht schnell über Enslaved. Gestartet klassisch im Blackmetal, schubsen sie – laut gängiger Musikjournallistenmeinung – regelmäßig die Regeln desselben um .

Grund für mich, mal ein Ohr zu riskieren. Das Zufallsprinzip hat mich zu E geführt. Es lag halt im Plattenladen und wollte mitgenommen werden. Daheim habe ich mir extra ein bisschen Zeit für den ersten Durchlauf genommen. Immerhin war ich vor gewarnt, dass es etwas komplexer ist. Ich habe es wirklich versucht. Das ganze Album. Einzelne Songs. Immer wieder. Im Schaukelstuhl. Draußen am Ufer eines kleinen Waldflusses. Ich habe alles unternommen, um mich diesem Monster irgendwie zu nähern. Und bin krachend gescheitert. All das, was ich gerade aufgezählt habe und für mich eigentlich wichtig ist, ist auf der CD vorhanden. Geniale Kompositionen. Technisch einwandfrei gespielt. Und ein Gespür für Soundcollagen. Einzig: ich bin wohl zu dumm dafür. Mir fehlt der komplette Zugang dazu. Ja, ich verstehe einigermaßen, was sie da versuchen. Nein, kompliziert heißt nicht automatisch gut. Wo andere Bands es schaffen, etwas homogenes auf den Hörer los zulassen, wirkt hier alles für mich nur nach Stückwerk an. Als ob es den Komponisten wichtiger war, unbedingt noch was abgefahrenes einzubauen, anstatt auf Songdienlichkeit zu achten. Schade eigentlich, weil manchmal habe ich, gerade bei Sacred Horse, dass Gefühl, es endlich zu begreifen. Bis es dann wieder zu einer Kakaphonie zerfällt.

Warum also erwähne ich die Scheibe überhaupt? Ich kann offensichtlich nichts damit anfangen. Und wer auf Gehirnfick schon zum Frühstück steht, hat Enslaved ziemlich sicher bereits entdeckt. Nun, mir geht es in dem Blog ja nicht nur darum, eine CD raus zu picken und zu schreien: „Guckt mal, geil!“ oder „Haha, so ne peinliche Grütze!“. Zugegeben, mach ich manchmal auch gerne. Geht ja nichts über einen guten Verriss. Aber das hat E wirklich nicht verdient. Ich bin mir sicher, es handelt sich dabei um etwas ganz großes. Auch wenn es mir wohl unverständlich bleibt. Nein, in dem Fall geht es mir darum, wie subjektiv Musik sein kann. Wie Dinge, die eigentlich alle zusammengenommen genau das richtige für mich ergeben müssten, einfach irgendwie nicht ineinander greifen wollen. Ohne dass ich den Finger drauflegen kann und sagen: „Da! Genau das ist die Scheiße, die es kaputt macht.“

Und das ist eigentlich genau das Schöne beim Musik entdecken. Manchmal scheitert man halt einfach.

Donnerstag, 8. Juli 2021

In eigener Sache

 Aufräumen

Ich hatte es schon lange vor. Und habe es lange vor mir hergeschoben. Heute habe ich es endlich geschafft: Die Seiten hier sind aktualisiert worden. 

Unter "Mein CD Regal" findet ihr jetzt alle bisher veröffentlichten CD Reviews. Power Metal, Death Metal. Was auch immer Metal. Perlen. Grütze. Und ein paar: Warum hab ich das? Ein Querschnitt durch meine Sammlung. 

"Aus dem Nähkästchen" liefert euch einen Einblick in meine Gedankenwelt. Metalklischees. Gedanken zu aktuellen Themen. Abstruses.

"Raus.Gehen." stellt euch ein paar Ausflugsziele und Wanderrouten vor, die ich im laufe der Jahre so für mich entdeckt habe. Alles vorgestellte ist selber entdeckt und gelaufen. 

"Bücherkiste" schließlich umfasst mein drittes Hobby: lesen.  Drachen, Ritter, Schwerter. Aber auch jede Menge Science Fiction. Und das ein oder andere Sachbuch.

Schön sortiert auf den einzelnen Seiten kommt ihr schnell und bequem durch die Artikel, ohne euch mühselig durch die ganzen Jahre zu klicken. Nächste Woche geht es hier weiter mit Musik. Eigentlich wollte ich das heute schon veröffentlichen, aber dann ist mir das Chaos auf den Wecker gegangen. Ich wünsche euch viel Spaß beim stöbern.


 

Donnerstag, 1. Juli 2021

Mein CD Regal

 

Kreator

Outcast

 



Mit Thrashmetal habe ich bekanntlich nicht all zu viel am Hut. Musikalisch aufgewachsen mit Power Metal, ging es später dann direkt weiter zum Death und dann ab in die Tiefen des Kaninchenbaus. Am Thrash bin ich wohl direkt durchmarschiert. Klar, es gibt ein paar Ausnahmen. Um Anthrax, Megadeth und Andere kommt man ja auch gar nicht herum. Aber das war für mich im besten Fall immer nett, meistens aber eher belanglos. Dann gibt es noch die kleineren Bands, die musikalisch und vom Look her komplett in den 80igern hängen geblieben sind und ihren Thrash komplett innovationsfrei, dafür aber voller Hingabe auf der Bühne zusammenkloppen. Live durchaus unterhaltsam und Bierdurst verursachend. Auf Platte? Na, auch da fehlt für mich der letzte Funken. Bis auf ein paar Hand verlesene Perlen ist gerade der klassische Thrash, egal ob amerikanischer oder deutscher Machart, relativ belanglos. Aggressiv, repetitiv.

Aber es gibt ja noch den Thrash, bei dem der Szene Hüter blutende Ohren bekommt. Bands, die ihre Wurzeln darin haben, aber durchaus neue Dinge damit anstellen. Gruselig für den Die Hard Fan, interessant für mich. „The Prophecy23“ sind ein sehr gutes Beispiel. Oder eben Kreator. Aufmerksam geworden bin ich auf die Thrash Urgesteine recht spät in ihrer Schaffenszeit. „Violent Revolution“ war die erste Scheibe, die ich je von ihnen gehört habe. Die hat mich direkt umgehauen. Aggressiv wie Thrash, verspielt wie Powermetal. Das Beste aus zwei Welten. Klar, dass der kuttentragende Fan dazu nur ein verächtliches „Früher waren die besser.“ übrig hat. Aggressiver? Ja. Besser? Geschmackssache.

Es gibt allerdings eine Schaffensphase der Band, die sowohl Neu als auch Alt Fans argwöhnisch betrachten. Nach der rohen Brutalität und vor der verspielteren Phase jetzt wagte die Band ein paar Experimente. Experimente – ein Wort, das vielen Oldschool Fans, egal welcher Subsparte, den Angstschweiß in die Augen treibt.

Ein Ergebnis davon ist „Outcast“. Vorneweg: ich weiß immer noch nicht genau, was ich von der Platte halten soll. Obwohl ich die jetzt schon ein paar Jährchen in meiner Sammlung habe und immer mal wieder raus krame. Klar ist: wer die Erwartung hat, hier ein Thrashmetal Album in der Hand zu halten, wird schwerst enttäuscht werden. Metal ja. Thrash? Auf keinen Fall, wenn man mal das geniale „Phobia“ ausklammert. Der perfekte Song, um jemanden zu täuschen. Ja, ein bisschen anders. Aber unverkennbar Thrash. Unverkennbar Kreator. Wenn der Song so klingt, wie viel anders kann da der Rest des Albums werden? Ziemlich. Hier wird fröhlich mit dem musikalischen Baukasten der Musikwelt experimentiert. Mal verschleppt und walzend. Mal ruhig und verträumt. Mal mit massiver Stimmverzerrung. All das, was für Puristen ein Graus ist. Immerhin verzichten sie darauf, krampfhaft modern klingen zu wollen und machen es somit für mich deutlich besser als Metallica auf „St. Anger“. Trotzdem, so ganz überzeugt mich das Ding auf Gesamtlänge nicht ganz. Einzeln funktionieren die Songs eigentlich recht gut, aber am Stück stellt sich recht schnell ein „Lalala“ Gefühl ein. Ein bisschen wie Fahrstuhlmusik. Zugegeben, in so einem Fahrstuhl würde ich ewig fahren können, ohne dass es mich nervt. Aber beim Aussteigen hätte ich vergessen, was ich da eigentlich gehört habe. Es plätschert einfach ein bisschen zu viel. Dennoch: ich mag es wenn Bands auch mal Dinge ausprobieren. Ein Album wie „Outcast“ ist da auch komplett konsequent durchgezogen.

Wenn man diese Phase und die ganz frühen Sachen im Kopf hat, dann erkennt man auch, woher der aktuelle Sound der Band stammt. Das Genre wurde einmal in beide Richtungen ausgelotet. Und dann das Beste beider Seiten zusammengeführt. Synergieeffekt.


Freitag, 25. Juni 2021

Kleine Pause

Eigentlich wollte ich gestern mit einem Beitrag über Musik hier weiter machen. Aber irgendwie weigert sich die Rohform, sich in einen lesbaren Text Formen zu lassen. Vielleicht liegt es auch an mir. Ich habe gerade Probleme damit, mich auf den Text zu konzentrieren. Vielmehr springt mein Gehirn immer wieder zum letzten Mittwoch. Es ist nicht die blutleere Leistung der deutschen Elf. Sondern vielmehr beschäftigt es mich, dass es offensichtlich Leute gibt, die Menschenrechte und das Eintreten für diese als politische Meinung betrachten. Im 21. Jahrhundert. 

Freitag, 18. Juni 2021

Aus dem Nähkästchen

 

Sommerloch


Irgendwie war ich immer der Meinung, dass das Sommerloch tatsächlich existiert. Im August haben fast alle Ferien, der Bundestag hat Pause, und generell hängen sämtliche Menschen, die sonst das ganze Jahr über Schlagzeilen, Chaos, Verwirrung und hin und wieder auch Erfreuliches produzieren, gemütlich friedlich am Strand ihrer Wahl. Sonne auf den Bauch, Caipi in der Hand – da muss die Welt einfach mal warten. Folglich gibt es nichts spannendes zu berichten, und so kann eine Kuh, deren Fleckenmuster sich von den anderen der Herde unterscheidet, plötzlich zum Medienstar werden. (Hoffentlich) nie passiert, aber ihr versteht, was ich meine. Sommerloch, zeitlich und inhaltlich fest definiert.

Nun sitze ich hier Ende Juni in meinem eigenen, ganz persönlichen Sommerloch. Die Tage fließen dahin wie zähflüssiger Teer. Jede Bewegung fühlt sich doppelt so anstrengend an. Man steht sofort im eigenen Saft. Das Gehirn arbeitet langsamer als mein alter 286er kurz vor der Überhitzung. Kurzum: keine gute Zeit, um aus den Notizen, Entwürfen und Stichpunkten vernünftige, lesbare Artikel zu machen. Ich ahne, dass es der schreibenden Zunft ganz recht ist, dass im Hochsommer alle Urlaub haben. So kann man den Mangel an spannendem Material einfach gut erklären und muss nicht zugeben, dass man geistig knapp knapp noch in der Lage ist, seinen Einkaufszettel zu schreiben. Sommerloch ist eine Ausrede, um seine Birne den Außentemperaturen entsprechend so gering wie möglich zu belasten. Dumm nur, wenn der Sommer vor dem Urlaub kommt. Aber immerhin hat man so auch wenigstens eine kleine Ausrede für manch verbalen Aussetzer, wie manche in der Politik oder in den Medien aktiven Personen sie in letzter Zeit vom Stapel gelassen haben.


Egal. Außer über die Hitze zu meckern, darüber zu flennen, dass meine Festivals schon wieder verschoben wurden oder mich echauffieren, dass Streams einfach kein Ersatz für Live Musik sind – beides letzte Woche schon getan – beschäftige ich mich tatsächlich immer noch mit Musik. Da bin ich gerade wieder auf meinem Power\ Speed Metal Trip, wie eigentlich jedes Jahr um die Zeit. Da kommt es passend, dass Helloween wieder mal mit einer neuen Scheibe um die Ecke kommen. Da ein Sänger nicht genug ist, holt man einfach zwei Neue dazu. Also, Neue Alte. Hansen und Kiske lassen die Augen vieler Silberrücken feucht schimmern, und schon geistern verheißungsvolle Worte wie „Meisterwerk“ und „würdig“ durch das Netz. Zugegeben, Helloween waren mir schon immer Schnuppe. Um zu den Kiske\Hansen Hardlinern zu gehören, bin ich zu jung. Warum man nach über 20ig Jahren immer noch verächtlich über den „Neuen“ am Mikro spricht, ist mir ein Rätsel. Was Helloween aktuell abliefern, fand ich immer als solide. Nicht mehr, und nicht weniger. Aber so geht es mir mit den alten Sachen auch. Ich bin der Meinung, dass Helloween ihren Legenden Status nicht allein durch ihre kompositorischen und spielerischen Fähigkeiten inne haben. Vielmehr halte ich es eher für den klassischen Fall von „zur rechten Zeit, am Rechten Ort“. Anders ausgedrückt: ich glaube nicht, dass das neue Album ein legendärer Meilenstein nur durch die Rückkehr der alten Kürbisköpfe wird. Ich erwarte ein solides, abwechslungsreiches Album, das mindestens einen total Aussetzer und eine geniale Nummer hat. Dazwischen jede Menge solides Füllmaterial. Füllmaterial, für dass sich zugegebenermaßen viele andere ein Bein ausreißen würden. Warum ich trotzdem ein Ohr riskieren werde? Zu einem ist da der äußere Eindruck: im Gegensatz zu dem fürchterlichen Paint verbrechen auf der Keepers 3 ziert ein wirklich schön und liebevoll gestaltetes Cover die Vorderseite. Zum anderen bin ich eh gerade auf dem Kniedel Trip. Die vorab Single fand ich erstaunlich frisch – ich bin tatsächlich gespannt darauf.

Donnerstag, 17. Juni 2021

Verspätung

Der aktuelle Beitrag wird erst Morgen veröffentlicht. Hitze und Gehirn sind einfach keine Freunde 

Freitag, 11. Juni 2021

Aus dem Nähkästchen

 Scheiße Heiße


25 Grad. Gnadenlos bratender Sonnenschein. Im Wechsel mit dunklen Wolkenbergen. Und Regenschauer, die den Spaziergang jederzeit zum Freischwimmer werden lassen können. Und all das innerhalb weniger Minuten. Der Sommer dieses Jahr beginnt im Vollgas Modus. Aber das ist gar nicht so schlimm. Denn Sommerzeit heißt auch: Biergartenzeit. Im Baumschatten lässt es sich nun einmal gut aushalten, dazu ein frisch gezapftes Bier und eine nette Unterhaltung: es braucht wirklich nicht viel für einen perfekten Tag. Klar, diesen Sommer ist es immer noch recht umständlich und weit von der Normalität entfernt. An den Besuch im Testzentrum habe ich mich jedoch inzwischen gewöhnt – schnell, unkompliziert und mit meist nettem Personal – und der tägliche Besuch bei der Online Impf Terminvergabe ist auch schon Routine. Ich habe ein bisschen Angst davor, dass ich vor Schreck und Unglaube den falschen Knopf drücke, sobald das „leider sind keine Termine mehr frei“ Feld auf „Bitte passenden Termin auswählen“ wechselt. Was voraussichtlich nächstes Jahrhundert soweit sein wird. Optimistisch geschätzt.

Nein, ganz so pessimistisch bin ich nicht eingestellt, mein Geduldsfaden ist im Moment noch dicker als die Nerven von Kindergärtnern und die Freude, dass mit ein bisschen Umsicht und Vorsicht ein Stück mehr Normalität möglich ist, überwiegt.

Auch der Blick in die Veranstaltungskalender stimmt mich vorsichtig optimistisch. Ja, Baden in Blut wurde wieder verschoben, was mir persönlich sehr leid tut. Der Biergarten mit Bühne im südlichsten Zipfel Badens ist mir ans Herz gewachsen. Immerhin, es wird eine Corona Konforme Ersatzveranstaltung geben und das Line Up des „großen“ Events wird 2022 komplett übernommen.

In Heidelberg ist es der Karlstor Bahnhof, der im Sommer draußen wieder Live Musik anbietet. Und auch sonst finden so langsam immer mehr Veranstaltungen verschiedenster Art statt. Die Hoffnung auf Live Musik 2021 ist also noch nicht gestorben. Klar, es gibt inzwischen gut funktionierende Live Streams und Online Konzerte, die ein bisschen die Lücke füllen. Letzten Samstag habe ich mir den Blodd Battle – 4 Bands aus dem süddeutschen Underground spielen um den letzten freien Slot auf Baden in Blut 2020 21 22. - live aus dem alten Wasserwerk in Lörrach angeschaut. Das Line Up war Spitze, Ton und Bildqualität einwandfrei und de Bands waren bemüht, trotz leerer Halle ein bisschen Konzertfeeling aufkommen zu lassen. Zusammen mit einem guten Essen und ein, zwei vielen Bier kam auch so etwas Konzertstimmung auf. Definitiv hat es aber die Vorfreude, endlich mal wieder vor Ort die Haare zu schütteln, enorm gesteigert. Casket waren für mich mit ihrem Oldschool Death die absoluten Favoriten. Live immer wieder ein Genuss machen sie fehlende Innovation durch kompromisslose Härte Wett. Vanish waren da deutlich progressiver und nicht ganz so eingängig, wären aber definitiv auch ein klasse Opener. Mission in Black – bekannt aus Funk und Fernsehen – waren solide bis belanglos. Für Live Spaß aber ziemlich sicher auch ganz gut tauglich. Tja, und dann war da noch Vorga. Nachdem ihr Debut so viel positives Feedback erhalten hatte, war ich ein bisschen neugierig auf ihren „modernen Black Metal aus anderen Sphären“. Nun ja, ich mache es kurz. Grütze, meiner Meinung nach. Wer es mag, aber dieser„Wir sind so mysteriös“ Maskenball ist für mich so tiefgründig und geheimnisvoll wie die Poesiealbumsprüche des 15 Jährigen, der sich gerne schwarz anzieht. Naja, vielleicht bin ich einfach nicht trve genug.