Donnerstag, 15. Juli 2021

Mein CD Regal

 

Enslaved

E


Zugegeben. Grundsätzlich mag ich meine Musik eher simpel. Strophe, Bridge, Refrain, Solo. Das Rückgrat eines guten Rock\Metal Song. Schnell im Nacken, schnell im Ohr. Mit einer Spielzeit von 3 bis 5 Minuten. Dass ist das Handwerkszeug, mit dem Bands, sofern sie es gut beherrschen, bei mir nichts falsch machen.

 

Das heißt aber nicht, dass ich ausschließlich malen nach zahlen Musik höre. Mit einem rudimentären Musiktheorie Wissen aus der Schulzeit ausgestattet, höre ich mir auch gerne Dinge an, die meine volle Aufmerksamkeit verlangen. Musik, die nicht einfach nur nebenher laufen kann, sondern die volle Aufmerksamkeit verlangt. Da sitze ich gerne mal in meinem Schaukelstuhl, lasse mich komplett darauf ein. Und freue mich darüber, wenn sich nach mehreren malen des Hörens etwas komplexere Strukturen sich endlich erschließen und sich das Stück endlich komplett entfaltet. Das macht mich noch lange nicht zum Prog Experten. Aber ich weiß es durchaus zu schätzen, wenn Bands auch mal die ausgetretenen Pfade verlassen. Damit meine ich jetzt nicht nur, andere Instrumente als die üblichen zu verwenden. Ein Metal Song bleibt solange ein Metalsong, wie ich an den klassischen Strukturen festhalte. Da ändert der bloße Einsatz eines Dudelsacks zum Beispiel auch nicht. Spannend wird es erst, wenn neben den Folkinstrumenten auch der Aufbau eines klassischen Folksongs reinkommt. Ab da wird es spannend. Wenn Songschreiberische Elemente verschiedener Genres mit ungewöhnlichen Klangelementen verbunden werden, dann ist das Potential für was richtig spannendes vorhanden.

Wenn man sich gezielt nach Bands umschaut, die eben genau das machen, stolpert man recht schnell über Enslaved. Gestartet klassisch im Blackmetal, schubsen sie – laut gängiger Musikjournallistenmeinung – regelmäßig die Regeln desselben um .

Grund für mich, mal ein Ohr zu riskieren. Das Zufallsprinzip hat mich zu E geführt. Es lag halt im Plattenladen und wollte mitgenommen werden. Daheim habe ich mir extra ein bisschen Zeit für den ersten Durchlauf genommen. Immerhin war ich vor gewarnt, dass es etwas komplexer ist. Ich habe es wirklich versucht. Das ganze Album. Einzelne Songs. Immer wieder. Im Schaukelstuhl. Draußen am Ufer eines kleinen Waldflusses. Ich habe alles unternommen, um mich diesem Monster irgendwie zu nähern. Und bin krachend gescheitert. All das, was ich gerade aufgezählt habe und für mich eigentlich wichtig ist, ist auf der CD vorhanden. Geniale Kompositionen. Technisch einwandfrei gespielt. Und ein Gespür für Soundcollagen. Einzig: ich bin wohl zu dumm dafür. Mir fehlt der komplette Zugang dazu. Ja, ich verstehe einigermaßen, was sie da versuchen. Nein, kompliziert heißt nicht automatisch gut. Wo andere Bands es schaffen, etwas homogenes auf den Hörer los zulassen, wirkt hier alles für mich nur nach Stückwerk an. Als ob es den Komponisten wichtiger war, unbedingt noch was abgefahrenes einzubauen, anstatt auf Songdienlichkeit zu achten. Schade eigentlich, weil manchmal habe ich, gerade bei Sacred Horse, dass Gefühl, es endlich zu begreifen. Bis es dann wieder zu einer Kakaphonie zerfällt.

Warum also erwähne ich die Scheibe überhaupt? Ich kann offensichtlich nichts damit anfangen. Und wer auf Gehirnfick schon zum Frühstück steht, hat Enslaved ziemlich sicher bereits entdeckt. Nun, mir geht es in dem Blog ja nicht nur darum, eine CD raus zu picken und zu schreien: „Guckt mal, geil!“ oder „Haha, so ne peinliche Grütze!“. Zugegeben, mach ich manchmal auch gerne. Geht ja nichts über einen guten Verriss. Aber das hat E wirklich nicht verdient. Ich bin mir sicher, es handelt sich dabei um etwas ganz großes. Auch wenn es mir wohl unverständlich bleibt. Nein, in dem Fall geht es mir darum, wie subjektiv Musik sein kann. Wie Dinge, die eigentlich alle zusammengenommen genau das richtige für mich ergeben müssten, einfach irgendwie nicht ineinander greifen wollen. Ohne dass ich den Finger drauflegen kann und sagen: „Da! Genau das ist die Scheiße, die es kaputt macht.“

Und das ist eigentlich genau das Schöne beim Musik entdecken. Manchmal scheitert man halt einfach.

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