Freitag, 30. August 2019

Bücherkiste


Don Rosa

Hall of Fame (Reihe)


Manche Dinge, welche man in der Kindheit geliebt hat, lassen einen nie wirklich loß. Entweder man entdeckt sie als Erwachsener wieder neu – so wie ich letztens das bauen mit Klemmbausteinen dänischer und anderer Hersteller. Oder sie verschwinden erst gar nicht. So wie bei mir Comics. Während ich die US Amerikanischen Superheldencomics schon immer eher unspektakulär fand und diese auch heute, trotz – oder gerade wegen – der massiven Neuauflagen und Verfilmungswellen bei mir eher Gähnen und Schulterzucken auslösen, konnte ich von den Belgo Franko Comics a`la Spirou und Fantasio, Lucky Lucke, Asterix und wie sie alle heißen nie genug kriegen. Und von den Ducks.
Als Kind habe ich einfach alles gelesen, was ich in die Finger bekam. Lustiges Taschenbuch, Mickey Maus Magazin. Hauptsache Enten. Recht schnell war mir allerdings klar, dass es nur einen Zeichner gibt, der mich wirklich überzeugte: Don Rosa. Gut, die Geschichten des Altmeisters Carl Barks stehen da natürlich außer Konkurrenz. Und auch Vica, Rota und Heymans machen ordentliche Comics. Der Rest aber war mir oft zu bunt, zu platt, zu albern. Oder schlicht zu schlecht. 

Rosas Geschichten hingegen wirkten – auch wenn sie ebenfalls immer wieder überdreht sind – realistisch. Das liegt wohl vor allem daran, dass er seinem Entenkosmos einen festen Zeitrahmen gegeben hat, der die Geschichten der Ducks irgendwo in den 1950er Jahren ansiedelt. Somit stehen die Comics zeitlich in einer Linie mit Barks.
Dann sind die Abenteuergeschichten allesamt gut recherchiert. Wenn die Ducks auf Schatzjagd gehen, ist es für den Leser gleichzeitig immer eine geographische und historische Reise. Bekannte Orte, Begegnungen mit realen Persönlichkeiten. Das Entenhausen Don Rosas ist tief verankert in unserer Welt. Und liegt irgendwo an der amerikanischen Küste. Unterhaltsam. Für Kinder. Für Erwachsene.
Also habe ich damals als Kind angefangen, wild alles von Don Rosa zusammenzusammeln. Raus gekommen ist dabei ein fetter Ordner mit Seiten aus den Mickey Maus Heften, in denen die langen Geschichten von Rosa als Fortsetzungen veröffentlicht wurde, sowie eine zahllose Ansammlung einzelner Comichefte aus verschiedenen Reihen. Zerfleddert, zerlesen, unübersichtlich und leider auch unvollständig.
2008 jedoch fand sich eine Lösung dieser Probleme: Ehapa veröffentlichte die Reihe: Disneys Hall of Fame. Diese widmete sich den Entenzeichnern abseits von Barks. Van Horn, Vicar. Und eben Don Rosa.
Hier werden in mehreren Bänden Don Rosas Comics veröffentlicht, vom kurzen Gag Einseiter bis hin zur langen Abenteuer Geschichte. Die Reihe geht dabei chronologisch vor. So finden wir in Band eins mit „Das Gold der Inkas“ die erste Duck Story überhaupt von ihm. Lustigerweise ist das auch die Erste, bei der ich bewusst auf den Namen des Zeichners aufmerksam wurde.
Zusätzlich zu den Comics findet sich zu jeder Geschichte ein kurzer Text, in der Don Rosa selbst ein bisschen über die Entstehung der Abenteuer erzählt. Für den Sammler definitiv spannend.
Für mich ist der größte Vorteil jedoch, dass ich endlich meine Lieblingscomics schön übersichtlich in einer Reihe habe. Das macht sich besser im Bücherregal. Und man muss nicht immer wild einzelne Heftchen nach einer einzelnen Geschichte durchblättern.

Donnerstag, 29. August 2019

In eigener Sache

Sommer, Sonne, Gehirnschnecke

Tausend Dinge im Kopf. Saunatemperaturen. Heute bleibt das Nähkästchen geschlossen. Der aktuelle Beitrag kommt Morgen.

Donnerstag, 22. August 2019

Mein CD Regal


Seven Kingdoms

Brothers of the Night

 

 


Fantasy und Powermetal. Nicht gerade die originellste Kombination. Aber eine, die funktioniert. Und zuverlässig ist. Genau wie Bier und Kühlschrank. Es passt einfach nahezu perfekt.
Schon ein Blick auf das Cover, den Albumtitel und den Bandnamen verrät einem vor dem ersten Durchlauf der CD, dass die US Amerikaner auf ihrem Debut an dieser Kombination nicht rütteln werden.
„Seven Kingsdoms“, „Brothers of the Night“ - jeder, der J.RR. Martins Reihe „Das Lied von Eis und Feuer“ ahnt bei diesen Namen, woher die Inspiration für die Songs und Texte der Band stammt.
Ich persönlich bin über Seven Kingdoms eher zufällig gestolpert. Irgendwann, kurz nach dem erscheinen der dritten Scheibe. Damals hat mir Youtube nicht nur Videos vorgeschlagen, die ich schon gesehen habe. Sondern tatsächlich auch neue Sachen, von denen der Algorythmus glaubte, dass sie mir gefallen könnten. Unter jeder Menge komischen, unpassenden oder einfach nur schlechtem Zeugs befand sich auch das Video zu „After the Fall“. Ein schneller Powermetal Song, mit einer Frontfrau, deren Stimme etwas dünn wirkte. Nett. Nicht mehr. Und eigentlich nicht wirklich bemerkenswert.
Zufälligerweise litt ich damals allerdings an akutem Lesefieber. Ein Freund hatte mir „Das Lied von Eis und Feuer“ in die Hand gedrückt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten war es mir irgendwann unmöglich, das Ding aus der Hand zu legen. Jede freie Minute wurde genutzt, um wenigstens ein paar Seiten, oder zumindest Zeilen, weiter zukommen. Das Buch war ein Zeitfresser ohnegleichen.
Verständlich, dass eine Band, welche „Seven Kingdoms“ heißt, meine Aufmerksamkeit zu diesem Zeitpunkt besonders erweckte. Waren da etwa die sieben Königreiche, deren Geschichten mit Intrigen, Verrat und Geheimnissen mich so derart faszinierten, gemeint? Eine kurze Recherche ergab: Ja. Und: auf dem ersten Album noch ohne Sängerin. Seitdem steht „Brothers of the Night“ auf meiner „will ich haben Liste“. Beziehungsweise stand, den seit kurzem hab ich sie. Gefunden bei einem Online Versand beim Suchen nach Lego Alternativen. Verrückt, dieses Internet.

Tja was soll ich sagen? Kitschiges Logo, kitschiges Albumcover. Soweit alles, wie man es bei einer Powermetalband erwartet. Es gibt aber einen kleinen Unterschied: der Kitsch setzt sich nicht durchgehend in der Musik fort. Zwar finden sich powemetaltypisch Unmengen von zuckersüßen Melodien und epischen Refrains. Aber das ganze ist herrlich roh abgemischt. Dazu wechselt der Sänger immer vom hohen Klargesang zu etwas räudigeren Shouts, was dem Sound dann irgendwie eine angethrashte Note verpasst. „Räudig“ beschreibt die Platte recht treffend. Guardian aus der „Tales“ und „Somewhere far beyond“ Ära grüßen fröhlich. Für alle, denen moderner Powermetal zu über produziert ist, findet sich hier ein kleiner Schatz.
Damit passt die Musik auch richtig gut zu den Büchern. JRR Martin verwendet die klassischen Zutaten eines Phantasyepos: Untote, Drachen, eine Welt im Chaos. Trotzdem gelingt ihm das Kunststück, die ganz großen Klischees zu vermeiden und nicht in Diabetes fördernden Kitsch abzurutschen. Keine strahlende Recken, keine edlen Helden. Keine Epische Quest. Dadurch wirkt sein Zyklus deutlich düsterer, aber eben auch realistischer und überzeugender als andere Werke der Phantasy Literatur. Und gewinnt genau dadurch für mich persönlich seinen Reiz.

„Seven Kingdoms“ machen auf ihrem Debut auf jeden Fall einiges richtig. Roher, leicht hymnischer Vollgas Powermetal. Genrefans machen hier nichts falsch.
Ich hab jetzt auf jeden Fall wieder Bock auf die Bücher. Außerdem habe ich gehört, dass irgendjemand eine Serie dazu gedreht hat...

Donnerstag, 15. August 2019

Mein CD Regal


Swabia Metal

Volume one

 

 


Mit Ihrem bereits vierten Sampler schauen die Jungs von Baden Metal über den Tellerrand. Nicht musikalisch, im Fokus stehen weiterhin Metalbands aus dem Underground. Nachdem sich die ersten Drei jedoch ausschließlich mit der für manche schöneren Hälfte Baden Württembergs beschäftigt haben, richtet sich der Blick auf „Barbarossas Return“ auf die schwäbische Seite.
Da außerhalb von Baden Württemberg eh kaum einer den Unterschied zwischen Badnern und Schwaben kennt und auch innerhalb der Konflikt nur noch in den Grenzgebieten und Karlsruhe ein bisschen Relevanz hat, spare ich mir an dieser Stelle das folkloristische Ätzen gegen den Nachbarn und gehe direkt in media res.
Am Konzept hat sich, bis auf die Region, nichts geändert. Wozu auch? Auf dem Sampler finden sich 17 Songs, allesamt von Underground Bands aus Schwaben. Das man dort neben richtig guten Linsen mit Spätzle auch mehr als ordentliche Musik machen kann, wird vom ersten Song an klar.
Circle of Silence präsentieren lupenreinen, leicht modernen Power Metal. Warcry dagegen gehen deutlich roher und rumpeliger zur Sache. Für Abwechslung ist auf jeden Fall gesorgt. Auf dem Sampler wird wieder der ganze Facettenreichtum der Szene präsentiert: Powermetal, breitbeiniger heavy Rock, Black, Death, Doom, und wie sie sonst alle heißen mögen – hier sollte für jeden Geschmack was dabei sein. Der Underground im Süden ist nicht nur ziemlich lebendig, sondern auch recht breit aufgestellt.
Qualitativ sind alle Songs mindestens ordentlich. Ausfälle sind keine dabei. Die Songs, welche mir nicht gefallen, sind handwerklich vollkommen in Ordnung. Treffen halt einfach nur nicht meinen Geschmack. Verstecken muss sich hier keiner.
Strangelet zum Beispiel haben mit „The privilege of power“ einen druckvollen, schnörkellosen Rocker am Start, der das Dosenbier im Nu verdunsten lässt. Erinnert stark an die – ebenfalls schwäbischen – Senkrechtstarter von Kissin Dynamite. Während die auf Platte allerdings inzwischen routiniert und etwas glatt gebügelt klingen, glänzen Strangelet mit einem Haufen Energie und einer gewissen Rotzigkeit. Was bei dieser Art von Musik für mich ein absolutes Muss ist.
Der Sampler kommt wie gewohnt im Kreuz Digipack. Auf dem Cover finden sich diesmal anstatt des Greifen logischerweise die württembergischen Löwen. Im inneren sind alle wichtigen Infos über die Bands zu finden: ein Photo, Besetzung, ggf. Albumname und Plattenfirma sowie die Adressen zu den Internetauftritten. Feine Sache, spart ewiges suchen.
Ein absolut genialer Sampler aus einer absolut genialen Reihe. Super geeignet um den Underground vor der Haustüre besser kennenzulernen, oder um einfach ein paar frische Songs in der Playlist zu haben.
Wer sich für die sonstige Arbeit von Baden Metal interessiert, sollte hier auf ihrer Facebook Seite vorbeischauen. Hier finden sich Termine in und Bands aus der Region. Den Sampler selbst kann man bei Ihnen direkt für schmales Geld bekommen. Vorbeischauen lohnt sich.

Donnerstag, 8. August 2019

Bücherkiste


Alexander Lohmann

Der Tag der Messer


Phantasie Romane. Das verheißt meistens edle Recken in strahlenden Rüstungen. Gefährliche Abenteuer. Der Kampf gegen DAS Böse. Ruhmreiche Heldentaten. Manche Helden sind dermaßen edel, dass sie wahrscheinlich Lavendel furzen. Bei ganz klassischer Fantasy Literatur ist die Grenze zwischen Gut und Böse jedenfalls ganz klar gezogen: auf der einen Seite die guten, tapferen Völker des Lichts, die keine Verfehlungen haben und nur selten vom rechten Weg abkommen. Auf der anderen Seite die Schergen des Bösen, oft nicht mehr als eine gesichtslose Ansammlung von albtraumhaften Kreaturen. Untote, Orks, Trolle, schwarze Elfen. Alle möglichst böse und garstig. Der Feind halt, der die strahlenden, edlen Völker bedroht und dem Zahnpastawerbunglächeln Helden die Möglichkeit gibt, Rum, Ehre und schmachtenden Maiden zu erlangen.
Aber wie sieht es denn wirklich aus, auf der Seite der Bösen? Immer mehr Autoren wagen den Perspektiven wechsel und präsentieren uns die dunkle Seite aus der Fantasywelt in neuem Licht.

So erzählt Lohmann in diesem Roman nicht von einer tapferen Heldenschar, welche epische Abenteuer besteht. 

In den Grauen Landen brodelt es. Nach dem letzten Krieg gegen die Lichtvölker breitet sich unter den verschiedenen Rassen Unzufriedenheit aus. Politische Parteien und Gruppierungen entstehen und machen ihrem Unmut öffentlich Luft.
Die Verbannung eines Gnomes, Führer einer dieser Parteien und Held des letzten Krieges, bringt das Fass zum überlaufen. Eine militante Gnomengruppe probt den Aufstand und reist die Macht an sich. Eine Welle des Chaos, der Gewalt und der blutigen Pronomen folgt. Schließlich bildet sich ein Rat mit Vertretern aller Völker, unter der Führung der Gnome, welcher die Zukunft der grauen Lande gestalten soll. Doch der Frieden ist brüchig. Misstrauen, Verrat und Intrigen sorgen für Chaos von Innen. Zu allem Überfluss rückt ein geeintes Heer der Lichtvölker an: das Böse soll ein für allemal vernichtet werden.
Gnome, Alben, Kobolde, Goblins und und und: Lohmann fährt alles an Bösewichten auf, was die klassische Fantasy so zu bieten hat. Der Perspektiven wechsel gerät dabei wirklich unterhaltsam, tapfere Helden sucht man hier vergebens. Die Figuren sind meist nur auf ihren Vorteil aus, um das größte Stück vom Kuchen zu bekommen gehen sie über Leichen. Und das nicht nur sprichwörtlich.
Gefunden habe ich den Roman wieder einmal zufällig, beim Bücheraustausch im öffentlichen Bücherregal. Beim Lesen habe ich es schon vermutet, Onkel Googel hat es bestätigt: es handelt sich um den zweiten Teil einer Reihe über die Finstervölker. Dennoch liest es sich als eigenständiger Roman recht gut. Auf die Ereignisse zuvor wird zwar Bezug genommen, aber sie werden ausreichend erklärt um sie zu verstehen. Das Ende geht als solches durchaus durch. Insofern trübt es den Lesespaß kein bisschen, wenn man den Vorgänger nicht kennt. Und Lesespaß ist vorhanden: die Geschichte ist nett geschrieben, der Seitenwechsel bringt ein bisschen frischen Wind in die an sich doch recht klassische Fantasy Handlung. Besonders unterhaltsam fand ich die politischen Ränkespiele der verschiedenen Parteien. Neid, Missgunst und Machtgier sorgen dafür, dass die Revolution der Gnome recht blutig und recht konsequent geführt wird. 
Ein unterhaltsames, kurzweiliges Buch, perfekt für den Lesesommer.

Donnerstag, 1. August 2019

Raus.Gehen.


West Highland Way


Aufräumen ist manchmal eine feine Sache. Dinge bekommen wieder Struktur. Man weiß was man hat. Und wo man es findet. Lang Vergessenes taucht auf. Gut, manchmal verschwinden auch Sachen, von denen man vor dem Aufräumen ganz genau wusste, wo sie zu finden sind. Aber unterm Strich ist es eine gute Sache. Sowohl analog, als auch digital.
Beim Daten sichern und auf Festplatten um schieben bin ich letztens über einen Ordner mit Photos aus dem Jahr 2006 gestolpert. Darin befanden sich ausschließlich Bilder von meinem Trip nach Schottland. Ein wunderbarer Fund, bis dahin hatte ich nämlich nur die mit meiner analogen Kamera geschossenen Bilder als Erinnerungsstücke. Das ich auch ein paar mit der damals ach so neuen tollen Digitalkamera gemacht hatte wusste ich zwar, wo der Datenklüngel inzwischen ist allerdings nicht mehr. Umso größer die Freude beim Wiederfinden.
Schottland war nämlich meine erste – und bisher leider einzige – ernst zunehmende Mehrtageswanderung.

Zivi war vorbei, etwas Neues schon in Sicht, aber bis dahin noch einige Wochen Zeit. Was also tun? Keine Ahnung warum, aber eines Tages blätterte ich halb Interessiert durch einen – damals schon recht veralteten – Schottland Reiseführer aus der Lonely Planet Reihe. Darin war ein kurzer Artikel über den „West Highland Way“. Einmal zu Fuß von einem Glasgower Vorort durch die Highlands nach Fort William. Wandern fand ich schon immer gut, und Schottland war ein so gutes Ziel wie jedes andere. Warum also nicht? Ich habe dann meine damalige Dame angerufen, um ihr zu sagen, das ich einige Tage nach Schottland will. Innerlich habe ich mich schon auf eine längere Diskussion eingestellt. Warum Schottland? Kalt, Nass, Bäh.
Tatsächlich war das Gespräch erstaunlich kurz. „Schottland? Wandern? Bin dabei.“ Kurz darauf waren die Hin und Rückflüge gebucht. In Knapp drei Wochen sollte es losgehen. Die erste sowie die letzte Übernachtung in Glasgow waren reserviert. Im Großen und Ganzen war das auch schon die ganze Vorbereitung. Jugendherbergsausweise, ein paar Pfundnoten, ein paar Kleinigkeiten für die Ausrüstung.
Wir wussten wo es los ging. Wir wussten wo wir ankommen sollten. Fertig.Was soll denn schon schief gehen?
Schon nach der ersten Etappe wurde uns klar, dass wir da etwas optimistisch waren. Eine Karte war der Erste kauf. Der Weg ist zwar an sich gut ausgeschildert, aber es wird manchmal etwas unübersichtlich. 

Zweites Problem: Unterkünfte. Der West Highland Way ist zwar sehr beliebt und
besitzt daher eine gute Infrastruktur, aber an manchen Etappen ist es etwas Eng mit dem Platz. Deshalb haben wir, nachdem wir die erste Nacht in einem teuren Hotel mangels Alternativen übernachtet haben, immer schon am Morgen uns einen Platz zum schlafen organisiert. Wer ein leichtes Zelt sein eigen nennt, sollte es definitiv mitnehmen. Wir wussten, dass es ein beliebter Wanderweg ist. Größtenteils merkt man davon nichts, sieht vielleicht mal ein oder zwei andere Menschen am Tag. Aber es gibt ein paar Ecken, da ballt es sich Richtig. Da fühlt man sich dann mehr wie in einer Fußgängerpassage einer Großstadt. Dort sind Unterkünfte besonders rar. Deshalb: plant etwas im Voraus. Das Ganze ist immerhin schon knappe 15 Jahre her. Und da das Wandern des Hipsters Lust ist, werden es wohl inzwischen kaum weniger Menschen sein.
Drittens: Meilen sind keine Kilometer. Das klingt erst einmal dämlich. Aber wenn man Meilen liest und in Kilometern denkt, kann es durchaus schwierig werden.
Eines Abends haben wir an einem idyllisch gelegenen Bunkhouse, eine Schutzhütte, direkt am Ufer des Loch Lomond, übernachtet. Es war das Ende unserer dritten Tagesetappe. Gegen späten Abend kamen zwei ältere Damen den Weg entlang. Zwischen ihnen stützten sie einen jungen Mann, der ganz offensichtlich komplett am Ende war. „Den haben wir beim spazieren gefunden.“ meinte eine der Damen in herrlich breitem Schottisch. „Habt ihr noch Platz?“ Den hatten wir tatsächlich noch, und so haben sie ihn bei uns abgeladen und sind fröhlich plappernd weiter Richtung nächstes Dorf marschiert. Als ob ihnen so etwas öfter passieren würde und es gar nicht nennenswert wäre. Wir haben unser Pflegekind mit etwas Wasser, Kaffee und Beeren wieder aufgepäppelt. Zunächst unterhielten wir uns in mäßig flüssigem Schulenglisch miteinander. Bis er auf Deutsch murmelte: „Mist, was heißt Blase auf Englisch?“. Ich schmunzelte und meinte: „Keine Ahnung.“ Das Gespräch verlief von da ab um einiges einfacher. Wir fanden raus, dass der Gute nach einem Blick auf die Karte die Etappen für lächerlich kurz gehalten hat. So ist er am frühen Morgen los, um drei dieser vermeintlichen Spazieretappen auf einmal zu machen. Tja, Meilen sind keine Kilometer. Das hat er schmerzlich raus finden müssen. Und während wir uns am nächsten Tag auf zum nächsten Abschnitt gemacht haben, ist er noch geblieben um zu Kräften zu kommen. Gesehen haben wir ihn nicht mehr. Dafür habe ich gelernt, was Blase heißt. Blister. Ich hätte auf dieses Wissen verzichten können.

Trotz dieser Probleme und einigen kleineren Schwierigkeiten war die Wanderung jedoch klasse, und einige Tage später haben wir heil und am Stück Fort William erreicht. Loch Lomond, Devils Staircase, und die Highlands an sich: Landschaftliche Höhepunkte bietet der Weg in Hülle und Fülle. Schafe und haarige Kühe, einsame Hütten, schroffe Berge. Ganz wie aus dem Bilderbuch. Beziehungsweise aus der Postkartendruckerei.
Dabei ist der Weg gut zu laufen, eine gewisse Grundkondition und Trittsicherheit reicht aus. Bis auf den schon erwähnten Staircase ist keine besonders anspruchsvolle Passage dabei. Beschilderung ist gut, Infrastruktur am und Abseits des Weges ebenfalls. Man kann jederzeit eine Etappe mit dem Bus abbrechen oder anfangen. Daher war der Weg als erste Fernwanderung eine gute Wahl. Zufällig.
Falls ihr jetzt meint, Mensch, Highlands, das ist eine gute Idee, dann tut mir bitte einen Gefallen. Geht nicht ganz so blauäugig los wie ich damals. Auf der offiziellen Seite findet ihr alles nötige: Etappen, Wandertipps, Adressunterkünfte.
Ich jedenfalls bin beim Bilder schauen wieder ins schwärmen gekommen und mache mich jetzt erst einmal daran, nach weiteren Wanderwegen in Schottland und generell auf der Insel zu suchen