Donnerstag, 29. April 2021

Aus dem Nähkästchen

 

Fehler


Ich sitze am Schreibtisch. Vor mir ein frischer, heißer Kaffee. Schwarz. Ohne Milch. Der Dritte. Glaube ich. Mein Kopf weigert sich schon den ganzen Tag, vernünftig zu arbeiten. Kaffee hilft ein bisschen dabei, den Nebel, der über den Gedanken liegen zu scheint, zu vertreiben. Kurz nur, aber immerhin. Es reicht, um die Rohfassung meines Textes von schwer leserlichen, fast schon kryptischen Notizen, handgeschrieben auf mehreren Zetteln verteilt, zu einem zusammenhängenden, gut lesbaren Beitrag für meinen Blog zu bringen. Nun muss ich ihn nur kurz liegen lassen, später noch einmal durchlesen, um so die schlimmsten Logik und Rechtschreibfehler zu finden, und dann kann ich ihn auch schon hochstellen. Mein wöchentlicher Beitrag mit meinen Gedanken zur Musik, oder über das Lesen, oder über die Welt an sich.

Zeit, sich mal wieder auf den neuesten Stand darüber, was außerhalb meiner Wohnung so vor sich geht, zu bringen. Ein Fehler. Das liegt nicht an den Nachrichten per se. Ich informiere mich über den täglichen Wahnsinn meist über die Internetportale der öffentlich rechtlichen. Das macht den Eier Tanz Kurs der Regierung, das schwarze Peter Spiel „Wirecard“ oder das auf perfide weiße unterhaltsame Trauerspiel der CDU\CSU in der Causa Kanzlerkandidat nicht besser. Aber wenigstens ist es solide recherchiert und meistens gut zu lesen. Problematisch wird es, wenn ich nach dem lesen eine Artikels dumm genug bin, einen Blick in die Kommentarspalte zu werfen.

Es gibt nichts Besseres, um sich den Tag gründlich zu vermiesen. Da tun sich einem Abgründe auf. Alleine die Art und Weiße, wie die Grammatik dort verdreht und gebogen wird, ist schon ein Albtraum für sich. Da fällt die Rechtschreibung gar nicht mehr so auf. Der Duden ist wohl nur noch ein Serviervorschlag. Aber nun gut, wie soll man auch vernünftig formulieren und die Fehler finden, wenn einem vor Wut der Kamm derartig schwillt? Beleidigungen, Drohungen, Verdrehung von Geschichte und Werten: das Thema ist eigentlich egal. Ob Covid, die Grüne Kanzlerkandidatur oder der Sack Reiß in Hintertupfingen: überall gibt es mindestens eine Person, die ihre Wut ungefiltert ins Internet schreit. Und mindestens zwei, die sich davon getriggert fühlen. Worauf hin wieder...ihr wisst was ich meine. Niveau Limbo. Man könnte ja darüber lachen. Aber es wird in Rekordzeit ein Tiefpunkt nach dem Anderen erreicht. Da wird einem Stellenweiße richtig schlecht.

Ticken die Leute wirklich so? Oder ist dass der Mut, der sich durch die gefühlte Anonymität des Internets einstellt? Kann man das als Stammtisch Macho Gehabe abtun? Oder brodelt da wirklich ein sexistischer, antidemokratischer brauner Mob? Und ist der auch so groß, wie er laut ist? Fragen, die einem wirklich auf das Gemüt gehen. Und wenn man dann den nächsten Fehler macht, und eine Bundestagsdebatte anschaut, in der ausgerechnet Herr Gauland sich als Retter der Demokratie, des Föderalismus und der Meinungsfreiheit aufschwingt, wird es richtig düster.

Den fast fertigen Text lass ich erst einmal liegen. Ich muss mir jetzt erst einmal was zum Stimmungsaufhellen anhören. Swallow the Sun vielleicht. Oder Paradise Lost. Irgendwas fröhlicheres als das Internet.

Donnerstag, 22. April 2021

Mein CD Regal

 

Arch Enemy

Anthems of Rebellion

 

 

Manche Bands gehen mir auf die Nerven, bevor ich sie überhaupt richtig gehört habe. Besonders dann, wenn sie einfach omnipräsent sind, ohne dass sich mir dafür ein überzeugender Grund erschließt. Berichte, Titelstorys und Interviews in allen großen, mittleren und kleinen Musikmagazinen. Tonnenweise Musik, Live und Behind the Was auch immer Videos auf den Kanälen der Plattenfirmen. Der zehn tausendste Langhaarige, der zufällig auf einem Konzert neben einem steht, dir alles erzählt, was dich nicht interessiert und natürlich ganz sicher weis: diese eine Band ist das Beste seit immer. „Was, die kennst du nicht? Sicher, dass du Heavy Metal hörst?“Dann gibt man sich einen Ruck, hört sich ein oder zwei der Singles an, um endlich auch an der total neuen, innovativen und lebensveränderten Musik teilzuhaben und stellt fest: altbekannte Genre Zutaten, neu abgeschmeckt und trendig serviert. Wein und Schläuche, ihr wisst Bescheid. Kurzum: Der Hype um einige Bands und das was dann wirklich auf der Haben Seite steht, geht relativ häufig weit auseinander. Deshalb mache ich oft einen Bogen darum.

So ist es mir auch mit Arch Enemy gegangen. 2005 habe ich „My Apocalypse“ das erste mal gehört und fand das eigentlich ganz nett. Bevor ich mich jedoch näher damit auseinandersetzen konnte, kam die Arch Enemy Maschine richtig in Fahrt und plötzlich waren sie überall. 2008 hab ich sie auf dem „Summer Breeze“ noch Live erlebt und weiß – ich hatte richtig Spaß bei denen. Andererseits: es war mein erste großes Festival. Da fand ich Alles gut. Um Crewmitglied Nummer 8 zu zitieren: „Ich bin einfach so wahnsinnig froh, dabei zu sein“. Damit war die Band dann auch erledigt für mich. Alles, was danach kam, klang für mich – ich beziehe mich ausschließlich auf die Singles – unspektakulär und austauschbar. Daran änderte auch der Sängerinnen Wechsel nichts.

Im Hinterkopf habe ich jedoch immer das wuchtige „My Apcalypse“ behalten und ahnte, dass bei den Melodic Deathern ein Blick nach hinten nicht schadet. Deshalb habe ich sofort zu gegriffen, als ich beim stöbern die 2003 erschienene „Anthems of Rebellion“ in die Finger bekam.

Tja, früher war Alles besser ist eine bei Metalern beliebte Floskel. Manchmal ist aber was dran. Die CD kommt recht wuchtig und ziemlich direkt daher. Nach kurzem – und überflüssigem, ihr kennt da meine Meinung – Intro geht es direkt auf die zwölf und die Band feuert aus allen Rohren. Schnell, brutal und ziemlich gerade aus. Angela Gossow klingt aggressiv und angriffslustig. Ein paar akustische Zwischenspiel bieten kurze verschnauf Pausen. An und für sich alles die Zutaten, die ein ordentliches Melodic Death Album ausmachen. Bei einzelnen Songs funktioniert die Mischung auch – aber am Stück gehört wirkt es irgendwie dann doch recht austauschbar. Vielleicht sind es die Refrains, die irgendwie zu dudelig wirken und wie ein großer Gleichmacher wirken, die den Stücken ein bisschen den Biss rauben und beliebig erscheinen lassen. Für mich bleibt dadurch ein nettes Melodic Death Album mit ein paar richtig starken Stücken und viel Mittelmaß, dass sicher seine Nische in meiner Playlist finden wird. Warum „Arch Enemy“ jedoch so gefeiert werden, weiß ich immer noch nicht. Vielleicht muss ich mal der „Doomsday Machiene“ ein Ohr leihen.

Ein Wort noch zum Cover: zugegeben, die Masse, die blind in eine Richtung läuft und die Person, die sich einzeln dagegen stellt, ist nicht gerade das originellste Motiv, das jemals eine Metal Platte geziert hat. Spontan fällt mir da Anthrax ein, oder Regicide. Aber das ist ja egal, der düster dystopische Stil gefällt mir persönlich sehr gut und macht die Front zum persönlichen Highlight der CD für mich.

Donnerstag, 15. April 2021

Bücherkiste

 Richard Schwartz

Askir – Die komplette Saga


Ein Sturm zwingt den Krieger Havald, in einem alten Gasthaus an der Grenze zur Wildnis Schutz zu suchen. Ein paar Händler, Söldner und zwielichtige Reisende haben sich dort schon eingerichtet. Der Sturm wird immer schlimmer. Kurz, bevor der Hof ganz ein schneit, erreicht noch eine junge Magierin den sicheren Hafen. Der Schnee fällt weiter, der Sturm tobt scheinbar endlos. Die Stimmung wird immer gereizter. Und zu allem Überfluss geht eine blutrünstige Bestie nachts auf die Jagd nach frischem Menschenfleisch.

Die Ausgangslage des ersten Buches „Das erste Horn“ verspricht von Anfang an vor allem eines: spannungsgeladene, klassische Fantasy Unterhaltung. Fast schon Kammerspielartig fühlt man beim lesen regelrecht die Spannung, die sich zwischen den Eingeschneiten langsam aufbaut. Ganz ehrlich, dieser Auftakt der Reihe „Das Geheimnis von Askir“ gehört für mich zum Besten, was ich bisher an Fantasy Literatur gelesen habe.

Richard Schwartz ist nach eigener Angabe ein jahrelanger Rollenspielleiter. Ein bisschen merkt man dass seiner eigenen Welt auch an. Im weiteren Verlauf der Handlung, wenn die Ereignisse sich überschlagen und es eine klassische „Reise zur Rettung des Reiches“ Geschichte wird, fühlt man sich stellenweise wie bei einer Rollenspiel Kampagne, die fröhlich ausgewürfelt wird. Deus Ex Machina, soweit das Auge liest. Das macht für mich aber den großen Spaß am Lesen aus. Während andere Autoren neuerdings mehr auf „realistischere“ Fantasy Romane setzen, in der die phantastischen Elemente eher eine kleine Rolle spielen, wird hier aus den Vollen geschöpft. Elfen, Greifenreiter, Nekromanten? Alles da. Viel hilft viel. Und sorgt in diesem Fall für einen wirklich unterhaltsamen Lesespaß. Hier wird wirklich alles an phantastischen Dingen genommen und zusammengeworfen. Das aber mit viel Geschick. Die Welt von Askir wirkt zwar bunt und überladen, aber Richard Schwartz gestaltet sie sehr dicht und lebendig. Wilde Nordmänner, ein arabisch anmutendes Reich der Händler, mysteriöse Kampfkünste aus dem Osten und die letzte Bastion einer untergegangen Kultur, die Jahrhundertelang die Welt zusammengehalten hat: das Alles hat man tatsächlich irgendwie schon einmal so oder so ähnlich gelesen. Aber, es kommt ja nicht immer darauf an, ein total originelles Buch zu schreiben. Schnelle Action, überzeugende Charaktere und eine unterhaltsame Hintergrundgeschichte sind für mich manchmal unterhaltsamer als irgendetwas krampfhaft auf Neu gemachtes.

Und Unterhaltung liefert „Askir“ jede Menge. Wie gesagt, man hört im Hintergrund immer wieder die Würfel fallen, aber dennoch: wer ganz klassische Fantasy mag, sollte definitiv einen Blick riskieren. Diese Reihe macht mir persönlich richtig Spaß.

Die mir vorliegende Ausgabe gehört zu einer Reihe mit insgesamt 3 Bänden, die den Kompletten „Das Geheimnis von Askir“ Zyklus beinhalten. Der Klappentext wirbt außerdem damit, dass die Illustrationen und die Karte das Buch besonders spannend machen. Nun ja. Ich mag Karten nicht existierender Länder wirklich sehr gerne. Allein von Mittelerde habe ich ein dutzend Karten, von der großen Übersicht bis hin zu den Detailkarten der alten Elbenreiche und Numenors. Eine davon ist sogar selbst gemalt. Ein Buch lesen und mit dem Finger die Reise verfolgen zu könen, das hat mich schon immer fasziniert. Besonders wenn die Karte komplett aus dem Kopf des Autors entsprungen ist. Insofern ist eine Karte wirklich nicht schlecht. In diesem Fall jedoch werde ich nicht schlau daraus. Zu sehen ist Havalds Heimatland, mit dem Gasthaus an dessen Grenze. Der Großteil der Handlung jedoch spielt in Städten und Ländern, die auf der Karte nicht zu sehen sind. Das ist etwas Schade. Aber nun gut, es ist ja nur ein Bonus.


Freitag, 9. April 2021

Mein CD Regal

Terra Atlantica

A City Once Divine

 

 

Ich bin kein allzu großer Freund von Konzept Alben. Die thematische Einschränkung legt sowohl der Musik als auch den Texten oftmals von vornherein enge Grenzen auf, sodass auf Albumlänge dann der Idee häufig die Luft ausgeht. Schlimm wird es für mich, wenn durch Spoken Word Passagen und akustische, hörspielartige Zwischenspiele versucht wird, Atmosphäre zu erzeugen. Beispiel: Musikalisch halte ich „Nightfall in Middle Earth“ für eine der besten Metal, wenn nicht sogar Musik Alben aller Zeiten. Ich höre sie dennoch nie am Stück. Die ständigen Zwischenspiele nehmen einfach jeden Schwung und Spaß raus. Ohne den Firlefanz wirkt dass ganze deutlich druckvoller. Und erzeugt dennoch Tolkien Atmosphäre.

Schlimmer als Konzeptalben finde ich jedoch Konzept Bands. Da wird die Idee dann nicht nur auf ein einziges Album angewandt, sondern komplett aufgebläht. Outfit, Bandname, Bühnengestaltung, einfach alles. Alestorm sind wohl ein ziemlich gutes Beispiel dafür. Fand ich auf der Captain Morgan das noch frisch und unterhaltsam, vor allem live, war der Piraten Drops recht schnell durchgelutscht. Das Zehn tausendste Album über Freibeuter, die Rum lieben, mein Bier trinken und bei Nancy einkehren, wirkt auf mich genauso frisch wie das letzte Wasserfass auf einem Segelschiff. Da helfen auch Ninjas und Wikinger nicht viel weiter. Solche Bands neigen dazu, sich im eigenen Saft tot zu kochen.

Bei meiner letzten Zufallsentdeckung „A City once Divine“ handelt es sich um ein Konzeptalbum. Und offensichtlich auch um eine Konzeptband. Inhaltlich dreht sich nicht nur das Debut, sondern auch der Nachfolger um die Geschichte von Atlantis. Ihr wisst schon: blühendes Paradies, aufkeimender Hochmut und göttliche Strafe. Auch die Optik der Band lehnt sich an Seefahrer aus der Zeit der großen Segelschiffe an. Entdeckt habe ich die Hamburger beim Youtube Stöbern. Algorithmus sei dank bin ich über das Video zu „Age of Steam“ gestolpert, und nun ja: ich bin nun mal ein großer Freund von Power Metal. Der Song hat sich recht schnell in meinen Gehörgang gebohrt. Wenn Ohrwürmer nerven, muss man sie bekämpfen. Also hab ich mir folgerichtig beide Alben bestellt. Ohne weiter rein zuhören.

Was soll ich groß sagen? „Terra Atlantica“ machen einfach Spaß. Geradliniger Powermetal mit symphonischen Farbtupfern, die dem Sound immer wieder ein bisschen Soundtrack Atmosphäre verleihen. Wer hohen Gesang und lange Gitarreneskapaden nicht mag, wird hier absolut nicht glücklich. Ein bisschen Kitsch resistent sollte man auch sein. Allen die das verkraften, erwarten neun richtig solide bis starke Songs. Die maritime Grundstimmung passt sich ganz gut ein und sorgt dafür, dass auch auf Albumlänge die Spannung gehalten wird. Trotz des thematischen Konzepts. Klar, die Grenze zum belanglosen Schalala Land sind nahe, aber sie schaffen immer wieder rechtzeitig die Kehrtwende und balancieren ganz sicher auf dem schmalen Grad von Kitsch und Gedudel. Ähnlich wie Orden Ogan. Jedoch nicht ganz so überladen. Orchesterelemente, Chöre und allerlei anderer Schnickschnack sind vorhanden, aber drängen sich bei weitem nicht so massiv in den Vordergrund. Bass, Gitarre und Schlagzeug sind immer schön dominant im Vordergrund. Was mir die Scheibe deutlich sympathischer macht. Druckvoll, nicht überladen, einfach guter Power Metal. Ja Konzeptbands sind in der Regel doof. Die hier – noch – nicht.

Achja, ein Freund von In und Outros bin ich auch nicht. Beim Outro hier mache ich jedoch eine Ausnahme. Knappe 20 Minuten Meeresrauschen und Sturmgeräusche. Besser als jede Meditations CD.