Donnerstag, 8. Oktober 2020

Bücherkiste

 

Joe Abercrombie

Kriegsklingen


Barbaren aus dem Norden sammeln sich unter der Fahne eines Anführers und marschieren langsam auf die Union – ein mächtiges Königreich – zu. Im Süden besteigt ein junger Tyrann den Thron und unterwirft in Windeseile sämtliche Länder dort mit harter Hand und schwarzer Magie. Nun wirft auch er sein Auge auf die reiche Union.

Dort wird die Gefahr eines drohenden zwei Fronten Krieges nur am Rande wahrgenommen. Schließlich steht das große Fechtturnier an. Der junge, adlige Hauptmann Luthar will daran Teilnehmen und das Turnier gewinnen. Schließlich stehen dem Sieger viele Türen offen und es winkt eine strahlende Zukunft voller Ruhm, Einfluss und Macht. Dennoch interessiert ihn mehr das Zechen und Spielen. Bis er eine junge bürgerliche kennenlernt, die unter anderem seinen Ehrgeiz weckt.

Inquisitor Glotka hat indes ganz andere Sorgen. Neben der Bedrohung von außen scheint es im inneren der Union ebenfalls Eine zu geben. Eine mächtige Händlergilde hat sich gegen die Krone verschworen. Eine seltsam ausgeweitete Leiche wurde gefunden. Ein alter Mann in Begleitung einer seltsamen Reisegruppe erhebt den Anspruch, der Erste der Magi zu sein und somit das Recht auf einen Platz im Regierungsrat der Union zu haben. Jede Menge Arbeit für den königlichen Ermittler. Der schließlich selbst mitten im Sumpf der Intrigen steckt.


Ein Königreich in Gefahr, eine alte Prophezeiung und eine bunte Heldengruppe: auf den ersten Blick betritt Kriegsklingen gewohntes Fantasy Terrain in guter alter Dungeons and Dragons Manier.

Auf den zweiten Blick auch. Dennoch, der Roman ist wirklich unterhaltsam zu lesen. Die Handlung mag zwar nur guter Durchschnitt sein. Die Charaktere jedoch gefallen mir gut. Tapfere, weiße und edelmütige Helden sucht man hier vergebens. Ein verbitterter, skrupelloser Krüppel. Ein arroganter, verwöhnter Jüngling. Jeder der Helden in dem Roman hat mindestens eine Macke. Das zu verteidigende Königreich – strahlend, mächtig, mit einem gerechten König und zufriedenen Bürgern? Mitnichten. Die Union ist von Korruption und Intrigen zerfressen. Der König ist ein seniler Mann. Die Regierungsgewalt liegt beim geschlossenen Rat der Fürsten. Der diese zum Wohle seines eigenen Einflusses nutzt. Alte Adelsfamilien klammern sich an ihre Macht. Aufstrebende Handelsgilden raffen skrupellos gewaltige Reichtümer zusammen und sägen an der Vorherrschaft des Adels. 

Zusammen mit einem wirklich guten Schreibstil schafft es Abercrombie so, aus einem recht belanglosen Fantasy Roman eine zynische und unterhaltsame Geschichte zu machen.


Ich bin vor ein paar Jahren mal wieder zufällig über den ersten Band gestolpert – Bücherregale in der Stadt, ihr wisst Bescheid. Obwohl mir das Buch richtig gut gefallen hat, habe ich nie weiter gelesen. Kriegsklingen ist nämlich nur der Anfang. Es folgen noch zwei weitere Bände sowie meines Wissen nach drei Stand Alone Romane im gleichen Universum. Jede Menge Papier also. Platzgründe im eigenen Bücherregal und die Tatsache, es nie vollständig in einer Bibliothek gefunden zu haben, sind der Grund, warum ich bis vor kurzem bei Band eins aufgehört habe.

Aber nun bin sogar ich im 21 Jahrhundert angekommen. Bisher habe ich mich immer gegen E Book Reader gewehrt. Inzwischen habe ich einen. Und alle Argumente dagegen sind zusammengefallen wie ein Kartenhaus. Platzsparend, transportabel. Und das Lesegefühl ist das Gleiche.

Platz ist für mich tatsächlich der entscheidende Faktor. Irgendwie sind alle Autoren der Meinung, das ein Fantasy Roman aller mindestens drei Teile, ein Prequel und fünf Sequels braucht. Um nicht extra eine Wohnung als Bibliothek mieten zu müssen – was zwar reizvoll, aber unrealistisch ist - ist der E Book Reader eine gute Lösung. Und so habe ich endlich die Abenteuer von Glotka, Neunfinger und den anderen weiter lesen können. Ich bleibe bei meiner Meinung: nicht gerade Originell, aber herrlich kurzweilig und erfrischend zynisch. Auch wenn gerade unter aktuellen Autoren die Helden mit Furcht und Tadel so beliebt sind, dass ein psychopathischer oder unsympathischer Hauptcharakter an sich nicht mehr wirklich ungewöhnlich ist, hat Kriegsklingen mich bisher gut unterhalten. Den Rest werde ich definitiv noch lesen.


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