Donnerstag, 25. Mai 2017

Aus dem Nähkästchen: Bierbrüste


Seufzend schaue ich auf meine Uhr. Noch 10 Minuten, bis die nächste Band beginnt. Ich wollte die Umbaupause nutzen und mir nur mal schnell ein Bier holen. Außer mir hatten noch gefühlt Tausend andere Leute genau die gleiche Idee. Also stecke ich in der Schlange an der Bar fest. Mit einem dicken Grinsen im Gesicht und zwei Bier in der Hand kommt mir Katja von eben jener Theke entgegen. Ich funkle sie verärgert an. Immerhin hat sie sich zeitgleich mit mir an der neben liegenden Schlange angestellt. Seither ist diese genauso wenig vorwärts gekommen wie meine. Und dennoch hat sie es irgendwie geschafft. Sie drückt mir eines der Biere in die Hand und gemeinsam verlassen wir die Schlange in Richtung Bühne. Wir stellen uns in die Nähe vom Mischpult auf. „Wie bist du den so schnell ans Bier gekommen?“ will ich wissen. Sie lächelt verschmitzt. „Ach weißt du, die waren alle so furchtbar nett zu mir und haben mich einfach so vor gelassen.“ Vielsagend wackelt sie mit den Hüften und zwinkert mir zu. „Tja Chris. Brüste. Um vorran zu kommen brauchst du Brüste.“ Sie hebt ihren Becher. Ich stoße mit ihr an. „Ja“, meine ich. „Bierbrüste!“
Hinter uns kichert es. Ich drehe mich um und erblicke 2 junge Damen um die 20. Beide durchaus nett anzuschauen. Mir kommt eine Idee. „Genau. Bierbrüste. Und ihr beide werdet genau das für mich heute Abend sein!“ Die beiden tuscheln miteinander. Ich warte auf eine patzige Antwort. Oder auf den Schlag ins Gesicht. Für den blöden Spruch wäre beides durchaus verdient gewesen. Stattdessen drehen sie sich schließlich zu mir um. „Ok, das klingt lustig“ meint eine von ihnen. Sie ist etwas größer als ihre Freundin, hat rabenschwarzes Haar und fällt mir vor allem wegen ihrem gewinnenden Lächeln auf. „Wir sind deine Bierbrüste. Was genau sollen wir machen?“ Ich zücke meinen Geldbeutel und drücke ihr einen Schein in die Hand. „Davon holt ihr für euch und für mich ein Bier. Wir treffen uns in der nächsten Pause am Einlass wieder.“ „Alles klar. Das machen wir“ Sie schaut kurz abschätzend zu Katja. „Und wir sind auch ganz bestimmt schneller als die da!“ Sie drehen sich um und verschwinden. Nicht ohne mir dabei noch eine Kusshand zu zuwerfen und kurz mit den Hüften zu wackeln.
„Gratuliere.“ sagt Katja. „Du hast gerade eben zwanzig Euro in den Sand gesetzt.“ „Warte es ab. Die kommen wieder.“ entgegne ich ihr. Im Stillen gebe ich ihr aber Recht. Deshalb bin ich auch wenig zuversichtlich, als ich, nachdem die Band fertig gespielt hat, in Richtung Einlass vorlaufe. Umso überraschter bin ich, als ich die Beiden dort antreffe. Mit dem Bier. Und sogar dem Wechselgeld. Sie sind bestens gelaunt. „Das war ganz einfach. Ein bisschen lächeln, ein bisschen mit der Auslage wackeln und mit ganz großen Augen klimpern. Schwupps schon bist du vorne.“ Ihre Begleitung kichert. „Wirklich total einfach. Männer halt!“ „Na, wenn es euch soviel Spaß macht- in der nächsten Pause habe ich bestimmt wieder Durst und werde ein frisches Bier brauchen.“ Ich halte ihnen den nächsten Schein entgegen. Die Schwarzhaarige nimmt ihn entgegen und lässt ihn kokett in ihrem Ausschnitt verschwinden. „Geht klar!“ Und schon mischen sich die Beiden wieder unter die Menge.
Als ich nach der nächsten Band zu unserem Treffpunkt komme, ist von meinen Mädels nichts zu sehen. Dafür steht ein zwei Meter großer und ebenso breiter Kerl dort. Sichtlich schlecht gelaunt. „Du!“ruft er. „Bist du der Kerl, der meine Freundin anmacht?“ „Nein. Ich bin der Kerl, der deine Freundin Bier holen schickt!“. Das war wohl die falsche Antwort. Er läuft puterrot an und baut sich vor mir auf. Bevor er mir jedoch eine zentrieren kann, kommen meine Biermädels zurück. Die Schwarzhaarige ist wohl seine Freundin, jedenfalls erfasst sie die Situation mit einem Blick. Sie drückt mir ein Bier in die Hand und ihm einen Kuss auf den Mund, wobei sie sich zwischen uns schiebt und den Abstand auf ein gesundes Maß vergrößert. „Hey Schatz. Nochmals danke fürs mitnehmen. Wir haben richtig Spaß hier. Und alle sind furchtbar anständig“ Sie gibt ihm nochmal einen langen Kuss, lächelt ihn süß an und schon ziehen die Mädels weiter. Verblüfft schaut der Kerl ihnen nach. Dann dreht er sich wieder zu mir. „Achso. Wirklich einfach nur Bier holen?“ Ich nicke. „Nur Bier holen. Auf die Art geht es einfach schneller. Und die beiden amüsieren sich prächtig.“ „Hm. Dann machst du sie nicht an. Du benutzt sie!“ brummt er. „Auf die Idee hätte ich auch kommen können“
In der nächsten Pause gab es Bier für uns beide.

Donnerstag, 18. Mai 2017

Aus dem Nähkästchen: Musik. Hören.


Blick von Oben auf das Schwalbennest


Jeden Tag sind wir von Musik umgeben: sei es das Radio, welches nebenher läuft. Beim Einkaufen. Oder der nervige Jingle aus der Werbung. Oder die Musik aus Serien und Filmen. Es ist kaum möglich, einen Tag komplett ohne Musik zu überstehen. Aber wann kommt man dazu, mal bewusst Musik zu hören? Sich Zeit zu nehmen, es sich gemütlich machen und dann einfach mal bewusst Musik zu hören?
Für diesen Zweck habe ich mir eine kleine Ecke in der Wohnung eingerichtet. Mein bequemer Schaukelstuhl neben dem CD Regal, der Tisch in Griffweite für einen schönen Kaffee oder ein kühles Bierchen. Und dann abschalten und Musik hören. Theoretisch. Praktisch fällt es mir oft schwer. Irgendwas ist immer in der Wohnung, was einen ablenkt. Irgendwas fällt einem immer ein, was man noch rasch erledigen wollte. Und ehe man sich versieht, ist die Musik wieder nur zum bloßen Hintergrundgeräusch verkommen.
Um den zu entgehen, zieh ich mir immer wieder mal gutes Schuhwerk an, lade mir ein paar CDs auf den MP3 Player und suche mir eine etwas abgeschiedene Ecke irgendwo draußen. Um einfach mal ungestört und nur für mich etwas Zeit für die Musik zu haben. Zum Beispiel für das neue Album, dass man sich vor 2 Wochen gekauft und bisher noch nicht rein gehört hat. Und wie es sich für den Klischee behafteten Metaler gehört, sind diese ruhigen Plätze bei mir meistens alte Burgruinen. Oft abseits vom Schuss, schön gelegen und mit einer besonderen Atmosphäre sind sie perfekte Orte um mal ein paar Minuten abzuschalten, ein Buch zu lesen oder einfach mal nur da zu sitzen. Oder eben um sich ganz in Ruhe seiner Lieblingsmusik zu widmen.

Eine dieser Burgen ist das Schwalbennest. Der offizielle Name ist Burg Schadeck. Sie liegt im Neckartal bei Neckarsteinach und ist von einem Wanderparkplatz aus gut zu erreichen. Ein schmaler, steiler Fußweg führt vom Parkplatz den Berg hoch und bringt uns zunächst zur Vorderburg, alt Schadeck. Die Ruine stammt aus dem elften Jahrhundert, ist sehr weitläufig und recht gut erhalten. Der Bergfried ist begehbar und bietet einen schönen Blick über das Neckartal. Dementsprechend ist sie bei gutem Wetter oft überlaufen. Aber wer dem Weg etwas weiter in den Wald folgt, kommt nach ein paar Minuten Fußmarsch zum Schwalbennest. Die Ruine liegt malerisch an einem Steilhang über der Neckar. Von unten aus betrachtet biete sie einen beeindruckenden Anblick, wie sie sich kühn in den Felsen krallt. Eine Tafel am Burgtor informiert uns, dass es sich hier um die Jüngste der vier Burgen in Neckarsteinach handelt. Gebaut wurde sie um 1230. 

Aufgang zu Kernburg
Über einen kleinen Innenhof kommt man zur Kernburg, die man über eine steile Treppe betreten kann. In beiden Türmen sind kleine Räume, in denen man es sich wunderbar gemütlich machen kann. Ich setze mich gerne in eines der Fenster, genieße den Ausblick auf das Städtchen und den benachbarten Dilsberg und kann mich endlich mal in aller Seelenruhe der Musik widmen. Die Atmosphäre der Burg und das beeindruckende Panorama bilden die Perfekte Umgebung dafür. Finsterforsts doomiges Werk „Rastlos“ entfaltet hier eine wahnsinnig intensive Wirkung. Aber auch Powermetal wie von Blind Guardian passt gut an diesen Ort.
Der schon einige prominente Besucher gesehen hat. Victor Hugo lies sich hier zu einer Geschichte über die Burgherren von Schadeck inspirieren. Auch Marc Twain war auf seiner Deutschlandreise von der romantisch gelegenen Burg beeindruckt. Es ist einfach einer schöner Ort, an dem man einfach mal eine kurze Zeit ausschalten und die Welt um einen herum vergessen kann. Natürlich sind gerade zur Sommerzeit auch hier immer wieder einige Leute anzutreffen, aber es ist bei weitem nicht so überlaufen und viel ruhiger als auf der Vorderburg. Und wer nicht nur die Seele baumeln lassen will, kann auf verschlungenen Pfaden um die Ruine herum eine einzigartig schöne Landschaft entdecken.

Donnerstag, 11. Mai 2017

Debutastisch: Beautiful Sin


Beautiful Sin

The Unexpected

2006

 

 


Wenn ich eine neue Band entdecke, bei der eine Frau am Mikro steht, bin ich doch etwas voreingenommen. Sofort denke ich da an Nightwish Imitate. Irgendwelche Möchtegern- Diven in viel zu engen Korsagen, die pseudo- verträumt zu kitschigem und Pathos geschwängertem Metal trällern. Dazu muss man sagen, dass mir die Richtung eigentlich gut gefällt. Einige meiner Lieblingsbands kommen aus dem Bereich des Female Fronted Symphonic Metal. Grundsätzlich habe ich an der Kombination aus harten Gitarren, orchestralen Sounds und weiblichem Klargesang jede Menge Spaß. Aber bei de Schwemme in diesem Subgenre ist leider einfach schon aufgrund der Menge viel aufgeblähtes und qualitativ mieses Zeug dabei. Häufig habe ich das Gefühl, dass Kitsch mit Kunst verwechselt wird und so viele austauschbare Produkte entstehen. Hätte ich davor gewusst, dass bei „Beautiful Sin“ eine Frau am Mikro steht, hätte ich mir die CD im ersten Moment wohl nicht gekauft, aus Angst genau so eine Stangenware Band zu erwischen. Und hätte ein kleines Juwel verpasst. „Beautiful Sin“ haben mit dieser Art von Metal nämlich soviel zu tun wie Pinguine mit der Sahara.

Ich kannte diese Band davor gar nicht. Was daran liegen mag, dass es sich hierbei um ein Debut handelt und damals noch nicht vor Albumveröffentlichung Tonnen von Youtube Videos hochgeladen wurden. Ich fand einfach das Cover Artwork ziemlich gelungen und habe es dann aus einem Bauchgefühl mitgenommen. Einfach so. Ohne davor rein zu hören. Oder mich genauer mit dem Promo Aufkleber zu beschäftigen. Dann hätte ich immerhin gewusst, dass es sich hier um ein Projekt von Uli Kusch sowie einigen Pagans Mind und Masterplan Mitgliedern handelt.
Somit ist auch klar, dass es sich um erfahrene Musiker handelt und so besitzt dieses Album eine spielerische Reife, die man auf Debuts eher selten hört. Die Songs stammen alle aus der Feder von Kusch, und somit ist klar dass man hier profesionelles und qualitativ hochwertiges Songwriting bekommt.
Die Platte ist musikalisch irgendwo zwischen Metal und Hardrock anzusiedeln. Und man hört die Erfahrung der Musiker schon direkt beim Opener. „Lost“ macht in seinen knapp fünf Minuten Spielzeit von Anfang an klar was einem in den kommenden Minuten erwartet. Traditioneller, gerade aus gespielter Rock mit einer kräftigen Metal Schlagseite. Dass das ganze nicht verstaubt und altbacken klingt liegt an dem einzig unbeschriebenen Blatt in der Truppe: Sängerin Magali Luyten. Mit ihrer kraftvollen, herrlich rauchigen Stimme drückt sie den Songs ihren eigenen Stempel auf. Stimmlich erinnert sie mehr an Doro als an die von mir befürchteten Träller Elfen.
Aber wo Licht ist, ist auch Schatten. Und so gibt es auch auf diesem Album Fälle für die Skip Taste. Geht das erste Instrumental „Brace for Impact“ noch als ok bis belanglos durch, so ist „The Beautiful Sin“ nur nervig und für meinen Geschmack auch als Outro viel zu schwülstig.
Aber ansonsten gibt es wenig zu meckern. Hier wird - abgesehen von der obligatorischen Ballade - Hochglanz Metal präsentiert, welcher ohne weitere Aussetzer daherkommt und mit „Spark of Ignition“ einen richtigen Hammer Song zu bieten hat, der mir immer wieder sofort in die Nackenmuskeln fährt.
„The Unexspected“ ist eine meiner Top Zufallsentdeckungen und regelmäßiger Gast in meiner Playlist.

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Donnerstag, 4. Mai 2017

Mein CD Regal: Facebreaker


Facebreaker

Dead, Rotten and Hungry

2007





Wer meinen Blog schon eine Weile verfolgt, weiß inzwischen, dass ich gerne auf kleine Underground Konzerte gehe, um neue Bands für mich zu entdecken. Schmaler Eintritt, ein Bier und mehrere regionale und überregionale Bands garantieren eigentlich immer einen gelungenen Abend, egal ob man am Ende eine Neuentdeckung gemacht hat oder nicht. Und oft genug stößt man dann eben auch auf richtig gute Bands, von denen man sonst wohl nie etwas gehört hätte. Gerade regionale, kleinere Bands wie eben Stahlmagen oder Geäst hätte ich ohne Konzerte in JuZes oder kleinen Club nie kennengelernt. Aber auch internationale Perlen, wie eben in diesem Falle Facebreaker, wären wohl an mir vorbeigegangen.
Im April 2014 kamen Diabolical zum zweiten mal nach Karlsruhe ins AKK. Ich hatte die Schwedischen Deather davor schon einmal gesehen und wollte mir das auf keinen Fall entgehen lassen. Zusammen mit einigen regionalen Bands und eben Facebreaker war schon von vornerein klar, dass es ein guter Abend werden wird. Und Hölle ja, das war es auch. Das lag aber nicht in erster Linie an Diabolical, die eine routiniert starke Show geliefert hatten. Ihre Landsmänner von Facebreaker stahlen ihnen mit ihrem kompromisslosen Oldschool Deathmetal für mich die Show. Kleiner Club, ziemlich voll, keine Absperrung zwischen Bühne und Publikum, dazu eine blendend aufgelegte Band die mit der Abrissbirne durch die Reihen marschiert. Einer dieser Abende, an denen der Schweiß von der Decke tropft. Wo die Band keine Zeit mit unnötigen Ansagen, die über unverständliches gegrowle hinausgehen, verschwendet, sondern ein Brett nach dem anderen liefert. An dem man nicht weiß, wem die Haare gehören die einem ständig ins Gesicht fliegen.
Nun, noch in der Umbaupaues bin ich sofort zum Merchandise Stand gewackelt und kurz darauf hatte ich eine Kopie von „Dead, Rotten and Hungry“ in den Händen.

Das Beste vorneweg: was live so gut funktioniert, klappt auch hervorragend auf Platte. In knapp 37 Minuten Spielzeit präsentieren Facebreaker einen schnörkellosen Deathmetal, einmal geradeaus ins Gesicht.Mal walzt alles langsam schleppend vor sich hin, mal wird das Gaspedal durchgedrückt und schnell nach vorne gespielt. Und es ist immer brutal.
Ein Blick auf das Cover Artwork und die Titelliste macht sofort klar, worum es bei Facebreaker inhaltlich geht: Zombies, Blut, Eingeweide, und nochmals Zombies- mehr gibt es textlich nicht. Wozu auch. Wer seinen Deathmetal literarisch etwas anspruchsvoller mag, ist hier definitiv falsch. Thematisch wird hier die klassische Zombie\Thrash Horror Kost geboten und vom Sänger wunderbar in Szene gesetzt. Es ist gerade die Gesangsarbeit von Robert Karlsson, die mir bei Facebreaker besonders gut gefällt. Schön tief und gutural growlt er sich durch die Scheibe und verpasst ihr damit die passende Atmosphäre. Eben jener Karlsson ist auch bei den wesentlich eingängigeren Scar Symmetry am Mikrofon zu hören. Der gab dort auf dem 2009 erschienen Album „Dark Matter Dimensions“ seinen Einstand und ist seitdem dort für die guturalen Vocals zuständig. Wer seine gesangliche Leistung dort mag aber die Band insgesamt zu sehr nach Schalala und Pop klingt, sollte definitiv ein Ohr für Facebreaker riskieren.
Experimente gibt es dort keine, dafür soliden, gut gemachten Death Metal der alten Schule, der mit hörbar viel Freude und Herzblut eingespielt wurde. Freunde von Bands wie „Entombed“ oder „Canibal Corpse“ machen bei diesen Jungs nichts falsch.

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