Donnerstag, 30. August 2018

Debutastisch


Parasite Inc.

Time Tears Down

 



Die schwäbischen Melodic Deather sind eine für mich typische JuZe Entdeckung. Eine dieser vielen kleinen Bands, die auf gemütlichen Konzerten in Clubs oder eben Jugendzentren sich immer wieder den Arsch abspielen. Ich geh auf solche Konzerte unendlich gerne. Bier und live Musik – perfekte Mischung. Das man auf dem Flyer die eine Hälfte der Bandnamen nicht lesen kann – geschenkt. Das man von denen, die man entziffern konnte, wohl auch keine Ahnung hat – egal. Im schlimmsten Fall hat man einen Abend draußen verbracht und mäßig begabten Bands beim Versuch, was auf die Beine zu stellen, beobachtet.Was durchaus unterhaltsam ist. Bisher hatte ich auch noch bei den miesesten solche Abende einen Heidenspaß.
Im besten Fall erwartet aber einen eine – positive – faustdicke Überraschung. An diesem Konzert Abend waren es eben Parasite Inc., welche angenehm wohltuend aus der Masse an soliden Schrei-Grunz-Brüll Bands raus stachen. Vom Ersten bis zum Letzten Ton hat mich die Band gepackt und meine Nackenmuskeln ganz schön strapaziert. Bühnenpräsenz, Sound, und die Musik an sich: alles hat gestimmt.
Dass dieser Auftritt kein Einzelfall war und die Band nicht einfach nur einen guten Abend erwischt hatte, davon konnte ich mich kurz darauf überzeugen. Die Band spielte wieder in einem JuZe ums Eck. Also nichts wie hin. Tatsächlich passiert es nicht so oft, dass ich gezielt auf so etwas gehe und nicht einfach nur auf gut Glück. Und wieder: eine schnörkellose, druckvolle Show.
Also ab zum Merchandise Stand und die Platte gekauft. Den eine letzte Frage stellt sich noch: funktioniert das auch auf CD? Einfache Antwort: Ja. Der Sound fegt frisch und fett aus den Boxen. Kurzes Intro, danach folgt knackiger, eingängiger Melodic Death Metal. Härte und Melodie gehen hier fast perfekt Hand in Hand. Für mich aber das Beste: der Sound. Herrlich steril, irgendwie klinisch und fast mechanisch wirkend erinnert er – vom Feeling her – an Fear Factory. Hier zeigt sich eindrucksvoll, das ein guter Sound  nicht nur bei den ganz großen Namen zu finden ist.
Die musikalische Idee der Band ist in jedem Song zu hören. Für ein Debut klingt alles schon erstaunlich ausgereift und durchdacht. Auf Albumlänge geht dann gegen Ende jedoch etwas die Luft aus. Leute, die altmodisch wie ich sind und Alben noch ab und zu in voller Länge am Stück hören, müssen da etwas Abstriche machen. Für einen Erstling gibt es jedoch absolut nichts zu meckern.
Da könnte noch Großes folgen. Und Großes hat die Band wohl auch vor. Just dieser Tage veröffentlichten sie ihr zweites Studioalbum. Ein Gig auf dem Summerbreeze Festival gab es ebenfalls. Der Boden für die größeren Bühnen und für den nächsten Schritt vom Underground zum Rockolymp ist also schon einmal bereitet.
Hier geht es zur Homepage der Band 

Donnerstag, 23. August 2018

Aus dem Nähkästchen


Euphorie


Es gibt kaum etwas Schlimmeres als Menschen, die gerade eben von etwas Neuem begeistert wurden. Wochenlang hört man von ihnen dann nur noch Sätze wie: „Das musst du dir mal anschauen!“, „So etwas habe ich noch nie erlebt!“, „Das beste was ich jemals überhaupt gesehen habe!“. Diesen folgen dann meistens stundenlange Monologe über die Vorzüge des neu Entdeckten.
Die schließlich mit dem – natürlich dezent geäußerten – Vorschlag, sich davon selber mal zu überzeugen, enden.
Bei Musik erlebe ich so etwas immer wieder. Wenn Leute von etwas emotional berührt werden, dann scheint Zurückhaltung gegenüber anderen nicht mehr zu existieren. Die ganze Welt soll wohl davon erfahren.
Zum Glück bin ich da selbst besser. Wenn ich neue Musik entdecke oder mich etwas total begeistert, dann lasse ich meine Umwelt davon natürlich wissen. Aber diskret, rücksichtsvoll und dezent. Jemanden etwas aufdrängen wollen oder ihn damit nerven? Das würde ich nie tun.

Dachte ich zumindest lange Zeit. Fakt ist aber, dass auch ich mich immer wieder von Begeisterung mitreißen lasse. Gerade bei Musik passiert das immer wieder. Meine Umgebung wird dann tagelang damit beschallt. Und ich reagiere mit totalem Unverständnis, wenn jemand nicht sofort genauso begeistert davon ist wie ich. Die anderen scheinen einfach keine Ahnung von Musik zu haben. Zum Glück haben sie ja mich dafür. Tja, Euphorie ist nun einmal so eine Sache. Die Begeisterung macht einen für viele andere Dinge blind. Zum Beispiel wie schnell man anderen Menschen damit auf den Sack geht. Oder dass man gerade eben genau das Verhalten an den Tag legt, das einen bei anderen stört.
Und was, wenn die anfängliche Begeisterung mal vorbei ist? Dann bleibt oft wenig übrig. Die Musik ist tot gehört, und nach und nach entdeckt man, warum andere Menschen sich eben nicht haben mitreißen lassen. Kleine Schönheitsfehler, welche man anfangs nicht wahrgenommen oder kunstvoll weg ignoriert hat, wachsen zu hässlichen Monstern ungeahnter Größe heran.
Ein bisschen ist es so, wie wenn in einer zwischenmenschlichen Beziehung das verknallt sein so langsam nach lässt. Sind die Hormone erst einmal wieder ruhig und das Gehirn wieder einigermaßen dienstauglich, so entdeckt man an seiner Flamme durchaus neue Seiten. Dumm ist es natürlich dann, wenn man diese gar nicht entdecken wollte. Außer einer hübschen Fassade ist dann nicht mehr viel übrig. So langsam dämmert einem, was die Kumpels einem sagen wollten. „Lass die Finger von ihr, die passt nicht!“, „Ob das mit euch gut geht?“, „Junge, die macht dich kaputt!“. Was einem vor kurzem noch wie zynische Äußerungen von Neidhammeln vorkam, erkennt man nun als gut gemeinte Ratschläge. Mit dem verschwinden der Hormone und der ersten Euphorie verschwindet oft dann auch die Beziehung. 

Manchmal jedoch passiert das genaue Gegenteil. Der Gegenüber entpuppt sich dann nicht nur als optisch leckerer Partner für lockere Abende, sondern auch noch als eine klasse Person, die auf der gleichen Wellenlänge liegt. Die Euphorie, angefacht durch die Hormone, geht einen Schritt nach hinten, und mit etwas Glück fängt dann eine Partnerschaft auf einer tieferen Ebene an.
Der Vergleich mag jetzt etwas hinken, aber mir geht das manchmal mit CDs so. Gekauft, gehört, vergöttert. Und keine zwei Wochen später im Regal verstauben lassen. Andere jedoch haben nichts von ihrem Reiz verloren. Im Gegenteil, die kleinen Macken, für die man Anfangs blind war, machen inzwischen den Reiz aus. Und so landen sie auch Jahre später noch regelmäßig im CD Player.

Donnerstag, 16. August 2018

Bücherkiste


Groschenromane: Western



Heftromane. In einer kleinen abseitigen Ecke finden sie sich überall: in Buchläden, Kiosken und Bahnhofsgeschäften. Angefangen bei Herzschmerz mit verwegenen Wikingern, romantischen Highlandern und leidenschaftlichen Ladys über unheimlichen Grußel bis hin zu Science Fiction wird so ziemlich jede Sparte der seichten Unterhaltung bedient. Jahrelang habe ich diese „Schundheftchen“ einfach ignoriert. Wenig Anspruch, wenig Qualität, wenig Unterhaltungswert: das war meine Meinung dazu. Ohne jemals eins gelesen zu haben, natürlich.
Eine eher Zufällige Begegnung mit „Peryy Rhodan“ führte aber dazu, dass ich in einige dieser Heftchen doch mal rein gelesen habe. Objekte meiner Wahl: Westernromane. Zu einem von G.F. Unger, zum anderen aus der Lassiter Reihe. Meine Meinung über Groschenhefte hat sich dabei leicht geändert. Der Anspruch und die Qualität der Geschichten ist wirklich nicht all zu hoch. Aber der Unterhaltungswert? Tja, da muss ich zugeben: der sitzt.
Durch das Heftformat sind die Geschichten wirklich gut zu lesen. Auf den Punkt gebracht und aufgrund der geringen Seitenzahl mit einem meist hohen Erzähltempo gleichen sie einer Folge Bonanza. Nur halt als Heftchen zum lesen. Durch das Format und die Länge eignen sie sich wunderbar für eine Zugfahrt. Oder für einen Lesenachmittag am Strand. Einrollen, mitnehmen. Kein Gewicht, wenig Platzverlust: die perfekten Reisegleiter also. 

Ob man jetzt Lassiter oder Unger vorzieht, ist Geschmackssache. Die mir vorliegenden Heftchen unterscheiden sich nur marginal. In beiden trifft ein einsamer Revolverheld auf eine Bande Gesetzloser und verteidigt die rechtschaffenen Bürger. Hinterhalte, Schießereien. Alles da, was ein Western braucht.
Bei Unger geht es dabei deutlich „sauberer“ zu. Der Held ist durchweg gut, ein Revolvermann aus dem Bilderbuch. Lucky Luke lässt grüßen. Sein Gegenspieler: das genaue Gegenteil. Geschickt im Schießen, aber getrieben von Gier und niederen Instinkten. Schwarz. Und weiß.
Etwas dreckiger geht es bei Lassiter zu. Eine Art James Bond des wilden Westen, der gerne mal einen trinkt. Es wird geflucht, geprügelt, und Sex gibt es auch. Der Wilde Westen hier ist um einiges rauer und schmutziger. Aber nicht weniger Klischee beladen.
Unterhaltsam fand ich beide. Aufgeschlagen, durchgelesen, mich amüsiert. Zugeschlagen. Vergessen. Wiederlesewert? Gleich null.
Aber wenn man mal keine Lust auf ein ganzes Buch hat und seinem Gehirn einfach mal eine kleine Pause gönnen will, dann lohnt sich so ein Heftchen wirklich. Schnelle Unterhaltung, wenig Tiefgang. Das mein Gehirn bei der aktuellen Dauerhitze eh gerade im Sparmodus arbeitet, sind diese Heftchen gerade eine willkommene Lektüre.


Donnerstag, 9. August 2018

Raus. Gehen.


Englischer Garten Eulbach

 



Mitten im Odenwald, zwischen Michelstadt und Amorbach, befindet sich der Englische Garten Eulbach. Angelegt im Neunzehnten Jahrhundert im Auftrag des Grafen Franz I zu Erbach Erbach ist dieser ein wahres Kleinod. Überall verteilt finden sich römische Ruinen und Säulen. Eine mittelalterliche Burgruine liegt auf einem kleinen Hügel, thront malerisch über einem hübschen See. An dessen Ufer steht eine Kapelle im neu gotischen Stil. Aber der Schein trügt. 

Es handelt sich nicht um eine alte Siedlungsstätte mit Zeugnissen aus verschiedenen Epochen. Sondern um einen Englischen Garten im Stile des Neunzehnten Jahrhunderts und der Romantik. Sämtliche Ruinen sind künstlich aufgebaut worden. Die einzelnen Teile dafür wurden von Ruinen und Ausgrabungstätten zusammengetragen und nach den Vorstellungen des Grafen wieder aufgebaut. So stammen die Steine für die Burgruine von den Ländereien des Grafen. Die römischen Ruinen wiederum sind Teile der Limes Befestigung. 
Historische Korrektheit stand bei dem Wiederaufbau weniger im Vordergrund als ästhetische Gesichtspunkte.
Ähnlich wie Schloss Neuschwanstein entstand so keine Rekonstruktion der Vergangenheit im streng wissenschaftlichen Sinn. Vielmehr hat es die Ausstrahlung einer aufwändig gestalteten Kulisse. Alles ist liebevoll konstruiert und arrangiert. Fast wie eine Art Disney Land des Neunzehnten Jahrhundert.
Genau darin liegt der Reiz der Parkanlage. An jeder Ecke gibt es Kleinigkeiten zu entdecken. Ein Spaziergang durch eine Märchenwelt.

Ebenfalls im Park befindet sich ein Wildgehege. Wildschweine, Hirsche oder Wisente lassen sich aus nächster nähe betrachten. Bänke im Schatten des alten Baumbestandes gibt es über die ganze Anlage verteilt und laden zum gemütlichen Sitzen ein. Trinken und Kleinigkeiten zum Essen gibt es im Sommer vor Ort in einem Kiosk zu vernünftigen Preisen.
Somit eignet sich der Park auch wunderbar für einen Familienausflug.

Wer danach noch etwas Zeit hat, sollte noch einen Abstecher nach Michelstadt machen. Das Städtchen im Odenwald lädt mit seinen engen Gässchen und dem imposanten Rathaus zum bummeln ein.

Infos:

Englischer Garten Eulbach, Eulbach Jagdschloß 1, 64720 Michelstadt

Preise: Fünf Euro Erwachsene, Kinder zwischen vier und sechs Jahren 1,50. 

Öffnungszeiten: Täglich 9 – 17 Uhr, im Sommer bis 18 Uhr

weitere Infos unter www.rentkammer-erbach.de

Donnerstag, 2. August 2018

Mein CD Regal


At the Gates

At War With Reality

 


„Wie jetzt? Deathmetal soll dein Ding sein, aber du hast ernsthaft noch nie etwas von At hte Gates gehört? Dann bist du voll der Mainstream Poßer!“ Solche und ähnliche Kommentare musste ich mir über Jahre anhören, wenn ein Gespräch über Musik auf die Melodic Death Metal Pioniere kam. Ja, Asche auf mein Haupt. „At the Gates“ sind jahrelang unter meinem Radar durch gerutscht. Aber wie das eben so ist, je öfter es zu mir heißt: „Das musst du hören“, umso bockiger kann ich werden. Auch deshalb hat es einige Jahre gedauert, bis ich mich an die Band ran getraut habe und die Wissenslücke schließen konnte. „At War With Reality“ viel mir beim ziellosen Stöbern im Plattenladen in die Hände. Da ich im Moment sonst nichts anderes gefunden hatte und das Cover ansprechend dezent gestaltet fand, nahm ich das Ding ungehört mit. Zeit, herauszufinden ob ich wirklich etwas verpasst habe.

Bereits nach dem ersten Durchlauf wusste ich Eines ganz sicher. Ja. Hab ich. „At the Gates“ spielen einen Melodic Death Metal auf verdammt hohen Niveau. Die Songs sind atmosphärisch dicht und kompakt geschrieben. Brachialität und Melodie gehen Hand in Hand als wäre es das Natürlichste auf der Welt. Die Band verzichtet weitestgehend auf Schnick Schnack. Die Songs sind knackig und kurz, die vier Minuten Marke wird selten gesprengt. Gerade dadurch wirkt das Ganze kompakt und wie aus einem Guss. Kurzum, das Ding ist ganz Nah dran an dem, was ich selber spielen würde. Vorausgesetzt natürlich ich hätte auch nur einen Funken musikalisches Talent.
 Wenn ich was zu beanstanden habe, dann ist es der Gesang von Lindberg.
Er verlässt sich durchgehend auf Screams, die er zwar sehr souverän vortragt. Auf Dauer jedoch wirkt das zu Eintönig und Flach. Ein paar gezielt gesetzte Growls würden dem Album gut stehen. Aber das ist Motzen auf hohem Nivau und ändert nichts an meiner Begeisterung für das Album.
Eigentlich wirklich Schade, dass ich die erst so spät entdeckt habe. Gut, „At war with reality“ erschien 20014 und war das Erste Album nach vierzehn Jahren. Die Pause der Jungs viel also genau in die Zeit, als ich mich noch hauptsächlich mit „Fire, Higher, Desire“ Metal beschäftigt habe. Alles, was irgendwie gegrunzt, geschrien oder geröchelt wurde, war für mich noch bloßer Krach.
Eine schwache Entschuldigung, ich weiß.

Aber die Wissenslücke wurde behoben, „At war with Reality“ hat den Weg in mein CD Regal gefunden. Nun kann ich beim Gespräch über Musik also auch kritisch über meinen Brillenrand schauen und dabei pseudo wichtigtuerische Sätze wie „Was? Du bist Death Metl Fan und kennst At the Gates nicht? Wie kafkaesk!“ von mir geben.