Donnerstag, 19. Dezember 2019

In eigener Sache


 Jahresende


Es ist wieder soweit. Die vierte Kerze am Adventskranz geht bald an. Die besinnliche Zeit nähert sich dem Ende. Und die Erkenntnis trifft einen wie ein Schlag: verdammt, es ist bald Weihnachten. Überraschend und plötzlich, wie jedes Jahr, steht es einfach so vor der Tür. Zum Glück bombardiert uns die Werbung jetzt noch mal mit den besten Ideen für die tollsten Geschenke für das perfekteste Weihnachten überhaupt. So wissen wir, was wir unseren Liebsten kaufen müssen. Und für die, die man nicht so gut kennt oder mag? Da findet sich auch was. 9,99 – das wusste schon Rio Reißer. Hauptsache was gekauft.
Ich gehe gerne am vierten Adventssamstag noch einmal in die Stadt. Nicht, um mich dem Wahnsinn anzuschließen. Nein, vielmehr um mir einen Glühwein zu schnappen und den Trubel zu beobachten. Knüppel volle Kaufhäuser, grimmige Gesichter, und der verbissene Kampf um die letzten Schnäppchen. Spannend, wie Beisinnlichkeit und Vorfreude aussieht. Je lauter und hektischer es an diesem Tag um mich herum wird, umso entspannter und ruhiger werde ich. Das meinte also Aristoteles wohl mit dem Begriff Katharsis.

Wie auch immer, es steht nicht nur das letzte Adventswochenende vor der Tür. Es ist auch Zeit für den letzten Beitrag auf dem Nähkästchen in diesem Jahr. Und wie immer gibt es hier kein super duper Jahresrückblick Spezial. Wer wissen will, was ich in diesem Jahr hier alles von mir gegeben habe: es findet sich alles in den Rubriken wieder.
Eine Vorschau aufs neue Jahr? Nun ja ich bin kein Hellseher.Aber ich kann sicher sagen, dass der alltägliche Wahnsinn nächstes Jahr nahtlos weitergehen wird. Dazu braucht es keine Kugel. Was den Blog betrifft: ich werde weiter machen solange wie ich Zeit, Lust und Kreativität besitze. Das Nähkästchen macht mir Freude, aber ich werde nicht verkrampft Blödsinn schreiben nur um etwas zu veröffentlichen. Es läuft hier weiter so lange wie es läuft. Das nächste Lebenszeichen wird es hier am 9.1.2020 geben.

In diesem Sinne wünsche ich euch eine gute Zeit, fröhliche Weihnachten, erhellende Rauhnächte und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

Donnerstag, 12. Dezember 2019

Bücherkiste


Edmond Hamilton

Captain Future

Der Sternenkaiser


Auf dem Jupiter grassiert eine furchtbare Seuche. Irdische Siedler entwickeln sich innerhalb weniger Tage zurück und verwandeln sich in prähistorische, wilde Bestien. Die Krankenhäuser sind überfüllt. Ein Heilmittel scheint es nicht zu geben. Die Unruhe unter der Bevölkerung wächst.
Der Präsident der Erde schickt seinen besten Agenten los, um die Vorfälle zu untersuchen. Bei seiner Rückkehr ist dieser auch infiziert. Er hat herausgefunden, dass die Seuche künstlichen Ursprungs ist. Über die Identität der Verursachers konnte er nichts erfahren, außer einen Namen: Der Sternenkaiser.
Die Gefahr ist Groß, die Situation hoffnungslos: Der Präsident der Erdregierung entschließt sich, den strahlendsten Helden des Sonnensystems zur Hilfe zu rufen: Captain Future. Zusammen mit dem lebenden Gehirn Simon Wright, dem Roboter Grag und dem Androiden Otho macht er sich auf zum Jupiter, um das Rätsel zu lösen.

Bei der Sternenkaiser handelt es sich um den ersten Band von Captain Future, die ab 1940 als Heftroman Reihe in den USA erschien. Die Romane bilden auch die Grundlage für die deutlich bekanntere Anime Serie aus den 1980er Jahren. Seltsame Schnitte, krude Handlungen und komische Dialoge: ohne die Erinnerung an meine Begeisterung für Captain Future als Kind wäre die Serie heute komplett unschaubar für mich. So halte ich knapp knapp eine Folge aus.
Liegt es vielleicht nur an der deutschen Filmbearbeitung, oder ist schon die Vorlage genau so seltsam? Grund genug, mir das erste Buch mal durchzulesen.


Die Geschichte an sich ist recht unterhaltsam und spannend erzählt. Tiefgang sucht man hier aber – natürlich – vergebens. Pulp Roman halt.
So ist im Captain Future Universum Alles super. Der Captain ist super intelligent, super stark und super beliebt. Die Comet ist super modern und super schnell. Die Gegenspieler sind super böse und super verschlagen. Alles super.
Der eigentliche Unterhaltungswert des Buches liegt für mich nicht in der Geschichte an sich. Hamilton beschreibt die Zukunft sehr detailreich. Den Jupiter und seine Monde bevölkert er mit allerlei seltsamen Tieren und Kreaturen. Halb intelligente Kristalle, die alles auffressen, was sich ihnen in den Weg stellt zum Beispiel. Ich finde es spannend zu lesen, wie sich Menschen früher die Zukunft erdacht haben. Wissenschaftliche Erkenntnisse von damals mischen sich mit der Fantasie und Vorstellungskraft des Autoren zu etwas, was aus heutiger Sicht herrlich anachronistisch und somit, zumindest aus meiner Sicht, herrlich sympathisch wirkt.
So ist die Gesellschaft im Future Universum auf der einen Seite deutlich weiter als wir heute. Schnelle Raumschiffe ermöglichen die Besiedlung ferner Welten, eine zentrale Weltregierung lenkt die Geschicke der Menschheit. Auf der anderen Seite wirken viele Dinge antiquiert und angestaubt. Die Comet wird nach Sicht gesteuert, von einem Bordcomputer ist nichts zu lesen. Wie auch, waren die Computer aus Hamiltons Zeit doch nur bessere Rechenschieber. Dass Potential, das in ihnen steckt, war nicht annähernd erkennbar.
Frauen kommen im ersten Band auch vor. Eine von ihnen ist sogar ausgebildete Geheimagentin. Und trotzdem, außer den Captain an zu schmachten und hysterisch zu kreischen hat sie wenig zu tun. Am klassischen Frauenbild ändert sich in dieser Zukunft also nichts.
Das ist genau das, was ich an alter Science Fiction mag: auf der einen Seite wird deutlich, was für eine Vorstellungskraft einige Menschen damals hatten. Auf der anderen sieht man aber auch, dass manche Vorstellungen und Rollenbilder so dermaßen fest sitzen, dass diese sich auch in der vorgestellten Zukunft nicht ändern. Spannend zu sehen, wo Zukunftsvisionen ihre Grenzen haben.

Was also bleibt nach dem Lesen des Romans bei mir hängen? Eine recht nette Geschichte, die deutlich mehr Sinn als die Fernsehreihe macht. Ein gutes Beispiel, wie Unterhaltung vor Fernseher und Streamingdiensten ausgesehen hat. Ein herrlich buntes Sonnensystem voller abstruser Ideen und anachronistischem Charme. 
Der Captain ist auf jeden Fall auch heute noch lesenswert. Sei es nur als Kuriosum.

Donnerstag, 5. Dezember 2019

Mein CD Regal


Evertale

Of Dragons and Elves

 


Als Band, die schon Jahrelang dabei ist und eine große Anzahl Alben veröffentlicht hat, hat man es nicht immer einfach mit den Fans. Bleibt man seinem Stil treu, und dreht nur noch an einigen Stellschrauben, schreit ein Teil der Anhängerschaft gleich: „Pfui, die veröffentlichen immer nur den gleichen Kram“. Versucht man was Neues, die eigentlichen Stärken mit frischen Elementen oder komplett neuen Ansätzen zu erweitern, heißt es wieder. „Pfui. Früher waren die besser. Warum können die nicht noch mal ein Album wie xy rausbringen?“
So geht es mir mit Blind Guardian. Auf der einen Seite bin ich wirklich froh, dass die Band ihren Sound immer wieder weiter und neu entwickelt hat. Auf der Anderen trauere ich immer noch der „Imaginations“ und „Nightfall“ Phase nach. Für mich musikalisch der absolute Höhepunkt in ihrem Schaffen. Klar, man hört dann halt die alten Sachen, aber irgendwann sind die halt auch durch. Und man will dann halt doch was Neues. Aber halt im alten Stil. Was Neues Altes halt.
Und hier kommen „Evertale“ ins Spiel. 

Die Kehler springen mit ihrem Debut in genau die Lücke, die Blind Guardian hinterlassen haben. Knackiger Powermetal, mit einigen symphonischen Farbtupfern und atmosphärischen Spielereien wie Spoken Words Passagen. Aber eben noch deutlich schlanker und weniger über produziert wie die aktuellen Sachen von „Blind Guardian“. Gut, „Hansi Chöre“ - also die Gesangstimme mehrmals aufgenommen und übereinandergelegt – gibt es hier auch. Aber es hält sich in Grenzen, und so schafft die CD es wunderbar, die Balance zwischen gerade aus und verspielt zu finden. Etwas, was ich an den beiden oben genannten Alben sehr liebe.
Textlich bewegt man sich knietief im Fantasy Kitsch Sumpf. Als Vorlage dient hier „Die Chronik der Drachenlanze“. Die Buchreihe wiederum beruht auf der Welt von „Dungeons and Dragons“. Nach den Büchern rund um den Dunkelelfen Drizzt do Urden dürfte es wohl die bekannteste Buchreihe aus dem Rollenspieluniversum sein. Die ich bis heute nicht gelesen habe.
Inhaltlich dreht sich alles rund um Drachen, tapfere Helden und böse Bösewichte. Also so richtig Böse. 

Manch einen dürfte die Thematik wohl genauso freuen wie eine erfolgreiche Würfelprobe, mich lässt sie inzwischen relativ kalt. Gut, meine Charakterbögen liegen auch schon mehr als ein Jahrzehnt unbenutzt im Keller. Aber, ganz der kitschigeren Art der Fantasy bin ich eh nicht entwachsen. Somit stört es mich nicht weiter.
Und zur Musik passt es. So bleibt am Schluss für mich ein richtig guter Blind Guardian Ersatz, der trotz der Nähe zu den Vorbildern einigermaßen selbstständig und erstaunlich frisch wirkt. Der Refrain von „In the Sign of the valliant Warrior“ hängt mir jetzt schon mehrere Wochen im Ohr fest. Gut, Ohrwürmer gibt es viele. Aber wenige, die mir auf die Nerven gehen.

Die offizielle Homepage findet ihr hier

Donnerstag, 28. November 2019

Aus dem Nähkästchen

Ideenlos 



So eine Woche kann verdammt schnell rum sein. Kaum habe ich einen Beitrag für das Nähkästchen fertig geschrieben, durchgelesen, mit dekorativen Bildchen aufgehübscht und veröffentlicht, ist Ruck Zuck schon wieder Mittwoch. Tempus Fugit, wie Annorax sagte. Beziehungsweise mein Lateinlehrer.
Normalerweise ist Mittwoch der Tag, an dem ich mich hinsetze und meine Notizen durchschaue, die ich immer wieder mal schön regelmäßig unregelmäßig mit neuen Ideen füttere. Oder ich greife blind in mein CD Regal und höre mir in Ruhe das so gefundene Stück Musik an. Manchmal übernimmt meine Zufallswiedergabe diese Aufgabe. Beim hören überlege ich mir, woher ich diese CD habe, wie ich die Band entdeckt habe, oder wie zum Geier ich irgendwann mal der Meinung sein konnte, dass ich dieses Machwerk brauche. Daraus entwickelt sich in meinem Kopf meistens eine Grundidee für einen Text. Ich setze mich vor den PC oder greife mir Blatt und Stift. Und dann geht es eigentlich ganz von alleine. Die Idee fließt aus dem Kopf auf das Papier – egal ob digital oder analog – und der erste grobe Entwurf steht. Das lese ich mir einmal durch, entferne die allerschlimmsten Tippfehler, Wiederholungen und andere grobe Schnitzer, und lasse es dann erst einmal liegen. In der Zwischenzeit suche ich aus meinem Fundus die passenden Bilder raus. Oder mache Neue. Dabei hat sich mein herrlich bunter, psychedelischer Teppich als perfekter Hintergrund erwiesen. Übrigens, alle Fotos auf dem Nähkästchen stammen von mir. Ich benutze kein Equipment, dass über die Kamera an meine Handy hinausgeht.
Wenn das dann erledigt ist, wird der Text noch einmal überarbeitet. Neue Ideen kommen dazu, unnötige Textteile verschwinden. Es ist ein bisschen wie das Schleifen, nachdem man mit seiner Laubsäge eine schöne Figur ausgesägt hat. Bin ich schließlich damit zufrieden, wird gespeichert und der PC heruntergefahren. Oder eben das Notizbuch geschlossen. Am Donnerstag bleibt dann meistens nur noch, ein paar mal Korrektur lesen. Oder eben das Abtippen des Handaufschriebs.
Text hochladen, Bildchen dazu, und zack: ein neuer Metalnähkästchen Beitrag hat den Sprung in die Weiten des Internets geschafft.
Normalerweise.
Gestern saß ich vor meinen Notizen. Nichts. Hab CD nach CD aus dem Regal geholt. Nichts. War spazieren. Nichts. Ein paar halbgare Gedankenblitze, ein paar Aufhänger. Aber nichts, was auch nur Ansatzweise wirklich als Idee durchgehen würde.
Deshalb stelle ich euch keine neue CD vor, habe keine neue Buchentdeckung dabei und erzähle euch auch nicht von meinen Ausflügen oder Erlebnissen.
Ganz ohne Musik lasse ich euch aber nicht sitzen. Seit gut zwei Wochen läuft „Wanderer“ von „Geäst“ wieder bei mir rauf und runter. Und bereitet mir große Freude. Liegt wahrscheinlich am Wetter.

Donnerstag, 21. November 2019

Mein CD Regal


Primal Fear

Seven Seals

 

 


Eigentlich wollte ich heute gar keine CD vorstellen. Aber meine Zufallswiedergabe hat anders entschieden. Während ich mein Bilderarchiv nach einem netten Ort für „Raus. Gehen.“ durchsucht habe, hat diese mir innerhalb einer dreiviertel Stunde satte drei mal Primal Fear um die Ohren geschleudert. Und das, obwohl in meiner ganzen Musiksammlung nur die „Seven Seals“ zu finden ist. Eine erstaunliche Trefferquote.
Also hab ich die Zufallswiedergabe ausgestellt, den Bilderordner geschlossen, mich in den Schaukelstuhl gesetzt und zum ersten mal seit einer gefühlten Ewigkeit die CD der schwäbischen Heavy Metal Institution in Ruhe am Stück angehört. Danach hatte ich den ganzen Tag gute Laune und ein dickes Grinsen im Gesicht.
Das liegt jedoch in erster Linie nicht an der Musik an sich. Geboten wird ganz klassischer Heavy Metal. Solide. Klassisch. Innovationsbefreit. Aber trotzdem höchst unterhaltsam.
Was die Scheibe für mich persönlich so besonders macht, ist etwas anderes: Es ist die erste CD, die ich mir von eigenem Gehalt – nicht Taschengeld – gekauft habe. Und es ist mein erster Blindkauf. Von Primal Fear hatte ich bis dahin noch nie was gehört. Aber das Cover fand ich hübsch. Und es stand in der Heavy Metal Abteilung. Was soll also schon schief gehen? Eben. Gesehen, gekauft, gehört. 

Schnörkelloser Heavy Metal auf einem spielerisch ganz hohen Niveau – einen besseren Glücksgriff hätte ich damals wohl kaum landen können. Damals war das genau mein Fall.  Das Ding lief gefühlt eine Ewigkeit – egal ob beim Autofahren, beim Haushalt oder zum Nerven von Freunden. Und es wurde einfach nie langweilig. Pfeilschnelle Songs, knackige Midtempo Stampfer. Und mit „Diabolus“ ein richtig guter Metal Song, der beides vereint. Ich konnte mich nicht satt hören.
Und heute? Nun ja, ohne die Euphorie und den Enthusiasmus, den man immer hat, wenn man neue Musik für sich entdeckt, hat die Platte schon einiges an ihrem Unterhaltungswert verloren."Higher, Fire, Desire" Bands hab ich inzwischen mehr als genug gehört.  Aber im Gegensatz zu anderen CDs, die ich mir zu meiner Anfangszeit gekauft habe und die jetzt Staubfänger im Regal spielen, kann ich das Ding immer noch hören. Und manchmal macht es sogar richtig Spaß. Das liegt wohl an den beiden Hauptverantwortlichen hinter der Band: Matt Sinner und Ralf Scheepers. Beide lange im Geschäft, der eine verantwortlich für „Sinner“, der andere Sänger bei „Gamma Ray“. Namen, die mir damals nichts gesagt haben. Bands, von denen ich noch nichts gehört hatte bis dahin. Heute weiß ich: die Jungs sind einfach ein Garant für gute Rock und Metal Songs. Die jahrelange Erfahrung der Musiker ist es dann auch, die den recht geradlinigen Songs dann das Gewisse etwas verleiht.
Ja, heute würde ich mir die CD so wohl nicht mehr kaufen.Und wohl auch keine zweite. Was ich bisher sonst noch so gehört habe, ist zwar auch sehr gut, fällt  für meine Begriffe jedoch unter "Kennst du eine, kennst du alle." 
Aber wenn ich – oder meine Zufallswiedergabe - mal wieder Bock auf geradlinigen Metal zum Kopf frei kriegen habe, dann ist diese CD immer noch ganz vorne dabei.

Donnerstag, 14. November 2019

Mein CD Regal


Dark Tranquillity

Atoma

 

 


Eine Band, gegründet 1990 rum in Schweden. Elf Alben. Headliner Touren um den ganzen Globus. Gast auf den kleinen, größeren und größten Festivals. Mitbegründer der sogenannten Göteburger Schule.
Und bis dato so gar nicht auf meinem Schirm. 

Ja, ich wusste dass es sie gibt. Ja, ich wusste, dass sie zu den Stil prägenden Bands gehören und eigentlich alleine deshalb Pflichtprogramm für den geneigten Langhaarigen sind. Ziemlich sicher kenne ich auch einzelne Songs von ihnen, ohne zu wissen, dass es sich dabei um Dark Tranquillity handelt. Bisher bin ich jedoch nie dazu gekommen, mich näher mit ihnen zu beschäftigen. Was weniger an mangelndem Interesse an der Band liegt. Leider hat meine Woche nur sieben Tage, und die nur je 24 Stunden. Bei der Flut an Alben und Bands, die hörenswert sind,komme ich einfach nicht immer hinterher. Meine Liste mit „Hör mal rein“ wächst fast genauso schnell, wie ich sie abhaken kann.
Aber, Wühltisch sei dank, die Bildungslücke Dark Tranquillity ist ein bisschen geschlossen worden.

Atoma hört man vor allem eines an: die Jungs sind wirklich lange dabei und wissen genau, was sie tun. Routiniert, ohne zu langweilen.
In wie weit der Sound von Atoma jetzt noch was mit Death Metal zu tun hat, dass überlasse ich den Jungs, denen solche Begriffe wichtig sind. Das Album kommt brutal daher, ohne wirklich brachial zu werden. Und geht sofort ins Ohr. Manche mögen da „Poppig! Ausverkauf!“ rufen, aber die Band schafft es, trotz dieser Eingängigkeit nicht Langweilig zu werden. Das Album hat jetzt mehrere Durchgänge bei mir überstanden, ohne dass sich irgendwie beim hören etwas abgenutzt hat. Das ist an sich schon ein Kunststück für sich.
Das nächste: viele CDs verleiten mich immer wieder dazu, auf die Skiptaste zu drücken. Einzelne Songs zünden, das ganze Album eher nicht. Bei Atoma ist es genau andersherum. Einzeln, für sich, rauschen die Songs in mein Ohr und ziemlich sofort wieder raus. Auf Albumlänge jedoch überzeugt mich die Musik komplett. Zusammen erzeugen die Songs eine ruhige, melancholische Atmosphäre, wobei jedes Stück wie ein Puzzleteil für das große Ganze wirkt. Perfekt, um bei nebligem Herbstwetter im Schaukelstuhl zu sitzen, einen guten Scotch zu trinken und das Kopfkino an zuschmeißen.
Kurz: Atoma hat mich überzeugt. Die Musik ist auf den Punkt, schnörkellos und kommt ohne viel Schnick Schnack daher. Und erzeugt trotzdem eine angenehme Atmosphäre. Das Artwork der CD passt da ganz gut dazu: der Gitarrist Niklas Sundin hat einige stimmungsvolle, aber recht schlichte Bilder beigesteuert, die wunderbar zur Grundstimmung passen.
Nun gilt es, zumindest ein paar der zehn weiteren Alben zu entdecken. Es ist sicher spannend zu hören, wie die Entwicklung zu diesem Sound über die Jahre gelaufen ist. Meine Liste ist wieder ein Stück länger geworden.



Donnerstag, 7. November 2019

Bücherkiste


Terry Pratchet

Maurice, der Kater


Ratten! Eine wahre Plage sucht die Stadt heim. Ein Rattenfänger muss her. Der ist auch schnell gefunden. Ein junger Mann zieht mit seiner Katze durch die Lande, um mithilfe seiner Flöte Städte von den vierbeinigen Plagegeistern zu befreien.
Was die Leute nicht wissen: sie sind Opfer einer Betrügerbande geworden. Der Junge – vielmehr sein Kater – arbeitet nämlich mit einer Gruppe Ratten zusammen.Die Ratten werden vorausgeschickt, pinkeln ins Mehl, zeigen sich in Vorräten, stiften ein bisschen Chaos.Sobald die Stadt einen Rattenfänger sucht, tritt der Junge auf den Plan. Eine fingierte Rattenplage, ein bisschen Flötespielen, Belohnung kassieren: einfach verdientes Geld. Nur diesmal ist es anders: es sind bereits Rattenfänger vor Ort, die eine lang andauernde Plage bekämpfen. Das obwohl die Rattengruppe keinerlei Spuren anderer Ratten findet. Nur ein paar alte Spuren, und der Geruch von Angst. Dazu beginnt die Gruppe allmählich, ein gewissen und moralische Werte zu entwickeln. Ist es richtig, Menschen zu betrügen und Lohn für eine nicht gemachte Arbeit zu kassieren? Das gemütliche Leben des Katers gerät mehr und mehr in Gefahr.


Terry Pratchtet nimmt das bekannte Thema „Der Rattenfänger von Hameln“ auf und dreht sie einmal durch den Scheibenwelt Wolf. Herauskommt eine wirklich unterhaltsame Geschichte zum schmunzeln. Der Kater und die Ratten haben nämlich ein Problem: Intelligenz. Die Ratten haben Abfälle der magischen Universität gefressen und dadurch die Fähigkeit, zu denken und zu sprechen, erhalten. Maurice wiederum ist durch den Genuss einer dieser Ratten damit angesteckt worden. Anstatt sich nun gegenseitig zu Fressen, fangen Katze und Ratten an, miteinander zu Arbeiten. Die Katze entwickelt den perfiden Plan, reiche Städte mithilfe der Ratten auszunehmen. Das läuft recht gut, bis die Ratten plötzlich anfangen, moralische Bedenken zu entwickeln und die Pläne der Katze zu durchkreuzen. Und auch Maurice lernt nach und nach die Schattenseiten der Intelligenz kennenzulernen: schlechtes Gewissen, Verhaltensregeln, der Unterschied zwischen Richtig und Falsch. Alles Dinge, die als normale Katze nie ein Problem waren.
Pratchet schafft es, philosophische Grundthemen einfach und unterhaltsam anzureißen: die Ratten dabei zu begleiten, wie sie von einem wilden Rudel zu einer organisierten Gesellschaft zusammenwachsen, macht Spaß.
Dazu kommt, dass es für Scheibenwelt Verhältnisse und für Pratchet insbesondere eine wirklich einfache Geschichte ist. Während die „dunkle Seite der Sonne“ auf jeder Seite mindestens einen Knoten im Gehirn verursacht, lässt sich „Maurice“ schön am Stück lesen. Gerade für Leute, die bisher einen Bogen um die Scheibenwelt gemacht haben, ist Maurice dadurch durchaus interessant.
Mir persönlich hat das Lesen jede Menge Spaß gemacht – die Rattenfänger Variante ist durchaus eine gute Urlaubsbgeleitung. Und durch die Probleme, welche Katze und Ratten mit dem Denken bewältigen müssen, lässt es sich auch wunderbar mehrmals lesen.

Donnerstag, 31. Oktober 2019

Mein CD Regal


Apophis

Down in the Valley

 

 

 


Helloween. Die Tür zur Anderswelt steht sperrangelweit auf. Kobolde, Geister und anderes Grußelgetier treiben ihr Unwesen auf den Straßen. Und im Internet. Egal wohin man schaut, Helloweenspecials ohne Ende. Comics mit Kürbissen, Horrorfilm Empfehlungen, sogar Zombies aus Klemmbausteinen: happy Halloween in den sozialen Netzwerken. Hier: nicht. Gruseln kann ich mich auch ohne das Geisterfest, wenn ich mal wieder blöd genug bin, Kommentarspalten bei Nachrichtenseiten zu lesen. An Kürbissen hab ich dank Helloween das ganze Jahr über genug, und ausgerechnet heute eine Platte von denen zu besprechen finde ich so originell wie ein Kamel in der Wüste.
Stattdessen stelle ich euch lieber meine letzte Neuentdeckung vor. Apophis. Solider Oldschool Death aus Aalen.
Kleines JuZe. Drei mal Deathmetal. Apophis zum Abschluss. Ich mache es kurz: das davor war nett und unterhaltsam. Apophis aber waren einfach Abriss. Fertig. Dass die Jungs schon lange dabei sind hört man deutlich – Leidenschaft und Spielfreude trifft auf das richtige Maß an Routine. Nackenmuskeltraining vom feinsten. Direkt danach bin ich verschwitzt und glücklich gleich zum Merchandise Stand und hab mich mit CDs , in diesem Fall das 2005er „I am your Blindness“ sowie das 96er „Down in the Valley“, und Textil ausgerüstet.
Jetzt ist dass mit diesen Konzert Entdeckungen ja so eine Sache. Ob man einfach den ganzen Abend gut fand und im Überschwang dann eine auf Platte doch eher mäßige Band gekauft hat oder ob man wirklich einen guten Fang gemacht hat, dass findet man halt erst ein paar Tage und CD Durchläufe später raus. In diesem Fall: alles Richtig gemacht. Gute Liveband, gute Studioband.
Geboten wird Oldschool Death Metal – mal wilde Raserei, mal schleppend düster. Entombed, Asphyx – vergleichbare Bands gibt es einige.
Zwischen beiden CDs liegen knapp zehn Jahre und ein fasst kompletter Bandwechsel. Der Stil hat sich dabei kaum verändert. Die Grundzutaten sind bei beiden Scheiben gleich.Vom Sound her ist die aktuelle Platte deutlich Druckvoller und die Songs wirken ein Stück ausgereifter. Dennoch gefällt mir „Down in the Valley“ einen halben Tacken besser. Ihr wisst, ich mag es wenn es rumpelt. Dazu kommt noch das hübsch gemalte Coverartwork.

Wer in seiner Deathmetal Sammlung nicht zwingend nur die großen Namen braucht, ist bei Apophis richtig. 

Hier geht es zur Facebook Seite der Band

Donnerstag, 24. Oktober 2019

Bücherkiste


Robert A. Heinlein

Starship Troopers


Irgendwann in der Zukunft. Der junge Rico steht kurz vor seinem Schulabschluss. Eigentlich wollte er danach studieren gehen. Er begleitet jedoch seinen besten Freund zur Musterungsstelle. Dort treffen sie auf seinen Schwarm, und aus einer Bauchentscheidung – oder eine Region weiter unten – entschließt sich Rico doch ,zum Militär zu gehen. Gegen den Willen seiner Eltern. Zwei Jahre extrem harte Ausbildung liegen vor ihm. Sie bringt ihn körperlich und geistig immer wieder an sein Limit, und mehr als einmal steht er kurz davor, den Dienst zu quittieren.
Am Ende der Dienstzeit ist er ausgebildeter Soldat, vollständiger Bürger und Mitglied der mobilen Infanterie, einer schnellen Eingriffsgruppe die immer an vorderster Front eingesetzt wird. Und er findet sich gleich in einem erbarmungslosen Krieg wieder. Die Bugs, ein insektenartiges Kollektiv, bedrohen die Erde.

Robert Heinlein macht es einem mal wieder nicht einfach. In jedem Roman, in dem ich bisher von ihm gelesen habe, trafen eine geniale Geschichte und eine gute Erzähl weise auf verschrobene Charaktere und seltsame Weltansichten. „Die Katze, die durch Wände geht“ ist ein wirklich spannender Zeitreiseroman. Mit einem Hauptcharakter, der zwischen genialem verrücktem Wissenschaftler und senilen altem Lüstling schwankt.
Bei „Fremder in einer fremden Welt“ kollidiert die geniale Idee, einen von Marsmenschen erzogenen Menschen zurück zur Erde zu schicken und lernen zu lassen, was Mensch sein bedeutet, mit einer etwas kruden Sektengeschichte.
Und Starship Troopers? Die an sich spannende Geschichte vom Kampf der Menschheit gegen einen übermächtigen Gegner spielt in einer faschistisch militaristisch geprägten Gesellschaft.
Wahlrecht und die Möglichkeit, politische Ämter zu übernehmen, erlangt nur, wer zwei Jahre Militärdienst absolviert hat. Nur wer die zwei Jahre übersteht, dem wird die Reife und Fähigkeit zugestanden, politische Entscheidungen zu treffen. Der Zugang zum Militär steht dabei grundsätzlich jedem frei. Herkunft, Geschlecht, Behinderung – alles spielt keine Rolle. Wer nicht Dient, hat keine gesellschaftlichen Nachtteile. Zugang zu Bildung und Wirtschaft steht allen frei. Nur die politische Mitbestimmung bleibt verwehrt. Und so lebt ein großer Teil der Bevölkerung als Zivilisten in einem System, auf dass sie keinen Einfluss nehmen können.
Haftstrafen gelten als unwirksam, er Sorge nur dafür, dass die Täter eine Zeitlang weg gesperrt sind. Kaum auf freiem Fuß, bestehe die Gefahr, dass sie wieder straffällig werden. Nur körperliche Züchtigung führe zu einem Lerneffekt: Auspeitschen, an den Pranger stellen gelten als normale und effiziente Methode, die Ordnung aufrecht zu erhalten.
Straffe militärische Strukturen, mörderische Disziplin: Heinlein zeichnet ein hartes Zerrbild einer Demokratie.
Ob es nun eine Warnung sein sollte, wie eine Demokratie dem Faschismus zum Opfer fällt oder eine Empfehlung des Autors, wie eine gute demokratische Zukunft aussehen kann, darüber wurde viel diskutiert. Und dass überlass ich jedem selber.
Was bleibt, ist ein wirklich gutes Buch, dass durchaus auch zum Nachdenken anregt. Zurecht ein Klassiker. Zurecht diskutiert. Und zurecht ein Teil meines Bücherregals.

Donnerstag, 17. Oktober 2019

Raus. Gehen.


Traufgang Hossinger Leiter

Albstadt




Entdeckt habe ich die Tour bereits im Herbst vor zwei Jahren. Beim stöbern durch meine Bilder Archive bin ich wieder darüber gestolpert: die Hossinger Leiter bei Albstadt. Gemacht im Herbst, bei wunderbarem Wetter und mit dem einzigartigen Farbenspiel, dass diese Jahreszeit so einzigartig macht. Jetzt ist es wieder Herbst, ein paar schöne Tage können noch kommen. Also was liegt näher, als dieses Kleinod kurz vorzustellen.
Der Albtrauf: das ist die Kante, welche die Hochebene der schwäbischen Alb vom Flachland trennt. Von unten sieht es beeindruckend aus. Mörike beschrieb sie als „blaue Mauer“. Noch beeindruckender: eine Wanderung auf dieser Mauer. Eine einzigartige Landschaft und beeindruckende Blicke ins Albvorland sind jeden Schritt und Schweißtropfen Wert.


Unter dem Namen „Traufgänge“ hat die Stadt Albstadt einige Rundwanderungen zusammengestellt, die einem das Entdecken dieser Landschaft vereinfachen. Eine genaue Wegbeschreibung, Länge, Anfahrt, Anforderungen: jeder Tourvorschlag wird genau beschrieben, und so kann man sich gemütlich die passende Runde aussuchen.
Ich habe mich damals für die Hossinger Leiter entschieden. Knappe neun Kilometer lang, mit 400 Höhenmeter Auf - und genauso vielen Abstieg erschien sie mir als perfekte Halbtagestour.
Breite Wege, schmale Pfade, und die Treppen der Leiter an sich: der Weg ist abwechslungsreich und mitunter ziemlich fordernd. Eine gewisse Trittsicherheit und eine gute Grundkondition sind Hilfreich. Badelatschen und Flip Flops sind hier definitiv das falsche Schuhwerk. Die Ausschilderung ist super, die Tourbeschreibung passt. Der Weg war ohne Probleme machbar. Und hat sich definitiv gelohnt. 

Ich verweise noch einmal auf die Aussicht. Und bevor ich jetzt Anfange, hier
komplett ins schwärmen zu kommen: lest euch die einfach die Wegbeschreibung der Hossinger Leiter auf der Homepage der Stadt durch. Die ist voll mit vielversprechenden Adjektiven wie „atemberaubend“ und „verwunschen“. Treffender kann ich es auch nicht beschreiben.
Eine wirklich schöne, für mich leicht fordernde Wanderung. Und – wenn es zeitlich passt – wohl auch nicht meine letzte Wanderung am Albtrauf.

Auf Traufgaenge.de finden sich alle Touren. Jede Runde wird hier übersichtlich Vorgestellt, auf einen Blick finden sich die wichtigsten Merkmale: Länge, Schwierigkeit, Höhenmeter. Klickt man dann auf die gewünschte Tour, erscheint eine genaue Wegbeschreibung und alle weiteren nötigen Infos.
So plant es sich einfach und bequem.

Dienstag, 15. Oktober 2019

In eigener Sache

Aufgeräumt!


So, ich habe endlich mal wieder Zeit gefunden, die Rubriken mal auf den aktuellen Stand zu bringen. Egal ob CDs, Bücher, Wandern oder meine anderen textlichen Ergüsse: alles ist wohl sortiert in den einzelnen Rubriken zu finden. Erleichtert das stöbern!

Donnerstag, 10. Oktober 2019

Mein CD Regal


Nailed to Obscurity

Opaque

 



Nass. Kalt. Trüb. Der Herbst zeigt sich gerade von seiner ungemütlichen Seite. Auch wenn ich dem Schmuddelwetter durchaus auch seine schöne Seiten abgewinnen kann, auf die Dauer schlägt es mir doch etwas auf die Stimmung. Und sorgt somit für eine leichte Herbstmelancholie. Zum Glück hat meine Zufallswiedergabe letztens die passende Begleitmusik dazu ausgegraben: Nailed to Obscurity. Die Niedersachsen präsentieren auf ihrem 2013 erschienen Zweitling doomigen Melodic Death Metal der düstereren Sorte.

Entdeckt habe ich die Band ganz klassisch auf einem Konzert, als Vorband für Ahab. Jetzt ist das mit den Vorbands ja so eine Sache. Mal unterscheiden sie sich so dermaßen vom Hauptact, dass man sich durchaus fragt, wer zum Geier auf die Idee kam beide gemeinsam auf Tour zu schicken. Mein bestes Negativbeispiel hier: Sonic Syndicate als Einheizer für Megadeth. Das Publikum auf dem Konzert bestand hauptsächlich aus traditionellen Kuttenträgern, fast wie aus dem Klischee Bilder Buch. Kutte, Dosenbier, Thrash Metal. Denen wurde eine Band vorgesetzt, die Aussah wie frisch aus dem Bravo Magazin geschlüpft und musikalisch irgendwo in Richtung Metalcore unterwegs war. Gut, mehr Zeit zum Bier holen. Aber die Stimmung war im Keller. Megadeth brauchten eine knappe halbe Stunde, um die Menge auf Betriebstemperatur zu bringen. Bei einer knappen Stunde Spielzeit ist das etwas doof.
Dann wiederum ist die Vorband dermaßen nah dran am Sound des Hauptacts, dass es zwar stilistisch perfekt passt. Aber man am Ende sich nicht wirklich mehr daran erinnert. Beispiel hier ebenfalls Ahab, in Heidelberg diesmal. Eins A Doom Band als Vorgruppe. Aber halt nichts im Vergleich mit dem Hauptact. Somit lief das unter nett, aber Bestandslos. Ich weis nicht mal mehr wie die Band hieß.
Aber manchmal, da passt es einfach. Klar, Nailed to Obscurity sind weit weg vom der schleppenden Brachiallität Ahabs. Selbst die langsamen, doomigen Parts in den Songs klingen im direkt Vergleich immer noch nach Duracel Hasen im Geschwindigkeitsrausch. Aber die Grundstimmung, die beide Bands erzeugen, ist ähnlich.
Ich bin an diesem Abend zwar etwas zu spät gekommen, Parkplatz Suche in Stuttgart und Wintereinbruch haben meinen Zeitplan komplett zu Nichte gemacht. Somit habe ich nur die letzten paar Songs mitbekommen. Aber das hat gereicht. In der Pause ging es erst einmal direkt zum Merchandise Stand, Platte jagen.
Tiefe Growls. Harte Riffs. Schöne Melodien. Das sind die Grundzutaten, aus denen Nailed to Obscurity ihren Melodic Death Metal anrühren. Wutausbrüche gehen Hand in Hand mit ruhigen Passagen. Auf Plattenlänge funktioniert dass für mich noch nicht ganz, zu ähnlich wirken die Songstrukturen. Aber die einzelnen Titel funktionieren für sich genommen alle, und erzeugen eine schöne melancholische Grundstimmung. Perfekt passend zum grauen Herbstwetter.
Wer Vergleiche braucht: Nailed to Obscurity liegen irgendwo in der Schnittmenge von Insomnium, At the Gates und Paradise Lost.

Hier geht es zu offiziellen Homepage der Band

Donnerstag, 3. Oktober 2019

Feiertag

Tag der deutschen Einheit. 30 Jahre.
Heißt für mich: Internet aus. Raus gehen.
Hier geht es dann nächste Woche wie gewohnt weiter. Euch allen viel Spaß beim stöbern. Oder beim rausgehen. Oder schlafen. Oder was auch immer.
Genießt den Tag

Donnerstag, 26. September 2019

Mein CD Regal


Seven Kingdoms

The Fire is Mine

 

 


Vor einigen Wochen bin ich beim Stöbern im Internet über „Seven Kingdoms“ gestolpert. Zwei CDs der amerikanischen Power Metaler sind mir in die Finger geraten. Über das Debut „Brothers of the Night“ hab ich euch schon berichtet – roh, rumpelig und mit einer starken Guardian Schlagseite hat mich das Ding trotz einiger Schwächen begeistert.
Inzwischen habe ich mich auch in „The Fire is Mine“ rein gehört. Und bin ganz froh, dass ich den Erstling zuerst gehört habe.
„The Fire is Mine“ ist ein gutes Beispiel dafür, wie eine Band sich weiterentwickeln und musikalisch einen deutlichen Schritt nach vorne machen und mich gleichzeitig dennoch enttäuscht zurück lassen kann. Hier gilt: Besser ist nicht immer gut.
Rein Handwerklich gibt es nichts zu motzen. Die Songs sind, verglichen mit dem Vorgänger, einen ticken kompakter. Die Rhythmus Fraktion spielt nicht mehr nur den Duracel Hasen und drischt nicht mehr alles im monotonen Klick Klack Ritt durch. Das sorgt für etwas Abwechslung und den ein oder anderen Aha Moment. Auch an der Gitarrenfront ist einiges voran gegangen. Inzwischen kommt zum Guardian\Iced Earth Misch noch eine ordentliche Prise Helloween.
Das Ganze ist dann auch noch gut und druckvoll Produziert, der Sound der Platte ist deutlich klarer. Bis hierher wurde also nur an Stellschrauben gedreht.
Die größte Änderung fand am Mikrophon statt. Hier hat inzwischen Sabrina Valentine übernommen. Deutlich tonsicherer als ihr Vorgänger macht sie einen soliden, aber etwas farblosen Job. Auf Growls wurde komplett verzichtet.
Davon abgesehen ist das Album eine deutlicher Schritt nach vorne für die Band. Also alles gut?
Tja, also: nein. Irgendwie hat unter den ganzen Verbesserungen nämlich ein – zugegebenermaßen äußerst subjektiver – Aspekt gelitten: der Charme bleibt komplett auf der Strecke. Auf dem Debut hat die Band fehlendes Können durch hörbaren Enthusiasmus wettgemacht. Das Ding rumpelt zwar gehörig und klingt stellenweise, als ob das Aufnahmegerät in einem Aquarium stand. Aber trotzdem reist es mit. Der Schweiß eines Live Auftritts tropft quasi aus den Boxen. Ja, es ist handwerklich deutlich rudimentärer als „The Fire is Mine“. Aber dennoch: ich zieh es dem polierten und etwas perfekterem Brüderchen vor. Hätte ich die CDs anders herum angehört, wäre mein Urteil wohl genau entgegengesetzt ausgefallen: Das Debut wäre mir wie ein hässliches Entlein vorgekommen.Deshalb weigere ich mich auch, Track für Track Reviews zu den Alben zu schreiben, so wie es die richtigen Musik Blogs und Magazine machen. Ein Großteil meines Musikgeschmacks wird durch meinen Bauch entschieden, und der hat bisweilen echt seltsame Auswahlkriterien. Vor allen Dingen keine, die in irgendeiner Weise logisch wären.
Handwerklich machen „Seven Kingdoms“ alles richtig. Jedem Powermetal Fan kann ich „The Fire is Mine“ empfehlen. Ein solides Album ohne große Schwächen.
Wer es jedoch gerne etwas roher mag und der Meinung ist, dass heutiger Powermetal eindeutig zu über produziert ist, sollte bei „Brothers of the Night“ ein Ohr riskieren.

Donnerstag, 19. September 2019

Raus. Gehen.


Schloss Lichtenstein

 




Eigentlich versuche ich ja, meine Ausflugsziele etwas abseits vom großen Trubel auszusuchen. Die Füße platt getreten bekomme ich so gut wie täglich in der Stadt, und ellenlange Autokolonnen auf der Suche nach einem Parkplatz gehören nicht gerade zu meiner Vorstellung von Erholung. Aber es gibt Ziele, da kommt man um den Trubel nicht drumherum. Ziele, die sich dennoch lohnen. Der Mummelsee im nördlichen Schwarzwald zum Beispiel. Das Heidelberger Schloss. Oder eben Schloss Lichtenstein.

Das Internet – Instagram zum Beispiel – ist voll davon: Bilder von einem kleinen, pittoresken Schlösschen, das anmutig auf einer Felsenspitze thront. Im Fernsehen war es auch schon als Kulisse für einen Märchenfilm zu sehen. Passend, den märchenhaft ist ein treffendes Adjektiv für dieses Bauwerk auf der Schwäbischen Alb.
Erbaut wurde das Schloss im 19. Jahrhundert auf den Grundmauern der alten Burg Lichtenstein von Graf Wilhelm von Württemberg. Inspiriert von Wilhelm Hauffs Roman „Lichtenstein“ ließ er hier seine Vorstellung vom Mittelalter mit seinem ganzen Glanz und Gloria Wirklichkeit werden lassen. Ganz im Stile des Historismus. Damit reiht sich Lichtenstein zu den anderen Märchenschlösser dieser Zeit ein, wie Burg Hohenzollern oder Neuschwanstein. Hier erfährt man wenig darüber, wie das Mittelalter war. Aber jede Menge darüber, wie der Adel im 19. Jahrhundert dieses gesehen hatte. Pomp, Pracht, große Ballsäle statt kleiner Fenster, dunklen Zimmerchen und zugigen Wohnhäusern. Disneyland im 19. Jahrhundert. Aschenputtel würde hier sofort einziehen.
Ein Besuch der Anlage lohnt sich auf alle Fälle. Um in den Burghof zu kommen, ist Eintritt fällig. Eine Führung durch das innere Schlösschen kostet extra. Beides meiner Meinung nach in Ordnung, alleine der herrliche Blick vom Burghof auf das Schlösschen, das Tal und die Alb sind es wert. Atemberaubend das Adjektiv der Wahl. 

Nachdem man das Schloss gesehen hat, lohnt es sich, nicht sofort ins Auto zu 
 steigen. Ein paar Minuten zu Fuß weiter befinden sich die letzten Reste der Ruine von Burg Lichtenstein. Da nur ein paar verwitterte Steinmauern übrig sind, sind diese deutlich unspektakulärer als das Schlösschen. Aber es ist auch deutlich weniger los. Und so kann man den Ausblick, den die einmalige Lage direkt am Albtrauf bietet, in aller Ruhe genießen. Wiederrum. Einfach märchenhaft. Hier wundert man sich nicht, wenn ein Kaninchen einen nach der Uhrzeit fragen würde.
Wer gerne zu Fuß unterwegs ist, kann Lichtenstein auch wunderbar als
Wanderziel, Etappe oder Startpunkt nehmen. Die ebenfalls sehenswerte Nebelhöhle ist zum Beispiel nur 5 km Fußmarsch entfernt. Das Wegnetz auf der Alb ist gut ausgebaut und beschildert, es gibt jede Menge Tourenvorschläge. Je nach gewünschter Schwierigkeit stufe oder Länge ist von der Halbtagestour bis zur Fernwanderung alles dabei.
Wer Ruhe eher langweilig findet, kann noch in den Kletterpark oder in die Schenke direkt vor Ort einkehren.
Als Ausflugsziel für alle, die in der Gegend Urlaub machen oder dort wohnen, ist Lichtenstein wohl auf jeden Fall ein Pflichtprogramm.

Infos über das Schloss, die Preise, und alles was die Planung eines Besuches einfacher macht, findet sich auf der offiziellen Internetseite

Donnerstag, 12. September 2019

Mein CD Regal


Blind Guardian

Somewhere far Beyond

 

 

 


Youtube. Der Zeitfresser schlechthin. Ich habe mich immer wieder mal darüber ausgelassen. Wie furchtbar es ist, dass man dort Minute um Minute verplempert. Das man oft Leuten dabei zuschaut, wie sie irgendetwas Halbgares erzählen. Und an Gesichtstourette zu leiden scheinen. Nur, weil man auf einen halbwegs interessanten Titel oder ein nettes Thumbnail reingefallen ist. Aber ist ja nicht so schlimm, die Dinger gehen ja nicht so lange – sie passen sich der Aufmerksamkeitspanne der Zuschauer an. Irgendwann wird das wohl auf Werbespottlänge raus laufen. Mieses oder sinnloses Video geschaut? Egal, klick einfach das Nächste. Ein reiner Zeitfresser.
Aber wie das nun einmal so ist, mit dem blinden Huhn und dem Korn: manchmal findet man auf Youtube auch Videos, bei denen man sich nicht fragt, warum zur Hölle man das geschaut hat. Unterhaltsam, oder informativ, oder beides. Und so habe ich letztens ein wirklich nettes Video über die persönlichen 10 besten Metal Alben eines Youtubers angeschaut. Danach stand ich vor meinem CD Regal und hab mir die gleiche Frage gestellt: was wären denn meine Top Ten?
Naturgemäß ist mein Blick sofort Richtung B gewandert und bei „Blind Guardian“ hängen geblieben. Die erste Metal Band, die ich bewusst gehört habe. Die mich gefesselt hat. Ganz klar, bei einer Top Ten wäre eins der Alben ganz vorne dabei. Aber welches nun?
Rein subjektiv und nur mit Bauch statt Hirn geantwortet: „Nightfall in Middle earth“. Als erstes gehörtes Metalalbum überhaupt hatte es den größten Impact überhaupt auf meinen Musikgeschmack und seine Entwicklung. Eine Menge Erinnerungen stecken darin, und jahrelang war es ein fester Begleiter. Seit ein paar Jahren fristet es jedoch ein Schattendasein, die Songs sind irgendwie durch gehört und landen nur noch selten in einer Playlist. Lieblingsalbum? Ja. Das Beste Album? Nein, eher nicht.
Der Blick fällt dann auf das zweite Album, das ich mir damals gekauft habe: „Somewhere far beyond.“
Deutlich roher als die „Nightfall“ hat sie zuerst nicht bei mir gezündet. Aber je mehr ich in die bunte Welt des Metals eingetaucht bin, je mehr die Nightfall in den Hintergrund rückte, umso öfter landete die Scheibe im CD Player. Die Begeisterung wuchs mit jedem hören.
Alles, was mir an „Blind Guardian“ gefällt, ist hier schon vorhanden. Aber während spätestens nach der „Nightfall“ die Band das Wort „Überproduziert“ neu definierte, ist hier noch der rohe Charme erhalten. „Time What is Time“, „Theater of Pain“, egal welchen Song ich mir raus picke: nicht totzuhören. Während es bei anderen Alben immer von meiner Stimmung abhängt, ob ich sie feier oder im hohen Bogen aus der Anlage befördere, kann ich Songs von der „Somewhere“ immer hören. Sogar das ganze Album. Ohne dass der Finger in Richtung Skip Taste zuckt.
Es klingt etwas rumpelig, etwas altmodisch, aber ist schlicht genial. Über die beiden Bard Song Teile muss ich gar nicht erst reden – Lobeslieder auf dieses Werk finden sich im Internet sicher genug. Da muss ich nicht auch noch anfangen, mit Adjektiven für Superlativen um mich zu werfen.
Auf dem Nachfolger „Imaginations from the Other side“ ist alles dann zwar ein bisschen feiner, besser und stimmiger. Trotzdem ziehe ich die „Somewhere“ einen ticken vor. Das wiederum nur durch den Bauch, handwerklich ist die „Imaginations“ ein gutes Stück stärker und bildet den Abschluss der Entwicklung hin zu dem Sound, den wir heute von „Blind Guardian“ kennen.
Generell bilden für mich die drei Alben - „Somewhere“, „Imaginations“ und „Nightfall“ - den absoluten Kern des Schaffens der Krefelder dar. Davor zu rumpelig und unausgegoren, danach schlicht zu ambitioniert. Viele gute Songs dabei. Aber die größten „Aha“ Momente, die fiesesten Ohrwürmer, die finden sich allesamt auf diesen Dreien. Und da ich es generell etwas rumpeliger mag, ist die „Somewhere“ für mich das Guardian Album überhaupt.
Auf einer Top Ten Liste meiner persönlichen Lieblingsalben wäre das definitiv ganz vorne dabei.

Donnerstag, 5. September 2019

Aus dem Nähkästchen


Ihr seht doch alle gleich aus!


Es ist Samstag, früher Nachmittag. In der Stadthalle findet ein eintägiges Festival statt. Die Running Order zwingt mich dazu, früh dort zu sein. Wird ein langer Tag. Aber das hat auch einen Vorteil. Ich habe in Ruhe Zeit, mir gemütlich am Merchandise Stand ein T Shirt zu kaufen. Bevor die Massen kommen. Bevor die Stimmung der in einer Filiale eines irischen Modegeschäfts gleicht.
Vor mir ist nur ein Kunde dran. Er sucht sich ein Shirt aus, zahlt. Die Dame hinter dem Tresen dreht sich kurz um, zählt das Wechselgeld aus der Kasse. Der Kerl vor mir macht höflich einen Schritt zur Seite, sodass ich schon einmal einen Blick auf die Auslage werfen kann. Inzwischen ist die Verkäuferin zurück, drückt mir 35 Euro in die Hand und ruft „Nächster!“ Ich muss kurz lachen. „Der steht schon da. Und die 35 Euro gehören dem Jungen Mann da drüben“ Ich zeige auf meinen Vorgänger, der gerade mit leuchtenden Augen seinen Neuerwerb begutachtet. „Ach Scheiße, ihr seht doch alle gleich aus!“. Sie gibt dem rechtmäßigen Besitzer das Geld und bedient mich danach höflich distanziert. Kurz darauf hat sich meine T Shirt Sammlung erweitert.
Einige Stunden später. Das Festival ist bis dahin gut gelaufen. Viel Musik, viel Haare schütteln, viel Bier. Wenig Pause. Eine Mitelalter Rock Band steht gerade auf der Bühne und gibt mir somit die Zeit, endlich durchzuatmen und etwas essbares zu jagen. In einem etwas ruhigeren Bereich der Halle ist eine kleine Fressmeile mit Bierbänken aufgebaut. Bald sitze ich zufrieden mit Kaffee und Bier am Tisch und genieße die Ruhe.

„Ist bei dir noch frei?“ Ich schaue hoch. Vor mir steht die Verkäuferin von vorher. Ich nicke, und sie setzt sich mir gegenüber. „Ich wollte mich noch entschuldigen. Es ist mein erstes mal auf so einer großen Veranstaltung. Ich war einfach etwas überfordert“ beginnt sie das Gespräch, nachdem eine Portion Linsen mit Spätzle in Rekordzeit in ihr verschwunden ist.
Ich mache ein überraschtes Gesicht. „Vorher? Achja, entschuldige, ich hab dich erst nicht erkannt. Ihr seht alle gleich aus.“ Sie schaut mich böse an. Ich grinse zurück. Ihr Todesstrahl weicht einem süßen kichern. „Das hab ich vielleicht verdient. Aber hey, lange Haare. Schwarzes Shirt. Bier in der Hand.“ Sie schaut sich um. „Überall sonst wäre das eine treffende Personenbeschreibung. Hier funktioniert das halt gar nicht. Unglaublich, wie viel auf einen Haufen hier sind.“ Ich schaue sie fragend an. „Na ich dachte immer, Heavy Metal sei Krachmusik für ein paar einzelne Menschen die mit sich und der Welt nicht klarkommen. Die sich lieber mit Ihren Schuhen unterhalten als mit einer Frau. Mir war nicht bewusst wie viele es sind.“ Ich lache laut auf. „Und sicher dachtest du, dass wir alle Nachts auf Friedhöfen Katzen opfern und Jungfrauen schänden?“frage ich zwinkernd. „Zumindest ist es dass, was meine Mutter mir erzählt hat. Egal was ich mache, ich soll mich auf jeden Fall von euch langhaarigen Satanisten fernhalten. Ihr könntet ein unschuldiges Mädchen wie mich verderben. Wenn du Ihr in dem Outfit über den Weg läuft, springt sie vor Schreck wahrscheinlich in den nächsten Busch. Und wird dann den Dorfpfarrer rufen, um den Dämonen in dir zu vertreiben. Sie hat da eine etwas altmodische Sichtweise. Dabei gibt es bei uns im Dorf keinen einzigen. Den ersten dieser bösen Jungs habe ich auf dem Gymnasium kennengelernt. Und der war eher verwirrt als böse.“ sie lächelt mir verschmitzt zu. „Das ist ein Grund dafür, dass ich den Job heute Abend angenommen habe. Ich wollte mir mal anschauen, wie das wirklich bei euch aussieht. So eine Art Zoo Besuch.“ Inzwischen komme ich aus dem Grinsen nicht mehr raus. „ Das muss ja eine recht idyllische Gegend sein, aus der du kommst.“ „Hotzenwald“ „Oh.“
„Ja, oh. Alles idyllisch. Friedlich. Und langweilig. Deshalb bin ich auch nach dem Abi gleich hierher zum studieren gekommen.“ „Das kann ich verstehen. So ein schräges Dorf wie deines, dass muss die Hölle auf Erden sein. Würde ich mir gerne mal anschauen.“
Sie strahlt. „Ich habe gehofft das du das sagst!“ Ich scheine in eine Falle getreten zu sein. „Ach?“
„Ja weist du, in zwei Wochen ist die Geburtstagsfeier meiner Mutter. Und ich habe eigentlich gar keine Lust drauf. Immer die gleichen verknöcherten Leute. Immer der gleiche Ablauf.“ Ich ahne schlimmes. „Aber mit einem dieser bösen bösen Asozialen als dein Begleiter bringst du diesen Routine gehörig durcheinander?“frage ich. „Schlauer Junge. Genau das.“ „Du willst mich als deinen Freund vorstellen, nur um deine Mutter zu ärgern?“ Sie nickt. 
„Das ist komplett albern, unreif und bescheuert!“ „Also bist du dabei?“ „Auf jeden Fall.“ Ihr schelmisches Grinsen huscht wieder über Ihr Gesicht. „Perfekt.“ 
Sie steht auf, packt ihr Zeug und kommt zu mir herüber. „Ich muss wieder weitermachen. Ruf die nächsten Tage einfach an. Wird bestimmt lustig.“ Sie haucht mir einen Kuss auf die Backe und verschwindet mit leichtem Schritt in der Menge. Ich schaue ihr hinterher, beobachte wie ihr Pferdeschwanz im Rhythmus ihrer Schritte wackelt. Mein Gesichtsausdruck in diesem Moment muss dem eines debilen Idioten nahe kommen. Dann schaue ich auf den Tisch. Dort liegt ein Zettel mit einer Telefonnummer und einem kleinen, handgemalten Herzchen. Das versprach, interessant zu werden.

Freitag, 30. August 2019

Bücherkiste


Don Rosa

Hall of Fame (Reihe)


Manche Dinge, welche man in der Kindheit geliebt hat, lassen einen nie wirklich loß. Entweder man entdeckt sie als Erwachsener wieder neu – so wie ich letztens das bauen mit Klemmbausteinen dänischer und anderer Hersteller. Oder sie verschwinden erst gar nicht. So wie bei mir Comics. Während ich die US Amerikanischen Superheldencomics schon immer eher unspektakulär fand und diese auch heute, trotz – oder gerade wegen – der massiven Neuauflagen und Verfilmungswellen bei mir eher Gähnen und Schulterzucken auslösen, konnte ich von den Belgo Franko Comics a`la Spirou und Fantasio, Lucky Lucke, Asterix und wie sie alle heißen nie genug kriegen. Und von den Ducks.
Als Kind habe ich einfach alles gelesen, was ich in die Finger bekam. Lustiges Taschenbuch, Mickey Maus Magazin. Hauptsache Enten. Recht schnell war mir allerdings klar, dass es nur einen Zeichner gibt, der mich wirklich überzeugte: Don Rosa. Gut, die Geschichten des Altmeisters Carl Barks stehen da natürlich außer Konkurrenz. Und auch Vica, Rota und Heymans machen ordentliche Comics. Der Rest aber war mir oft zu bunt, zu platt, zu albern. Oder schlicht zu schlecht. 

Rosas Geschichten hingegen wirkten – auch wenn sie ebenfalls immer wieder überdreht sind – realistisch. Das liegt wohl vor allem daran, dass er seinem Entenkosmos einen festen Zeitrahmen gegeben hat, der die Geschichten der Ducks irgendwo in den 1950er Jahren ansiedelt. Somit stehen die Comics zeitlich in einer Linie mit Barks.
Dann sind die Abenteuergeschichten allesamt gut recherchiert. Wenn die Ducks auf Schatzjagd gehen, ist es für den Leser gleichzeitig immer eine geographische und historische Reise. Bekannte Orte, Begegnungen mit realen Persönlichkeiten. Das Entenhausen Don Rosas ist tief verankert in unserer Welt. Und liegt irgendwo an der amerikanischen Küste. Unterhaltsam. Für Kinder. Für Erwachsene.
Also habe ich damals als Kind angefangen, wild alles von Don Rosa zusammenzusammeln. Raus gekommen ist dabei ein fetter Ordner mit Seiten aus den Mickey Maus Heften, in denen die langen Geschichten von Rosa als Fortsetzungen veröffentlicht wurde, sowie eine zahllose Ansammlung einzelner Comichefte aus verschiedenen Reihen. Zerfleddert, zerlesen, unübersichtlich und leider auch unvollständig.
2008 jedoch fand sich eine Lösung dieser Probleme: Ehapa veröffentlichte die Reihe: Disneys Hall of Fame. Diese widmete sich den Entenzeichnern abseits von Barks. Van Horn, Vicar. Und eben Don Rosa.
Hier werden in mehreren Bänden Don Rosas Comics veröffentlicht, vom kurzen Gag Einseiter bis hin zur langen Abenteuer Geschichte. Die Reihe geht dabei chronologisch vor. So finden wir in Band eins mit „Das Gold der Inkas“ die erste Duck Story überhaupt von ihm. Lustigerweise ist das auch die Erste, bei der ich bewusst auf den Namen des Zeichners aufmerksam wurde.
Zusätzlich zu den Comics findet sich zu jeder Geschichte ein kurzer Text, in der Don Rosa selbst ein bisschen über die Entstehung der Abenteuer erzählt. Für den Sammler definitiv spannend.
Für mich ist der größte Vorteil jedoch, dass ich endlich meine Lieblingscomics schön übersichtlich in einer Reihe habe. Das macht sich besser im Bücherregal. Und man muss nicht immer wild einzelne Heftchen nach einer einzelnen Geschichte durchblättern.

Donnerstag, 29. August 2019

In eigener Sache

Sommer, Sonne, Gehirnschnecke

Tausend Dinge im Kopf. Saunatemperaturen. Heute bleibt das Nähkästchen geschlossen. Der aktuelle Beitrag kommt Morgen.

Donnerstag, 22. August 2019

Mein CD Regal


Seven Kingdoms

Brothers of the Night

 

 


Fantasy und Powermetal. Nicht gerade die originellste Kombination. Aber eine, die funktioniert. Und zuverlässig ist. Genau wie Bier und Kühlschrank. Es passt einfach nahezu perfekt.
Schon ein Blick auf das Cover, den Albumtitel und den Bandnamen verrät einem vor dem ersten Durchlauf der CD, dass die US Amerikaner auf ihrem Debut an dieser Kombination nicht rütteln werden.
„Seven Kingsdoms“, „Brothers of the Night“ - jeder, der J.RR. Martins Reihe „Das Lied von Eis und Feuer“ ahnt bei diesen Namen, woher die Inspiration für die Songs und Texte der Band stammt.
Ich persönlich bin über Seven Kingdoms eher zufällig gestolpert. Irgendwann, kurz nach dem erscheinen der dritten Scheibe. Damals hat mir Youtube nicht nur Videos vorgeschlagen, die ich schon gesehen habe. Sondern tatsächlich auch neue Sachen, von denen der Algorythmus glaubte, dass sie mir gefallen könnten. Unter jeder Menge komischen, unpassenden oder einfach nur schlechtem Zeugs befand sich auch das Video zu „After the Fall“. Ein schneller Powermetal Song, mit einer Frontfrau, deren Stimme etwas dünn wirkte. Nett. Nicht mehr. Und eigentlich nicht wirklich bemerkenswert.
Zufälligerweise litt ich damals allerdings an akutem Lesefieber. Ein Freund hatte mir „Das Lied von Eis und Feuer“ in die Hand gedrückt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten war es mir irgendwann unmöglich, das Ding aus der Hand zu legen. Jede freie Minute wurde genutzt, um wenigstens ein paar Seiten, oder zumindest Zeilen, weiter zukommen. Das Buch war ein Zeitfresser ohnegleichen.
Verständlich, dass eine Band, welche „Seven Kingdoms“ heißt, meine Aufmerksamkeit zu diesem Zeitpunkt besonders erweckte. Waren da etwa die sieben Königreiche, deren Geschichten mit Intrigen, Verrat und Geheimnissen mich so derart faszinierten, gemeint? Eine kurze Recherche ergab: Ja. Und: auf dem ersten Album noch ohne Sängerin. Seitdem steht „Brothers of the Night“ auf meiner „will ich haben Liste“. Beziehungsweise stand, den seit kurzem hab ich sie. Gefunden bei einem Online Versand beim Suchen nach Lego Alternativen. Verrückt, dieses Internet.

Tja was soll ich sagen? Kitschiges Logo, kitschiges Albumcover. Soweit alles, wie man es bei einer Powermetalband erwartet. Es gibt aber einen kleinen Unterschied: der Kitsch setzt sich nicht durchgehend in der Musik fort. Zwar finden sich powemetaltypisch Unmengen von zuckersüßen Melodien und epischen Refrains. Aber das ganze ist herrlich roh abgemischt. Dazu wechselt der Sänger immer vom hohen Klargesang zu etwas räudigeren Shouts, was dem Sound dann irgendwie eine angethrashte Note verpasst. „Räudig“ beschreibt die Platte recht treffend. Guardian aus der „Tales“ und „Somewhere far beyond“ Ära grüßen fröhlich. Für alle, denen moderner Powermetal zu über produziert ist, findet sich hier ein kleiner Schatz.
Damit passt die Musik auch richtig gut zu den Büchern. JRR Martin verwendet die klassischen Zutaten eines Phantasyepos: Untote, Drachen, eine Welt im Chaos. Trotzdem gelingt ihm das Kunststück, die ganz großen Klischees zu vermeiden und nicht in Diabetes fördernden Kitsch abzurutschen. Keine strahlende Recken, keine edlen Helden. Keine Epische Quest. Dadurch wirkt sein Zyklus deutlich düsterer, aber eben auch realistischer und überzeugender als andere Werke der Phantasy Literatur. Und gewinnt genau dadurch für mich persönlich seinen Reiz.

„Seven Kingdoms“ machen auf ihrem Debut auf jeden Fall einiges richtig. Roher, leicht hymnischer Vollgas Powermetal. Genrefans machen hier nichts falsch.
Ich hab jetzt auf jeden Fall wieder Bock auf die Bücher. Außerdem habe ich gehört, dass irgendjemand eine Serie dazu gedreht hat...

Donnerstag, 15. August 2019

Mein CD Regal


Swabia Metal

Volume one

 

 


Mit Ihrem bereits vierten Sampler schauen die Jungs von Baden Metal über den Tellerrand. Nicht musikalisch, im Fokus stehen weiterhin Metalbands aus dem Underground. Nachdem sich die ersten Drei jedoch ausschließlich mit der für manche schöneren Hälfte Baden Württembergs beschäftigt haben, richtet sich der Blick auf „Barbarossas Return“ auf die schwäbische Seite.
Da außerhalb von Baden Württemberg eh kaum einer den Unterschied zwischen Badnern und Schwaben kennt und auch innerhalb der Konflikt nur noch in den Grenzgebieten und Karlsruhe ein bisschen Relevanz hat, spare ich mir an dieser Stelle das folkloristische Ätzen gegen den Nachbarn und gehe direkt in media res.
Am Konzept hat sich, bis auf die Region, nichts geändert. Wozu auch? Auf dem Sampler finden sich 17 Songs, allesamt von Underground Bands aus Schwaben. Das man dort neben richtig guten Linsen mit Spätzle auch mehr als ordentliche Musik machen kann, wird vom ersten Song an klar.
Circle of Silence präsentieren lupenreinen, leicht modernen Power Metal. Warcry dagegen gehen deutlich roher und rumpeliger zur Sache. Für Abwechslung ist auf jeden Fall gesorgt. Auf dem Sampler wird wieder der ganze Facettenreichtum der Szene präsentiert: Powermetal, breitbeiniger heavy Rock, Black, Death, Doom, und wie sie sonst alle heißen mögen – hier sollte für jeden Geschmack was dabei sein. Der Underground im Süden ist nicht nur ziemlich lebendig, sondern auch recht breit aufgestellt.
Qualitativ sind alle Songs mindestens ordentlich. Ausfälle sind keine dabei. Die Songs, welche mir nicht gefallen, sind handwerklich vollkommen in Ordnung. Treffen halt einfach nur nicht meinen Geschmack. Verstecken muss sich hier keiner.
Strangelet zum Beispiel haben mit „The privilege of power“ einen druckvollen, schnörkellosen Rocker am Start, der das Dosenbier im Nu verdunsten lässt. Erinnert stark an die – ebenfalls schwäbischen – Senkrechtstarter von Kissin Dynamite. Während die auf Platte allerdings inzwischen routiniert und etwas glatt gebügelt klingen, glänzen Strangelet mit einem Haufen Energie und einer gewissen Rotzigkeit. Was bei dieser Art von Musik für mich ein absolutes Muss ist.
Der Sampler kommt wie gewohnt im Kreuz Digipack. Auf dem Cover finden sich diesmal anstatt des Greifen logischerweise die württembergischen Löwen. Im inneren sind alle wichtigen Infos über die Bands zu finden: ein Photo, Besetzung, ggf. Albumname und Plattenfirma sowie die Adressen zu den Internetauftritten. Feine Sache, spart ewiges suchen.
Ein absolut genialer Sampler aus einer absolut genialen Reihe. Super geeignet um den Underground vor der Haustüre besser kennenzulernen, oder um einfach ein paar frische Songs in der Playlist zu haben.
Wer sich für die sonstige Arbeit von Baden Metal interessiert, sollte hier auf ihrer Facebook Seite vorbeischauen. Hier finden sich Termine in und Bands aus der Region. Den Sampler selbst kann man bei Ihnen direkt für schmales Geld bekommen. Vorbeischauen lohnt sich.

Donnerstag, 8. August 2019

Bücherkiste


Alexander Lohmann

Der Tag der Messer


Phantasie Romane. Das verheißt meistens edle Recken in strahlenden Rüstungen. Gefährliche Abenteuer. Der Kampf gegen DAS Böse. Ruhmreiche Heldentaten. Manche Helden sind dermaßen edel, dass sie wahrscheinlich Lavendel furzen. Bei ganz klassischer Fantasy Literatur ist die Grenze zwischen Gut und Böse jedenfalls ganz klar gezogen: auf der einen Seite die guten, tapferen Völker des Lichts, die keine Verfehlungen haben und nur selten vom rechten Weg abkommen. Auf der anderen Seite die Schergen des Bösen, oft nicht mehr als eine gesichtslose Ansammlung von albtraumhaften Kreaturen. Untote, Orks, Trolle, schwarze Elfen. Alle möglichst böse und garstig. Der Feind halt, der die strahlenden, edlen Völker bedroht und dem Zahnpastawerbunglächeln Helden die Möglichkeit gibt, Rum, Ehre und schmachtenden Maiden zu erlangen.
Aber wie sieht es denn wirklich aus, auf der Seite der Bösen? Immer mehr Autoren wagen den Perspektiven wechsel und präsentieren uns die dunkle Seite aus der Fantasywelt in neuem Licht.

So erzählt Lohmann in diesem Roman nicht von einer tapferen Heldenschar, welche epische Abenteuer besteht. 

In den Grauen Landen brodelt es. Nach dem letzten Krieg gegen die Lichtvölker breitet sich unter den verschiedenen Rassen Unzufriedenheit aus. Politische Parteien und Gruppierungen entstehen und machen ihrem Unmut öffentlich Luft.
Die Verbannung eines Gnomes, Führer einer dieser Parteien und Held des letzten Krieges, bringt das Fass zum überlaufen. Eine militante Gnomengruppe probt den Aufstand und reist die Macht an sich. Eine Welle des Chaos, der Gewalt und der blutigen Pronomen folgt. Schließlich bildet sich ein Rat mit Vertretern aller Völker, unter der Führung der Gnome, welcher die Zukunft der grauen Lande gestalten soll. Doch der Frieden ist brüchig. Misstrauen, Verrat und Intrigen sorgen für Chaos von Innen. Zu allem Überfluss rückt ein geeintes Heer der Lichtvölker an: das Böse soll ein für allemal vernichtet werden.
Gnome, Alben, Kobolde, Goblins und und und: Lohmann fährt alles an Bösewichten auf, was die klassische Fantasy so zu bieten hat. Der Perspektiven wechsel gerät dabei wirklich unterhaltsam, tapfere Helden sucht man hier vergebens. Die Figuren sind meist nur auf ihren Vorteil aus, um das größte Stück vom Kuchen zu bekommen gehen sie über Leichen. Und das nicht nur sprichwörtlich.
Gefunden habe ich den Roman wieder einmal zufällig, beim Bücheraustausch im öffentlichen Bücherregal. Beim Lesen habe ich es schon vermutet, Onkel Googel hat es bestätigt: es handelt sich um den zweiten Teil einer Reihe über die Finstervölker. Dennoch liest es sich als eigenständiger Roman recht gut. Auf die Ereignisse zuvor wird zwar Bezug genommen, aber sie werden ausreichend erklärt um sie zu verstehen. Das Ende geht als solches durchaus durch. Insofern trübt es den Lesespaß kein bisschen, wenn man den Vorgänger nicht kennt. Und Lesespaß ist vorhanden: die Geschichte ist nett geschrieben, der Seitenwechsel bringt ein bisschen frischen Wind in die an sich doch recht klassische Fantasy Handlung. Besonders unterhaltsam fand ich die politischen Ränkespiele der verschiedenen Parteien. Neid, Missgunst und Machtgier sorgen dafür, dass die Revolution der Gnome recht blutig und recht konsequent geführt wird. 
Ein unterhaltsames, kurzweiliges Buch, perfekt für den Lesesommer.

Donnerstag, 1. August 2019

Raus.Gehen.


West Highland Way


Aufräumen ist manchmal eine feine Sache. Dinge bekommen wieder Struktur. Man weiß was man hat. Und wo man es findet. Lang Vergessenes taucht auf. Gut, manchmal verschwinden auch Sachen, von denen man vor dem Aufräumen ganz genau wusste, wo sie zu finden sind. Aber unterm Strich ist es eine gute Sache. Sowohl analog, als auch digital.
Beim Daten sichern und auf Festplatten um schieben bin ich letztens über einen Ordner mit Photos aus dem Jahr 2006 gestolpert. Darin befanden sich ausschließlich Bilder von meinem Trip nach Schottland. Ein wunderbarer Fund, bis dahin hatte ich nämlich nur die mit meiner analogen Kamera geschossenen Bilder als Erinnerungsstücke. Das ich auch ein paar mit der damals ach so neuen tollen Digitalkamera gemacht hatte wusste ich zwar, wo der Datenklüngel inzwischen ist allerdings nicht mehr. Umso größer die Freude beim Wiederfinden.
Schottland war nämlich meine erste – und bisher leider einzige – ernst zunehmende Mehrtageswanderung.

Zivi war vorbei, etwas Neues schon in Sicht, aber bis dahin noch einige Wochen Zeit. Was also tun? Keine Ahnung warum, aber eines Tages blätterte ich halb Interessiert durch einen – damals schon recht veralteten – Schottland Reiseführer aus der Lonely Planet Reihe. Darin war ein kurzer Artikel über den „West Highland Way“. Einmal zu Fuß von einem Glasgower Vorort durch die Highlands nach Fort William. Wandern fand ich schon immer gut, und Schottland war ein so gutes Ziel wie jedes andere. Warum also nicht? Ich habe dann meine damalige Dame angerufen, um ihr zu sagen, das ich einige Tage nach Schottland will. Innerlich habe ich mich schon auf eine längere Diskussion eingestellt. Warum Schottland? Kalt, Nass, Bäh.
Tatsächlich war das Gespräch erstaunlich kurz. „Schottland? Wandern? Bin dabei.“ Kurz darauf waren die Hin und Rückflüge gebucht. In Knapp drei Wochen sollte es losgehen. Die erste sowie die letzte Übernachtung in Glasgow waren reserviert. Im Großen und Ganzen war das auch schon die ganze Vorbereitung. Jugendherbergsausweise, ein paar Pfundnoten, ein paar Kleinigkeiten für die Ausrüstung.
Wir wussten wo es los ging. Wir wussten wo wir ankommen sollten. Fertig.Was soll denn schon schief gehen?
Schon nach der ersten Etappe wurde uns klar, dass wir da etwas optimistisch waren. Eine Karte war der Erste kauf. Der Weg ist zwar an sich gut ausgeschildert, aber es wird manchmal etwas unübersichtlich. 

Zweites Problem: Unterkünfte. Der West Highland Way ist zwar sehr beliebt und
besitzt daher eine gute Infrastruktur, aber an manchen Etappen ist es etwas Eng mit dem Platz. Deshalb haben wir, nachdem wir die erste Nacht in einem teuren Hotel mangels Alternativen übernachtet haben, immer schon am Morgen uns einen Platz zum schlafen organisiert. Wer ein leichtes Zelt sein eigen nennt, sollte es definitiv mitnehmen. Wir wussten, dass es ein beliebter Wanderweg ist. Größtenteils merkt man davon nichts, sieht vielleicht mal ein oder zwei andere Menschen am Tag. Aber es gibt ein paar Ecken, da ballt es sich Richtig. Da fühlt man sich dann mehr wie in einer Fußgängerpassage einer Großstadt. Dort sind Unterkünfte besonders rar. Deshalb: plant etwas im Voraus. Das Ganze ist immerhin schon knappe 15 Jahre her. Und da das Wandern des Hipsters Lust ist, werden es wohl inzwischen kaum weniger Menschen sein.
Drittens: Meilen sind keine Kilometer. Das klingt erst einmal dämlich. Aber wenn man Meilen liest und in Kilometern denkt, kann es durchaus schwierig werden.
Eines Abends haben wir an einem idyllisch gelegenen Bunkhouse, eine Schutzhütte, direkt am Ufer des Loch Lomond, übernachtet. Es war das Ende unserer dritten Tagesetappe. Gegen späten Abend kamen zwei ältere Damen den Weg entlang. Zwischen ihnen stützten sie einen jungen Mann, der ganz offensichtlich komplett am Ende war. „Den haben wir beim spazieren gefunden.“ meinte eine der Damen in herrlich breitem Schottisch. „Habt ihr noch Platz?“ Den hatten wir tatsächlich noch, und so haben sie ihn bei uns abgeladen und sind fröhlich plappernd weiter Richtung nächstes Dorf marschiert. Als ob ihnen so etwas öfter passieren würde und es gar nicht nennenswert wäre. Wir haben unser Pflegekind mit etwas Wasser, Kaffee und Beeren wieder aufgepäppelt. Zunächst unterhielten wir uns in mäßig flüssigem Schulenglisch miteinander. Bis er auf Deutsch murmelte: „Mist, was heißt Blase auf Englisch?“. Ich schmunzelte und meinte: „Keine Ahnung.“ Das Gespräch verlief von da ab um einiges einfacher. Wir fanden raus, dass der Gute nach einem Blick auf die Karte die Etappen für lächerlich kurz gehalten hat. So ist er am frühen Morgen los, um drei dieser vermeintlichen Spazieretappen auf einmal zu machen. Tja, Meilen sind keine Kilometer. Das hat er schmerzlich raus finden müssen. Und während wir uns am nächsten Tag auf zum nächsten Abschnitt gemacht haben, ist er noch geblieben um zu Kräften zu kommen. Gesehen haben wir ihn nicht mehr. Dafür habe ich gelernt, was Blase heißt. Blister. Ich hätte auf dieses Wissen verzichten können.

Trotz dieser Probleme und einigen kleineren Schwierigkeiten war die Wanderung jedoch klasse, und einige Tage später haben wir heil und am Stück Fort William erreicht. Loch Lomond, Devils Staircase, und die Highlands an sich: Landschaftliche Höhepunkte bietet der Weg in Hülle und Fülle. Schafe und haarige Kühe, einsame Hütten, schroffe Berge. Ganz wie aus dem Bilderbuch. Beziehungsweise aus der Postkartendruckerei.
Dabei ist der Weg gut zu laufen, eine gewisse Grundkondition und Trittsicherheit reicht aus. Bis auf den schon erwähnten Staircase ist keine besonders anspruchsvolle Passage dabei. Beschilderung ist gut, Infrastruktur am und Abseits des Weges ebenfalls. Man kann jederzeit eine Etappe mit dem Bus abbrechen oder anfangen. Daher war der Weg als erste Fernwanderung eine gute Wahl. Zufällig.
Falls ihr jetzt meint, Mensch, Highlands, das ist eine gute Idee, dann tut mir bitte einen Gefallen. Geht nicht ganz so blauäugig los wie ich damals. Auf der offiziellen Seite findet ihr alles nötige: Etappen, Wandertipps, Adressunterkünfte.
Ich jedenfalls bin beim Bilder schauen wieder ins schwärmen gekommen und mache mich jetzt erst einmal daran, nach weiteren Wanderwegen in Schottland und generell auf der Insel zu suchen