Donnerstag, 28. Mai 2020

Aus dem Nähkästchen


Corona: Es soapt gar sehr


Nun, meine abschließenden Worte von meinen letzten Corona Gedanken hier scheinen bei irgendeinem übernatürlichen Wesen Gehör gefunden zu haben. Die Welt hat sich ein Stück in Richtung Normalität bewegt. Ein kleines nur, zugegeben. Aber immerhin. Die ersten Restaurants und Biergärten machen vorsichtig wieder auf, und das samstägliche Eis oder Stück Kuchen auf dem Heimweg vom Markt sind auch wieder möglich geworden. Die Anfangs von mir verhasste Gesichtsmaske nehme ich gar nicht mehr wirklich war und gehört zum Einkaufen inzwischen genauso selbstverständlich dazu wie der Geldbeutel.
Normalität sieht tatsächlich anders aus, aber immerhin. Ein Anfang. Bleibt die Hoffnung, dass es vielleicht am Ende des Jahres noch das ein oder andere Konzert – und sei es nur im kleinen Rahmen – geben wird. Optimistisch wie ich bin habe ich mir die Tage ein Ticket für das „Way of Darkness“ Festival im Oktober bestellt. Kann ja nur schief gehen.

Und bis dahin? Nun ja, inzwischen bieten viele Bands Live Konzerte via Stream an. Eine durchaus nette Idee. Zwar bin ich nicht der größte Freund von Konzert Mitschnitten – mir fehlt da einfach etwas. Daheim vor dem Fernseher zu sitzen und Musikern beim schwitzen und dem Mob beim durchdrehen zu zu sehen finde ich eher deprimierend als unterhaltend.
Aber ein direkt Live gestreamtes Konzert, ohne Publikum? Ohne wilde Schnitte oder Kamerafahrten? Nun, dass könnte durchaus spannend sein. Probiert habe ich es bisher noch nicht, am Samstag wird es dann endlich – wenn ich es mal wieder nicht verpeile- soweit sein. „Ahab“ spielen live im Cafe Central in Weinheim. Und wir können – ein hoch auf die Technik – dabei sein. Der Stream wird auf Youtube zu finden sein und danach noch für 24 Stunden bereit stehen. Die Einnahmen werden durch Spenden generiert und 50\50 zwischen Band und Location geteilt – so steht es zumindest auf der offiziellen Veranstaltungsseite bei Facebook. Eine gute Sache – und gerade bei live Auftritten von Ahab habe ich mir immer wieder gedacht, dass ich jetzt am liebsten mit einem Glas gutem Wein auf meinem Schaukelstuhl sitzen würde und mich von der massiven Walze in aller Ruhe überrollen lassen. Von demher für mich der perfekte Kandidat für ein „Wohnzimmer“ Konzert.

Auf jeden Fall wird es eine willkommene Abwechslung werden. Gerade in der letzten Zeit habe ich das Gefühl, das so langsam wirklich alle Spinnen. Also, noch mehr als ich eh schon den Verdacht hatte. Der Führer einer der größten Nationen empfiehlt, die Möglichkeit Desinfektionsmittel innerlich anzuwenden wissenschaftlich zu untersuchen. Funktionierende Maßnahmen führen zu einer Verlangsamung der Infektionswelle – und sofort vermuten Promis, Möchtegern Promis und geschasste Wissenschaftler, dass der Virus gar nicht so schlimm sein kann. Rechtsradikale setzen sich für die Grundrechte ein – genau jene, die sie anderen Menschen mit Freuden vorenthalten. Die Aluthuträger übertrumpfen sich fast täglich mit neuen Ideen und Gehirngespinsten. Erstaunlicherweise sind die Reptiloiden diesmal außen vor. Verdächtig, oder? Politiker überschlagen sich mit Ideen und Vorschlägen für Lockerungen beziehungsweise strengere Abschottungen – je nachdem im welchen Bundesland man sich gerade befindet.
Mal ganz ehrlich – wer braucht eigentlich noch Daily Soaps?

Donnerstag, 21. Mai 2020

Mein CD Regal


Finsterforst

Mach dich Frei 

 

 

 

2020 entwickelt sich zum Jahr des Konjunktivs. Eigentlich wären zwei Festivalbesuche angestanden. Und eigentlich wären eine ganze Reihe kleinerer Clubkonzerte auf dem Plan gestanden. Finsterforst zum Beispiel wären in Mannheim gewesen. War fest eingeplant. Aber, nun ja. Konjunktiv eben.
Auf Platte gehören Finsterforst spätestens seit der „Rastlos“ zu meinen absoluten Lieblingsbands. Mit dem Nachfolger „Mach dich Frei“ schlagen sie in genau die gleiche Kerbe. Black Metal, oft herrlich zäh und schleppend, zusammen mit Folkinstrumenten, hauptsächlich die Schwarzwald typischen Hörner und das Akkordeon. Folk Metal – ja, das schon. Aber ohne das Geschunkel und die Bierzelt Uftatata Rhythmen. Und auch textlich ist man von anderen Genrevertretern weit weg. Keine Asen, kein Met, kein Bier.
Dazu haben Finsterforst ein Händchen für den Spannungsbogen: abgesehen von den Zwischenspielen geht kein Song unter die 5 Minuten Marke, oft deutlich drüber. Trotzdem wirken die Lieder allesamt kurzweilig. „Mach dich frei“ist wie sein Vorgänger ein Kandidat für komplett am Stück gehört zu werden. Kopfhörer auf, Musik an, Welt aus. Funktioniert einwandfrei.

Und weil der Nachfolger eben fast genauso gut war wie „Die Rastlos“, und es inzwischen ein weiteres Studioalbum – das spaßige „Yolo“ lass ich hier mal unter den Tisch fallen – der Schwarzwälder gibt, konnte ich es kaum erwarten, Finsterforst endlich wieder mal auf der Bühne zu sehen.
Das letzte Mal ist schon eine Weile her. Wacken 2013. Letzter Tag. Ich war an der Hauptbühne bei Alice Cooper. Souveräne Show, geile Songs, doch irgendwie wirkte es so dermaßen routiniert – von allen Beteiligten - das gelangweilt wohl das passendere Adjektiv ist. Und während der Meister zur Guillotine schritt um zum keine Ahnung wievielten mal in seinem Leben geköpft zu werden, hab ich mir den Weg durch die Menge zur kleinen Wackinger Bühne gebahnt. „Finsterforst“ hatten dort, etwas Zeitversetzt, ihren Auftritt. Folgerichtig haben sie sich der – für Wacken- kleinen Menge als Begleitservice von Alice vorgestellt. Dennoch, oder gerade deswegen: es war für mich persönlich das Beste, was ich auf diesem Festival an Musik gesehen habe. Zwei Gründe dürften ausschlaggebend gewesen sein. Erstens: Finsterforst sind Live einfach gut. Die Befürchtung, dass die Stücke auf der Bühne eher langweilen als begeistern, hat sich recht schnell verflüchtigt. Zweitens: neben Alice hat im Zelt noch eine andere Szene Größe gespielt. Ich glaube es waren Candlemass, aber sicher bin ich mir nicht mehr. Auf jeden Fall gab es genug hochkarätige Ablenkung, die dazu geführt hat, dass die Meisten wirklich gezielt wegen Finsterforst da waren. Die hatten einfach Bock auf die Band und wussten genau, was sie erwartet. Es war fast schon Clubkonzert Stimmung. Die Band muss nicht das Publikum erst anheizen und von ihren eigenen Songs überzeugen. Der Funke springt recht schnell von der Bühne auf den Mob über. Kurz, das Konzert war der absolute Abriss, ich war verschwitzt und glücklich. Und hatte somit zumindest ein richtiges Konzert Erlebnis. 

Das Problem an den ganz großen Festivals vor den Hauptbühnen ist für mich nämlich die Stimmung vor der Bühne. Ganz vorne Tobt der Fanmob, aber mit jeder Reihe weiter hinten steigt die Zahl der Zaungäste. Die die Band wenig bis gar nicht kennen. Die auf den nächsten Act warten. Oder vor den Bierleichen in ihrem Camp geflohen sind. Da wird mal gefällig mit dem Fuß gewippt. Oder das Haar geschüttelt. Aber das wars dann auch schon an Stimmung. Lieber wird darüber diskutiert, an welchem Bierbrunnen es am schnellsten geht, ob das jetzt überhaupt Metal ist was da vorne passiert oder warum diese „Deep Purple“ eigentlich Headliner sind. Die hatten doch eh nur diesen einen Hit. Irgendwas mit Rauch.

Tja auf jeden Fall war mir nach dem Auftritt klar, dass ich „Finsterforst“ definitiv nochmal in gemütlicher Atmosphäre sehen muss. Aus verschiedenen Gründen hat sich die Gelegenheit dazu leider erst sieben Jahre später ergeben. Beziehungsweise, hätte. Konjunktiv. Ihr wisst Bescheid.


Donnerstag, 14. Mai 2020

Mein CD Regal


Within Temptation

Enter\ The Dance

 

 

Die meisten von Euch wissen es, meine ersten wirklichen Gehversuche in Sachen eigener Musikgeschmack habe ich Anfang der 2000er Jahre gemacht. Nu Metal und Crossover haben meine Liebe zu etwas härteren Gitarren entfacht. Und dann gab es da noch etwas, zumindest für mich, Neues und Aufregendes: Symphonic Metal. Der Ein oder Andere erinnert sich vielleicht noch daran, im Kielwasser von „Nightwishs“ Riesenerfolgen sind ähnlich gelagerte Bands wie Pilze aus dem Boden geschossen. Oder zumindest ins Rampenlicht gerückt. „Within Temptation“ zum Beispiel. Die Videos zu „Ice Queen“ und „Mother Earth“ liefen dauernd rauf und runter. Kein Musiksender, der einen nicht damit bombardierte. Rein von der Machart und Optik her sind beide für mich heute eher Kandidaten für eine Fremdschäm Show. Kitsch, Bombast, noch mehr Kitsch. Optisch. Und musikalisch. Was wohl eine Filmmusik artige, leicht mystische Atmosphäre erzeugen soll, erinnert mich eher an eine Anstehschlange in einem großen Vergnügungspark. Auch hier sowohl musikalisch als auch optisch. Irgendeiner meiner Bekannten hatte das damals mal „Europapark Metal“ genannt. Treffend. Mit meinen knappen 16 Jahren haben mich die Videos damals jedoch begeistert. Vielleicht war es auch nur die Sängerin. Hormone und so. 

Auf jeden Fall ging „Mother Earth“ steil durch die Decke, genauso der Nachfolger „The Silent Force.“ Ich wurde nie ganz warm mit der Band. Für mich klangen sie einfach wie eine etwas kitschigere, billigere und weichere Kopie von „Nightwish“. Hätte ich die Holländer vor den Finnen entdeckt, nun, ich hätte es wahrscheinlich genau anders rum gesehen.
Auf jeden Fall ging der Hype dann auch mal vorbei, und bis auf einige Wenige hab ich die meisten – nicht böse gemeint - „Trulla“ Bands aus den Augen verloren.
Bis mir dann malvon einem Metal Silberrücken nahe gelegt wurde, doch mal ein Ohr für das Debut Album von „Within Temptation“ zu riskieren. Im ersten Moment war ich etwas verwirrt: „Mother Earth“ kannte ich doch schon. Tja, Überraschung, es gab davor eine EP und ein Album, „The Dance“ und „Enter“. Und die seien deutlich besser als die nachfolgenden Sachen. Und deutlich anders. Nun, ich habe das registriert, aber dann auch irgendwie wieder vergessen. Zumal ich eine Zeitlang nie Rückwärts in einer Diskographie geschaut habe. Hatte ich doch zu dem Zeitpunkt die Einstellung, dass das Neueste auch zeitgleich das Beste sei. Etwas naiv, ich weis.

Auf jeden Fall fiel mir kürzlich beim stöbern „The Dance“ und „Enter“ als gemeinsame CD in die Hand. Heißt, dass alle Songs beider Veröffentlichungen drauf sind. Beide Booklets schön hintereinander abgedruckt. Und beide Original Cover, eins vorne, eins hinten. So kann man sich dann selber entscheiden, was einem besser gefällt. Persönlich finde ich beide furchtbar.
Aber, man soll ja nicht immer auf das Äußere schauen, außerdem hatte ich dieses „Früher waren die ganz anders“ noch im Hinterkopf. Also wurde das Ding kurzerhand mitgenommen.

Nach hinten schauen lohnt sich manchmal wirklich. Was die Holländer da abliefern, ist schlicht und ergreifend Gothic Metal der gelungenen Art. Düster, schleppend, packend. Gut, der Kitsch tropft auch hier schon aus den Boxen, fügt sich aber noch passend in die Gesamtstimmung ein und brüllt nicht alles nieder. Auch der Bombast ist schon vorhanden, aber stimmig. Insgesamt klingt es hier deutlich mehr nach „Tristania“ oder „Theater of Tragedy“, was nicht zuletzt auch an den ziemlich starken Growls liegt, die einen schönen Kontrast zu Sharon del Adels guter, aber für mich ziemlich anstrengender Stimme liefert. Das Instrumental „Blooded“ liefert da eine Verschnaufpause und spielt musikalisch sämtliche Stärken der Band aus.
Gut, auf Albumlänge zündet es nicht immer, und manchmal wird aus episch schleppend schnell belanglos dudelnt. Die Anstehschlange lässt grüßen. Aber im Großen und Ganzen machen sowohl EP als Album richtig Spaß. Für mich einer der Funde überhaupt dieses Jahr.


Donnerstag, 7. Mai 2020

Aus dem Nähkästchen


Corona. Ich hab immer noch die Krise


Tja, es war zu erwarten. Der Festivalsommer verschiebt sich um ein ganzes Jahr nach hinten. Vom großen Riesenfestival bis zum kleinsten Underground Acker – alles dicht. Erwartbar. Verständlich. Trotzdem Scheiße.


Schlammopfer 2013
Klar, unterm Strich ist die komplette Absage aller größeren Veranstaltungen eine vernünftige Maßnahme. Ganz egal, ob man der Meinung ist, dass da mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird.Wenn man das ganze Festival über misstrauisch seine Mitmenschen beäugt und jedes Husten, Räuspern und Niesen mit Argusaugen beobachtet anstatt einfach Sonne, Bands und Bier zu genießen, dann kommt einfach keine entspannte Atmosphäre auf. Und ob das Risiko, infiziert zu werden, dass bisschen Spaß wert ist, ist eh fragwürdig.

Ich hab es die letzten Wochen immer wieder erwähnt, und ich mache es wieder: für mich und die meisten anderen von uns ist es einfach nur ärgerlich. Keine Moshpits bei brennender Sonne. Keine bierseligen Runden mit Menschen, die man nie gesehen hat. Und nie wieder sehen wird. Keine bescheuerten Suff Aktionen mehr, Sinn- und Hirnbefreit. Gut, letzteres ist vielleicht sogar eine gute Sache.
Ärgerlich. Man hat sich ja wie ein Kind auf seine Schultüte darauf gefreut.

Ärgerlich ist aber nun mal immer noch besser als „Existenzbedrohend“. Und dass ist es nun einmal für alle, die irgendwie in der Unterhaltungsbranche ihr Lebensunterhalt bestreiten. Sei es so offensichtliche Berufe wie Musiker, Veranstalter oder die ganzen anderen, nicht ganz so präsenten Berufe wie Techniker, Logistiker und was es noch so alles braucht, um ein Festival auf die Beine zu stellen. Es sind mehr, als man sich im ersten Moment vorstellt. Für die alle ist es richtig beschissen.
Was also tun? Nun, ich wühl mich immer noch durch Bandcamp und bestell ein paar CDs von Bands, die ich so noch gar nicht auf dem Schirm hatte. Von „The Prophcy23“ hab ich mir anstatt der geplanten Konzertkarte eine ihrer Sporthosen gekauft. Im schicken, stilsicheren grün. Fresh halt. Tickets gebe ich nicht zurück. Klar, das ist nicht viel, und wird die Branche ganz sicher nicht retten. Aber es ist das, was ich nun mal machen kann.
Und es gibt noch mehr andere Ideen – Bands, Labels, Künstler: viele werden gerade richtig kreativ und versuchen mit Streaming Konzerten, extra Merch – Gesichtsmasken sind wohl gerade aus irgendeinem Grund der Renner – Spendenkonten und zig anderen Ideen die Katastrophe ein bisschen ab zu federn. Wer also helfen will und nicht weis wie – einfach mal ein bisschen im Internet stöbern.

Ansonsten bleibt nur noch, auf das nächste Jahr zu hoffen. Anstatt frisch gezapftes Bier und Freilicht Konzerte gibt es bei mir im Moment Dosenbier und Konservenmusik an einem ruhigen, sonnigen Fleckchen. Auch ganz schön. Klar, die soziale Komponente fehlt ein bisschen, aber man kann auch mit sich alleine und seinen Stimmen im Kopf Spaß haben. Bis zu dem Punkt, wo es gruselig wird und man wieder nach Hause geht.
Es bleibt dabei: hoffentlich ist bald alles wieder ein Stückchen normaler.