Donnerstag, 26. November 2020

Mein CD Regal

 

Dimmu Borgir

Eonian

 


 

2018 veröffentlichten Dimmu Borgir ein Musikvideo zu „Interdimensional Summit“ als vorab Bote des bald erscheinenden Albums „Eonian“. Ich bin ehrlich, an den Song konnte ich mich schon direkt nach dem schauen nicht mehr erinnern. Der Unterhaltungswert lag ganz weit ab von der Musik. Nämlich in der Kommentarspalte. Sich da durchzublättern und die Verriss Kommentare zu lesen war unterhaltsamer als Böhnerman und Umlauf zusammen. „Szene Verrat“ und „Disney Metal“ waren so mit die häufigsten Stichwörter, die mit viel Liebe – beziehungsweise Hass – in die Kommentare eingebaut wurden. Das digitale äquivalent zu Mistgabeln und Fackeln. Eine Blackmetal Band, die ihre Anhänger, welche true und kult stilecht nur mit v schreiben, derart in Rage versetzt, hat wohl einiges falsch gemacht. Oder doch eher richtig?

„Dimmu Borgir“ hatte ich nie ganz auf dem Schirm. Das geniale Debut steht bei mir in der Re Release Variante im Regal. Das war es dann. Dass sich über die Jahre hinweg die Norweger von dem rohen, kaltem Blackmetal des Erstlings entfernt haben, habe ich so halb mitbekommen. Aber so weit? Das war mir nicht bewusst.

Ich hab mir die „Eonian“ vor ein paar Wochen aus reiner Neugier gekauft. Die Verrisse der Blackmetal Puristen waren mir noch gut im Gedächtnis. Und ihr wisst ja: wenns der Die Hard Fan scheiße findet, dann ist es oftmals richtig gut.

So verhält es sich auch mit dieser Scheibe. Nach einem überflüssigen Intro geht es gleich mit „Interdimensional Summit“ los. Ohne dass einen das krude Video oder die Schmähkommentare ablenken, entpuppt sich das als richtig starker Song. Black Metal? Geht anders. Das klingt eher nach der düster Variante von Nightwish. Und es wird mit den nächsten Songs – aus Puristen Perspektive betrachtet – nicht besser. Wärme, Euphorie: zwei Adjektive, die auf kein Black Metal Album passen sollten. Aber genau das versprühen die Songs immer wieder. Nur um dann richtig fies loßzurumpeln. Eine dunkelbunte Achterbahnfahrt. Roh und kalt – das war mal. Einzig die Vocals erinnern noch an die Wurzeln. Und die sind richtig stark. In den Spoken Word Passagen klingt Shagrath wie ein leicht wahnsinniger Märchenonkel.

Ich habe nach dem ersten Durchlauf „For all Tid“ angehört. Wie gesagt, die Evolutionsstufen dazwischen fehlen mir. Aber so im direkten Vergleich sind dass zwei komplett unterschiedliche Bands. Weiter voneinander weg könnten die zwei Alben kaum sein. Wäre ich ein Corpsepaint tragender, aus Eishölzchen Kirchen bauender und dann dieselben anzündender, im Wald Bandfotos machender Black Metaler, ich würde bei „Eonian“ das kalte Kotzen kriegen. Und statt der Kirche die CD anzünden.

Ich jedoch habe meine helle Freude daran. Nicht immer gelingen Experimente und oftmals denke ich mir, dass die Band sich doch lieber auf ihre alten Stärken verlassen hätte. Hier nicht. Das ist das Werk von absoluten Profis, die ganz genau wissen, was sie machen. Ja, das ist kein Black Metal mehr. Nein, allein dadurch wird es kein schlechtes Album. Im Gegenteil. Wer nicht ein bisschen links und rechts von seinem Tellerrand schauen will, der hat daran natürlich keinen Spaß. Der hört lieber wieder „For all tid“ und schimpft noch ein bisschen, dass die früher besser waren. Und verpasst eines der für mich stärksten Metal Alben der letzten Jahre.

Im Moment höre ich die meiste Musik über Kopfhörer im herbstlichen Wald bei Dämmerung. Da entfaltet „Eonian“ seine absolute Wirkung. Das Ding wurde für fahles Dämmerlicht und dicke Nebelschwaden geschrieben.

Untrue? Aber sowas von!



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen