Donnerstag, 31. Januar 2019

Bücherkiste


Robert A. Heinlein

Die Katze, die durch Wände geht


Ich mag die Bücher von Robert A. Heinlein. Ich mag Science Fiction. Und ich mag ungewöhnliche Buchtitel. Als ich beim Stöbern im Buchladen über dieses Buch gestolpert bin, war mir sofort klar, dass das mit muss. Gekauft, ohne den Klappentext zu lesen. Mache ich selten genug.
„Die Katze, die durch Wände geht“ ist das vierte Buch, welches ich von Heinlein lese. Und um es vorab zu nehmen, auch das sperrigste. Normalerweise lese ich Bücher recht zügig am Stück durch. Dieses habe ich immer mal wieder zur Seite legen müssen, manchmal Tage lang. Knoten im Gehirn. Zwischendrinn habe ich sogar noch parallel ein anderes Buch angefangen, und das mache ich nun wirklich selten.
Es liegt nicht daran, dass ich die Geschichte schlecht finde. Oder dass es mies geschrieben ist. Nein, ich bin eigentlich ziemlich begeistert. Nur irgendwie wollte sich bei mir einfach kein richtiger Lesefluss einstellen.


Doch worum geht es überhaupt? Der ehemalige Soldat Dr. Richard Ames sitzt gemütlich in einem Restaurant beim Diner mit einer entzückenden Dame. Als diese sich kurz entschuldigt, tritt ein fremder Mann an den Tisch. Er will, das Ames jemanden für ihn ermordet. Stattdessen wird er selbst direkt am Tisch erschossen. Das Abendessen ist ruiniert. Und ab sofort ist Doctor Ames, zusammen mit seiner Abendbegleitung, auf der Flucht. Es ist der Start für eine wahnwitzige Jagd durch die Raumstation bis zum Mond und schließlich durch Zeit und Raum.

Ein origineller Start, ein hohes Erzähltempo am Anfang und ein gut aufgelegter, spannend berichtender Ich Erzähler: die erste Hälfte des Romans ist witzig, kurzweilig und fesselnd. Mit fortschreitender Handlung häufen sich allerdings die Ungereimtheiten, die Geschichte wird immer verworrener, komplizierter und irgendwann richtig abstrus. Das sympathische daran: der Leser ist mit seiner Verwirrung nicht alleine. Der Ich Erzähler stolpert genauso blind durch die Ereignisse, ist ähnlich skeptisch gegenüber den teils arg an den Haaren herbei gezogenen Erklärungen und hält ebenfalls vieles für haltlosen Schwachsinn. Schließlich will seine Frau nicht weniger von ihm, als Ihr zu glauben, dass sie eine temporale Agentin ist, er im Mittelpunkt eines weltverändernden Konfliktes steht und die Realität selbst nicht dass ist, was wir alle vermuten. Schwer zu schlucken für ihn.

Ist der erste Teil noch gut zu lesen, so entwickelt sich der Zweite deutlich zäher. Mehr Dialoglastig als am Anfang, gespickt mit Absurditäten. Die wilde Verfolgungsjagd verkommt ein bisschen zum Deus ex machina Schau laufen. Der zweite Teil ist auch der Grund, warum ich so lange für das Buch gebraucht habe. Die Dialoge sind zwar meistens recht unterhaltsam und mit Finesse geschrieben, nur ist es irgendwann absolut unmöglich für mich gewesen, den Überblick zu behalten, wer was wann gemacht haben soll. Zeit und Raum sind nicht nur im Buch, sondern auch in meinem Gehirn komplett auseinander gefallen. Das es Doktor Ames genauso geht, ist nur ein kleiner Trost.

Trotzdem: „Die Katze, die durch Wände geht“ ist unterm Strich für mich ein richtig gutes Stück Science Fiction. Spannend, unterhaltsam und etwas konfus, gespickt mit einigen Spitzen gegen das Mensch sein, die je nachdem zum Nachdenken, zum Schmunzeln, oder teilweise nur zum Kopfschütteln anregen. Denn auch das ist Heinlein: provokant und streitbar. Sorgte bei Starship Troopers seine faschistischer Zukunftsentwurf für Diskussionen, ist es hier seine Beschreibung der Einstellung der Zukunftsgesellschaft zur Sexualität, die dem Leser sauer aufstoßen kann. Freie Liebe, Polygamie. Partnerwahl nur nach Sympathie, nicht nach moralischen Vorstellungen. Wie zum Beispiel Altersunterschiede. Ob das jetzt ein geklungener Spiegel für unsere bigotte Sexualmoral ist oder einfach nur plumpe Provokation, muss am Ende jeder für sich ausmachen.
Dennoch, oder gerade deswegen, ein durchaus empfehlenswertes Buch. 

Weiterlesen: Bücherkiste. Alan Dean Foster. Am Ende des Regenbogens

Donnerstag, 24. Januar 2019

Mein CD Regal


Xandria

Ravenheart

 

 

Es gibt sie einfach. CDs, die man aus irgendeinem Grund gekauft hat. Die man tage , wochen-, ja manchmal monatelang rauf und runter gehört hat. Die gar nicht mehr den Weg aus dem CD Spieler gefunden haben. Deren Melodien sich in den hintersten Gehirnwindungen festgesetzt haben, um zu jeder Tages und Nachtzeit gesummt zu werden. Und dann. Bumm. Aus. Vorbei. Von jetzt auf nachher. Ernüchterung statt Euphorie. Nervende dreiminütige Dauerfolter statt Ohrwurm. Aus dem Dauerbrenner wird ein Staubfänger im CD Regal.
Ein Phänomen, welches mir ab und an passiert. Vor allen Dingen aber mit Bands, welche ich in meiner Nightwish Euphorie Phase entdeckt habe. Damals habe ich so ziemlich alles gekauft, was sich der Formel „Gitarre + Frontdame + Orchester = Hit“ bedient hat.

Xandria habe ich damals im Musikfernsehen entdeckt. Das Internet lernte gerade noch erst das Laufen, die Möglichkeit, Clips und Filme online ohne Download zu schauen, steckte noch in den Kinderschuhen. Somit waren Viva, MTV und co. Tatsächlich eine gute Möglichkeit, Neues zu entdecken. Ja, es gab eine Zeit, in der Musikfernsehen tatsächlich auch Musik gesendet hat. Verrückte Welt.
Der Clip zum Song Ravenheart lief damals rauf und runter. Eine Burgruine, drohende Gewitterwolken, eine böse dreinschauende Band und Madame, die durch dir Ruinen läuft und dabei den Text säuselt. Damals für mich Anlass genug, das Album zu kaufen. Und es hat von Anfang an gezündet. Eingängige Melodien. Eingängige Refrains. Opulente Orchestrierung. Und ab und zu mal ein dickes Riff. Denn nicht vergessen: es ist ja trotz allem Metal. Eine ziemlich gut gemachte Mischung, die direkt zündet und ins Ohr geht. Gerade die Refrains bohren sich geradezu rein. Dementsprechend dominierend ist dieser bei fast jedem Song.
Und das ist dann auch schon das Problem. Nach der von der Euphorie getriebenen Dauerbeschallung nutzten sich die Refrains langsam aber sicher bei mir ab. Puff. Die Seifenblase war geplatzt. Denn außer den starken Refrains gibt es nicht mehr all zu viel, was im Gehörgang bleibt. Da hat das Debut, welches ich mir erst später gekauft habe, eine definitiv längere Halbwertszeit. Weniger symphonisch, mehr in Richtung Gothic Rock ausgelegt erzeugt es eine entspannte, dunkelromantische Stimmung. 

Dementsprechend wird Ravenheart dann richtig überzeugend, wenn die Band in Richtung des Vorgängers schielt. My Scarlet Name und Snow White sind richtig starke Songs. Schleppend. Düster. Ein Hauch Dramatik und Kitsch.
Mp3 sei Dank landen diese Beiden regelmäßig in meiner Playlist. Der Rest ist für mich leider nur Beifang. Kann man ab und zu, einzeln, schon hören. Ansonsten Habe ich die CD außer bei Umzügen nicht mehr angerührt. Bis Heute, um diesen Text zu schreiben. Dabei konnte ich sie mal wieder abstauben. Jetzt ist es wenigstens hübsche, staubfreie Deko im CD Regal. 

Weiterlesen. Mein CD Regal: Scar Symnetry. The Unseen Empire

Donnerstag, 17. Januar 2019

Bücherkiste


Alan Dean Foster

Am Ende des Regenbogens


Schneefall wechselt sich mit Dauerregen ab. Die Sonne hat sich die letzten Tage nur sporadisch gezeigt, gerade lange genug, damit man nicht ganz vergisst wie ein Sonnenstrahl aussieht. Ansonsten herrschen die verschiedensten Schattierungen von Grau vor. Es ist nass, kalt und ekelig.
Perfektes Wetter also, um sich in aller Ruhe mal wieder mit seinem Bücherregal zu beschäftigen.
„Am Ende des Regenbogens“ ist ein Roman von Alan Dean Foster. Ein Autor, den ich bisher nur daher kannte, dass er Filme und Serien in Romanform umsetzt. So stammt unter anderem die Buchfassung der Alien Tiologie von ihm. Genauso wie die Reihe „Raumschiff Enterpise: die neuen Abenteuer“, welche auf den Geschichten der „Star Trek: Animated Series“ basiert. Genau daher kenne ich den Autor – eine Zeitlang habe ich nichts, was den Namen Star Trek trug, ungesehen, ungelesen oder ungespielt gelassen.
Als ich dann letztens wieder vor dem städtischen Bücherregal mit dem festen Willen, diesmal nur Bücher rein und keinesfalls raus zu nehmen, stand, fiel mir „Am Ende des Regenbogens“ in die Hände. Den Namen des Autors kannte ich, und der Klappentext tat sein übriges: das Buch kam mit. 


Eine Armee blutrünstiger Ungeheuer, angeführt von einem grausamen Magier, bedrohen die fruchtbaren Gothlanden. An der strategisch wichtigen Stadt Kyll- Bar- Bennid stellen sich die tapferen Heere der Menschen dem Schrecken entgegen. Und verlieren. Um jeden Widerstand im Keim zu ersticken, spricht der Zauberer Khaxan Munducru einen schrecklichen Fluch. Sämtliche Farben verblassen, das Land liegt fortan in ewiger grauer Eintönigkeit. Mit der Farbe schwindet auch die Lebensfreude und die Hoffnung. Das Land liegt in Trostlosigkeit dar, Rettung scheint es keine zu geben.
Doch vor seinem Tode in der Schlacht spricht ein weißer Magier einen letzten Zauber. Seine Haustiere verwandeln sich in Menschen. Der bunt zusammengewürfelte Haufen aus einem Hund, einer Schlange, einem Vogel und drei Katzen macht sich nun auf, den Zauber zu brechen. Dazu müssen sie das „Weiße Licht der reinen Farbgebung“ finden, welches sich hinter einem Regenbogen befinden soll. Eine turbulente Reise beginnt. 


Wie Ihr an der Zusammenfassung schon erkennt: die Eigennamen in dem Roman klingen wie Schüttelreim- Rollenspiel- Namen aus der Hölle. Allein auf den ersten Seiten finden sich Zungenbrecher und Seltsamkeiten ohne Ende. Wenn man das ausblendet und den etwas zähen Anfangsteil überstanden hat, erwartet einen aber ein wirklich unterhaltsames Buch. Das Verhalten der Tiere, die zwar jetzt menschlich aussehen, aber immer noch ihre Instinkte und Fähigkeiten besitzen, bringt einen immer wieder zum Schmunzeln. Die Geschichte ist insgesamt gut erzählt und schwungvoll geschrieben, und auch wenn die Handlung insgesamt recht austauschbarer Fantasy Standard ist, glänzt das Buch immer wieder mit verrückten Ideen, absurden Situationen und merkwürdigen Charakteren. Ein gut zu lesendes, unterhaltsames Buch. Genau das Richtige für solche grauen Tage, an denen es so scheint, als ob der Fluch des Munducru sich aus dem Buch hinaus geschlichen hat.

Donnerstag, 10. Januar 2019

Aus dem Nähkästchen


Weihnachtsmarkt


Es ist seltsam dunkel und still auf dem Weihnachtsmarkt. Schattenhafte Gestalten huschen an mir vorbei, stumm und zu schnell um sie genau zu erkennen. Nur von einem Glühweinstand am Ende des Marktes scheint warmes Licht. Ich gehe darauf zu. Der Verkäufer ist ebenfalls nur schemenhaft zu erkennen. Schweigend reicht er mir einen Glühwein. An einem der Tische steht ein Bekannter von mir. Er winkt mich zu sich. „Na, wieder mal keine Ahnung was du schreiben sollst?“ fragt er als ich bei ihm stehe. „Wie kommst du denn da drauf?“. „Du kommst immer hierher wenn du mal wieder keine Idee hast, was du mit dem weißen Stück Papier anfangen sollst.“ Ich zucke die Schultern. „Mag sein. Wo sind die anderen?“ „Keine Ahnung“. Er nippt an seinem Glühwein. Leises klimpern ertönt im Hintergrund. „Das ist aber auch nicht so wichtig. Ich habe die perfekte Idee. Die anderen Idioten brauchst du gar nicht mehr anzuhören.“
Das Klimpern wird etwas lauter. Ich schaue mich um, kann aber nicht erkennen woher es kommt.
„Mach eine Liste. Eine Top 2018. Das ist der Renner. Jeder macht das. Album des Jahres. Buch des Jahres. Sack Reiß des Jahres. “ Ich schaue ihn zweifelnd an. „Deine tolle Idee ist eine Liste? Am Ende des Jahres? Das ist ja so verdammt kreativ!“ Das Klimpern erreicht eine Lautstärke, die ganz langsam jeden einzelnen Nerv quält. „Hey, ich habe gesagt eine gute Idee. Keine Kreative! Und verdammt kann das Vieh nicht endlich ruhig sein.“ Mit einer katzengleichen Bewegung schleudert er seinen Becher an mir vorbei in die Dunkelheit. Ein erschrockenes Quieken ertönt. Kurz darauf rennt ein kleiner Affe an uns vorbei. Er hat einen kleinen Hut auf. In einer Hand hält er einen Schellenring. Eine logische Erklärung für das Klimpern. Laut keckernd verschwindet er aus meinem Blickfeld. Die folgende Stille ist auf eigentümliche weiße ähnlich Laut wie der Krach zuvor. 

Mein Gegenüber seufzt erleichtert. „Schon besser. Bei dem Krach kann man sich ja kaum konzentrieren.“ Er nimmt einen tiefen Schluck aus seiner Tasse. Ich habe keine Ahnung, wie er das gemacht hat. Aber sie steht voll und dampfend vor ihm. Ein weiteres klimpern ertönt. „Verdammtes Drecksvieh!Zieh endlich ab“ schreiend verwandelt er seine Tasse erneut zu einem Wurfgeschoss. Mit einem lauten Klirren zerspringt sie irgendwo im Nichts. Ein dröhnendes Lachen ertönt. „Genau das hat zuletzt eine süße Perle in der Disco zu mir gemeint.“ sagt eine tiefe Stimme. Ein langhaariger Kerl tritt aus dem Schatten und gesellt sich zu uns an den Tisch. Er sieht aus als hätte jemand versucht, sämtliche Klischees und Vorurteile über langhaarige Bombenleger in einer Person zu vereinen. Das Klimpern stammt von einer Unzahl von Nieten und Metallketten , welche er an jeder denkbaren Stelle seines Körpers trägt. Und auch an einigen undenkbaren.
„Muss wohl mein natürlicher Charme sein. Na Poser? Mal wieder keine Ahnung was du schreiben sollst?“ wendet er sich an mich. „Keine Sorge, ich bin ja endlich da. Und ich habe die Antwort: Manowar!“ Mister Liste schnaubt verächtlich. „Manowar? Das ist wohl immer deine Antwort. Kein Stoff für einen Artikel? Manowar! Keine Frau zum lieb haben? Egal, Manowar!“ „Er hat recht.“ mische ich mich ein. „Außerdem habe ich schon über ihr Debut geschrieben.“ „Pah ein Album. Was ist schon ein Album. Manowar haben jede Menge Alben raus gebracht. Allesamt Meilensteine!“ „Achja? Ich dachte immer, sie haben einfach nur die Coverbildchen ausgetauscht. Es klingt doch alles so dermaßen gleich, dass es keinem auffällt wenn sie einem immer wieder das gleiche Album verkaufen.“ Zwischen den beiden entwickelt sich ein Wortgefecht, dessen Niveau jeden RTL2 Schreiberling vor Neid erblassen lassen würde.

Eine Hand tippt auf meine Schulter. Ich drehe mich um. Ein hochgewachsener Typ in Outdoor Klamotten steht hinter mir. In seinem kurzen Karohemd sieht er etwas deplatziert aus. „Ha, ich bin noch rechtzeitig zur großen Show gekommen.“ sagt er. „Worum geht es diesmal? Manowar?“
Ich nicke. „Hm, ja das ist genauso zuverlässig wie vergammelter Fisch. Du ich bleib nur kurz. Ich habe heute nichts. Draußen ist es Arschkalt und ungemütlich. Und der feine Herr war dieses Jahr doch recht Lauf faul. Somit ist der Ideen Pool für „Raus. Gehen.“ recht kümmerlich. Achja, der Bücherwurm lässt sich auch entschuldigen. Er ist etwas beleidigt, weil er immer öfter als halbgarer Lückenfüller benutzt wird. Er lässt dir ausrichten, dass wenn du wieder mal ein richtig gutes Buch vorstellen willst, du dich endlich hinsetzen und eins zu Ende lesen sollst“ Mit diesen Worten dreht er sich um, winkt kurz und verschwindet in der Dunkelheit. Ich seufze. Wirklich hilfreich war das nicht. Der letzte Schluck Glühwein ist kalt und schmeckt schal. Nein, ich habe keinen Grund mehr zu bleiben. Ich stelle meine leere Tasse ab und lasse die beiden Streithähne alleine. An diesem Punkt ihrer Streitereien ist die Außenwelt für sie eh vergessen. Langsam verlasse ich den Weihnachtsmarkt.

Ich sitze vor meinem Computer. Der Versuch, meine Gedanken mit Imagination zu sortieren, ist diesmal furchtbar gescheitert. Nichts außer Affen und Manowar.
Dann durchzuckt es mich wie ein Blitz. Ich lächele und beginne zu schreiben:
„ Es ist seltsam dunkel und still auf dem Weihnachtsmarkt...“

Donnerstag, 3. Januar 2019

Mein CD Regal


Scar Symnetry

The Unseen Empire

 

 


Mit dem Album „PitchBlack Progress“ hatten Scar Symnetry mich damals kalt erwischt. Düster, brutal und sperrig auf der einen Seite. Melodiös, eingängig und mit einer Priese Radiotauglichkeit auf der anderen Seite. Ein nahezu makelloser Bastard aus Death Metal und poppigen Melodien. Der perfekte Türöffner in die etwas härtere Spielart des Metals. Übrigens auch die erste Band, bei denen ich, mit etwas Übung und Songtext Hilfe, die Growls auch verstanden habe. Verständliche, ganze Sätze anstatt grummel Geräusche, die mehr nach sterbendem Schwein als nach Sprache klingen.
Ich war jedenfalls begeistert. Und dennoch habe ich die Band aus den Augen verloren. Umso größer war meine Freude, als mir ein paar Jahre später beim Stöbern „The Unseen Empire“ in die Hände fiel. Mit den besten Erinnerungen an ihre frühere Großtat habe ich das Ding ungehört mitgenommen und daheim gleich in den CD Spieler gelegt. Nach dem ersten Durchlauf folgte die schnelle Ernüchterung. Enttäuscht stopfte ich die CD in eine dunkle Ecke des Regals.
Gut, dachte ich mir. Du warst zu euphorisch. Ein zweites Pitch Black war nicht zu erwarten. Und an die neuen Sänger muss man sich halt gewöhnen. Lass dem Zeit. So schlecht ist es sicher nicht.
Ich habe dem Album Zeit gelassen. Ich habe mich an die Sänger gewöhnt. Die machen übrigens einen ausgezeichneten Job. Trotzdem, es bleibt eine große Enttäuschung. Das Album klingt immer noch für mich so schlecht wie am Anfang. Dabei hat die Band im Grunde nichts geändert. Die Zutaten sind die Gleichen. Spielerisch auf dem selben hohen Niveau. Einzig: es will bei mir einfach nicht zünden. Es bleibt kaum ein Song hängen. So schnell sich die Lieder in den Gehörgang bohren, so schnell sind sie auf der anderen Seite wieder draußen. Nach dem durch hören habe ich alles schneller vergessen als den Inhalt einer Folge GZSZ. 

Vielleicht liegt es daran, dass zwischen den beiden Alben einfach mal um die 5 Jahre liegen und ich einfach inzwischen schon zu viel von dieser Art Musik gehört habe, um von dem Wechselspiel aus Melodie und Härte noch richtig begeistert zu werden. Dass der Aha Effekt einfach weg ist. Gut möglich auch, dass ich es für ein Top Album halten würde, wenn es meine erste Begegnung mit Scar Symnetry wäre.
Ist es aber nicht. Und so bleibt für mich ein schales Album, dass sich wenigstens im CD Regal einen guten Eindruck macht. Das Doppel Cover macht einiges her und ist der erste künstlerisch sinnvolle Einsatz eines Schubers, den ich bisher gesehen habe.

Warum also ein Album vorstellen, welches mich so gar nicht vom Hocker reißt? Nun zum ersten Mal, weil es vielleicht ja jemanden gibt, der soliden Melodic Death zu schätzen weiß. Der macht hier ganz sicher nichts falsch. Zum anderen, weil es ein gutes Beispiel dafür ist, wie subjektiv Musik nun einmal sein kann und warum ich eben keine klassischen Track by Track Reviews mache, sondern versuche, den persönlichen Eindruck und den Einfluss des Albums auf mich in den Mittelpunkt zu stellen. Eine Band kann Musik machen, die mir grundlegend super Gut gefällt. Spielerisch und Technisch alles richtig machen. Und mich trotzdem kalt lassen, wenn ich sie im falschen Moment kennen lerne. Genauso gut kann eine mäßig talentierte Rumpelkombo mit dem einfallslosesten Scheppersound bei mir Begeisterungstürme hervorrufen – die Gründe, wann mir etwas gefällt und wann nicht sind oft sehr subjektiv.
Diese Subjektivität ist auch der Grund, warum ich Reviews nicht als Kaufentscheidungshilfe sehe. Ein Album muss mir nicht automatisch gefallen, nur weil eine andere Person vor Freude aus dem Sabbern nicht mehr raus kommt. Genauso wenig muss ein Album zwingend schlecht sein, nur weil der Autor gar keine Freude daran hatte und die Zeilen nutzt, um sein Repertoire an Schimpfwörtern, Verunglimpfungen und niederschmetternden Vergleichen der Öffentlichkeit vorzustellen. Reviews sind einfach nur ein Mittel, um in der Flut an Musik ein bisschen den Überblick zu behalten und die ein oder andere Entdeckung dabei zu machen. Außerdem: nichts macht mir mehr Freude beim Lesen als ein richtig guter Verriss.