Donnerstag, 29. November 2018

Mein CD Regal


Scar Symmetry

Pitch Black Progress

 

 


Am Anfang war der Power Metal. Blind Guardians „Mirror, Mirror“ war der erste Metal Song, der mir Monate lang nicht mehr aus dem Kopf ging. Beharrlich nistete sich die Melodie in einer kleinen Ecke meines Gehirns ein und beschallte mich von dort quasi pausenlos.
Mit der Zeit wuchs meine CD Sammlung. Zunächst mehr Guardian. Dann der erste Blick nach Links und Rechts. Was gibt es denn noch? Rhapsody of Fire, Nightwish und Hammerfal gesellten sich dazu. Mein CD Regal enthielt mit der Zeit immer mehr Metal. Power Metal meist. Am Anfang blieb ich in akustischer Nähe zu Blind Guardian. Alles andere im Metal Bereich? Gute Güte, wer soll denn so einen Krach hören? Black Metal? Lächerlich angemalte Menschen, die zum lachen in den Keller gehen. Musik geht anders. Death Metal? Gerülpse und gegurgel ist kein Gesang. Thrash Metal? Alles Bier trinkende, stinkende Assis. Und wer kam auf die Idee, tollwütige Eichhörnchen an das Mikrofon zu lassen?
Kurz, ich war anfangs recht engstirnig. Metal muss true sein. Punkt.

Inzwischen hat sich mein Geschmack etwas weiterentwickelt. Was früher nur Lärm und Krach war, treibt heute Freudentränen in die Augen. Meine Sammlung ist deutlich dunkelbunter geworden. Und die Zahl der extremeren Metal Bereiche deutlich angestiegen.
Wann das angefangen hat, kann ich so gar nicht genau sagen. „Pitch Black Progress“ war aber definitiv ein Teil dieser Entwicklung.
Die schwedischen Melodic Deather habe ich auf dem Sampler eines Musikmagazins entdeckt. Dort waren sie mit „The Illusionist“ vertreten. Gut, der guturale Gesang hat mir gar nicht gefallen. Aber die Mischung von Härte und Melodie hat sofort gezündet. Also ab in den Laden, Album gekauft. Es hat einige Durchläufe gebraucht. Und ja, es lag am Anfang eindeutig an dem rumgerülpse des Sängers dass ich mit der Band nicht warm wurde. Aber das Album hat mich schließlich gepackt. Hart und düster, dennoch eingängig und melodisch.
Scar Symmetry schaffen hier eine Gratwanderung zwischen Death und Power Metal, die immer wieder auch mal in Richtung Pop schielt. Ohne dabei jemals in die Kitsch Falle zu treten. Wie gut die Mischung funktioniert, zeigt sich bei den Songs „Dreaming 24/7“ und „Pitch Black Progress“. Ersteres ist ein radiotaugliches Stücke Metal Pop, das andere eine lupenreine Midtempo Death Walze. Also beide sind sozusagen jeweils die Grundzutaten der Scar Symmetry Suppe. Eingängigkeit auf der einen, brachiale Härte auf der anderen Seite. Die Band vermischt auf dem Rest des Albums diese Facetten so gekonnt und mit soviel Leichtigkeit, dass beide Songs einfach nur blass dagegen wirken. Hier funktioniert die Mischung einfach, sodass die puristischen Stücke einfach etwas beliebig wirken.
Für mich war es auf jeden Fall eine der ersten CDs aus dem etwas extremeren Bereich. Sozusagen der Türöffner zu einem neuen Bereich. Durch die ausgewogene Mischung eine für mich perfekte Einstiegsdroge, die bis heute immer wieder mal in meinem CD Spieler rotiert. 

Donnerstag, 22. November 2018

Aus dem Nähkästchen


Spiegelbild


Aufmerksam betrachte ich mein Gegenüber. Hochgewachsen, hager, mit langen, lockigen Haaren und einem dichten Bart. Er trägt ein Blind Guardian Tshirt. Darüber eine kurze Jeansweste. Diese ist über und über mit Patches bestickt, alles ausnahmslos von bekannten und weniger bekannten Power und Heavy Metal Bands.Priest. Maiden. Manowar. Helloween. Stormwarrior. Und natürlich Blind Guardian. Die Kutte gleicht einer Litfaßsäule.
Seine Arme verschwinden komplett unter mit Nieten bestückten Lederbändern. Kurzum, er ist bemüht, das authentische Bild eines truen achtziger Jahre Metalers zu präsentieren. Dabei ist er vielleicht gerade mal Anfang 20. Unter dem dichten Bart versteckt sich ein leicht rundliches, rosiges Gesicht mit noch leicht kindlichen Zügen. Ihn anzuschauen ist ein bisschen wie ein Blick in einen Spiegel zu werfen. Einen Spiegel, der ungefähr 15 Jahre in die Vergangenheit reicht.
Schwungvoll setzt er seine Bierflasche ab. Es klimpert leise. Jetzt ist es an ihm, mich zu betrachten.
Sein Blick sagt eindeutig, was er von mir hält. Was will der Poser hier eigentlich?
Rein äußerlich betrachtet bin ich heute das genaue Gegenteil von ihm. Keine Lederjacke. Keine Kutte. Selbst das obligatorische Bandshirt habe ich diesmal im Schrank gelassen. Stattdessen trage ich eine einfache Jeans und ein rot weiß kariertes Hemd. Das hatte ich bei meiner letzten Wandertour an, und da ich nicht komplett frische Sachen auf dem Konzert anziehen wollte, war es meine erste Wahl. Ein ganz leichter Hauch von Schweiß und Bier hängt noch daran. Somit passe ich wenigstens vom Geruch her in sein Weltbild. Ansonsten ist mein Outfitt so Heavy Metal wie die Herrenabteilung bei H&M.

Schließlich zuckt er mit den Schultern und öffnet seine nächste Flasche. In einem Zug verschwindet Bier Nummer zwei. Ein lauter Rülpser und ein zufriedenes Grunzen folgen. Dann wendet er sich an mich. „Und, wegen welcher Band bist du hier?“ „Dark Inner Void.“ „Aha. Black Metal?“ Ich nicke. „Mh, Black Metal, damit kann ich gar nichts anfangen“ „Du magst deinen Metal wohl lieber traditionell?“ frage ich ihn.
„Ja man. 80iger Jahre halt. Fette Riffs. Starke Melodien. Metal. Punkt. Kein Schnickschnack. Und eben richtiger Gesang. Nicht dieses komische Geröchel und Gegrunze bei dem eh keiner was versteht.“ Er macht sich an Bier Nummer drei. „Aber wie kommst du darauf?“
„Deine Augenfarbe hat es mir verraten“ erwidere ich. Verständnislos starrt er mich an. Ich deute auf seine Kutte. „Außerdem kann ich lesen“. Verdutzt schaut er an sich herab. Dann bricht er in schallendes Gelächter an. „Na, sie mal einer an. Hätte nicht gedacht, dass ein Poser wie du etwas mit meiner Kutte anfangen kann. So schlimm, wie du aussiehst, scheinst du ja gar nicht zu sein.“ Ein weiterer Schluck Bier bringt eine kleine Pause. Dann setzt er seinen Monolog fort. „Metal muss einfach traditionell gespielt werden. Das ist noch ehrliche, handgemachte Musik. Direkt vom Herzen. Ehrlich. Das ist einfach das Beste. Und keine so oberflächliche Kommerz-scheiße wie sie im Radio und überall sonst läuft. Wie zum Beispiel dieser Rap Kram. Hip Hop, pah! Dämliche Texte. Dämliche Musik. Dämliche Klamotten. Die schaffen es nicht einmal, Hosen in ihrer Größe zu tragen. Und ständig immer dieses Gelaber, wer der Größte von allen ist. Wer den Größten hat. Und wie viele Mütter anderer Rapper schon bei Ihnen im Bett lagen. Völliger Schwachsinn. Das hat doch mit Kunst nichts zu tun. Das einzige Gute an der Musik sind die hübschen Mädels in den Videos.“ Er stockt kurz. Ein sehnsüchtiges Glitzern erscheint in seinen Augen. Dann schüttelt er ärgerlich den Kopf.“Pah. Sind bestimmt eh alles billige Schlampen. Metal sage ich dir. Metal ist das einzig Wahre. Gute Leute. Gute Musik. Und Texte mit Tiefgang.“ 
Er setzt zum leeren seines dritten Bieres an. Ich nicke verständnisvoll. „Ja. Ich weiß, was du meinst. Tiefgründige Texte. Lyrische Großtaten sind das. Wie zum Beispiel Fire, Higher, Desire. Oder Fire. Battle. Metal. Ich bin mir sicher, da wäre sogar ein Goethe neidisch.“ In meiner Antwort schwingt mehr als nur ein Hauch Ironie mit.
Zornig schaut er mich an. „Klar, ein Poser wie du kannst das nicht verstehen.“ Er sammelt seine leeren Flaschen ein. „Wir sehen uns“. Klimpernd verschwindet er in Richtung Bar.

Kurz darauf kommt meine Freundin an den Tisch. „Tut mir leid, hat etwas länger gedauert. Hab mich fest gequatscht.“ Sie gibt mir einen Kuss auf die Wange. „Ich hoffe, mein kleiner Cousin war nicht allzu anstrengend. Als er gehört hat, das heute Gloryful Steel Hammer spielen, wollte er unbedingt mitkommen. Leider kann er mit seinem Geschwafel, das alles andere außer Metal nur Müll ist, echt anstrengend sein.“
„So schlimm ist er nicht.“ antworte ich.“Außerdem erinnert er mich an jemanden von früher.“
„Du etwa? Na, zum Glück habe ich dich erst jetzt kennengelernt.“ Dem kann ich nur zustimmen.

Anmerkung: Die hier genannten Bands sind reine Fantasieprojekte, willkürlich zusammengewürfelt. Ich habe nicht überprüft, ob es Bands mit solchen Namen gibt. Falls das so ist, ist das reiner Zufall und es bestehen keinerlei Zusammenhänge.

Donnerstag, 15. November 2018

Bücherkiste


Der Flix

Spirou in Berlin


Wie werden Dinge, die man mag, besser? Richtig, indem man sie mit anderen Dingen, welchen man ebenfalls zugetan ist, kombiniert.
In meinem Fall wäre das zum Beispiel Käse mit Spätzle. Frikadellen mit Bier. Heavy Metal mit Bier. Bier mit Bier.
Dementsprechend groß war meine Freude, als ich gehört habe, dass Der Flix an einem Spirou Band arbeitet. Einer meiner aktuellen Lieblings Comiczeichner und die – fast vergessenen – Helden meiner frühen Jugend kombiniert? Das kann nur gut werden. Plus und Plus gibt selten Minus.

Spirou und Fantasio gehören wohl zu den von mir am häufigsten gelesenen Comic Reihen. Die Abenteuer des etwas leichtgläubigen Journalisten und dem klugen Pagen haben mich einen großen Teil der frühen Jugend begleitet. Spannend, Temporeich, mit schrägem Humor und denkwürdigen Nebencharakteren wie der verschrobene Graf von Rummelsdorf, der größenwahnsinnige Zyklotrop
oder das Marsupilami. Letzteres dürfte inzwischen wohl bekannter als Spirou und Fantasio sein. Es erfreut sich bis heute großer Beliebtheit. Ich hingegen fand es schon immer eher störend und nervig.
Dennoch, die Comics haben mich einige Jahre begleitet. Den Bestand in der städtischen Bibliothek habe ich komplett verschlungen. Mehrmals. Im Gegensatz zu anderen Reihen wie Asterix und Obelix sind die beiden belgischen Abenteurer jedoch irgendwann von meinem Schirm verschwunden.

Den Flix habe ich vor einigen Jahren durch sein damaliges Online Comic Tagebuch kennen und später seine Arbeit durch die „Schöne Töchter“ Reihe lieben gelernt. Eine klare Linie in den Zeichnungen und ein oftmals stiller, teils bitter süßer Humor.
Somit ist der eigentliche Stil von „Der Flix“ deutlich anders als die von Franquin in den 1950er neu gestaltete Grundausrichtung der Spirou Reihe. Vor dem ersten Lesen war die größte Spannung also, wie das funktioniert. Gibt Plus und Plus wirklich immer Plus?

Sommer 1989. Auf der Suche nach einer Titelstory fahren Fantasio und Spirou zum Anwesen des Grafen von Rummelsdorf. Dieser erhält eine Einladung zu einem Pilzforscher Seminar in Ost Berlin. Fantasio wittert eine große Sensation, doch der Graf wirft die Einladung in den Müll. Ost Berlin? Nein, Danke.
Noch am gleichen Abend wird der Graf entführt. Eine Spur führt die beiden Freunde in die DDR. Dort werden sie bereits erwartet. Auftakt für ein furioses Abenteuer.

Zugegeben, meine Euphorie sorgt dafür, dass ich sofort mit Superlativen um mich werfen will: Gigantisch. Ein Meilenstein. Das Beste seit der Erfindung von Comics. Oder von Bier.
Mit etwas Abstand betrachtet legt sich meine Begeisterung. Allerdings nur ein bisschen. „Spirou in Berlin“ ist ein richtig guter Comic. Das Tempo und der irrwitzige Humor der Original Serie und Flix Zeichenstil und seine eher ruhige und unaufgeregte Art, Geschichten zu erzählen, harmonieren erstaunlich gut. Es ist keine unförmige Chimäre, sondern eine wunderbare Verschmelzung beider Stile. Der Band ist unverkennbar Spirou. Und unverkennbar Der Flix. Und unverkennbar etwas Eigenes.
Lesenswert wohl nicht nur für Flix oder Spirou Fans, sondern für alle, die einen guten Comic zu schätzen wissen. 

Wer Der Flix noch nicht kennt: hier gehts zu seiner Homepage mit seiner aktuellen Reihe "Glückskind"

Donnerstag, 8. November 2018

Mein CD Regal


Weak Aside

The Next Offensive

 

 


„Weak Aside.“ Musikalisch Death Metal. Textlich Krieg. Damit ist über die Musik der Emdener Kapelle eigentlich schon alles gesagt. Gegründet hat sich die Truppe 2006 als „Spearhead“, 2007 kam dann die Umbenennung in „Weak Aside“. Bei „The Next Offensive“ handelt es sich um die dritte Scheibe, zuvor sind bereits „Fire at Will“ und „Ghost Leader“ erschienen
Wer seinen Death Metal am liebsten klassisch ohne Schnick Schnack mag, kommt an dieser Band eigentlich nicht vorbei. Mal wahnsinnige Raserei. Mal düster schleppend. Aber immer brachial. „Weak Aside“ liefern Death Metal ohne große Überraschungen. Aber die braucht es ja auch nicht immer. Die Songs zünden sofort und gehen ohne Umwege in den Nacken.
Auch textlich bleibt man auf für Death Metal sicherem Terrain: Wie Anfangs erwähnt spielt das Thema Krieg eine große Rolle. Auf der Wikipedia Seite über „Weak Aside“ ist zu lesen, das Tom Zorn, Sänger und Gitarrist, in einem Interview mit dem Rock Hard zu verstehen gab, dass die Band keineswegs versucht, Krieg zu verherrlichen. Vielmehr gehe es darum, Brutalität und Grausamkeit des selbigen zu vertonen.
Eine Interessante Bemerkung, aber irgendwie überflüssig. Ich wäre beim hören nicht einmal ansatzweise auf die Idee gekommen, dass hier irgendetwas verherrlicht werden sollte. Zu brachial, zu düster ist der Sound. Wahnsinn und Sinnlosigkeit des Krieges als Musik. Ohne Pathos. Ohne Heldengesänge. Direkt und schonungslos.

Als Vergleich, wie andere Bands mit diesem Thema umgehen: die schwedischen Powermetal Überflieger von „Sabaton“. Mit ihren Alben stürmen sie regelmäßig die Charts. Inhaltlich dreht sich auch hier alles um Krieg. Mit dem Unterschied, dass hier eindeutig mehr Pathos versprüht wird. Heldentum im Angesicht eines übermächtigen Feindes, Heldentaten fürs Vaterland. Textlich und Musikalisch mit allem versehen, was der Power Metal Baukasten her gibt: Pathos, Kitsch, Dramatik und Bombast. Dabei erzeugen sie eine Stimmung, die für meinen Geschmack all zu oft nach: „Hurra, es ist Krieg“ klingt. Krieg als Abenteuer. Das ist jetzt natürlich nur meine rein subjektive Meinung. Aber gefühlt scheint es mir, dass sich daran keiner groß stört, während kleinere Bands aus dem extrem Metal Bereich mit Argus Augen beobachtet werden.
Nun ja, ich bin etwas abgeschweift. Vielleicht sehe ich das Ganze auch etwas zu Eng.

Um nun noch einmal auf „Weak Aside“ zurück zu kommen: nicht nur auf Platte sind die Jungs hörenswert. Life sind sie absolut eine Bank. So bin ich überhaupt erst auf die Band aufmerksam geworden. Beim Konzert im örtlichen JuZe. Energie geladen, druckvoll und kompromisslos: der Sound hat mich von Anfang an überrollt.
Wer also die Möglichkeit dazu hat:, „Weak Aside“ life und in Farbe zu sehen: hingehen, anhören. Warum? Death Metal!

Hier gehts es zur Facebook Seite der Band